TE Vwgh Beschluss 1991/12/5 90/13/0193

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Veröffentlicht am 05.12.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §224 Abs1;
EStG 1972 §82 Abs1;
EStG 1972 §82;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, in der Beschwerdesache des M in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 1.6.1990, Zl. GA 5 - 1833/1/90, betreffend Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum 1. Jänner 1977 bis 31. Dezember 1982, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Ergebnisse einer Lohnsteuerprüfung im Unternehmen der B. und M. GmbH erließ das Finanzamt für Körperschaften in Wiederaufnahme des Verfahrens für den Zeitraum vom 1. Jänner 1977 bis zum 31. Dezember 1982 Bescheide gemäß § 82 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1972 für Lohnsteuer und betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen gegen die B. und M. GmbH in Liquidation. Auf Grund mehrerer, von wechselnden Vertretern des von den Bescheiden betroffenen Unternehmens überreichter Eingaben erging am 24. Juli 1985 durch das Finanzamt für Körperschaften eine Berufungsvorentscheidung, welche dem in den Schriftsätzen der GmbH vorgetragenen Standpunkt weitgehend Rechnung trug. Nachdem dem Beschwerdeführer, welcher schon zuvor in seiner Eigenschaft als Dienstnehmer der GmbH dem Berufungsverfahren beigetreten war, die Berufungsvorentscheidung vom 24. Juli 1985 am 3. August 1989 zu Handen seines steuerlichen Vertreters zugestellt worden war, begehrte er die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der GmbH im selben Umfang Folge wie die außer Kraft getretene Berufungsvorentscheidung. Die belangte Behörde verneinte für einen erheblichen Teil der dem Beschwerdeführer zugeflossenen Zahlungen den vom Beschwerdeführer behaupteten und von der GmbH bestrittenen Zusammenhang mit dem bestandenen Dienstverhältnis und wertete diese Zahlungen als Einkünfte des Beschwerdeführers aus selbständiger Arbeit, für welche die Dienstgeberin eine Haftung nach § 82 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1972 nicht treffe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, welche Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die Aufhebung des Bescheides begehrt, "soweit er die dem Beschwerdeführer zugekommenen Beträge von 1 Mio S für die Abwicklung von Versicherungsangelegenheiten gemäß dem Zusatzvertrag vom 3. Juli 1980, S 250.000,-- auf Grund eben desselben Vertrages für den Verkauf von Aktiva der Gesellschaft und S 50.000,-- als Gewinnbeteiligung für das Jahr 1979 nicht als lohnsteuerpflichtige Einkünfte ansieht"; der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf richtige Anwendung der Lohnsteuervorschriften, insbesondere in seinem Recht auf Unterstellung der ihm vom Arbeitgeber zugeflossenen Zahlungen unter die sonstigen Bezüge im Sinne des § 67 EStG 1972, desgleichen in seinem Recht auf Einhaltung der Verfahrensgesetze verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; der Beschwerdeführer hat auf die Gegenschrift repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hält die Beschwerde für unzulässig.

Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ist ein Bescheid - unabhängig von der Frage seiner Rechtmäßigkeit - nicht geeignet, den Beschwerdeführer in seinen Rechten zu verletzen, fehlt es dem Beschwerdeführer an der Berechtigung zur Beschwerdeerhebung (vgl. hg. Beschluß vom 5. April 1989, 88/13/0013 mit weiteren Nachweisen). Ein solcher Fall liegt vor.

Den genannten Dienstgeberbeitrag schuldet allein der Dienstgeber und nicht auch der Dienstnehmer (§ 41 Abs. 1 FLAG).

Bezüglich der Lohnsteuer ergibt sich folgendes:

Gemäß § 82 Abs. 1 EStG 1972 ist der Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner, wobei der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer haftet und in § 82 Abs. 2 EStG 1972 die Inanspruchnahme des Steuerschuldners auf dort taxativ aufgezählte Fälle gesetzlich beschränkt wurde. Die solcherart angeordnete Haftung des Arbeitgebers für die Lohnsteuerschuld des Arbeitnehmers wird durch einen Haftungsbescheid nach § 224 BAO geltend gemacht, der als Einhebungsmaßnahme nicht neben, sondern an die Stelle der grundsätzlichen Steuerpflicht des Arbeitnehmers tritt, was zur Folge hat, daß dem Arbeitnehmer im Verfahren zur Feststellung dieser Haftung des Arbeitgebers keine Parteistellung zukommt, sodaß er weder ein Recht auf Zustellung des an den Arbeitgeber gerichteten Haftungsbescheides, noch eine Berufungsmöglichkeit gegen einen solchen Bescheid hat (vgl. Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch Tz 3 und 4 zu § 82 EStG). Es hat allerdings der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkentnnis vom 23. Jänner 1961, 235/58, dem Arbeitnehmer in einem solchen Fall das Recht zugebilligt, einer vom Arbeitgeber erhobenen Berufung gegen den Haftungsbescheid beizutreten, müsse ihm doch im Hinblick auf eine allfällige Rückgriffsmöglichkeit des Arbeitgebers ihm gegenüber ein rechtliches Interesse an der beim Arbeitgeber eingehobenen, aber ihn selbst betreffenden Lohnsteuerleistung zugestanden werden. Dem wurde im Schrifttum beigepflichtet (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, Tz 2 zu § 82 EStG 1972, Stoll, Bundesabgabenordnung, Handbuch 635).

Ob dieser Standpunkt aufrecht erhalten werden kann, braucht hier nicht untersucht zu werden. Auch auf dem Boden der dargestellten Auffassung ist nämlich klarzustellen, daß die verfahrensrechtliche Befugnis des Arbeitnehmers, einer Bekämpfung des Haftungsbescheides gegen den Arbeitgeber durch diesen beizutreten, und sie sogar selbständig durch Beschwerde vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts weiter zu verfolgen, nur zu Gunsten des vom Haftungsbescheid betroffenen Arbeitgebers, nie aber zu seinem Nachteil bestehen könnte. Nur an der Verminderung der im Haftungsbescheid ausgewiesenen Lohnsteuerschuld, nicht an ihrer Erhöhung könnte unter dem Aspekt des Schutzes vor Rückgriffsansprüchen ein rechtliches Interesse des Arbeitnehmers als Steuerschuldners an der Bekämpfung des den Arbeitgeber allein treffenden Haftungsbescheides gesehen werden.

Die in der vorliegenden Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird vom Beschwerdeführer gerade darin erblickt, daß die Haftung seiner Arbeitgeberin für seine Lohnsteuerschuld in einem zu niedrigen Umfang erkannt worden sei. Durch ein solches Ergebnis der behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aber kann der Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht verletzt sein, zumal dem Haftungsbescheid gegen den Arbeitgeber Bindungswirkung im Veranlagungsverfahren gegen den Beschwerdeführer nicht zukommt.

Es war die Beschwerde danach aus dem Grunde des Mangels der Berechtigung des Beschwerdeführers zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen. Ob die belangte Behörde in Beachtung der Aktenlage im Lichte der Bestimmungen der §§ 245, 250 und 110 BAO vom Vorliegen einer durch den Arbeitgeber wirksam erhobenen Berufung überhaupt hätte ausgehen dürfen, kann danach auf sich beruhen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991; Verhandlungsaufwand konnte angesichts der Bestimmung des § 34 Abs. 1 VwGG nicht mehr anfallen.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990130193.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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