TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/2 88/05/0230

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Veröffentlicht am 02.12.1991
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO OÖ 1976 §30 Abs6 lita;
BauO OÖ 1976 §32 Abs2 litb;
BauO OÖ 1976 §33 Abs1;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 litb;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des mj. Franz A in X, vertreten durch Maria A in X als gesetzliche Vertreterin, diese vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. September 1988, Zl. BauR-010169/1-1988 Stö/Lan, betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1) Hermine K, 2) Friedwin K, beide in X, und

3) Stadtgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 20. November 1987 langte bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde ein Ansuchen der erst- und der zweitmitbeteiligten Parteien vom 29. Oktober 1987 auf Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Garagenzubaues auf dem Grundstück Nr. 184/3, EZ 2257, KG W, ein.

In der mündlichen Verhandlung vom 21. März 1988 legte der bautechnische Amtssachverständige in seinem Gutachten in der Hauptsache dar, daß die Grundparzelle Nr. 184/3 vom rechtswirksamen Bebauungsplan "P" erfaßt sei. Dieser Bebauungsplan enthalte keine besondere Festlegung hinsichtlich der Größe und Lage der Garage. Es sei lediglich unter dem Abschnitt "Pkw-Abstellplätze" Punkt 1) gefordert, daß bei Wohnparzellen mit einer Fläche von über 800 m2 mindestens zwei Stellplätze oder Garagenplätze auf eigenem Grund herzustellen seien. Das gegenständliche Grundstück weise ein Ausmaß von 914 m2 auf. Im Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 12. Dezember 1983, mit dem die Bauplatzbewilligung erteilt worden sei, seien keine Einschränkungen für die Errichtung einer Garage vorgenommen worden. Das Wohnhaus auf diesem Grundstück inklusive der Garage sei durch die Baubehörde mit Bescheid vom 6. Juli 1985 bewilligt worden. In dem diesem Bescheid zugrundeliegenden Einreichplan sei zwischen dem Wohnhaus, welches derzeit ein Rohbau sei, und der östlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück Nr. 184/4 (Grundstück - auch - des Beschwerdeführers) ein Abstand von 5,60 m angegeben. Entsprechend dem der mündlichen Verhandlung zugrundeliegenden Einreichplan sei die Errichtung einer Garage inklusive eines Abstellraumes mit einer Gesamtnutzfläche von 49,96 m2 vorgesehen. Der Garagenbaukörper mit der Breite von 5,90 m und der Gesamtlänge von 13,15 m werde direkt an der Grundstücksgrenze zum Grundstück Nr. 184/4 errichtet. Im südlichen Bereich entstehe durch die Garage ein Innenhof in Richtung des genehmigten Wohnhauses. Dieser Innenhof sei an sich nicht überdacht; vom Erdgeschoßniveau werde eine Freitreppenanlage zu der auf der Garage vorgesehenen Terrasse hergestellt. Diese Terrasse reiche bis auf einen Abstand von 2,0 m an die Grundstücksgrenze heran. Die Gesamthöhe des Garagenbaukörpers betrage weniger als 5 m, bezogen auf den tiefsten Geländeanschnitt im Bereich der südlichen Fassade. Die auf dem Garagendach geplante Terrasse sei nur bis zu einem Abstand von 2,0 m zur östlichen Grundstücksgrenze (zum Grundstück Nr. 184/4) nutzbar, was sich aus dem im Einreichplan enthaltenen Grundriß des Obergeschoßes eindeutig ergebe. Der im 2 Meter-Bereich vorgesehene Blumentrog weise eine Länge von 7,0 m und eine Breite von 70 cm auf. Der Garagenbaukörper sei ca. 4,0 m hoch.

In der mündlichen Verhandlung erhob der Beschwerdeführer u. a. folgende Einwendungen:

"Zu den Abstandsbestimmungen sind im gegenständlichen Fall die Ausnahmebestimmungen für Garagen und Terrassen im Sinne der O.Ö. Bauordnung nicht gegeben. Die Nutzfläche des Garagengebäudes übersteigt das Maß von 50 m2, weil in die Nutzfläche auch die Treppe und die Terrasse miteinzubeziehen sind. Weiters wird darauf verwiesen, daß die Dachkonstruktion das gesamte Gebäude umfaßt und somit eine Nutzfläche von rund 90 m2 gegeben ist. Außerdem ist in der Bauordnung eine gemeinsame Nutzung für eine Garage samt Terrasse in den Ausnahmebestimmungen nicht vorgesehen. Die Terrasse selbst weist keinen Abstand von 2 m zur Grundgrenze A auf, weil im Plan fälschlich von der Innenkante der Außenmauer gemessen wurde und außerdem eine 70 cm breite Brüstung vorgesehen ist. Aus der Sicht des Nachbarn A stellt sich das Garagengebäude als geschlossenes Objekt dar, wobei es keinen Unterschied macht, daß im südlichen Bereich der freibleibende Raum durch eine Pergola abgedeckt wird."

Der Inhalt des genannten Bebauungsplanes "P" blieb unbestritten.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde erteilte mit Bescheid vom 11. April 1988 gemäß § 49 Abs. 1 und Abs. 2 BO die Baubewilligung nach Maßgabe des bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen und als solchen gekennzeichneten Bauplanes vom November 1987 bzw. Februar 1988 und unter Auflagen. Darin wurde die Niederschrift über die mündliche Verhandlung (vom 21. März 1988) zum wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides erklärt.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer u.a. aus, daß es sich entgegen der Ansicht des Bürgermeisters bei dem Bauvorhaben nicht um die Errichtung eines Nebengebäudes im Sinne der O.ö. Bauordnung handle. Nach § 29 Abs. 2 BO komme es nicht allein auf die Nutzfläche, sondern auf die verbaute Fläche an. Dabei sei zu berücksichtigen, daß das Objekt, wie es sich aus dem Einreichplan ergebe, nach allen Seiten geschlossen und überdacht sei. Wenn man die Grundfläche, welche von umgebenden Dächern eingeschlossen sei, als verbaute Fläche betrachte, so ergebe sich eine solche von rund 100 m2. Diese Fläche überschreite ein Zehntel des Bauplatzes und möglicherweise auch das Ausmaß von 100 m2, sodaß im Sinne des § 29 Abs. 2 BO ein Nebengebäude schon wegen des Ausmaßes der verbauten Fläche nicht vorliege. Abgesehen davon stelle das geplante Gebäude kein Nebengebäude von lediglich untergeordneter Bedeutung gegenüber der Hauptbebauung dar (§ 29 Abs. 1 BO). Dies ergebe sich einerseits aus dem Gesamtbild des Objektes, andererseits aus der mehrfachen Nutzung. Die Nutzfläche des Garagengebäudes übersteige das Maß von 50 m2, weil in die Nutzfläche auch die Freitreppe und der sogenannte Innenhof miteinzubeziehen seien. Es müsse dabei berücksichtigt werden, daß der Innenhof durch eine Pergola abgedeckt werde. Es stelle sich daher das Gebäude als geschlossenes Objekt dar. Die Ausnahmebestimmung des § 30 Abs. 6 BO lasse mit Schutzdächern versehene Garagen mit einer Nutzfläche bis zu 50 m2 zu, auch wenn sie unterkellert sind. Die geplante Ausführung widerspreche dieser Bestimmung, weil gleichzeitig auf dem Garagengebäude eine Terrasse ausgeführt werde. Die genannte Ausnahmevorschrift könne nicht derart ausdehnend ausgelegt werden. Sie sehe nur die Ausführung eines Schutzdaches vor. Ansonsten müßte bei der Berechnung der Nutzfläche auch die Nutzfläche der Terrasse miteinbezogen werden. Abgesehen davon entspreche die Ausführung der Terrasse auch nicht der Ausnahmebestimmung des § 33 Abs. 1 lit. b BO. Durch die Ausführung eines Blumentroges reiche die Terrasse um 70 cm näher an die Grundgrenze des Beschwerdeführers heran. Es sei nicht einzusehen, weshalb die Behörde den vorgesehenen Blumentrog nicht der Terrassennutzfläche zurechne.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Juli 1988 wurde die Berufung abgewiesen. Zur Begründung wurde nach teilweiser Wiedergabe des § 29 Abs. 1, des § 29 Abs. 2 und des § 30 Abs. 6 lit. a BO in der Hauptsache festgehalten, es sei dem Einreichplan zweifelsfrei zu entnehmen, daß im vorliegenden Fall weder ein Zehntel der Gesamtfläche des Bauplatzes durch das Nebengebäude überschritten, noch die gesetzlich festgelegte maximale Nutzfläche von 50 m2 überschritten werde. Die vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung, die Baubehörde hätte den mit einer Pergola überdeckten Innenhof, die Freitreppe und die anstelle eines Daches ausgebildete Terrasse samt Blumentrog in die Nutzfläche miteinbeziehen müssen, finde in den einschlägigen Baurechtsvorschriften und der hiezu ergangenen Rechtsprechung keine Deckung. Der Behörde sei im vorliegenden Fall bei ihrer Entscheidung auch kein Ermessen eingeräumt, vielmehr habe sie bei Zutreffen der Voraussetzungen nach § 30 Abs. 6 BO die Genehmigung zu erteilen.

Dagegen erhoben der Beschwerdeführer Vorstellung im wesentlichen aus den schon in seiner Berufung dargelegten Gründen; überdies verwies er darauf, daß sich aus den Abmessungen des "Gebäudes" 6,5 m x 15,5 m eine verbaute Fläche von 98,47 m2 ergebe, die daher ein Zehntel der Fläche des Bauplatzes überschreite.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. September 1988 wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß dem Nachbarn nach der O.ö. Bauordnung im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens nur ein beschränktes Mitspracherecht zustehe. Durch die Erteilung einer Baubewilligung könne daher der Nachbar nur dann in seinen Rechten verletzt worden sein, wenn die Baubehörde eine von ihr anzuwendende Bestimmung mißachtet habe, auf deren Einhaltung dem Nachbar ein subjektiv-öffentliches Recht zustehe. Nach dem dem Baubewilligungsverfahren zugrunde gelegenen Einreichplan vom November 1987 (mit dem Änderungsvermerk vom Februar 1988) weise die Garage inklusive eines Abstellraumes eine Gesamtnutzfläche von 49,96 m2 auf. Nach § 30 Abs. 6 BO seien nur Gebäudeflächen in die Nutzfläche einzubeziehen, weil in dieser Bestimmung nur von Garagen bzw. Abstellplätzen, die mit Schutzdächern versehen sind, die Rede sei. Der vom Beschwerdeführer angesprochene nicht überdachte Innenhof und die Freitreppe fielen nicht unter den Gebäudebegriff des § 41 Abs. 2 lit. b BO und könnten daher nicht in die Nutzfläche der Garage im Sinne des § 30 Abs. 6 BO einbezogen werden. Das Garagengebäude widerspreche sohin nicht der Vorschrift des § 30 Abs. 6 BO, weil das in dieser Vorschrift festgelegte Maß der Nutzfläche von 50 m2 nicht überschritten werde. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers würde im Sinne des § 29 Abs. 2 BO das Ausmaß des Nebengebäudes (selbst unter Einrechnung der nicht überdachten Fläche des Innenhofes) ein Zehntel der Gesamtfläche des Bauplatzes nicht übersteigen. Nach dem im Einreichplan dargestellten Grundriß des Erdgeschoßes weise das Gebäude ein Ausmaß von 15,15 x 9,90 (richtig: 5,90) m auf. Daraus ergebe sich eine verbaute Fäche von 89,38 m2. Das Ausmaß der mit dem Nebengebäude bebauten Fläche des Bauplatzes sei damit kleiner als ein Zehntel des Bauplatzes, der insgesamt eine Größe von 914 m2 aufweise. Der Beschwerdeführer rechne wohl zu Unrecht auch die Dachvorsprünge in das Ausmaß der bebauten Fläche ein. An der Ostseite werde dabei unzulässigerweise sogar ein 60 cm breiter Teil des Hauptgebäudes dem Nebengebäude zugerechnet. Für die auf dem Dach des Nebengebäudes situierte Terrasse sei die Vorschrift des § 33 Abs. 1 lit. b BO maßgeblich. Nach der Systematik des § 33 BO handle es sich bei einer Terrasse um einen Vorbau, möge er auch konstruktionsbedingt mit dem Nebengebäude verbunden sein. Die Terrasse sei daher weder der Nutzfläche der Garage zuzurechnen, noch verstoße sie gegen die Vorschrift des § 33 BO. Der im 2 Meter-Bereich vorgesehene Blumentrog könne nicht der Nutzfläche der Terrasse zugerechnet werden, da die begehbare Fläche der Terrasse nur bis zu 2,0 m im Sinne des § 33 Abs. 1 letzter Satz BO an die Nachbargrenze heranreiche.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Auch die mitbeteiligten Bauwerber erstatteten eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 29 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 82/1983 (BO), lautet:

"(1) Nebengebäude sind Gebäude mit einer Traufenhöhe bis zu drei Meter über dem Fußboden und einer Gesamthöhe bis zu fünf Meter, die im Vergleich zur gegebenen oder voraussehbaren Hauptbebauung nur untergeordnete Bedeutung haben (zum Beispiel Flugdächer, Schuppen, Garagen und ähnliche Gebäude)."

Nach § 29 Abs. 2 BO dürfen Nebengebäude die Bebauung des Bauplatzes mit dem Hauptgebäude nicht hindern. Das Ausmaß der mit Nebengebäuden bebauten Fläche des Bauplatzes darf, soweit im Bebauungsplan nichts anderes bestimmt ist, ein Zehntel der Gesamtfläche des Bauplatzes nicht übersteigen und höchstens 100 m2 betragen.

Gemäß § 30 Abs. 6 lit. a BO gilt hinsichtlich der Lage von Stellplätzen, die nicht im Hauptgebäude untergebracht werden, folgende Bestimmung, soweit sich aus baurechtlichen Vorschriften und dem Bebauungsplan nichts anderes ergibt: Mit Schutzdächern versehene Abstellplätze und Garagen (Nebengebäude, auch wenn sie an das Hauptgebäude angebaut sind) mit einer Nutzfläche bis zu 50 m2 können, auch wenn sie unterkellert sind, auf den nach der festgelegten Bauweise bzw. gemäß § 32 Abs. 2 BO von einer Bebauung freizuhaltenden Grundflächen errichtet werden. Dabei können Garagen gemäß § 30 Abs. 3 leg. cit. auch Nebenräume enthalten, die zur Aufnahme von dem Betrieb der abgestellten Kraftfahrzeuge dienenden Bestandteile und Geräten sowie von Gartengeräten bestimmt sind.

Gemäß § 32 Abs. 2 lit. b BO müssen Neubauten und solche Zubauten, die eine Vergrößerung des Gebäudes der Länge oder Breite nach bezwecken, außerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes gegen die seitlichen Grenzen des Bauplatzes (§ 2 BO) und gegen die innere Bauplatzgrenze, wenn es sich nicht um Hochhäuser handelt, einen Mindestabstand von einem Drittel der Gesamthöhe des Gebäudes, jedenfalls aber einen Mindestabstand von 3 Meter erhalten; die Gesamthöhe des Gebäudes ist jeweils vom tiefsten Punkt des Geländeanschnittes an der der Bauplatzgrenze nächstgelegenen Gebäudewand bis zum höchsten Punkt des Gebäudes zu messen.

§ 33 Abs. 1 BO lautet:

"(1) Über die Baufluchtlinie eines Bebauungsplanes darf nach Maßgabe der Bestimmungen des § 23 vorgebaut werden:

....

b) mit Balkonen, Terrassen, Freitreppen, Vordächern, Schutzdächern und Werbeeinrichtungen bis zu zwei Meter;

....

Bei den nach lit. b .... zulässigen Vorbauten darf jedoch ein Mindestabstand von zwei Meter gegen alle seitlichen Grenzen des Bauplatzes und gegen die innere Bauplatzgrenze nicht unterschritten werden."

Nach § 33 Abs. 2 BO gelten die Bestimmungen des § 33 Abs. 1 BO sinngemäß auch für Vorbauten auf den gemäß § 32 Abs. 2 BO von einer Bebauung freizuhaltenden Grundflächen.

Nach § 41 Abs. 2 lit. a BO ist unter einem Bau im Sinne des § 41 Abs. 1 BO eine bauliche Anlage zu verstehen, zu deren werkgerechter Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich sind.

Gemäß § 41 Abs. 2 lit. b BO ist unter einem Gebäude ein überdachter Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens 1,5 Meter zu verstehen.

§ 46 Abs. 2 BO lautet:

"(2) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind."

§ 46 Abs. 3 BO lautet:

"(3) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen."

Die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde und damit auch der Gemeindeaufsichtsbehörde sowie der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, im Falle des Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf die Nachbarn nach § 46 Abs. 2 und 3 BO zutrifft, auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich deren dieses Mitspracherecht als ein subjektiv-öffentliches Recht besteht (vgl. hiezu auch z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1991, Zlen. 88/05/0044, AW 88/05/0019). Die Abstandsvorschriften des § 32 Abs. 2 lit. b und des § 33 Abs. 1 letzter Satz BO zählen zu den Bestimmungen, die nach § 46 Abs. 3 BO dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht einräumen.

Die Anwendbarkeit des § 30 Abs. 6 BO hängt zunächst davon ab, ob die Garage ein Nebengebäude darstellt. Nach dem (geänderten) Einreichplan unterschreiten sowohl die Traufenhöhe der Garage von ca. 2,95 m über dem Fußboden als auch die Gesamthöhe dieses Objektes von ca. 4,23 m, bezogen auf den tiefsten Geländeanschnitt im Bereich der südlichen Fassade, die jeweils im § 29 Abs. 1 BO normierten Grenzen. Das aus einer "Garage" (im engeren Sinn) und einem dazugehörigen, nach § 30 Abs. 3 BO zulässigen kleinen Abstellraum bestehende, mit einem als Terrasse ausgestalteten Dach versehene Objekt, das mit einem Innenhof und einer Freitreppe verbunden ist, weist im Vergleich zum Bestand nur untergeordnete Bedeutung auf. Dies vermag der Beschwerdeführer nicht zu widerlegen. Nach dem Einreichplan liegt das Ausmaß der mit der Garage bebauten Fläche mit 89,385 m2 unter der absoluten Grenze des § 29 Abs. 2 zweiter Satz BO und erreicht auch nicht die in derselben Vorschrift normierte relative Grenze von einem Zehntel der Gesamtfläche des Bauplatzes, welche nach dem unbekämpften Gutachten (Befund) des bautechnischen Amtssachverständigen einen Umfang von 914 m2 aufweist. Wenn der Beschwerdeführer behauptet, daß die verbaute Fläche ein Zehntel der Bauplatzfläche überschreite und die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung bekämpft, geht er offensichtlich entsprechend seinen Ausführungen vor den Verwaltungsbehörden von einer (gesetzlich nicht gedeckten) Einrechnung der Freitreppe und des Innenhofes aus, denen die Eigenschaft als Gebäude fehlt, oder er zählt nicht zu berücksichtigende Gebäudeteile wie Dachvorsprünge und dgl. dazu. Die belangte Behörde ist zutreffend von der Grundfläche nach dem aufgehenden Mauerwerk ausgegangen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers liegt daher ein Nebengebäude im Sinne des § 29 Abs. 1 und 2 BO vor.

Nach dem weiteren Beschwerdevorbringen komme der Nutzfläche des Hauptgebäudes, der Freitreppe und des Innenhofes bei der Anwendung des § 30 Abs. 6 lit. a BO Bedeutung zu. § 30 Abs. 6 lit. a BO spricht jedoch nur von der Nutzfläche von Nebengebäuden, weshalb die Nutzfläche des Hauptgebäudes von vornherein außer Betracht zu bleiben hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einem "Gebäude" ein nach den Regeln der Baukunst allseits umschlossener Raum zu verstehen (vgl. hiezu z.B. die hg. Erkenntnisse vom 28. Jänner 1963, Slg. Nr. 5951/A, vom 19. Jänner 1984, Zlen. 83/06/0248, 0249, 0250, BauSlg. Nr. 174, und vom 27. Jänner 1987, Zl. 86/05/0167, BauSlg. Nr. 854). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stellen daher nach der zutreffenden Auffassung der Behörde der bloß mit Pergolabalken versehene Innenhof und die Freitreppe kein Gebäude im Sinne des § 41 Abs. 2 lit. b BO dar, weil sie nach oben hin nicht umschlossen sind. Nach dem hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1991, Zl. 87/05/0186, ergibt sich aus § 30 Abs. 6 lit. a BO keineswegs, daß in die Nutzfläche bis zu 50 m2 auch eine Unterkellerung einzubeziehen ist, wenn nämlich dieser Keller nicht als Abstellplatz oder Garage verwendbar ist; die Einrechnung des Kellers auf die Nutzfläche würde auch dem Sinne des § 30 Abs. 6 lit. a BO auf die Ausmaße der Kraftfahrzeuge Bedacht zu nehmen, zuwiderlaufen. Ist jedoch schon eine Kellerfläche im Gebäude nicht auf die Nutzfläche eines Abstellplatzes oder einer Garage im Sinne des § 30 Abs. 6 lit. a BO anzurechnen, so stellt umsoweniger die Fläche des anschließenden Innenhofes und der Freitreppe eine Nutzfläche nach dieser Bestimmung dar; dasselbe gilt für die offene Terrasse am Dach der Garage. Es ist daher von der von den Verwaltungsbehörden festgestellten Nutzfläche von 49,96 m2 auszugehen, die somit die im § 30 Abs. 6 lit. a BO normierte Grenze von 50 m2 nicht überschreitet.

Der Beschwerdeführer ist auch den Ausführungen der Behörde, daß der rechtswirksame Bebauungsplan "P" keine besonderen Anordnungen bezüglich der Lage der Garage trifft, nicht entgegengetreten. Damit bestehen keine baurechtlichen Vorschriften, die für den gegebenen Sachverhalt Abweichendes anordnen, sodaß - wie es im Verwaltungsverfahren zutreffend erkannt worden ist - die Garage gemäß § 30 Abs. 6 lit. a BO auf der nach § 32 Abs. 2 lit. b leg. cit. an sich von einer Bebauung freizuhaltenden Fläche errichtet werden darf.

Berechtigt ist hingegen das Vorbringen des Beschwerdeführers, die auf dem Garagengebäude errichtete Terrasse verletze die Abstandsbestimmungen der BO, weil der geplante Blumentrog bis zu einem Abstand von 1,3 m an die Grundgrenze heranreiche.

Bei Beurteilung der Zulässigkeit der Terrasse nach § 33 Abs. 1 BO ist davon auszugehen, daß jedenfalls gegenüber dem Grundstück des Beschwerdeführers keine Baufluchtlinie festgesetzt ist, sodaß sich bei Anwendung dieser Ausnahmebestimmung keine Beschränkung aus lit. b ergibt; wohl aber darf nach dem letzten Satz dieser Regelung ein Abstand von 2 m zu den seitlichen Grundgrenzen keinesfalls unterschritten werden. Dies bedeutet aber, daß es nicht auf die für den Bauwerber zu nutzende Fläche der Terrasse ankommt, sondern allein darauf, daß kein noch zur Terrasse gehörender Teil in diesen Zweimeterabstand hineinragen darf. Dem widerspricht - wenn auch nur geringfügig - schon die Messung von der Innenseite der Terrassenbegrenzung im allgemeinen, vor allem aber der auf eine Länge von 7 m ausgewiesene weitere Vorsprung der Terrasse um 70 cm zur Aufnahme eines gemauerten Blumentrogs. Die dennoch erteilte Baubewilligung ist daher insofern rechtswidrig.

Da die belangte Behörde dies nicht erkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 GebäudeAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1988050230.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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