Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AAV §100;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Ing. R in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. August 1991, Zl. 5 - 212 Sti 6/6 - 90, betreffend Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 62 Abs. 10 AAV bestraft, weil er es als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlicher Beauftragter einer bestimmten Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu verantworten habe, daß zwei namentlich bezeichnete Arbeitnehmer dieser Gesellschaft am 14. Juni 1989 auf einer näher umschriebenen Arbeitsstelle auf einem Radlader eines anderen Unternehmens transportiert worden seien, ohne daß hiefür geeignete und gesicherte Einrichtungen zur Personenbeförderung vorhanden gewesen seien, obwohl das Befördern von Personen auf Betriebseinrichtungen, die zum Heben oder Bewegen von Lasten bestimmt seien, ohne solche Einrichtungen nicht zulässig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Gemäß § 62 Abs. 10 AAV ist das Befördern von Personen auf Betriebseinrichtungen und Betriebsmitteln, die zum Heben oder Bewegen von Lasten bestimmt sind und die über keine gesicherten Einrichtungen zur Personenbeförderung verfügen, nicht zulässig.
Normadressat dieser Bestimmung ist der Arbeitgeber. Diesen (bzw. seinen Bevollmächtigten oder verantwortlichen Beauftragten) trifft dann die strafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 100 AAV in Verbindung mit § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes für Übertretungen der genannten Norm, wenn zum Kreis seiner Arbeitnehmer gehörige Personen von ihm selbst oder von Personen, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist, auf die nach § 62 Abs. 10 AAV verpönte Art befördert werden. Das Verhalten Dritter ist dem Arbeitgeber im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Übertretung jedoch nur dann zuzurechnen, wenn es sich bei diesen um Personen handelt, die in seinen Organisationsbereich eingegliedert und ihm weisungsunterworfen sind oder die in seinem Auftrag tätig werden. Werden Arbeitnehmer von Dritten, auf welche diese Merkmale nicht zutreffen, auf die nach § 62 Abs. 10 AAV verpönte Art befördert, so kann hiefür nicht der Arbeitgeber (bzw. sein Bevollmächtigter oder verantwortlicher Beauftragte) strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Diese Rechtslage verkannte die belangte Behörde, wenn sie offenbar allein schon deshalb, weil die Beförderung von zwei dem Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers unterstehenden Arbeitnehmern auf die nach § 62 Abs. 10 AAV verpönte Art unbestritten ist, davon ausging, daß der objektive Tatbestand der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung feststehe. Der Beschwerdeführer hatte sich im Verwaltungsstrafverfahren dahin verantwortet, daß die beiden Arbeitnehmer von einem selbständigen Subunternehmer "mitgenommen" worden seien, der nicht seiner Anordnungsbefugnis unterlegen sei und der sich zur Verrichtung des ihm Aufgetragenen "selbständiger" (gemeint wohl: eigener) Arbeitnehmer bedient habe. Mit diesem im Sinne des oben Gesagten für die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers nicht unbeachtlichen Vorbringen setzte sich die belangte Behörde - offenbar auf dem Boden ihrer unrichtigen Rechtsansicht - nicht auseinander.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde erübrigte.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand bereits berücksichtigt ist.
Schlagworte
Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht ArbeiterschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991190281.X00Im RIS seit
01.06.2001Zuletzt aktualisiert am
31.07.2009