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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrPolG 1954 §11 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der DK und des KK, beide in G, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 24. September 1991, Zl. III d 370/91, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes sowie Auftrag zum Verlassen des österreichischen Bundesgebietes,
Spruch
I. beschlossen:
Die von der Erstbeschwerdeführerin erhobene Beschwerde wird (zur Gänze) zurückgewiesen. Die vom Zweitbeschwerdeführer erhobene Beschwerde wird, soweit damit der Auftrag zum Verlassen des österreichischen Bundesgebietes bekämpft wird, zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit dem Zweitbeschwerdeführer die Erteilung eines Sichtvermerkes versagt wurde, aufgrund der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Erstbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,--, der Bund hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. September 1991 wurde dem Zweitbeschwerdeführer die Erteilung eines Sichtvermerkes unter Berufung auf § 25 Abs. 3 lit. e des Paßgesetzes 1969 (BGBl. Nr. 422, im folgenden kurz: PG) versagt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß der Genannte das österreichische Bundesgebiet innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt dieses Bescheides zu verlassen habe.
In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Erstbeschwerdeführerin (die Gattin des Beschwerdeführers) beziehe ein monatliches Einkommen von S 2.335,--. Für die gemeinsame Wohnung seien S 4.000,-- monatlich an Mietzins zu bezahlen, was einen Minusbetrag von S 1.665,-- pro Monat ergebe. Die finanziellen Verhältnisse erschienen deshalb in keiner Weise als gesichert. Es sei deshalb die Annahme gerechtfertigt, daß der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet zu einer finanziellen Belastung der Republik Österreich führen könnte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihren Rechten insoferne verletzt, als die belangte Behörde die beantragte Erteilung des Sichtvermerkes für den Zweitbeschwerdeführer versagt und ausgesprochen habe, daß der Genannte das österreichische Bundesgebiet innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt des Bescheides zu verlassen habe (Beschwerdepunkte gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG).
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit die vorliegende Beschwerde von der Erstbeschwerdeführerin erhoben wurde, erweist sie sich (zur Gänze) als unzulässig. Dies deshalb, weil die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre der Erstbeschwerdeführerin durch den Spruch des angefochtenen Bescheides, der allein an den Zweitbeschwerdeführer gerichtet ist, fehlt. Der Erstbeschwerdeführerin ermangelt es daher an der Beschwerdeberechtigung (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 9. Juni 1978, Slg. Nr. 9589/A, nur Rechtssatz). Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG (zur Gänze) zurückzuweisen.
Auch die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers ist teilweise, und zwar in Ansehung des Ausspruches, daß der Genannte das österreichische Bundesgebiet innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt dieses Bescheides zu verlassen habe, unzulässig. Dies deshalb, weil der Instanzenzug nicht erschöpft ist; insbesondere greift die Vorschrift des § 28 PG, wonach gegen die Versagung oder Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes eine Berufung nicht zulässig ist, in Hinsicht auf den angeführten Ausspruch, betreffend das Verlassen des österreichischen Bundesgebietes, nicht Platz. Gleiches gilt, wenn man diesen Ausspruch dem Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 75/1954, unterstellen wollte, da es sich um keinen der im § 11 Abs. 4 leg. cit. geregelten Fälle der Unzulässigkeit einer Berufung handelt. Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers war daher in diesem Umfang wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes mangels Erschöpfung des Instanzenzuges (vgl. Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG) gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Soweit der Zweitbeschwerdeführer den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ausspruch über die Versagung des Sichtvermerkes bekämpft, ist seine Beschwerde zulässig und begründet:
In der Beschwerde wird unter anderem vorgebracht, im Akt befinde sich eine Erklärung des Schwagers des Zweitbeschwerdeführers vom 5. Februar 1991, wonach sich jener verpflichtet habe, für den Unterhalt und die Unterkunft des Zweitbeschwerdeführers aufzukommen und der Republik Österreich alle Kosten, die ihr im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt (auch wenn dieser, aus welchen Gründen immer, über den beantragten Zeitraum hinausgehe) und der Ausreise entstünden, binnen 14 Tagen ab der Einmahnung zu zahlen. Mit dieser Verpflichtungserklärung habe sich die belangte Behörde in keiner Weise befaßt und sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit keinem Wort erwähnt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0255) darf die Erteilung eines zumindest - den Umständen angepaßten - befristeten Sichtvermerkes nicht unter Berufung auf § 25 Abs. 3 lit. e PG versagt werden, wenn sich ein naher Angehöriger verpflichtet hat, für den Unterhalt des Sichtvermerkswerbers zu sorgen, sofern dieser Angehörige auf Grund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse auch tatsächlich zur Bestreitung der dem Sichtvermerkswerber unter gewöhnlichen Verhältnissen entstehenden Unterhaltskosten in der Lage ist.
Im vorliegenden Fall hat sich die belangte Behörde - wie der Beschwerdeführer zu Recht rügt - in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit der erwähnten, im Akt erliegenden Verpflichtungserklärung vom 5. Februar 1991 nicht auseinandergesetzt. Dieser Begründungsmangel ist wesentlich, weil nicht ausgeschlossen ist, daß die belangte Behörde bei dessen Unterbleiben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Soweit die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf verweist, die erwähnte Verpflichtungserklärung gebe keinen Aufschluß darüber, daß der Verpflichtete "tatsächlich und finanziell in der Lage und fähig" sei, für den Unterhalt und die Unterkunft des Zweitbeschwerdeführers aufzukommen, so ist ihr entgegenzuhalten, daß es ihr oblegen wäre - wollte sie der erwähnten Verpflichtungserklärung die nach der zitierten hg. Rechtsprechung geforderte Eignung absprechen - den Zweitbeschwerdeführer unter Darlegung der von der belangten Behörde als erforderlich erachteten näheren Angaben zur Beibringung eines entsprechenden Nachweises aufzufordern, wobei den Zweitbeschwerdeführer insoweit eine qualifizierte Mitwirkungspflicht getroffen hätte (vgl. § 25 Abs. 4 lit. c PG).
Der angefochtene Bescheid war daher auf Grund der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers insoweit, als ihm die Erteilung des Sichtvermerkes versagt wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991190298.X00Im RIS seit
06.08.2001