TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/26 89/05/0101

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Veröffentlicht am 26.11.1991
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118;
BauO NÖ 1976 §47;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, in der Beschwerdesache 1) des W und 2) der A in X, beide vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. März 1989, Zl. R/1-V-88220, (mitbeteiligte Parteien: 1) H, 2) M, beide in X, 3) Stadtgemeinde S) betreffend Bewilligung eines Bauvorhabens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 5. Juli 1988 wurde den mitbeteiligten Bauwerbern die Bewilligung für die Errichtung einer Kleingarage auf ihrer Liegenschaft erteilt. Die von den Beschwerdeführern erhobene Einwendung, daß durch das Bauvorhaben die bestehenden Fenster des Erdgeschoßes ihres Hauses in bezug auf den Lichteinfall beeinträchtigt werden würden, wurde als unbegründet abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer blieb ein Erfolg versagt. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde vertrat in seinem Berufungsbescheid vom 17. Oktober 1988 die Auffassung, daß das Bauvorhaben mit der Bestimmung des § 87 der Bauordnung für Niederösterreich in Einklang stehe. Die aus der Verwirklichung des Bauvorhabens resultierende Beeinträchtigung des Lichteinfalls in Räumlichkeiten der Beschwerdeführer hätten diese sich selbst zuzuschreiben, weil sie entgegen dem die Grundlage der ihnen erteilten Baubewilligung bildenden Einreichplan ihrerseits den Bauwich nicht eingehalten hatten, was ihnen seinerzeit nur aus wirtschaftlichen Gründen genehmigt worden war, damit sie die Fundamente nicht mehr abtragen müßten.

Die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtsvorschriften erachtete die belangte Behörde, daß die Beschwerdeführer aus der Genehmigung eines nicht dem Gesetz entsprechenden Abstandes ihres Wohnhauses zur Grenze des Nachbargrundstücks durch die Baubehörde Rechte nicht ableiten dürften; überdies weise das Wohngebäude der Beschwerdeführer an der dem Bauplatz der nunmehrigen Bauwerber zugewandten Front im Untergeschoß kein Fenster eines Aufenthaltsraumes auf. Die Errichtung einer Kleingarage im projektierten Umfang stehe mit § 87 Abs. 2 der NÖ BO im Einklang.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, welche Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend macht und Bescheidaufhebung begehrt; die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf freien Lichteinfall im Sinne des § 47 Abs. 2 NÖ BO sowie in ihrem Recht auf Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Bauwichs verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer irren schon im Verständnis des Bauwichbegriffs. Gemäß § 2 Z. 8 NÖ BO ist unter Bauwich der dem Gesetz entsprechende Mindestabstand eines Gebäudes zu den seitlichen und hinteren Grundstücksgrenzen zu verstehen. Auf den Abstand der Gebäude voneinander kommt es danach nicht an. Nun ist zwar im § 21 Abs. 4 NÖ BO der Bauwich in einer Weise bestimmt, die einen Mindestabstand von 3 m des aufgeführten Gebäudes zur Grundstücksgrenze vorsieht, es verweist aber schon § 21 Abs. 8 NÖ BO für Garagen auf die Bestimmung des § 87 leg. cit. Nach dieser Vorschrift darf eine Kleingarage je Bauplatz bei offener Bebauungsweise im Vorgarten an der seitlichen Grundstücksgrenze oder im seitlichen Bauwich angeordnet werden, wenn

1.

das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird,

2.

der Bebauungsplan dies nicht ausdrücklich verbietet,

3.

die Gesamtbreite des Bauwiches bebaut wird, die Gebäudehöhe außer bei Kuppelung mit einer Kleingarage auf dem Nachbargrundstück höchstens 2,50 m, gemessen an der Grundstücksgrenze zum Anrainer, beträgt, wobei das Dach des Hauptgebäudes bis zur Hälfe seiner Länge über die Kleingarage abgeschleppt werden darf, und die Länge der Kleingarage einschließlich eines Vordachs an der Grundstücksgrenze 12 m nicht überschreitet. Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, daß der Baubehörde in der Beurteilung, diese Voraussetzungen lägen für das umstrittene Projekt vor, ein Rechtsirrtum nicht unterlaufen ist. Es vermögen auch die Beschwerdeführer nichts darzutun, was einer Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 NÖ BO durch das vorgesehene Projekt entgegenstünde. Daß die Beschwerdeführer ihrerseits mit der Ausführung ihres eigenen Bauwerks die gesetzlichen Bauwichvorschriften verletzt haben, dürfen sie dem mit der Gesetzeslage im Einklang stehenden Bauvorhaben der Bauwerber nicht entgegenhalten.

Insoweit sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf freien Lichteinfall im Sinne des § 47 Abs. 2 NÖ BO beschwert erachten, sind sie zunächst darauf hinzuweisen, daß ihr vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmals erstattetes Vorbringen, es bestehe ein Niveauunterschied zwischen den beiden Grundstücken, welcher zur Folge habe, daß nicht nur der Lichteinfall im Erdgeschoß, sondern sogar im ersten Stock ihres Hauses beeinträchtigt würde, gegen das aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbare Neuerungsverbot verstößt und daher unbeachtlich bleiben muß. Darüber hinaus ist die belangte Behörde im Recht, wenn sie den Beschwerdeführern entgegen hält, daß § 47 NÖ BO subjektiv-öffentliche Rechte von Anrainern nicht begründet, weil es sich bei dieser Vorschrift nur um eine solche handelt, welche der Sicherung einer ausreichenden Belichtung der neu zu schaffenden Räume dient; am Eigentümer eines Grundstückes liegt es, durch Schaffung entsprechender Freiräume auf den eigenen Grundflächen für ausreichende Belichtungsverhältnisse zu sorgen (vgl. die bei Hauer-Zaussinger, Die Bauordnung für Niederösterreich3, zu § 47 BO wiedergegebene hg. Judikatur).

Die von den Beschwerdeführern vorgetragenen Behauptungen, die Bauwerber besäßen kein Auto und wollten die Garage voraussichtlich widmungswidrig zur Ausführung von Schwarzarbeiten verwenden, läßt einen in den baurechtlichen Vorschriften verankerten gesetzlichen Versagungsgrund für das bekämpfte Bauvorhaben nicht erkennen.

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten somit nicht verletzt worden, weshalb ihre Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Belichtung Belüftung BauRallg5/1/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989050101.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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