Index
L82000 Bauordnung;Norm
BauO Krnt 1969 §18;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 26. April 1991, Zl. 8 BauR1-169/2/1991, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) H, 2) J,
3) Stadtgemeinde S), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Durchführung mehrerer Verhandlungen erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Erst- und dem Zweitmitbeteiligten mit Bescheid vom 26. Februar 1990 die Baubewilligung für eine Garagenaufstockung sowie für den Ausbau des Dachgeschoßes auf den Grundstücken Nr. n und m, KG. S. In der Begründung dieses Bescheides setzte sich die Baubehörde erster Instanz mit den Einwendungen des beschwerdeführenden Nachbarn auseinander und erachtete diese als nicht begründet.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab der Stadtrat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 14. Mai 1990 keine Folge. Auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung holte die Gemeindeaufsichtsbehörde das Gutachten eines bautechnischen Amtssachverständigen ein, welcher näher begründete, aus welchen Überlegungen auch seiner Meinung nach das eingereichte Bauvorhaben dem Bebauungsplan und den Kärntner baurechtlichen Bestimmungen entspricht. Mit Bescheid vom 31. Oktober 1990 behob die Kärntner Landesregierung den Berufungsbescheid und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde mit der Begründung zurück, daß der dem Bauverfahren zugrunde gelegte Bebauungsplan mangels Kundmachung noch nicht rechtswirksam geworden sei. Auf diesen Bebauungsplan hätte daher der Berufungsbescheid nicht zu Recht gestützt werden können. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
In der Folge wurde auf Gemeindeebene ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch Einholung eines Gutachtens der Ortsbildpflegekommission durchgeführt und Parteiengehör gewährt. Auch wurde der Bebauungsplan durch Veröffentlichung in der Kärntner Landeszeitung kundgemacht.
Mit Bescheid vom 8. März 1991 gab der Stadtrat der Berufung neuerlich keine Folge, ergänzte jedoch durch Vorschreibungen den erstinstanzlichen Bescheid auf Grund des eingeholten Gutachtens der Ortsbildpflegekommission. Auch in diesem Bescheid setzte sich die Berufungsbehörde mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers eingehend auseinander.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wies die Kärntner Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens stellte die Gemeindeaufsichtsbehörde unter Hinweis auf die Bestimmungen der Kärntner Bauordnung und die darauf beruhende ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fest, daß dem Beschwerdeführer als Nachbarn in Fragen des Schutzes des Ortsbildes kein Mitspracherecht zustehe und daher die Baubehörde zweiter Instanz nicht berechtigt gewesen wäre, aus Anlaß der Berufung des Nachbarn eine Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides hinsichtlich der Interessen des Schutzes des Ortsbildes vorzunehmen. Bei dieser Rechtslage könnte unerörtert bleiben, ob im Sinne der Vorstellungen des Beschwerdeführers die Ortsbildpflegekommission bei der Erstellung ihres Gutachtens richtig zusammengesetzt gewesen sei oder nicht. Auf Grund der Bestimmungen des Bebauungsplanes sowie des eingeholten Gutachtens des hochbautechnischen Sachverständigen des Amtes der Kärntner Landesregierung teilte die Gemeindeaufsichtsbehörde die Ansicht der Gemeindebehörden, daß auch die im Bebauungsplan festgesetzte Geschoßflächenzahl entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht überschritten worden sei. Auch mit seinem Einwand betreffend die Minderung des Lichteinfalles könne der Beschwerdeführer nicht durchdringen, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Nachbar keinen Anspruch auf Licht und Luft vom Nachbargrund habe und auch die Kärntner Bauordnung keinen solchen Anspruch des Nachbarn normiere. Der Einwand hinsichtlich der Beschattung sei privatrechtlicher Natur, derartige Einwendungen seien in der Niederschrift lediglich festzuhalten, auf die Entscheidung selbst hätten sie keinen Einfluß. Zusammenfassend sei der Beschwerdeführer durch die erteilte Baubewilligung in seinen subjektiven Rechten nicht verletzt worden.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Vorliegens eklatanter Verfahrensmängel aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, daß der Stadtrat der mitbeteiligten Gemeinde nach der Kundmachung des Bebauungsplanes nicht berechtigt gewesen wäre, die Entscheidung des Bürgermeisters vom 26. Februar 1990 zu bestätigen, weil im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides dem Bebauungsplan keine Rechtswirksamkeit zugekommen wäre. Dem Beschwerdeführer sei auf diese Weise der Instanzenzug verkürzt worden.
Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzustellen, daß die Baubehörde erster Instanz von der Rechtswirksamkeit des Bebauungsplanes ausgegangen ist, ohne dessen Kundmachung zu überprüfen. Dadurch hatte der Beschwerdeführer schon im erstinstanzlichen Verfahren die Möglichkeit, sich mit der Frage der Bedeutung dieses Bebauungsplanes für das Bauvorhaben der mitbeteiligten Bauwerber auseinanderzusetzen, ging er doch selbst von der Rechtswirksamkeit dieses Bebauungsplanes aus. Zu Recht weist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hin, daß im Zeitpunkt der neuerlichen Entscheidung der Berufungsbehörde die formalrechtliche Sanierung des Bebauungsplanes bereits erfolgt sei und dieser Bebauungsplan der Entscheidung zugrundezulegen war, sodaß eine Zurückweisung an die Gemeindebehörde erster Instanz nicht der Rechtslage nach § 66 AVG entsprochen hätte. Daß aber im allgemeinen die Berufungsbehörde das im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Recht anzuwenden hat, eine andere Betrachtungsweise ist hier mangels gesetzlicher Bestimmungen nicht gegeben, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. N.F. Nr. 9315/A, klargestellt (vgl. auch die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, zu § 66 AVG wiedergegebene Rechtsprechung).
Als weiteren Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, daß ein Amtssachverständiger der mitbeteiligten Stadtgemeinde Mitglied der Ortsbildpflegekommission gewesen sei, obwohl vollkommen neutrale Fachleute beizuziehen gewesen wären. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auseinandergesetzt und zu Recht festgestellt, daß die Berufungsbehörde gar nicht berechtigt gewesen wäre, auf Grund der Berufung von Nachbarn in Fragen des Ortsbildes eine Ergänzung des Verfahrens vorzunehmen, weil in dieser Frage den Nachbarn nach der Kärntner Bauordnung und der hiezu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Mitspracherecht nicht zusteht. Auch hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.317/A, und in ständiger Rechtsprechung seither die Auffassung vertreten, daß auf Grund der beschränkten Parteistellung eines Berufungswerbers, wie es für die Rechtsstellung des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren auch nach der Kärntner Bauordnung typisch ist, die Berufungsbehörde den unterinstanzlichen Bescheid nur dahingehend überprüfen darf, ob subjektiv-öffentliche Rechte des Berufungswerbers verletzt wurden. Die verfahrensrechtliche Stellung eines Nachbarn kann aber nicht weiter gehen als seine materiell-rechtliche Position, sodaß er nicht berechtigt ist, Verfahrensmängel in einem Bereich zu rügen, in dem ihm, wie etwa bei Fragen des Ortsbildes, ein Mitspracherecht gar nicht zusteht. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.
Als weiteren Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, daß die Kärntner Landesregierung einen Amtssachverständigen zur Erstellung eines Gutachtens beigezogen hat, nicht aber dem Antrag des Beschwerdeführers auf Beiziehung eines neutralen Sachverständigen aus dem Bauwesen nachgekommen sei. Hier dürfte der Beschwerdeführer übersehen, daß die belangte Behörde schon auf Grund der Vorschrift des § 52 Abs. 1 AVG verpflichtet war, im Verwaltungsverfahren die ihr beigegebenen oder zur Verfügung stehenden Amtssachverständigen beizuziehen, wie in der Gegenschrift der belangten Behörde zutreffend dargetan wird. Im übrigen wäre es dem Beschwerdeführer freigestanden, im Rahmen seines Mitwirkungsrechtes das Gutachten eines Privatsachverständigen vorzulegen. Auch in dieser Beziehung liegt der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vor.
Unter dem Titel einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit behauptet der Beschwerdeführer insbesondere, daß die nach dem Bebauungsplan maximal zulässige Geschoßflächenzahl überschritten worden sei. Der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegende, hier maßgebliche Bebauungsplan vom 20. März 1991 (Textbebauungsplan) enthält zunächst eigene Begriffsbestimmungen und legt für die hier maßgeblichen Grundflächen in der sogenannten Zone 1 eine ein- bis zweigeschoßige Bebauung fest (§ 2 Abs. 1 und 2), wobei nach § 2 Abs. 5 die im Abs. 2 angegebene maximale Anzahl der Geschoße in der Zone 1 um maximal ein Dachgeschoß erhöht werden kann. Die Gebäudehöhe ist hier also durch die Zahl der Geschoße begrenzt. Daß diese Gebäudehöhe tatsächlich eingehalten wurde, ergibt sich eindeutig aus den bei den Verwaltungsakten erliegenden Bauplänen und wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Er meint allerdings, daß die maximal zulässige Geschoßflächenzahl überschritten worden sei. Die Geschoßflächenzahl ist nach § 1 Abs. 2 lit. a des Bebauungsplanes das Verhältnis der Summe aller Geschoßflächen zur Grundstücksfläche. Im Beschwerdefall ist nun Gegenstand des durchgeführten Baubewilligungsverfahrens eine Garagenaufstockung sowie ein Ausbau des Dachgeschoßes, also nicht die Inanspruchnahme einer weiteren Grundfläche für Bauzwecke, sodaß der Verwaltungsgerichtshof gar nicht zu erkennen vermag, inwieweit dem Beschwerdeführer als Nachbar überhaupt ein Rechtsanspruch darauf zustehen kann, ob die Geschoßflächenzahl durch die Anrechnung bestimmter Räume überschritten ist oder nicht. Hier ist ein solches Mitspracherecht des Nachbarn nach Auffassung des Gerichtshofes zu verneinen, zumal schon durch die maximal zulässig festgelegte Geschoßanzahl die Gebäudehöhe festgelegt ist und eine weitere, Rechte des Beschwerdeführers beschränkende Ausnutzung des Baugrundstückes gar nicht in Betracht kommt. Im übrigen hat aber die belangte Behörde unter Hinweis auf die Bestimmungen des Bebauungsplanes unter Zugrundelegung des von ihr eingeholten Gutachtens zutreffend festgestellt, daß nach § 1 Abs. 2 lit. c des Bebauungsplanes die anrechenbare Grundfläche eines Geschoßes jene Fläche ist, auf der Wohnungen, sonstige Aufenthaltsräume oder Betriebsräume mit einer den Bestimmungen der Kärntner Bauvorschriften 1980 entsprechenden lichten Raumhöhe vorhanden sind oder ohne wesentliche Änderungen an tragenden Bauteilen ausgebaut werden können, einschließlich der zu ihnen führenden Treppenräume, also Garagenräume schon nach der Natur der Sache nicht in Betracht kommen, die hier in Betracht kommenden Dachgeschoßräume aber nur insoweit, als sie dieser Begriffsbestimmung entsprechen. Daß auch der Balkonzubau an der dem Beschwerdeführer abgekehrten Seite des bewilligten Bauvorhabens keine Loggia und sohin keine anrechenbare Grundfläche ist, ergibt sich aus der Darstellung in den Bauplänen. Daß dieser Vorbau kein Zubau im Sinne des Vorbringens des Beschwerdeführers ist, zeigt sich schon darin, daß ein Zubau seinem Begriff nach nur eine raumbildende Vergrößerung des bestehenden Gebäudes sein kann, was hier nicht zutrifft. Das Beschwerdevorbringen erweist sich sohin auf Grund der dargelegten Erwägungen auch inhaltlich als nicht berechtigt.
Wenn der Beschwerdeführer darauf verweist, daß der Ausbau des Dachgeschoßes die Besonnung für seinen Bauplatz in Mitleidenschaft zieht, so trifft dies wohl zu, wie auch der Amtssachverständige der belangten Behörde in seinem Gutachten vom 20. August 1990 im Hinblick auf die Anordnung der Gebäude dargelegt hat. Daraus läßt sich aber keine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes ableiten, weil ein Nachbar aus den Bestimmungen des Kärntner Baurechtes keinen Rechtsanspruch darauf ableiten kann, daß durch ein Bauvorhaben auf dem Nachbargrund gegebene Beschattungsverhältnisse nicht verschlechtert werden dürfen. Der Amtssachverständige hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf verwiesen, daß der Abstand von der nördlichen Außenwand des Gebäudes des Erstmitbeteiligten bis zum Bauplatz des Beschwerdeführers nördlich der X-Straße ca. 7 m beträgt und das Gebäude etwa weitere 5 m von dieser Grundgrenze entfernt ist. Es befindet sich also zwischen dem Bauplatz der mitbeteiligten Bauwerber und dem Bauplatz des benachbarten Beschwerdeführers die ganze Breite einer öffentlichen Verkehrsfläche zusätzlich jener Grundflächen, die von der öffentlichen Verkehrsfläche her gewissermaßen als Vorgarten zu beurteilen sind. Hier sind also sowohl nach der Gebäudehöhe als den gegebenen Abständen Verhältnisse gegeben, die einer ausreichenden Belichtung und Belüftung entsprechen, mag auch durch das Bauvorhaben eine Verschlechterung der Besonnung und Belichtung der Liegenschaft des Beschwerdeführers eintreten. In dieser Beziehung hat die belangte Behörde schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend festgestellt, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Eigentümer eines Baues für die entsprechenden Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse auf seiner Liegenschaft selbst Vorsorge treffen muß und ganz allgemein keinen Rechtsanspruch auf Licht und Luft vom Nachbargrund besitzt (vgl. etwa auch das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1983, Zl. 80/06/2538, BauSlg. Nr. 57, u.a.). Auch in dieser Beziehung konnte der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dartun.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet. Sie war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Damit erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991050122.X00Im RIS seit
11.05.2001