Index
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §2 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 10. September 1990, Zl. 6/1-1186/89-07, betreffend Einkommensteuer 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erzielte 1987 Einkünfte aus selbständiger Arbeit, aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden in der Einkommensteuererklärung 1987 mit minus S 40.610,-- angegeben. Dieser Betrag ergab sich aus Dividenden in Höhe von S 1.290,--, einer offenen Ausschüttung aus Anteilen an einer inländischen Gesellschaft mbH. im Ausmaß von S 58.100,-- und einem Verlust von S 100.000,-- aus der Beteiligung an einer Mobilienvermietungsgesellschaft.
Das Finanzamt brachte im Einkommensteuerbescheid 1987 die Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärungsgemäß mit minus S 40.610,-- in Ansatz.
Der Beschwerdeführer berief gegen den Einkommensteuerbescheid mit der Begründung, daß der im steuerpflichtigen Einkommen von S 309.243,-- enthaltene Gewinnanteil in Höhe von S 58.100,-- aus einer offenen Gewinnausschüttung nach § 22 Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz 1966 mit dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1972 hätte versteuert werden müssen.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab und vertrat dabei die Auffassung, bei der Ermittlung der für die Anwendung des § 37 EStG 1972 maßgebenden Steuerbemessungsgrundlage seien die außerordentlichen Einkünfte mit Verlusten aus der gleichen Einkunftsart auszugleichen. Darüber hinaus seien die außerordentlichen Einkünfte mit einem etwaigen Verlustüberschuß, der sich bei der rechnerischen Zusammenfassung der Einkünfte und der Verluste aus den anderen Einkunftsarten ergebe, auszugleichen; die verbleibenden außerordentlichen Einkünfte seien gemäß § 37 zu versteuern. Der ermäßigte Steuersatz komme daher nur insoweit zur Anwendung, als die positiven Einkünfte die Verluste aus der betreffenden Einkunftsart im selben Veranlagungszeitraum überstiegen hätten.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde wurde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser lehnte mit Beschluß vom 11. Juni 1991, B 1218/90, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß zur Entscheidung ab. In der Ergänzung der Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1972 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 bezeichneten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben.
Sind im Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1972 auf Antrag die darauf entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Der ermäßigte Steuersatz beträgt die Hälfte des Prozentsatzes, der sich bei Anwendung des Einkommensteuertarifs (§ 33 EStG 1972) auf das gesamte zu versteuernde Einkommen ergibt. Auf das übrige Einkommen ist der Einkommensteuertarif anzuwenden.
Sind im Einkommen Gewinnanteile auf Grund offener Ausschüttungen nach § 22 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1966 enthalten, so ist die auf diese Einkünfte entfallende Einkommensteuer gemäß § 37 Abs. 4 EStG 1972 in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 557, nach Abs. 1 (des § 37 EStG 1972) zu berechnen.
Der im § 2 Abs. 2 EStG 1972 angeordnete Ausgleich der positiven Einkünfte mit Verlusten betrifft Verluste, die sich als Saldo aller positiven und negativen Komponenten innerhalb einer Einkunftsart ergeben. Nur wenn ein solcher Saldo negativ ist, kommt es zu einem Verlustausgleich im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG 1972. Daraus folgt, daß auch der Begriff "Einkünfte" als Saldo aller positiven und negativen Komponenten innerhalb einer Einkunftsart anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1986, 84/13/0105). Es ist somit ein Verlustausgleich innerhalb derselben Einkunftsart (sogenannter horizontaler Verlustausgleich) vorzunehmen (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2 Tz 19 zu § 2).
Wenn im § 37 Abs. 1 EStG 1972 der Begriff "außerordentliche Einkünfte" verwendet wird, so setzt das Vorhandensein außerordentlicher Einkünfte zunächst das Vorhandensein von positiven Einkünften aus jener Einkunftsart voraus, der die "außerordentlichen Einkünfte" zuzurechnen sind.
Außerordentliche Einkünfte können nämlich im Einkommen nur insoweit vorhanden sein, als im Einkommen überhaupt positive Einkünfte der betreffenden Einkunftsart enthalten sind. Nur soweit solche positiven Einkünfte vorhanden sind, kann auch eine als "Einkünfte" bezeichnete Bemessungsgrundlage für die Anwendbarkeit des begünstigten Steuersatzes nach § 37 Abs. 1 EStG 1972 gegeben sein. Die unter die Tarifbegünstigung des § 37 Abs. 1 EStG 1972 fallenden außerordentlichen Einkünfte können nie höher sein, als die insgesamt aus der betreffenden Einkunftsart erzielten Einkünfte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. März 1985, 84/13/0005, und vom 19. März 1986, 84/13/0105). Im Hinblick auf die im Abs. 4 des § 37 EStG 1972 enthaltene ausdrückliche Verweisung auf Abs. 1 der Gesetzesstelle sind die dargestellten Verlustausgleichsregeln auch im Bereich der den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnenden offenen Ausschüttungen im Sinne des § 22 Abs. 2 KStG 1966 anzuwenden, sodaß im vorliegenden Beschwerdefall, in dem die Einkünfte aus Kapitalvermögen insgesamt einen Verlust ergeben haben, für die Anwendung des halben Steuersatzes in bezug auf die gegenständlichen Ausschüttungen überhaupt kein Raum blieb (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. November 1991, 90/13/0081, 0082).
Dem steht auch nicht entgegen, daß mit § 37 Abs. 4 EStG 1972 in der angeführten Fassung das sogenannte Halbsatzverfahren eingeführt wurde, womit eine wirtschaftliche Doppelbelastung der Unternehmensgewinne von Kapitalgesellschaften beseitigt wurde (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Abgabenänderungsgesetzes 1985, 715 Blg.NR XVI. GP.). Die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, Einkünfte im Sinne des § 37 EStG 1972 seien stets bis zur Höhe des zu versteuernden Einkommensbetrages steuerbegünstigt, auch wenn sich bei der Einkunftsart, der die außerordentlichen Einkünfte zuzurechnen seien, ein Verlust ergäbe, würden demgegenüber nicht zur Beseitigung einer wirtschaftlichen Doppelbelastung der Unternehmensgewinne von Kapitalgesellschaften, sondern zu einer Begünstigung von Einkünften aus anderen Quellen führen, die im Einkommen des Beschwerdeführers noch enthalten sind. Einem solchen Ergebnis steht aber die ausdrückliche Bestimmung des letzten Satzes des § 37 Abs. 1 EStG 1972 entgegen, wonach auf das übrige Einkommen der Einkommensteuertarif nach § 33 EStG 1972 anzuwenden ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991130177.X00Im RIS seit
05.12.1991