TE Vwgh Beschluss 1991/12/10 90/05/0223

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.1991
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §33 Abs1;
VwGG §36 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, in der Beschwerdesache der MN und des FN in XY, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer elektrizitätsrechtlichen Angelegenheit, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 7.482,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 6. April 1990, I/5-E-7194/20, erteilte die Niederösterreichische Landesregierung der EVN AG gemäß § 7 Abs. 1 des NÖ Starkstromwegegesetzes, LGBl. 7810-0, die Bau- und Betriebsbewilligung zur Errichtung der näher beschriebenen 110 kV-Doppelfreileitung vom Umspannwerk Zwettl zum Umspannwerk Groß Gerungs mit der Verpflichtung, die in diesem Bescheid näher angeführten Forderungen und Auflagen einzuhalten. Diesem Bescheid war als Rechtsmittelbelehrung die Information angeschlossen, daß gegen ihn binnen zwei Wochen ab Zustellung "Berufung" gemäß dem Bundesgesetz vom 12. März 1926, BGBl. Nr. 62, auf Übergang der Entscheidung an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Sektion VIII, 1010 Wien, ergriffen werden könne.

In Wahrung dieser Frist erhoben die Beschwerdeführer mit ihrem am 9. Mai 1990 zur Post gegebenen Schriftsatz "Berufung und Devolution" mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, hilfsweise die verfahrensgegenständliche "Trasse" nach Durchführung beantragter Beweise in einem anderen Verlauf festzusetzen oder in ihrem Ortsbereich ein Erdkabel zu verlegen.

Nach Ablauf der Frist des § 27 VwGG erhoben die Beschwerdeführer gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über ihre "Berufung (Devolution)" die vorliegende Beschwerde nach Art. 132 B-VG.

Innerhalb der der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 erster Satz VwGG gesetzten Frist von drei Monaten stellte diese den Antrag, die zur Erlassung des versäumten Bescheides eingeräumte Frist zu verlängern, welchem Antrag der Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 11. April 1991 entsprach.

Mit Bescheid vom 1. Juli 1991, GZ 556.885/16-VIII/6/91, traf die belangte Behörde gemäß § 4 Abs. 4 des NÖ Starkstromwegegesetzes in Verbindung mit Art. 12 Abs. 3 B-VG die Feststellung, daß die von der EVN AG neu geplante 110 kV-Doppelhochspannungsfreileitung "UW Zwettl-UW Groß Gerungs" mit der Umgehungstrasse im Bereich von XY dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung oder eines Teiles derselben mit elektrischer Energie und den sonstigen gemäß § 7 Abs. 1 des NÖ Starkstromwegegesetzes wahrzunehmenden öffentlichen, durch das Projekt berührten Interessen unter der Bedingung der Einhaltung bestimmt genannter Auflagen und Detailplanungsziele nicht widerspreche. Dieser Bescheid wurde den Beschwerdeführern zu Handen ihres Rechtsvertreters am 7. August 1991 zugestellt.

Die Beschwerdeführer haben, gemäß § 33 Abs. 1 VwGG zur Stellungnahme aufgefordert, zugestanden, daß die mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juli 1991 bewilligte Umgehungstrasse ihre Rechte in keiner Weise berührt oder beeinträchtigt, sie erachten sich aber aus der Erwägung heraus nicht für klaglos gestellt, daß der Bescheid der belangten Behörde ihren Berufungsantrag nicht erledigt habe, woraus ihrer Auffassung nach folge, daß der seinerzeit angefochtene Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung dem Rechtsbestand unverändert angehöre, was dem Projektbetreiber ein Wahlrecht zwischen der von der Niederösterreichischen Landesregierung und der von der belangten Behörde bewilligten Leitungstrasse einräume.

Hierin unterliegen die Beschwerdeführer einem Rechtsirrtum. Gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG geht die Zuständigkeit in einer Angelegenheit des Elektrizitätswesens, in der die Landesregierung als einzige Landesinstanz zuständig war, wenn es eine Partei innerhalb der bundesgesetzlich festzusetzenden (mit Bundesgesetz vom 12. März 1926, BGBl. Nr. 62, mit zwei Wochen festgesetzten) Frist verlangt, an das sachlich zuständige Bundesministerium über. Nach dem letzten Satz des Art. 12 Abs. 3 B-VG treten die bisher gefällten Bescheide der Landesbehörden außer Kraft, sobald das sachlich zuständige Bundesministerium entschieden hat. Diese Rechtslage macht deutlich, daß mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juli 1991 der Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. April 1990 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden ist. Entgegen der - offenbar durch die mißverständliche Rechtsmittelbelehrung im Bescheid der NÖ Landesregierung hervorgerufenen - Auffassung der Beschwerdeführer bedurfte es dazu einer Berufung im Sinne des § 63 AVG und einer darüber ergehenden Rechtsmittelentscheidung nicht. Damit aber sind die Beschwerdeführer klaglos gestellt, zumal sie selbst zugestehen, daß der starkstromwegerechtliche Bewilligungsbescheid der belangten Behörde in der nunmehr gewählten Gestalt der Leitungsverlegung ihre Rechte nicht verletzt.

Es war das Verfahren über die Säumnisbeschwerde daher nach § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen; eine Einstellung nach § 36 Abs. 2 letzter Satz VwGG kam nicht in Betracht, weil die antragsgemäße Verlängerung der Frist nach § 36 Abs. 2 zweiter Satz VwGG der belangten Behörde eine längere als die im ersten Satz der genannten Bestimmung angeführte Frist nicht eingeräumt hatte, sodaß die der belangten Behörde eingeräumte Fristverlängerung um drei Monate am 2. Juli 1991 abgelaufen war; die Zustellung des die Beschwerdeführer klaglos stellenden Bescheides an ihren Rechtsvertreter erfolgte aber erst am 7. August 1991.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff., insbesondere auf die §§ 56 und 59 Abs. 1 VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/91.

Schlagworte

Säumnisbeschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990050223.X00

Im RIS seit

10.12.1991

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten