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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §18 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über den Antrag der Dr. NN in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, auf Wiederaufnahme des mit Beschluß vom 21. November 1990, 90/13/0055, abgeschlossenen Verfahrens des Verwaltungsgerichtshofes, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahres wird nicht stattgegeben.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hat am 2. März 1990 beim Verwaltungsgerichtshof eine unter der hg. Zl. 90/13/0055 protokollierte Säumnisbeschwerde eingebracht, weil die belangte Behörde über ihre Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1987 nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden hatte. Mit Verfügung vom 1. Juni 1990 wurde die belangte Behörde aufgefordert, den versäumten Bescheid innerhalb von drei Monate nachzuholen. Innerhalb erstreckter Frist legte die belangte Behörde dem Gerichtshof eine Kopie des versäumten Bescheides vor, worauf das Verfahren mit Beschluß vom 21. November 1990, 90/13/0055, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingestellt wurde.
Die Beschwerdeführerin beantragt die Wiederaufnahme des eingestellten Verfahrens mit der Begründung, der Gerichtshof sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß die belangte Behörde den versäumten Bescheid nachgeholt habe. Gemäß § 96 BAO müsse ein Bescheid mit der Unterschrift des Genehmigenden versehen sein; an deren Stelle könne auch die Beglaubigung treten, daß die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Die nachgeholte Berufungsentscheidung weise weder eine eigenhändige Unterschrift des Genehmigenden noch eine an deren Stelle tretende Beglaubigung auf und sei daher nicht als Bescheid anzusehen. Daraus folge, daß die belangte Behörde den versäumten Bescheid nicht nachgeholt habe.
Die Beschwerdeführerin übersieht bei ihrer Argumentation den letzten Satz des § 96 BAO. Danach bedürfen Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung. In seinem Erkenntnis vom 22. Jänner 1991, 90/05/0117, hat der Gerichtshof zu der vergleichbaren Bestimmung des § 18 Abs. 4 AVG die Auffassung vertreten, daß eine Bescheidausfertigung mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt ist, wenn sie den Vermerk "DVR: ..."
trägt.
Dies trifft im Antragsfall auf die nachgeholte Berufungsentscheidung zu, die auf der ersten Seite rechts oben den Vermerk "DVR: 0057177" trägt.
Das Säumnisbeschwerdeverfahren wurde daher zu Recht gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingestellt. Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens war somit nicht stattzugeben. Aus diesem Grund erübrigt es sich, auf die Frage einzugehen, ob der von der Beschwerdeführerin angesprochene Wiederaufnahmsgrund (§ 45 Abs. 1 "lit.e" VwGG", richtig wohl § 45 Abs.1 Z. 5 VwGG) oder einer der sonst im § 45 Abs. 1 VwGG genannten Wiederaufnahmsgründe zum Tragen hätte kommen können, wenn der Gerichtshof tatsächlich zu Unrecht davon ausgegangen wäre, daß der versäumte Bescheid nachgeholt wurde.
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff AllgemeinAusfertigung mittels EDVEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991130027.X00Im RIS seit
05.12.1991Zuletzt aktualisiert am
31.03.2009