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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §19;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S in Mannheim, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. Jänner 1991, Zl. IIb2-St-4/864/90, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Ein Beamter der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Tirol erstattete am 11. November 1990 die Anzeige, der Beschwerdeführer habe am 11. November 1990 um 14,56 Uhr als Lenker eines bestimmten Pkws (Marke Golf GTI mit deutschem Kennzeichen) auf der Inntalautobahn in Telfs bei km 103 (Fahrtrichtung Westen) die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit (von 130 km/h) um 58 km/h überschritten, wie durch Nachfahren mit einem Patrouillenwagen mittels eingebauter Traffipaxanlage festgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe die Übertretung zugegeben.
Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 22. November 1990 wurde über den Beschwerdeführer wegen der Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO unter Annahme einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 48 km/h, da eine Meßtoleranz von 5 % berücksichtigt wurde, gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden) verhängt.
In dem rechtzeitig erhobenen, als Berufung zu wertenden Einspruch brachte der Beschwerdeführer vor, er bestreite nicht die Geschwindigkeitsüberschreitung, sei aber mit der Strafe von S 3.000,-- nicht einverstanden, da er vom Meldungsleger aufgefordert worden sei, er habe S 2.100,-- zu bezahlen. Da er den Betrag nicht bar gehabt habe, habe er einen Scheck angeboten. Dies habe der Beamte abgelehnt und erklärt, der "Strafzettel" könne auch nach Mannheim zugestellt werden. Auch im Fall einer Anzeige werde der Beschwerdeführer nur den genannten Betrag bezahlen müssen. Dafür sei sein Beifahrer T. R... Zeuge. Die nachträgliche Erhöhung könne er nicht akzeptieren, er werde nur S 2.100,-- bezahlen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. Jänner 1991 wurde die Berufung abgewiesen. In der Begründung heißt es im wesentlichen, der Beschwerdeführer wende sich lediglich gegen die Strafhöhe. Es folgen umfangreiche Ausführungen zur Strafbemessung mit dem Hinweis auf die gravierende Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer vertritt weiterhin die Meinung, weil ihm der Meldungsleger erklärt habe, er müsse auch im Fall einer Anzeige nur S 2.100,-- bezahlen, hätte über ihn nur eine Geldstrafe in dieser Höhe verhängt werden dürfen.
Damit verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Es besteht kein Rechtsanspruch darauf, daß eine Verwaltungsübertretung lediglich nach den Bestimmungen des § 50 VStG, also durch eine Organstrafverfügung (auch "Organ-Strafmandat"), geahndet wird (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., Anm. 3 zu § 50 VStG, S. 1012). Erst mit der Aushändigung einer Ausfertigung des Organmandats erlischt das Wahlrecht des Wacheorgans, ein Organmandat zu verhängen oder die Anzeige zwecks Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens zu erstatten (vgl. abermals Hauer-Leukauf, Entscheidung 1 zu § 50 Abs. 1 VStG, S. 1013). Die Behörde ist in keiner Weise daran gebunden, im Verwaltungsstrafverfahren die gleiche oder ungefähr gleich hohe Strafe zu verhängen, wie sie für die Einhebung durch Organe der öffentlichen Aufsicht nach § 50 VStG im vorhinein festgesetzt ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1988, Zl. 87/03/0183).
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er hätte nur unter der Bedingung, daß der Beamte erklärt habe, er müsse auch im Fall einer Anzeige nicht mehr als S 2.100,-- bezahlen, davon abgesehen, den Betrag sofort mittels Scheck zu bezahlen oder bei einem Bankomat oder Bankinstitut den Betrag zu beheben, geht er an der Rechtslage vorbei. Da er nicht den erforderlichen BARGELDbetrag zur SOFORTIGEN Entrichtung der Geldstrafe bei sich hatte, war der Beamte berechtigt, mit einer Anzeige vorzugehen. Selbst wenn daher der Beamte dem Beschwerdeführer die unzutreffende Auskunft gegeben haben sollte, er werde auch im Fall einer Anzeigeerstattung nicht mehr zu bezahlen haben, ist bei dieser Sach- und Rechtslage für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Da er nicht das erforderliche Bargeld bei sich hatte, hätte der Beschwerdeführer keine andere Entscheidung treffen können. Die (vom Beschwerdeführer behauptete) Auskunft des Beamten vermochte daher für den Beschwerdeführer keinerlei Rechtswirkungen zu entfalten. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers liegt keine mit einer von der Behörde erteilten falschen Rechtsmittelbelehrung vergleichbare Rechtslage vor. Es bedurfte daher auch nicht der Vernehmung des vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen bzw. der Einvernahme des Beschwerdeführers selbst.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Verbot der reformatio in peiusEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991030113.X00Im RIS seit
27.11.1991