Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §25 Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/04/0166Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde 1. des Ing. M und 2. der R-Gesellschaft m.b.H., beide in W und vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. April 1991, Zl. 313.892/1-III/5a/90, betreffend Widerruf der Genehmigung der Bestellung zum Geschäftsführer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. April 1991 wurde die Genehmigung der Bestellung des Erstbeschwerdeführers zum Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin für die Ausübung des Baumeistergewerbes an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 91 Abs. 1 GewO 1973 widerrufen.
Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Erstbeschwerdeführer sei vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 16. März 1989 wegen falscher Beweisaussage vor Gericht gemäß § 288 Abs. 1 StGB und wegen falscher Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde gemäß § 289 StGB verurteilt worden.
Wie in der Begründung dieses Bescheides weiters ausgeführt wird, sei insbesondere im Zusammenhang mit der Ausübung des Baumeistergewerbes die Beachtung zahlreicher öffentlicher Interessen verbunden, die eine besondere Vertrauenswürdigkeit voraussetzten. Die Handlungen des Erstbeschwerdeführers, nämlich falsche Zeugenaussage vor Gericht und Verwaltungsbehörden aus "falsch verstandener Freundschaft" - wie er selbst angebe -, seien derart beschaffen, daß das aus diesen Handlungen zu gewinnende Persönlichkeitsbild erwarten lasse, daß der Erstbeschwerdeführer auch bei Ausübung des Baumeistergewerbes gegen die im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen werde; dies insbesondere im Hinblick darauf, daß er nicht nur einmal eine falsche Zeugenaussage gemacht habe, sondern diese des öfteren und nach einem längeren Zeitraum noch aufrecht erhalten habe. Bei der Prüfung der im § 89 Abs. 1 GewO 1973 angeführten Voraussetzungen sei - unabhängig von einer allfälligen Bestrafung - zu beurteilen, "ob das Verhalten des Konzessionsinhabers" die Annahme des Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit rechtfertige. Die Behörde sei hiebei an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlung und Unterlassung, derentwegen die Bestrafung erfolgt sei, feststehe. Die Behörde habe aber im "Entziehungsverfahren", unabhängig davon, das sich ergebende Persönlichkeitsbild des Betroffenen zu untersuchen. Hiebei komme es weder auf die Bezahlung der verhängten Geldstrafe an, noch müßten die Handlungen und Unterlassungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes begangen worden sein. Entscheidend sei vielmehr, daß der Erstbeschwerdeführer nach seinem aus den strafgerichtlich geahndeten falschen Beweisaussagen vor einer Verwaltungsbehörde und vor einem Gericht zu erschließenden Persönlichkeitsbild keine Gewähr dafür biete, bei Ausübung des Baumeistergewerbes die hiebei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten zu wahren. Die falschen Zeugenaussagen des Erstbeschwerdeführers könnten keinesfalls mit einer einmaligen Fehlleistung entschuldigt werden, weil er seine falsche Beweisaussage innerhalb eines Zeitraumes von über fünf Monaten dreimal vor einer Verwaltungsbehörde und dem Landesgericht für Strafsachen Wien wiederholt habe. Die der in Rede stehenden gerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Handlungen rechtfertigten im Hinblick auf den Tatbestand, der durch sie verwirklicht worden sei und mit Rücksicht auf das Ausmaß der Schuld des Verurteilten jedenfalls die Annahme, daß der Erstbeschwerdeführer die für die Ausübung des Baumeistergewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze. Im übrigen könnten bei der Beurteilung, ob die Zuverlässigkeit des Betroffenen nicht mehr vorliege, sehr wohl auch Handlungen miteinbezogen werden, derentwegen der Betroffene bestraft worden sei, mag auch die gerichtliche Verurteilung bereits getilgt sein. Die Beurteilung der Handlungen, derentwegen der Erstbeschwerdeführer mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 25. April 1983 verurteilt worden sei, könnten jedoch außer Betracht bleiben, weil jene Handlungen, derentwegen er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. März 1989 verurteilt worden sei, ausreichten, um den Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin für die Ausübung des Baumeistergewerbes zu rechtfertigen.
Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, den Beschwerden keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:
Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid ihrem gesamten Vorbringen nach in dem Recht verletzt, daß die Genehmigung der Bestellung des Erstbeschwerdeführers zum Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin für die Ausübung des Baumeistergewerbes nicht widerrufen werde. Sie bringen in Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, es sei weit hergeholt, nunmehr damit zu argumentieren, daß eine in einer privaten und nicht geschäftlichen Angelegenheit abgelegte falsche Aussage darauf schließen lasse, daß in Hinkunft auch bei Ausübung des Baumeistergewerbes gegen die im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen werden würde. Die von der belangten Behörde vorgenommene Annahme sei umso weniger verständlich, als sie ja selbst ausführe, daß unabhängig von einer allfälligen Bestrafung, bei der Prüfung der im § 89 Abs. 1 GewO 1973 angeführten Voraussetzungen zu beurteilen sei, ob das Verhalten des Konzessionsinhabers die Annahme des Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit rechtfertige. Unabhängig von einer Bindung an rechtskräftige Bestrafungen sei daher das Persönlichkeitsbild des Betroffenen zu untersuchen. Gerade dieser Verpflichtung sei jedoch die belangte Behörde mit Sicherheit nicht nachgekommen. Es sei nämlich nicht einsichtig, inwiefern in einem reinen Aktenverfahren überhaupt ein Eindruck über das Persönlichkeitsbild gewonnen werden könne. Die belangte Behörde habe bei ihrer angeblichen Prüfung des Persönlichkeitsbildes auch völlig außer acht gelassen, daß im Verfahren wegen falscher Zeugenaussage ein reumütiges Geständnis abgelegt worden sei, obwohl sich schon aus diesem Umstand ein anderes Persönlichkeitsbild ergebe. Das von der belangten Behörde abgeführte Verfahren, das schlußendlich zur gegenständlichen Berufungsentscheidung geführt habe, sei jedenfalls als mangelhaft anzusehen, weil die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, ergänzende Erhebungen darüber zu treffen, "ob tatsächlich Umstände vorliegen, die auf eine mangelnde Vertrauenswürdigkeit im Zusammenhang mit der Ausübung des Baumeistergewerbes vorliegen". Die Zitierung der Aussagen aus dem Strafakt sei dafür mit Sicherheit nicht ausreichend. Aus dem Bescheid der belangten Behörde ergebe sich nicht, daß diese irgendwelche ergänzende Erhebungen, beispielsweise Anfragen bei der Gewerbebehörde oder Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Erstbeschwerdeführers, getroffen hätte. Das Verfahren und somit der Bescheid der belangten Behörde sei daher in mehrfacher Hinsicht als mangelhaft anzusehen. Die belangte Behörde gehe davon aus, daß der Erstbeschwerdeführer nach seinem aus den strafgerichtlich geahndeten falschen Beweisaussagen vor einer Verwaltungsbehörde und vor einem Gericht zu erschließenden Persönlichkeitsbild keine Gewähr dafür biete, daß er bei Ausübung des Baumeistergewerbes die hiebei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten wahren werde. Die belangte Behörde übersehe jedoch, daß ein unmittelbarer Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit und den im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen im vorliegenden Fall nicht gegeben sei, was jedoch Voraussetzung für einen "Entzug" wäre. Es genüge nicht, wenn von der belangten Behörde irgendein Zusammenhang konstruiert werde. Es müßten sich vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, "daß eine gerichtliche Verurteilung einen massiven Einfluß auf die weitere berufliche Tätigkeit haben könnte". Unbestritten sei wohl, daß die vom Erstbeschwerdeführer "getätigte" falsche Aussage eindeutig in seiner Privatsphäre erfolgt sei, sodaß sich ein Zusammenhang auf eine daraus folgende mangelnde Zuverlässigkeit bei der Ausübung des Gewerbes auch nicht ableiten lasse. Das vom Erstbeschwerdeführer abgelegte reumütige Geständnis sei wohl ein ausreichendes Indiz dafür, daß eine abträgliche Geisteshaltung oder Sinnesart, die Voraussetzung für eine "Entziehung" wären, überhaupt nicht gegeben seien. Der Bescheid der belangten Behörde sei auch deshalb als inhaltlich Rechtswidrigkeit anzusehen, weil von der belangten Behörde die geforderte Abwägung zwischen dem weiteren Interesse an der Gewerbeausübung einerseits und den öffentlichen Interressen andererseits überhaupt nicht vorgenommen worden sei.
In der zur hg. Zl. 91/04/0164 protokollierten Beschwerde wird schließlich darauf hingewiesen, daß durch den Widerruf der Genehmigung der Bestellung zum Geschäftsführer die wirtschaftliche Existenz des Erstbeschwerdeführers massiv gefährdet bzw. vernichtet werde.
In der zur hg. Zl. 91/04/0164 protokollierten Beschwerde wird noch darauf hingewiesen, daß für die Zweitbeschwerdeführerin die Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers als Geschäftsführer für den Fortbestand des Unternehmens von entscheidender wirtschaftlicher Bedeutung sei.
§ 91 Abs. 1 GewO 1973 lautet:
"Beziehen sich die im § 87, § 88 Abs. 1 oder § 89 Abs. 1 angeführten Entziehungsgründe auf die Person des Pächters, so hat die Behörde (§ 361) bei Anmeldungsgewerben die Übertragung und bei konzessionierten Gewerben die Genehmigung der Übertragung der Ausübung des Gewerbes an den Pächter zu widerrufen. Beziehen sich die im ersten Satz genannten Entziehungsgründe auf die Person des Geschäftsführers oder Filialgeschäftsführers, so hat die Behörde (§ 361) bei Anmeldungsgewerben die Bestellung und bei konzessionierten Gewerben die Genehmigung der Bestellung des Geschäftsführers oder Filialgeschäftsführers für die Ausübung des Gewerbes zu widerrufen."
Gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 ist eine Konzession (§ 25) überdies von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber Handlungen oder Unterlassungen begangen hat, die die Annahme rechtfertigen, daß er die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 25 Abs. 1 Z. 1) nicht mehr besitzt.
Die Behörde hat gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 - im gegebenen Zusammenhang auch gemäß § 91 Abs. 1 GewO 1973 - unabhängig von einer allfälligen Bestrafung zu beurteilen, ob Handlungen oder Unterlassungen die Annahme des Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit rechtfertigen. Sie ist hiebei an rechtskräftige Bestrafungen zwar insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlung oder Unterlassung, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht, sie hat aber unabhängig davon das sich ergebende Charakterbild des Geschäftsführers zu untersuchen. Entscheidend ist hiebei, daß der Geschäftsführer nach der Beschaffenheit der von ihm begangenen Handlungen oder Unterlassungen keine Gewähr mehr dafür bietet, daß er bei Ausübung des Gewerbes die hiebei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten wahren werde (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1989, Zl. 86/04/0031).
Ausgehend davon kann der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung bzw. ein damit im Zusammenhang unterlaufener entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel angelastet werden, wenn sie im Hinblick auf die angeführte Verurteilung des Erstbeschwerdeführers wegen falscher Beweisaussage vor Gericht gemäß § 288 Abs. 1 StGB und wegen falscher Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde gemäß § 289 StGB die Annahme als gerechtfertigt ansah, daß der Erstbeschwerdeführer nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dies vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, was in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch besonders hervorgehoben wird, daß der Erstbeschwerdeführer seine falsche Beweisaussage innerhalb eines Zeitraumes von über 5 Monaten dreimal vor einer Verwaltungsbehörde und dem Landesgericht für Strafsachen Wien wiederholt habe. Dem steht auch nicht in schlüssig zu widerlegender Weise das Vorbringen der Beschwerdeführer über das reumütige Geständnis des Erstbeschwerdeführers entgegen.
Die Beschwerdeführer sind aber auch weiters darauf hinzuweisen, daß es bei der Prüfung des Persönlichkeitsbildes nicht darauf ankommt, daß die Handlungen oder Unterlassungen, die die Behörde ihrer Wertung zugrundelegt, im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes begangen worden sind (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1981, Zl. 436/80).
Was aber den Hinweis des Erstbeschwerdeführers auf die Gefährdung bzw. Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz betrifft, so kann auch damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt werden, weil für die Berücksichtigung eines derartigen Umstandes im Rahmen der von der belangten Behörde anzuwendenden Vorschriften die Rechtsgrundlage fehlt (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 89/04/0149). Das gleiche gilt auch für die von der Zweitbeschwerdeführerin ins Treffen geführten wirtschaftlichen Auswirkungen. Mangels Rechtsgrundlage geht aber auch der Beschwerdeeinwand ins Leere, die belangte Behörde habe die geforderte Abwägung zwischen dem (wirtschaftlichen) Interesse an der Gewerbeausübung einerseits und den öffentlichen Interessen andererseits nicht vorgenommen.
Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991040164.X00Im RIS seit
03.04.2001