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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Waldner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 7. März 1991, Zl. MA 70-8/86/91, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 7. März 1991 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die ihm erteilte Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, F und A 125 ccm entzogen und gleichzeitig gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, daß dem Beschwerdeführer auf die Dauer der geistigen Nichteignung keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die gegenständliche Entziehungsmaßnahme beruht auf der Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 nicht mehr geistig geeignet, Kraftfahrzeuge der betreffenden Gruppen zu lenken. Sie begründete dies damit, daß der Beschwerdeführer am 23. Jänner 1991 amtsärztlich untersucht worden sei und der Amtsarzt den Beschwerdeführer "wegen geistigen Abbaus" zum Lenken derartiger Fahrzeuge nicht geeignet befunden habe. Sie habe keine Veranlassung, das polizeiamtsärztliche Gutachten eines Fachmannes auf dem Gebiete der Medizin in Zweifel zu ziehen, zumal der Beschwerdeführer nicht vermocht habe, dem auf fachlich gleichwertiger Ebene (etwa mittels eines Gegengutachtens) entgegenzutreten.
Dem Beschwerdeführer ist im Ergebnis darin beizupflichten, daß das genannte amtsärztliche Gutachten keine taugliche Entscheidungsgrundlage darstellen konnte. Die belangte Behörde hat nämlich die Bestimmung des § 31 zweiter Satz KDV 1967 in der Fassung der 22. Novelle, BGBl. Nr. 362/1987, übersehen, wonach dann, wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht eines krankhaften Zustandes ergibt, der die geistige Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, eine Untersuchung durch einen entsprechenden Facharzt, die eine Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeiten einzubeziehen hat, anzuordnen ist. Eine solche Untersuchung ist unterblieben, wobei erst auf Grund des erforderlichen fachärztlichen Befundes ein abschließendes ärztliches Gutachten im Sinne des § 67 Abs. 2 KFG 1967 zu erstatten gewesen wäre.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Anforderung an ein GutachtenSachverständiger ArztEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991110045.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
18.06.2009