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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ASVG §111;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 3. Oktober 1989, Vd- 16.358/1b, betreffend Bestrafung nach dem ASVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der Ausspruch über die Bestrafung nach dem ASVG bestätigt wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17. November 1988 wurde der Beschwerdeführer - soweit dies für das vorliegende Beschwerdeverfahren von Bedeutung ist (die mit dem genannten Straferkenntnis erfolgte Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz betreffend wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0155, verwiesen) - schuldig erkannt, es unterlassen zu haben, den von ca. Ende Juni 1988 bis 9. August 1988 in seinem landwirtschaftlichen Betrieb beschäftigten amerikanischen Staatsangehörigen William C. beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden. Er habe hiedurch gegen § 33 ASVG verstoßen, weshalb über ihn gemäß § 111 ASVG eine Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,-- (Ersatzarrest von 20 Tagen) verhängt werde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung, soweit sie sich gegen die Verwaltungsübertretung nach dem ASVG richtete, teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf S 1.000,-- (Ersatzarrest ein Tag) herabgesetzt.
In der Begründung verwies die belangte Behörde zunächst darauf, daß der Beschwerdeführer in seiner Berufung die Beschäftigung von William C. in seinem landwirtschaftlichen Betrieb bestritten hatte. Nach den Berufungsbehauptungen habe es sich bei C. um einen Gast gehandelt, der Land und Leute habe kennenlernen wollen und deshalb auch tagelang mit dem Fahrrand in Tirol unterwegs gewesen sei. C. habe sich auch für die Landwirtschaft interessiert und deshalb auf dem Feld und im Stall bei den Arbeiten zugesehen. Dabei habe er ab und zu im Stall eine Mistgabel zur Hand genommen und kurze Zeit mitgeholfen. Zum Beweis für dieses Vorbringen sei ein Zeuge namhaft gemacht worden.
Die belangte Behörde führte weiters aus, der Sachverhalt scheine erwiesen. Jedenfalls habe C. bei seiner Einvernahme am 9. August 1988 ausgesagt, er sei im landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers gegen freie Unterkunft und Verpflegung mit Stallarbeiten beschäftigt gewesen. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht dahingehend rechtfertigen, daß C. lediglich aus eigenem Interesse an der Landwirtschaft von sich aus gelegentlich für kurze Zeit im Stall mitgeholfen habe und daß weder eine Entlohnung noch freie Unterkunft und Verpflegung zugesagt worden seien. Allein dadurch, daß der Beschwerdeführer Arbeitsleistungen eines Ausländers, für den er keine Beschäftigungsbewilligung besessen habe und der auch nicht im Besitz eines Befreiungsscheines gewesen sei, in seinem Betrieb geduldet habe, habe er gegen § 3 Abs. 1 AuslBG verstoßen. Dabei sei es unerheblich, ob C. mit dem Beschwerdeführer ausdrücklich ein Arbeitsverhältnis eingegangen und für seine Arbeitsleistung entlohnt worden sei bzw. freie Unterkunft oder Verpflegung erhalten habe. Aus diesem Grund habe auch die beantragte Zeugeneinvernahme unterbleiben können.
Nach § 33 Abs. 1 ASVG habe ein Dienstnehmer jeden von ihm beschäftigten Pflichtversicherten binnen "sieben" Tagen nach Beginn der Pflichtversicherung beim zuständigen Träger der Krankenversicherung anzumelden. Komme ein Dienstgeber dieser Verpflichtung nicht oder nicht zeitgerecht nach, so sei er gemäß § 111 ASVG mit Geld bis zu S 6.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen. Im Hinblick auf die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers sei die verhängte Geldstrafe auf S 1.000,-- herabzusetzen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:
Dem Beschwerdeführer wird zur Last gelegt, eine Meldepflichtverletzung nach § 111 ASVG in Verbindung mit § 33 ASVG dadurch begangen zu haben, daß er es unterließ, einen in seinem landwirtschaftlichen Betrieb Beschäftigten beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden. Nach § 111 ASVG begehen u.a. Dienstgeber, die der ihnen auf Grund dieses Bundesgesetzes obliegenden Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, wenn die Handlung nicht nach anderer Bestimmung einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung. § 33 Abs. 1 ASVG normiert u.a. eine Verpflichtung der Dienstgeber, jeden von ihnen beschäftigten, in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz Pflichtversicherten (Vollversicherte und in der Krankenversicherung Teilversicherte) binnen drei Tagen nach Beginn der Pflichtversicherung beim zuständigen Träger der Krankenversicherung anzumelden.
Ob der Beschwerdeführer gegen die in § 33 Abs. 1 ASVG normierte Meldepflicht verstoßen und damit die Verwaltungsübertretung nach § 111 ASVG begangen hat, hängt nach den zitierten Vorschriften - ausgehend von der im Spruch des Straferkenntnisses, der insoweit vom angefochtenen Bescheid rezipiert wird, umschriebenen Tat - davon ab, ob C. im genannten Zeitraum ein beim Beschwerdeführer Beschäftigter, in der Krankenversicherung nach dem ASVG Pflichtversicherter war.
Gemäß § 4 Abs. 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes u.a. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.
Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Mit der der Meldepflicht zugrunde liegenden Frage, ob ein Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG vorlag (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 1987, Zl. 86/08/0011, und vom 13. Juni 1989, Zl. 85/08/0064), d.h. ob C. im fraglichen Zeitraum beim Beschwerdeführer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt war (zu den nach der sozialversicherungsrechtlichen Rechtsprechung unterscheidungskräftigen Merkmalen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0152, und die dort zitierte Vorjudikatur) hat sich die belangte Behörde weder auseinandergesetzt, noch die für die Lösung dieser Frage erforderlichen Feststellungen getroffen. Lediglich auf der Grundlage der Feststellung, der Beschwerdeführer habe geduldet, daß C. im landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers (gegen freie Unterkunft und Verpflegung) Stallarbeiten verrichtet habe, durfte die belangte Behörde keinesfalls vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgehen. Auf der Grundlage der oben wiedergegebenen Sachverhaltsannahme bestand für den Beschwerdeführer jedoch keine Verpflichtung, C. beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden.
Der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, daß - selbst unter der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses - nach dem ASVG keine Meldepflicht des Dienstgebers für im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 2 geringfügig beschäftigte Personen, die in der Unfallversicherung nach § 7 Z. 3 lit. a ASVG teilversichert sind, besteht; ein Verstoß gegen anderweitige, etwa in Satzungen von Sozialversicherungsträgern normierte Meldepflichten wird durch die Vorschrift des § 111 ASVG, die auf Verstöße gegen die auf Grund dieses BUNDESGESETZES obliegende Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen abstellt, nicht unter Strafe gestellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/08/0064, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Neben dem Schriftsatzaufwand ist weder ein Einheitssatz noch Umsatzsteuer gesondert zu vergüten (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 686 Abs. 4, zitierte hg. Rechtsprechung). Im Hinblick auf Art. III Abs. 2 der zuletzt zitierten Verordnung und die Geltendmachung eines Schriftsatzaufwandes, der insgesamt den derzeit geltenden Pauschalbetrag übersteigt (vgl. hiezu Dolp aaO, 687 Abs. 5), war dem Beschwerdeführer ein Schriftsatzaufwand von S 11.120,-- zuzusprechen. Der Ersatz der Stempelgebühren war lediglich in der Höhe der entstandenen Gebührenverpflichtung zuzuerkennen (vgl. Dolp aaO, 678 Abs. 7).
Schlagworte
Schriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei Inhalt und Umfang des PauschbetragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991080101.X00Im RIS seit
26.11.1991