Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
AVG §45 Abs2 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des Dipl. Ing. J in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 20. Dezember 1990, Zl. 1/4/11-BK/D-1990, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1979 bis 1985 und Vorauszahlungen an Einkommensteuer 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Beschwerdeführer, der Geschäftsführer der M-GmbH in R (OÖ) war, wurden vom Finanzamt Br (OÖ) für die Jahre 1979 bis 1984 sogenannte Lohnsteuer-Befreiungsscheine ausgestellt. 1985 beantragte er die Ausstellung eines weiteren Befreiungsscheines, da er einen ausländischen Wohnsitz (in S/Bayern) habe und in einem österreichischen Unternehmen tätig sei; er legte Meldebestätigungen und eine Bestätigung des Finanzamtes E (Bayern) vor, wonach er bei diesem zur Einkommensteuer veranlagt werde. Mit Bescheid vom 26. Februar 1986 wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen, nachdem das Finanzamt E dem Finanzamt Br mitgeteilt hatte, daß der Beschwerdeführer ab 1983 nur mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als beschränkt Steuerpflichtiger veranlagt wurde.
Am 19. Juni 1986 gab der Beschwerdeführer im Verlaufe einer Hausdurchsuchung zu, daß sein Hauptwohnsitz seit 1979 immer in H (OÖ) gewesen sei. Aus im Zuge der Hausdurchsuchung sichergestelltem Beweismaterial wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer unter Verwendung der Namen K & B in M (OÖ), K & B in S (Bayern) und Metallguß C in N (OÖ) gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt hatte.
Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung bei der M-GmbH ergab sich, daß die in der Bundesrepublik Deutschland erklärten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht in voller Höhe angegeben worden waren. Daraufhin wurden für 1979 bis 1985 berichtigte Lohnzettel vorgelegt, welche vom Finanzamt Br in vorläufigen Einkommensteuerbescheiden berücksichtigt wurden. Weiters wurden entsprechend den Ermittlungsergebnissen Einkünfte aus Kapitalvermögen angesetzt.
An diesen Ansätzen wurde auch in einer folgenden abgabenbehördlichen Prüfung über die Jahre 1979 bis 1985 festgehalten. Was Einkünfte aus Gewerbebetrieb betrifft, wurden auf Grund der vorliegenden Rechnungen der nach Auffassung des Betriebsprüfers in Wirklichkeit nicht existierenden Firmen K & B bzw. Metallguß C an die Firmen M-GmbH bzw. H & V OHG die entsprechenden Erlöse dem Beschwerdeführer zugerechnet und ein Sicherheitszuschlag in der Höhe von 100 % verhängt, da auf Grund der offensichtlich nicht vollständig erfaßten Geschäfte der Schluß nahegelegen sei, daß weitere Geschäfte unter diesen Firmen getätigt worden seien. Die Belegnummern seien nicht zusammenhängend, sodaß die Vermutung der Unvollständigkeit der erfaßten Geschäfte auf der Hand liege. Auch der Vermögenszuwachs bis zum 1. Jänner 1984 habe allein bei den im Zuge der Erhebungen erfaßten Bankkonten rund S 2,400.000,-- betragen, welche nicht nur aus den Einkünften des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit stammen könnten, zumal für die private Lebensführung in gehobener Stellung, für die Ausbildung der Kinder sowie für den Ausbau des Einfamilienhauses in H auch Mittel gebraucht worden seien. Die Ermittlung des Gewinnes aus Gewerbebetrieb habe auf Grund der fehlenden Buchhaltung und Aufzeichnungen im Sinne der Abgabenvorschriften im Schätzungswege erfolgen müssen. Da keine Gegenleistungen bzw. Wareneingänge nachgewiesen worden seien, sei nach Ansicht des Betriebsprüfers eine Zuerkennung von Betriebsausgaben in Höhe von 40 % angemessen. Die Umsätze wurden, wie erwähnt, aus den Rechnungen der beiden Scheinfirmen K & B bzw. Metallguß C entnommen sowie ein entsprechender Sicherheitszuschlag in Höhe von 100 % zum Ansatz gebracht.
Das Finanzamt erließ den Prüfungsfeststellungen entsprechende endgültige Bescheide.
Die hiegegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde bejahte für die Streitjahre das Vorliegen eines Doppelwohnsitzes, wobei der Mittelpunkt der Lebensinteressen eindeutig in Österreich gelegen sei, was auch der Meinung der deutschen Abgabenbehörden entspreche. Die Umsätze bzw. die gewerblichen Tätigkeiten seien im Inland ausgeführt worden. Die beiden Firmen K & B sowie Metallguß C seien lediglich zur Verschleierung der vom Beschwerdeführer (und nicht von seinem Sohn G) selbst getätigten Geschäfte verwendet worden. Angeblich seinem Sohn W zuzurechnende Konten (Kapitaleinkünfte aus Dollarguthaben) hätten auf den Namen des Beschwerdeführers gelautet, der auch zeichnungsberechtigt gewesen sei. Die belangte Behörde billigte auch die Höhe der vom Betriebsprüfer vorgenommenen Schätzung.
Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten erkennbar insoweit verletzt, als nicht ein ausschließlicher Wohnsitz in S (Bayern) anerkannt wurde, Einkünfte ihm zugerechnet wurden sowie eine Schätzung mit Verhängung eines Sicherheitszuschlages erfolgte. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 1 Abs. 1 EStG 1972 sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1972 beschränkt einkommensteuerpflichtig mit inländischen Einkünften im Sinne des § 98. Einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften hat gemäß § 26 Abs. 1 BAO jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
Steuerrechtlich ist das Bestehen eines Wohnsitzes stets an die objektive Voraussetzung des Besitzes - hier gleichbedeutend mit Innehabung - einer Wohnung geknüpft. Innehaben bedeutet, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich verfügen zu können, sie also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 1 EStG 1972, Tz 7).
Maßgeblich ist die tatsächliche Gestaltung der Dinge. Um einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften zu begründen, bedarf es daher nur der tatsächlichen Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benutzt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1990, 89/13/0015).
2. Strittig ist, ob der Beschwerdeführer in den Streitjahren einen Wohnsitz im Inland hatte. Hingegen geht auch die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer (auch) in der Bundesrepublik Deutschland einen Wohnsitz hatte. Mit der Annahme eines inländischen Wohnsitzes des Beschwerdeführers und damit seiner unbeschränkten Steuerpflicht allein wäre der Beschwerdefall allerdings noch nicht entschieden. Gemäß Art. 16 DBA-BRD ist, wenn eine Person in jedem der Vertragsstaaten einen Wohnsitz hat, soweit sich das Besteuerungsrecht nach dem Wohnsitz richtet, der Wohnsitz maßgebend, zu dem die stärksten persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestehen (Mittelpunkt der Lebensinteressen). Wenn dies nicht festzustellen ist, werden die obersten Finanzbehörden der Vertragsstaaten sich nach Art. 21 verständigen.
Unter persönlichen Beziehungen sind alle jene zu verstehen, die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an dem er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er sie beibehalten und benutzen wird. Von Bedeutung sind dabei die Ausübung des Berufes, die Gestaltung des Familienlebens sowie Betätigungen religiöser und kultureller Art sowie andere Tätigkeiten zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen. Die stärkste persönliche Beziehung besteht im Regelfall zu dem Ort, an dem jemand regelmäßig mit seiner Familie lebt. Diese Annahme setzt die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen, voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1991, 90/13/0073).
3. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß sein und seiner Ehegattin neu erbautes Haus in H (OÖ) als Wohnung im oben erwähnten Sinne geeignet war. Er behauptet aber, er wäre 1979 aus diesem Haus ausgezogen und in eine Garconniere nach S (Bayern) übersiedelt. Diesem Vorbringen, demzufolge in den Streitjahren kein inländischer Wohnsitz mehr bestanden hätte, hat die belangte Behörde keinen Glauben geschenkt. Sie ist darüber hinaus zum Ergebnis gelangt, daß der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers im Inland lag.
Der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden Kontrollbefugnis (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 548 ff) nicht finden, daß die umfangreiche und eingehende Beweiswürdigung der belangten Behörde rechtswidrig wäre:
Der Beschwerdeführer ist zum Sachverhalt erstmals anläßlich der Hausdurchsuchung vom 19. Juni 1986 in H niederschriftlich vernommen worden. Zuvor hatte er sich von seiner Ehegattin gegenüber den einschreitenden Beamten verleugnen lassen und sich auf dem Dachboden des Hauses versteckt. Er behauptete zunächst, er halte sich gewöhnlich in S auf, darüberhinaus ein bis zweimal wöchentlich bei seiner Ehefrau in H, wo er dann auch nächtige. Sodann räumte er ein, zuletzt am 10. Juni 1986 in S genächtigt zu haben, seither in H. Schließlich gab der Beschwerdeführer zu, seinen Hauptwohnsitz seit 1979 immer und ausschließlich in H zu haben; seine polizeiliche Anmeldung in S habe seinen dortigen Zweitwohnsitz betroffen. Damit stimmt auch das Ergebnis der Hausdurchsuchung in S überein: In der dortigen Einzimmerwohnung befanden sich keine Kleidung, mit Ausnahme einer Flasche Wein keine Lebensmittel und keine Toiletteartikel. Der Beschwerdeführer gab bei dieser Gelegenheit an, die Wohnung lediglich gelegentlich für Feiern mit Bekannten zu benützen und bei diesen Gelegenheiten auch ab und zu zu übernachten.
Zwar hat der Beschwerdeführer in der Folge sein Geständnis nach anwaltlicher Beratung widerrufen. Wenn die belangte Behörde seinen späteren Versionen nicht gefolgt ist, kann hierin allein eine Unschlüssigkeit ihrer Erwägungen nicht erblickt werden. Es entspricht nämlich der Lebenserfahrung, daß Angaben bei einer ersten Befragung eher der Wahrheit entsprechen als ein später erfolgtes Leugnen. Hieran kann auch die vom Beschwerdeführer erwähnte psychische Belastung durch eine Hausdurchsuchung nichts ändern. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, daß er Unrichtiges gestanden hätte, weil ihm Straffreiheit zugesagt worden wäre. Der Niederschrift ist lediglich zu entnehmen, daß er auf Anwendung von Milderungsgründen "plädierte". Im übrigen hat der Beschwerdeführer noch am 23. Juni 1986, somit mehrere Tage nach der Hausdurchsuchung und nach reichlicher Überlegungsfrist seine Berufung gegen den Bescheid vom 26. Februar 1986 betreffend Ausstellung eines Lohnsteuer-Befreiungsscheines zurückgezogen.
4. Die vom Beschwerdeführer aufgezählten Argumente, die für seinen Standpunkt sprechen sollen, hält der Gerichtshof nicht für geeignet, eine rechtswidrige Beweiswürdigung aufzuzeigen:
Die Abmeldung vom österreichischen Wohnort und die Anmeldung in S ist für die Frage des Wohnsitzes nicht entscheidend; wie schon erwähnt, kommt es auf die tatsächliche Gestaltung der Dinge an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1990, 89/13/0015). Angemerkt sei, daß sich der Beschwerdeführer 1979 von Br nicht nach S, sondern nach den USA abgemeldet hat.
Daß der Beschwerdeführer eine der von ihm in S erworbenen Eigentumswohnungen mit Mobiliar ausstattete und dieses über die Staatsgrenze transportierte, bedeutet nicht schon, daß er damit seinen inländischen Wohnsitz aufgegeben hätte. Wiederholte Ein- und Ausreisen bei Grenzübergängen sind auch mit der fallweisen Benützung einer Zweitwohnung vereinbar.
Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfahren vor dem Amtsgericht E betraf lediglich den Gebrauch der im Kellergeschoß des Objektes in S befindlichen, vom Beschwerdeführer miterworbenen Kegelbahn. Wenn der Beschwerdeführer dort häufig kegelte, heißt dies keineswegs, daß damit der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen am Ort der Kegelbahn zu suchen wäre.
Was die von deutschen und österreichischen Zeugen abgelegten Aussagen anlangt, so sprechen diese insgesamt nicht für, sondern gegen den Standpunkt des Beschwerdeführers. So haben die zahlreichen vernommenen österreichischen Nachbarn und Arbeitnehmer der M-GmbH im wesentlichen übereinstimmend berichtet, der Beschwerdeführer habe mit seiner Familie in seinem Haus in H gewohnt; eine Ehekrise wurde nicht beobachtet. Beispielsweise hat der mit dem Beschwerdeführer befreundete und im selben Unternehmen beschäftigte Zeuge Josef P ausgesagt, er habe in den Objekten des Beschwerdeführers in S mit Kollegen Arbeiten durchgeführt, dort aber auch mit ihm gekegelt; er selbst habe nach einer solchen Kegelpartie und Alkoholgenuß dort geschlafen. Er wisse, daß der Beschwerdeführer öfter in S geschlafen habe, ständig habe er dort aber nicht gewohnt. Die Familienverhältnisse des Beschwerdeführers seien immer harmonisch gewesen; eine Ehekrise wäre ihm auf Grund des damaligen freundschaflichen Verhältnisses nicht verborgen geblieben. Auch die Ergänzungen der Zeugenvernehmungen nach einer Stellungnahme des Beschwerdeführers ergaben kein anderes Bild.
Den Aussagen der deutschen Zeugen, nämlich der verwaltenden Wohnungsnachbarin des Beschwerdeführers sowie des Hausmeisters des Objektes in S kann deren gemeinsamer Eindruck entnommen werden, daß der Beschwerdeführer nach dem Erwerb der Objekte während der Umbauarbeiten in den Wohnungen, Garagen und der Kegelbahn häufiger anwesend war, danach seltener. Daß er in der Garconniere nicht bloß fallweise genächtigt, sondern auch "gewohnt" hätte, konnte auch die Wohnungsnachbarin, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, nicht sagen. Ob der Beschwerdeführer die Garconniere auch in Damenbegleitung aufgesucht hat, ist im gegebenen Zusammenhang nicht entscheidend.
Der Beschwerdeführer verweist auch auf die Aussage seiner Ehefrau über die tatsächlichen Verhältnisse. Zu einer mündlichen Aussage ist es nach der Aktenlage nicht gekommen, da sie mitteilte, wegen einer Gehbehinderung einer Zeugenladung nicht Folge leisten zu können. Schriftlich gab sie an, daß ihr Mann seit 1. Jänner 1979 in S wohne. Im Hinblick auf die zahlreichenden dagegensprechenden Beweismittel war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde dieser schriftlichen Aussage nicht gefolgt ist.
Zur vom Beschwerdeführer behaupteten Zerrüttung seiner Ehe ist zu bemerken, daß seine Ehegattin (vertreten durch einen für den Beschwerdeführer im Abgabenverfahren eingeschrittenen Rechtsanwalt) erst am 18. März 1987 (Datum des Schriftsatzes), somit nach den Streitjahren, zu 1 C 7/87 des Bezirksgerichtes Br eine Scheidungsklage einbrachte, in der ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer sei im September 1979 aus der Ehewohnung ausgezogen und habe seinen Wohnsitz nach Deutschland verlegt.
Bereits am 24. März 1987 wurde im Zuge eines zu 1 C 8/87 des Bezirksgerichtes Br nach § 433 ZPO geschlossenen Unterhaltsvergleiches Ruhen des Scheidungsverfahrens vereinbart. Es ist daher nicht nachvollziehbar, daß die Scheidung "nach fünf Jahren (März 1987) ausgesprochen wurde", wie in der Beschwerde behauptet wird. Unter diesen Umständen kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie diesen Vorgang nicht als erfolgreiche Beweisführung für eine Wohnsitzverlegung in den Streitjahren angesehen hat.
Aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten eidesstättigen Erklärung einer mit ihm befreundeten deutschen Witwe ergibt sich lediglich, daß er dieser nach dem Tode ihres Mannes bei Umzügen und Baumaßnahmen geholfen hat, nicht aber etwa, daß mit ihr ein gemeinsamer Haushalt in Deutschland begründet worden wäre.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Verwendung deutscher Pkw-Kennzeichentafeln und auf die Ausstellung eines deutschen Führerscheines beruft, ist nicht erkennbar, daß hiebei von deutschen Behörden die Wohnsitzfrage - über die Angaben des Beschwerdeführers hinausgehend - geprüft worden wäre.
Der Beschwerdeführer führt auch ins Treffen, daß die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis eine gegen ihn wegen § 24 Devisengesetz erstattete Anzeige gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurücklegte. Er behauptet, es wäre wegen seiner ausschließlichen US-Staatsbürgerschaft und wegen des Fehlens eines Aufenthaltes in Österreich eindeutig festgestanden, daß er Devisenausländer sei. Es ist nicht aktenkundig, welche Erwägungen die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis zur Zurücklegung der Anzeige bewogen haben. Kurz zuvor hatte freilich die österreichische Nationalbank dem Kreisgericht Ried im Innkreis mitgeteilt, daß eine endgültige Klärung des Sachverhaltes im Zusammenhang mit der Deviseninländereigenschaft des Beschwerdeführers nur durch weitere Ermittlungen auch an Ort und Stelle möglich wäre; hiezu ist es offenbar vor Zurücklegung der Anzeige nicht gekommen. Unrichtig ist, daß der Beschwerdeführer ausschließlich US-Staatsbürger wäre; vielmehr besitzt er auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Im übrigen hat er 1984 beim Erwerb einer Liegenschaft an Eides statt erklärt, Deviseninländer zu sein, und seine Anschrift in H angegeben.
Weiters zitiert der Beschwerdeführer Ausführungen des Spruchsenates beim Zollamt Linz in einem den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom 10. Mai 1990. Darin wurde der Beschwerdeführer zwar in mehreren Fällen des Finanzvergehens des Schmuggels und der Hinterziehung von Eingangsabgaben schuldig erkannt, hinsichtlich eines weiteren Faktums im Zusammenhang mit einer Verkürzung der auf einen Pkw entfallenden Eingangsabgaben infolge unrichtiger Erklärung seiner Wohnsitzverhältnisse wurde das Verfahren jedoch eingestellt, weil die Frage des Wohnsitzes (zumindest seit 1986) nicht mit Sicherheit geklärt werden konnte. Im wesentlichen wurde hiezu die Verantwortung des Beschwerdeführers wiedergegeben. Eine Klärung der Sachlage zugunsten des Beschwerdeführers ist aber nicht erfolgt. Der Beschwerdeführer behauptet selbst nicht, daß die belangte Behörde an die Beurteilung des Spruchsenates gebunden wäre. Vielmehr war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auf Grund des von ihr durchgeführten umfangreichen Beweisverfahrens die Wohnsitzfrage als - zu Lasten des Beschwerdeführers - geklärt angesehen hat. Der Beschwerdeführer meint, wegen der Gleichheit der Fakten hätte auch die belangte Behörde zum selben Schluß wie der Spruchsenat kommen müssen; daß diesem gleiches Beweismaterial zur Verfügung stand, hat er nicht behauptet.
Der Beschwerdeführer bringt vor, für die Übersiedlung nach
S sei das Fehlen eines Telefonanschlusses in H mitentscheidend gewesen. Hiezu hatte er im Verwaltungsverfahren ausgeführt, einen Telefonanschluß habe es im dortigen Haus erst ca. 1985 gegeben. Die belangte Behörde hat die Unrichtigkeit auch dieser Darstellung nachgewiesen: Tatsächlich wurde ein Teilnehmerverhältnis mit dem Beschwerdeführer in H schon am 18. September 1980 begründet; eine Übertragung auf seine Ehefrau erfolgte mit 28. März 1988.
5. Zusammenfassend ergibt sich, daß die Beweiswürdigung der belangten Behörde entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers nachvollziehbar und schlüssig ist. Angesichts der umfassenden Beweisaufnahmen kann auch von einem Verfahrensmangel keine Rede sein; die Zeugen sind zum Wohnsitz des Beschwerdeführers ausreichend präzise befragt worden. Dies trifft auch auf die vom Beschwerdeführer erwähnte Zeugin Kreszenzia P zu, die beim Putzen in der Garconniere in S den Eindruck gewonnen hatte, diese wäre nicht ständig bewohnt.
Von ihren unbedenklichen Feststellungen ausgehend hat die belangte Behörde für die Streitjahre zu Recht einen Wohnsitz des Beschwerdeführers und auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen im Inland angenommen. Hiefür war insbesondere entscheidend, daß der Beschwerdeführer nicht nur seinen Beruf im Inland ausübte, sondern daß er hier auch in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Familie lebte, was sich schon anläßlich der Hausdurchsuchungen in H und S zeigte. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß auf Grund der vom Beschwerdeführer auch im Ausland gesetzten Aktivitäten eine stärkere Bindung zu einem dort gelegenen Ort zu bejahen wäre.
Aus dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1990, 89/13/1005 (richtig: 89/13/0015), ist für ihn nichts zu gewinnen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof den zeitweisen Aufenthalt in einem Zimmer der eigenen, vom Vater bewohnten Eigentumswohnung während des Urlaubes und die Aufbewahrung von Winterbekleidung in dieser Wohnung als für die Annahme eines inländischen Wohnsitzes nicht ohne weiteres geeignet angesehen. Nach den Feststellungen der belangten Behörde ging die Intensität der inländischen Wohnungsnutzung durch den Beschwerdeführer hierüber weit hinaus. Auch der dem hg. Erkenntnis vom 12. März 1974, 1947/73, zugrundeliegende Sachverhalt ist mit dem im Beschwerdefall erwiesenen nicht vergleichbar.
6. Der Beschwerdeführer bringt vor, hinsichtlich der ihm zugerechneten Dollarguthaben (bei der Creditanstalt Salzburg) seien nur Vermutungen geäußert worden. Dem ist entgegenzuhalten, daß die entsprechenden Konten nach den behördlichen Ermittlungen auf den Namen des Beschwerdeführers lauteten und daß er auf einem Unterschriftsprobenblatt als Alleinzeichnungsberechtigter ausgewiesen war. Seine Identität hatte er mit einem US-Reisepaß nachgewiesen. Diese Feststellungen werden vom Beschwerdeführer nicht bekämpft. Er rügt nur, es seien ihm keine Unterschriftsproben vorgehalten worden, ohne die Wesentlichkeit eines solchen Mangels aufzuzeigen. Die Behörde hat - wie eben ausgeführt - lediglich einem Blatt, auf dem sich Unterschriftsproben befanden, entnommen, daß der Beschwerdeführer für die auf seinen Namen lautenden Konten allein zeichnungsberechtigt war und daß er einen Identitätsnachweis erbracht hatte. Gegen die Zurechnung der Kapitaleinkünfte aus den entsprechenden Dollarguthaben an den Beschwerdeführer hat der Gerichtshof daher keine Bedenken.
7. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer auch Einkünfte zugerechnet, die aus unter den Bezeichnungen K & B sowie Metallguß C abgewickelten Geschäften stammten. Daß die Geschäfte unter der Bezeichnung Metallguß C ausschließlich vom Beschwerdeführer getätigt wurden und daß er die hieraus stammenden Erlöse vereinnahmt hat, wird von ihm in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Schon bei seiner Vernehmung durch die Finanzstrafbehörde am 6. Oktober 1986 hatte er dies zugegeben.
Hingegen wendet er sich dagegen, auch K & B als Scheinfirma anzusehen und diesbezüglich ebenfalls an ihn zuzurechnen. Er weist insbesondere darauf hin, daß für diese "Firma" ab 1981 sein Sohn G in Deutschland als Gewerbeinhaber gemeldet wurde.
Ob Einkünfte einem Steuerpflichtigen zugerechnet werden können oder nicht, ist in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden; maßgeblich ist die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge; die rechtliche Gestaltung ist nur maßgebend, wenn sich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts anderes ergibt, da die Einkommensteuer in erster Linie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen und nicht rechtliche Gestaltungen erfassen will. Zurechnungssubjekt ist derjenige, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, 2. Auflage, § 2 Tz 11).
Im Beschwerdefall ist zunächst festzuhalten, daß nach der Aktenlage eine Firma K & B im Handelsregister nie registriert wurde; ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existiert nicht. Der Namensgeber B (dessen Namen bei Verwendung der "Firma" immer unrichtig geschrieben wurde) sagte aus, er habe in der Zeit bis etwa 1972 zwar einen Geschäftskontakt zum Beschwerdeführer gehabt, zur Gründung eines gemeinsamen Unternehmens sei es aber nicht gekommen; einen Beteiligten namens K kenne er überhaupt nicht. Der Beschwerdeführer (der laut Geschäftsführervertrag mit der M-GmbH zu keiner Nebenerwerbstätigkeit berechtigt war) bestreitet nicht, daß er unter der Bezeichnung K & B Geschäfte getätigt hat und daß die Erlöse auf seinen Konten eingegangen sind. Er behauptet auch nicht, daß sich ab 1981 an der Geschäftsgebarung etwas geändert hätte. Die bloße Änderung bei der Gewerbeanmeldung auf seinen Sohn im Jahr 1981 gibt daher keinen Anlaß, bei gleichbleibender wirtschaftlicher Gestaltung ab diesem Zeitpunkt eine Änderung der Zurechnung vorzunehmen. Der Durchführung weiterer Vernehmungen bedurfte es unter diesen Umständen nicht.
Da der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz in Österreich hatte (vgl. oben Punkte 3 bis 5) und überdies die Empfänger der vom Beschwerdeführer unter K & B fakturierten Leistungen, nämlich die M-GmbH, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer war, sowie die H & V OHG ihren Sitz in Österreich hatten, hält es der Gerichtshof für unbedenklich, daß die belangte Behörde hinsichtlich der in Rede stehenden Geschäfte eine im Inland betriebene gewerbliche Tätigkeit und im Inland ausgeführte Umsätze angenommen und dementsprechend auch die Gewerbe- und Umsatzsteuerpflicht bejaht hat.
Unrichtig und unvollständig ist die Darstellung des Beschwerdeführers, aus einem Bericht der Steuerfahndungsstelle Landshut vom 23. Dezember 1986 ergebe sich, daß die vom ihm unter dem Namen K & B ausgeübte Tätigkeit die Unternehmereigenschaft in der Bundesrepublik Deutschland erfülle. In diesem Bericht wurde zwar die Unternehmereigenschaft hinsichtlich der genannten Geschäfte bejaht, jedoch hinzugefügt, daß die Lieferungen und Leistungen (mit einer einzigen Ausnahme, in welchem Fall der Beschwerdeführer bei einer Lieferung an ein deutsches Unternehmen Umsatzsteuer offen ausgewiesen hatte) in Österreich getätigt wurden, weshalb (in der Bundesrepublik Deutschland) steuerbare Umsätze nicht vorlägen. Die "Zwischenschaltung der Firma K & B" habe den einzigen Zweck gehabt, dem Geschäftsführer der M-GmbH zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, was ihm nach dem Geschäftsführervertrag eindeutig verboten gewesen sei. Es habe sich nach den gewonnenen Erkenntnissen um in Österreich vom Schreibtisch aus getätigte Geschäfte gehandelt. Für die Annahme eines Gewerbebetriebes mit dem Sitz in S fehlten alle gesetzlichen Voraussetzungen. Der behauptete Widerspruch zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch die deutsche Abgabenverwaltung liegt somit nicht vor, was lediglich der Vollständigkeit halber erwähnt sei.
Schließlich ist auch aus dem vom Beschwerdeführer zur Zurechnungsfrage zitierten hg. Erkenntnis vom 6. November 1990, 90/14/0141, für ihn nichts zu gewinnen. Im damaligen Beschwerdefall ging es nicht um die Zurechnung von Einkünften aus unter "Scheinfirmen" getätigten Geschäften, sondern um die Zurechnung von Buffet-Einnahmen an einen Verein oder dessen Obmann. Daß in der Gebarung des Vereines kein entsprechender Geldfluß aus dem Buffet ersichtlich war, wurde deshalb als für die Lösung der Zurechnungsfrage irrelevant angesehen, weil allenfalls durch das Buffet erwirtschaftete Mittel sich auch dann in der Verfügung des Vereines befanden, wenn sie der Obmann, der nach der Vereinssatzung die Unterstützung des Kassiers hiefür nicht in Anspruch nehmen mußte, in Verwahrung hatte. Mit diesem Sachverhalt ist der Beschwerdefall nicht vergleichbar.
8. Zur Schätzungsbefugnis der belangten Behörde genügt es darauf hinzuweisen, daß die vorgefundenen, unter den oben genannten Bezeichnungen gelegten Rechnungen keine zusammenhängenden Belegnummern aufwiesen, woraus die belangte Behörde auf die Unvollständigkeit der Erfassung schließen durfte. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Unvollständigkeit ergebe sich daraus, daß es (von den deutschen Behörden) unterlassen worden sei, weitere im Objekt in S gelegene Räume zu untersuchen, ist ihm entgegenzuhalten, daß es im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht seine Sache gewesen wäre, bei den Hausdurchsuchungen allenfalls nicht aufgefundene Belege, die ein gegenüber der Schätzung des Betriebsprüfers für ihn günstigeres Ergebnis hätten begründen können, den Abgabenbehörden vorzulegen. Weiters ist auf seine Aussagen vom
1. und vom 6. Oktober 1986 hinzuweisen, wonach ihm von einer Buchhaltung der genannten "Firmen" nichts bekannt sei; er habe keine Geschäftsaufzeichnungen geführt.
Was die Verhängung eines Sicherheitszuschlages anlangt, so gehört die Anwendung eines solchen zu den Elementen der Schätzung; denn es kann - ohne gegen die Denkgesetze zu verstoßen - angenommen werden, daß bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch noch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, 89/14/0109; Stoll, BAO Handbuch, Seite 425).
In der Beschwerde wird zwar die Höhe des Sicherheitszuschlages bekämpft, hiezu jedoch kein weiteres konkretes Vorbringen erstattet. Der Verwaltungsgerichtshof vermag unter den gegebenen Umständen nicht zu erkennen, daß Sicherheitszuschläge in der vorliegenden Größenordnung im Beschwerdefall unsachlich wären.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991140041.X00Im RIS seit
13.06.2001