TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/10 91/04/0177

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Veröffentlicht am 10.12.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
GewO 1973 §13 Abs3;
GewO 1973 §13 Abs4;
GewO 1973 §13 Abs5;
GewO 1973 §26 Abs1;
GewO 1973 §87 Abs1 Z1;
GewO 1973 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, Dr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Mai 1991, Zl. 314.237/1-III/4/91, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Mai 1991 wurde dem Beschwerdeführer die Berechtigung zur Ausübung des Fotohandels (Handel mit Fotoartikeln und Fotoverbrauchsmaterial) im Standort W., E-Straße n1, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 und 4 GewO 1973 entzogen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 12. Juli 1989, Zl. 4 Nc 350/89, sei die Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens erfolgt. Im Verfahren seien keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, wonach es zur Konkursabweisung infolge qualifizierter Verursachung durch einen Dritten gekommen wäre. Während des gesamten Verfahrens habe der Beschwerdeführer lediglich darauf hingewiesen, daß er im Zuge der Scheidung im Jahre 1981 das in Zahlungsschwierigkeiten befindliche Unternehmen übernommen habe, ein Umstand, der den angeführten Ausnahmetatbestand jedoch nicht zu begründen vermöge. Was die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 betreffe, so habe der Beschwerdeführer in der vorangegangenen Berufung vom 5. April 1990 ein Schreiben der Kodak Ges.m.b.H. vom 3. April 1990 beigebracht, wonach sich sein Außenstand per 31. März 1990 auf einen Betrag von S 648.616,44 belaufen habe. In der nunmehrigen Berufung sei neben einigen Gutschriften bzw. Zahlungsbelegen auch eine Lastschriftanzeige betreffend das Steuerkonto des Beschwerdeführers beigebracht worden, derzufolge der Abgabenrückstand per 12. März 1991 S 375.637,50 betragen habe; hiezu trete der bereits im vorinstanzlichen Bescheid erwähnte, vom Finanzamt wegen derzeitiger Uneinbringlichkeit ausgesetzte Rückstand in der Höhe von S 300.000,--. Selbst wenn man die Forderungen der Kodak Ges.m.b.H. (welche den Berufungsausführungen zufolge im Wege der jährlichen Bonusgutschriften um rund S 83.000,-- verringert worden seien) außer Betracht lasse und lediglich auf die Steuerrückstände Betracht nehme, so zeige sich, daß der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, seinen Zahlungspflichten gegenüber dem Finanzamt (und damit seinen Gläubigern gegenüber) nachzukommen. Er müsse unbestrittenermaßen Forderungen im Ausmaß von mehreren S 100.000,-- gegen sich gelten lassen, deren Berichtigung ihm trotz Fälligkeit unmöglich sei. Es sei auch angesichts der mit der Berufung beigebrachten Unterlagen davon auszugehen gewesen, daß der Beschwerdeführer über die zur Abdeckung seiner (bestehenden) Verbindlichkeiten erforderlichen liquiden Mitteln jedenfalls nicht in ausreichendem Ausmaß verfüge. Da kein qualifiziertes Drittverschulden im Sinne des § 13 Abs. 3 letzter Halbsatz GewO 1973 vorliege und auch nach dem Akteninhalt verneint werden müsse, daß eine weitere Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei, sei auf Grund der Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden gewesen, zumal es der Behörde nach der Rechtslage nicht zukomme, mit der Entscheidung so lange zuzuwarten, bis der Gewerbeinhaber in der Lage sein könnte, eine Änderung des Sachverhaltes herbeizuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Nichtentziehung der in Rede stehenden Gewerbeberechtigung verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, er habe im Zusammenhalt mit seiner am 15. Mai 1981 vor dem Bezirksgericht Favoriten durchgeführten Scheidung mittels Notariatsaktes das schwer verschuldete Unternehmen "M" und Elektrohandel F, Inhaber B, übernommen. Ihm sei die Gewerbeberechtigung "Fotohandel - Handel mit Fotoartikeln und Fotoverbrauchsmaterial" gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 18 GewO 1973 - erteilt worden. Das Unternehmen sei zum Zeitpunkt der Übernahme durch ihn in mehreren "Geschäftsstellen" in Wien geführt und in der Folgezeit auf den Betrieb in W, E-Straße, - ohne Dienstnehmer -, eingeschränkt worden. In diesem Bereich fänden U-Bahn Bauarbeiten statt, wodurch eine wesentliche Beeinträchtigung gegeben sei. Der von einem - gekündigten - Dienstnehmer beim Handelsgericht zu 4 Nc nn1/89 eingebrachte Konkursantrag sei mangels eines kostendeckenden Vermögens mit Beschluß vom 12. Juli 1989 abgewiesen worden. Zum Zeitpunkt des Konkursantrages seien Hauptgläubiger die "Firmen" Kodak und Bilderland, sowie die Wiener Gebietskrankenkasse und die Finanzverwaltung gewesen. Hinsichtlich der Forderungen der "Firmen" Kodak und Bilderland seien erhebliche Reduktionen durch Gutschriften erfolgt, so bei der "Firma" Kodak von S 995.370,65 innerhalb von zwei Jahren auf S 678.132,50 (per 12. Jänner 1990), bei der Finanzverwaltung, abgesehen von dem nicht ausgesetzten Betrag von S 300.000,--, in der Zeit vom 2. Oktober 1990 in der Höhe von S 475.982,-- bis 12. März 1991 auf S 375.637,50. Mit der Gebietskrankenkasse sei unter Leistung einer Teilzahlung eine Ratenvereinbarung getroffen worden. Andere andrängende Gläubiger seien nicht vorhanden. Sowohl die "Firmen" Bilderland als auch Kodak hätten schriftliches Interesse am Weiterbestand des Betriebes des Beschwerdeführers bekundet, nicht aber das Finanzamt mit Note vom 12. Oktober 1990, obwohl der Debetsaldo sich von diesem Datum bis 12. März 1991 - neben den laufenden Abgaben - um S 94.345.-- verringert habe. Die für das Verwaltungsverfahren geltenden Vorschriften schrieben den Behörden die Ermittlung der materiellen Wahrheit vor; hiezu gehöre auch die Durchführung eines Beweisverfahrens auf Grund zielführender Beweisanträge. In seiner Berufung gegen den zweitbehördlichen Bescheid habe er den Antrag auf Einholung einer Auskunft beim Finanzamt für den 3./11. Bezirk gestellt, daß sich der Debetsaldo um weitere S 130.000,-- verringern werde, sobald die - ungerechtfertigte - Schätzung durch eine entsprechende Bemessung ersetzt werde. Bei Durchführung dieses Beweises hätte sich die Richtigkeit seines Vorbringes und durch weitere Zahlung seinerseits eine beachtliche Verringerung des Rückstandes ergeben. Die Note des Finanzamtes für den 3./11. Bezirk nehme jedoch Bezug auf den Oktober 1990 und habe

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naturgemäß - nicht den Stand März 1991 berücksichtigen können. Mit der Frage, ob er seinen laufenden, mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkomme, habe sich die belangte Behörde nicht befaßt, desgleichen nicht mit der Frage, ob und insbesondere in welchem Ausmaß die Rückstände und Verbindlichkeiten abgedeckt worden seien und ob - bei weiterer Einhaltung der Zahlungen - in absehbarer Zeit die Schulden abgedeckt werden könnten. Die Behörde könne von der Entziehung der Gewerbeberechtigung Abstand nehmen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, daß den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachgekommen werde. Aus dem Wort "nunmehrigen" ergebe sich zwangsläufig, daß die Veränderungen seit Entstehen der Verbindlichkeiten von der Behörde zu berücksichtigen seien. Es liege also eine clausula rebus sic stantibus vor. Ob und welche Veränderungen vorgelegen seien, habe er in den verwaltungsbehördlichen Unterinstanzen dargetan. Durch die Auflösung der verlustträchtigen Filialen habe er nicht nur eine weitere Verschuldung vermieden, sondern auch Zahlungen in - für einen Einpersonenbetrieb - außergewöhnlicher Höhe geleistet. Dies, obgleich der Geschäftsbetrieb durch die Bauarbeiten an der U-3 stark beeinträchtigt gewesen sei. Die beiden Hauptgläubiger hätten ihr Interesse an der Aufrechterhaltung des Betriebes bekundet und er sei in der Lage auf Grund der nunmehrigen Situation die offenen Saldi wesentlich zu verringern (für den Portalkredit sei ohnedies eine siebenjährige Tilgung vorgesehen). Die Gebietskrankenkasse habe eine Teilzahlung in der Hälfte des offenen Rückstandes

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nämlich S 14.000,-- - und in der Folge monatlich S 2.000,-- erhalten. Lediglich die Finanzverwaltung habe im Oktober 1990 ihr Interesse an der Entziehung der Gewerbeberechtigung bekundet. Dieses Interesse sei auf Grund der nunmehrigen Situation von der Behörde zu prüfen. Die nachgewiesene Verringerung der Schulden bei gleichzeitiger Zahlung der laufenden Verbindlichkeiten ließen im Gegensatz zur Rechtsansicht der belangten Behörde auf Grund der nunmehrigen Situation durchaus die Annahme zu, daß die Verbindlichkeiten in absehbarer Zeit abgetragen würden, insbesondere in einer noch kürzeren Zeit, wenn die U-Bahn Bauarbeiten in seinem Bereich beendet sein würden. Hiebei sei zu berücksichtigen, daß bei der in Kürze erfolgten Abstattung der noch offenen geringen Restforderung der Gebietskrankenkasse weitere Kapazitäten zur Schuldentilgung frei seien. Die Behörde hätte die Tatsache des "Gesundschrumpfens" durchaus bei ihrer Entscheidung ins Kalkül ziehen und dabei darauf Bedacht nehmen müssen, daß die Verringerung der Filialen erst nach einiger Zeit wirksam werde, da dadurch zunächst weitere Belastungen, wie Abfertigungen usw., entstünden. Die tatsächliche Entziehung würde nicht nur diese Maßnahme obsolet machen, sondern überdies eine Abdeckung seiner Schulden gegenüber seinen Gläubigern zunichte machen. Die Ansicht der belangten Behörde, es müßten liquide Mittel vorhanden sein, um (alle) Verbindlichkeiten abzudecken, entspreche nicht der ratio legis, nicht einmal dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung. Diese kenne überhaupt keine Frist. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes hätte die belangte Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 26 GewO 1973 bejahen müssen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ist von der Behörde u.a. die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Ausschluß einer natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes von der Gewerbeausübung zur Folge haben, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1973 ist eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes, über deren Vermögen schon einmal der Konkurs oder zweimal das Ausgleichsverfahren eröffnet worden ist, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen. Ein solcher Ausschluß ist nicht auszusprechen, wenn der Konkurs oder das Ausgleichsverfahren durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden ist. Nach Abs. 4 ist die Bestimmung des Abs. 3 auch anzuwenden, wenn es sich um eine natürliche oder juristische Person, oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes handelt, gegen die schon einmal der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden ist.

Nach § 87 Abs. 2 GewO 1973 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 1 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung u. a. wegen Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, folgt aus den Bestimmungen der §§ 87 Abs. 1 Z. 1 und 13 Abs. 3 und 4 GewO 1973, daß die danach von der Behörde jeweils zu treffende Entscheidung keine Ermessensentscheidung, sondern eine Entscheidung im Rahmen der gesetzlichen Gebundenheit ist. Dies - nämlich eine Entscheidung im Rahmen der gesetzlichen Gebundenheit - gilt im übrigen ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" im § 87 Abs. 2 leg. cit. auch für die dort getroffene Regelung des Absehens der im Abs. 1 Z. 1 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung, da auch in dieser Hinsicht ein behördliches Ermessen nicht etwa in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise eingeräumt wird. Ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung ist die Gewerbeausübung jedenfalls nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen" und daher gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 von der im Abs. 1 Z. 1 dieses Paragraphen in Verbindung mit § 13 Abs. 3 und 4 leg. cit. vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1991, Zl. 90/04/0208, und die dort zitierte weitere

hg. Rechtsprechung).

Die Auffassung des Beschwerdeführers trägt der normativen Bedeutung des im § 87 Abs. 2 GewO 1973 verwendeten Ausdrucks "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen" nicht Rechnung. Es geht im Sinne der vorstehenden Umschreibung der Rechtslage darum, daß die Zahlungspflichten bei Fälligkeit erfüllt werden. Ein vom Kriterium der Leistung aller fälligen Zahlungen losgelöste Vor- und Nachteilsabwägung im Sinne des Beschwerdevorbringens ist nicht vorzunehmen. Solange nicht die Erwartung der Zahlung bei Fälligkeit besteht, kommt auch einer einen Abbau von Schulden in sich schließenden Unternehmensentwicklung keine Relevanz zu (vgl. hiezu die entsprechenden Darlegungen im vorangeführten hg. Erkenntnis vom 19. März 1991, Zl. 90/04/0208).

Was ferner die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf die Bestimmung des "§ 26 GewO 1973" anlangt, so ist darauf hinzuweisen, daß - wie der Verwaltungsgerichtshof weiters bereits mehrfach dargetan hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0038, und die dort zitierte hg. Rechtsprechung) - die Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1973 hinsichtlich des Absehens von der Entziehung der Gewerbeberechtigung eine abschließende Regelung enthält und daß daher selbst auch ein allenfalls von der Nachsichtsbehörde im Zuge der Anhängigkeit des Entziehungsverfahrens gemäß § 26 GewO 1973 erteilte Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung keine bindende Entscheidung für die Entziehungsbehörde bei der Beurteilung der Frage darstellt, ob die vordargestellten Voraussetzungen für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 gegeben sind.

Des weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 26. Februar 1991, Zl. 90/04/0289, dargetan, daß die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist, weshalb auch allfällige Erklärungen von Gläubigern, wegen ihrer offenen Forderungen Interesse an der Weiterführung des betroffenen Gewerbes zu haben, allein für eine derartige Annahme noch nicht als ausreichend anzusehen sind. Dies insbesondere auch deshalb, da, abgesehen von den bestehenden Gläubigerforderungen, im Sinne der obigen Darlegungen auch zu berücksichtigen ist, daß die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen.

Bei dieser Rechtslage kann daher der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, wenn sie - ausgehend von den im angefochtenen Bescheid festgestellten noch offenen Gläubigerforderungen des Beschwerdeführers - von der Erfüllung der für die Entziehung der vorliegenden Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen ausging.

Sofern aber der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang der belangten Behörde bei der Sachverhaltsfeststellung unterlaufene Verfahrensmängel geltend macht, ist darauf hinzuweisen, daß mit dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes korrespondiert, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind, was auch auf die Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1973 insofern zutrifft, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellung notwendigerweise ein entsprechend konkretisiertes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Behörde voraussetzen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1991, Zl. 91/04/0045, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung). Ausgehend von diesem Kriterium wurde aber auch nicht etwa in der Beschwerde behauptet, daß der Beschwerdeführer keine fälligen Gläubigerforderungen mehr abzudecken habe, weshalb - im Hinblick auf die auch in der Beschwerde genannten noch offenen Gläubigerforderungen - im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof ein der belangten Behörde im Sinne der Beschwerderüge unterlaufener entscheidungserheblicher Verfahrensmangel nicht erkannt werden kann.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der dargestellten Beschwerdepunkte zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Ermessen Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991040177.X00

Im RIS seit

10.12.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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