Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde 1) des J und
2) der R, beide in R und vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. März 1991, Zl. 307.043/2-III-3/90, betreffend Zurückweisung einer Berufung (mitbeteiligte Partei: H in R), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 22. März 1991 wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten u. a. die Berufung der Beschwerdeführer im Grunde des § 359 Abs. 4 i.V.m. § 356 Abs. 3 GewO 1973 als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde in bezug auf die Beschwerdeführer u.a. ausgeführt, mit Bescheid vom 29. Dezember 1988 habe die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn der mitbeteiligten Partei eine Betriebsanlage (Kfz-Handel) im Standort X-Weg n, Braunau am Inn, unter Auflagen genehmigt. Auf Grund einer hiegegen erhobenen gemeinsamen Berufung der Beschwerdeführer und des N habe der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 8. Mai 1990 eine Auflage abgeändert, im übrigen jedoch den erstbehördlichen Bescheid bestätigt. Dagegen hätten die Beschwerdeführer und N neuerlich, diesmals jedoch in getrennten Schriftsätzen Berufung an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten erhoben. Hiezu sei folgendes festzustellen: Bei der im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens durchgeführten mündlichen Augenscheinsverhandlung der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 16. Februar 1988 hätten die nunmehrigen Berufungswerber durch ihren gemeinsamen Rechtsvertreter folgende Stellungnahme abgegeben:
"Die Nachbarn sprechen sich gegen jedwede Gewerbeausübung im gegenständlichen Objekt aus. Dies aus folgenden Gründen:
Bereits der jetzt beantragte Gewerbebetrieb widerspricht den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des § 16 des OÖ Raumordnungsgesetzes. Für die Anrainer und Bewohner des Gebietes bestehen keine wie immer gearteten wirtschaftlichen oder sozialen Bedürfnisse im Sinne dieser Gesetzesstelle. Der Konsenswerber will eine Spezialwerkstätte im Betriebsobjekt betreiben und wirbt offensichtlich damit, daß seine Spezialwerkstätte mit einer 'kleinen, aber feinen Edelschmiede'. Er wirbt auch in deutschen Motorfachzeitschriften, sodaß er keinen regionalen, sondern einen überregionalen Konsumentenkreis anspricht. In diesen Inseraten wird die Lieferung und der Einbau sowohl von Motoren, Motorbausätzen, Auspuffanlagen sowie Tieferlegung des Fahrwerkes angepriesen. Daraus in unzweifelhaft abzuleiten, daß der Konsenswerber nicht nur Handel betreiben will, sondern auch KFZ-Werkstättenarbeiten. Er betreibt diese KFZ-Werkstättenarbeiten tatsächlich auch, wie sich aus den Rechnungen, die der Konsenswerber ausstellt, ergibt. In diesen Rechnungen stellt er KFZ-Werkstättenarbeiten in Rechnung. Er preist diese auch in seinem umfassenden Leistungstablett an.
Beweis: Motorsport Magazin TUNING, welches vorgelegt wird, Buchhaltungsunterlagen in Händen des Konsenswerbers und insbesondere Rechnungsunterlagen, welche überprüft werden sollen, Preislisten und Prospektunterlagen.
Tatsächlich repariert der Konsenswerber auch Unfallwägen. Die Nachbarn haben diesbezüglich mehrfache Feststellungen gemacht und wird auch ein Foto zur Vorlage gebracht, auf dem beschädigte Fahrzeuge abgestellt werden, die nach der Reparatur das Betriebsgelände des Konsenswerber wieder neu gespritzt verlassen.
Der Konsenswerber veranstaltet nach den Einbauarbeiten auch Probestarts auf dem X-Weg, sodaß es diesbezüglich zu erheblichen Lärmbelästigungen der Anrainer kommt. Es wurden nicht nur PKW's mit österreichischen, sondern auch mit deutschen Kennzeichen des öfteren gesichtet.
Durch die normalen Betriebstätigkeiten in Form von Spengler etc. und anderen Tätigkeiten entsteht eine wesentliche Geruchsbelastung der Anrainer. Daneben hat der Konsenswerber einen Schlauch für die Abgase aus seiner Werkstätte angebracht, die in der Nähe des Anwesens der Ehegatten Schnitzer ins Freie geblasen werden. Daraus entsteht eine wesentliche Geruchsbeeinträchtigung. Der Konsenswerber entsorgt auch das Motorenöl nicht bzw. in unzureichendem Maß. Am 26.8.1986 mußten die Anrainer bereits eine Anzeige bei der Gendarmerie machen, wobei beim Lokalaugenschein der Gendarmen auf einem Güterweg der Gemeinde ein vom Konsenswerber verbrauchtes Sand-Öl-Gemisch vorgefunden wurde. Dies wurde auch von Ing. P von der Stadtgemeinde Braunau am Inn am 22.10.1986 noch festgestellt. Auch dies spricht dafür, daß der Konsenswerber nicht gewillt ist, bestehende behördliche Auflagen einzuhalten.
Bei heute durchgeführtem Lokalaugenschein hat der Konsenswerber trotz behördlicher Aufforderung durch den Vorsitzenden den Zutritt zu den Kellerräumlichkeiten verweigert. In diesen Kellerräumlichkeiten hat der Konsenswerber nach öfteren Wahrnehmungen der Nachbarn unter anderem folgende Maschinen deponiert: Drehbank, Spezialfräsmaschinen für Ventildeckel-Veränderungen sowie für das 'Auffrisieren' der Motoren. Dieses Auffrisieren wird von ihm sogar ausdrücklich in seinen Inseraten angepriesen. In der Garage im Wohntrakt befinden sich offensichtlich Werkstätteneinrichtungen. Auch eine Richtbank ist vorhanden. Es ist zwar richtig, das Richtsätze ausgeliehen werden können für das jeweilige Fahrzeug bzw. die Fahrzeugtype, es ist jedoch völlig unüblich, daß die Richtbank selbst von einem Betrieb ausgeliehen wird.
Aufgrund des Verhaltens des Konsenswerbers besteht die Vermutung, daß er auch in den Kellerräumlichkeiten die genannten Spezialwerkzeuge versteckt hat, die nach der Verhandlung wieder in die sogenannte Garage zurückgebracht und dort verwendet werden. Aufgrund des rechtskräftigen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10.6.1980 bzw. Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6.10.1980 ist dem Konsenswerber jedweder Betrieb der KFZ-Werkstätte untersagt. In Entsprechung der Überwachungsfunktion der Behörde hätten demnach nach Meinung der Nachbarn auch die Kellerräumlichkeiten dahingehend untersucht werden müssen, ob nicht dort verbotenermaßen entsprechende KFZ-Werkstättenarbeiten durchgeführt werden. Die Nachbarn haben bereits mehrfach die Feststellung gemacht, daß in diesen genannten Kellerräumlichkeiten bis spät abends das Licht brennt und dort Lärm von Fräsmaschinen hörbar ist.
Kurz vor dem Lokalaugenschein wurde vom Konsenswerber der BMW polizeiliches Kennzeichen O-mmm, bearbeitet und wurden auch insbesondere Tuning Arbeiten vorgenommen. Dieser BMW wurde bei einem Nachbarhaus abgestellt und hätte vom Leiter der Amtshandlung besichtigt werden können. Es hätte dann festgestellt werden können, daß der Konsenswerber entgegen den zitierten Bescheiden KFZ-Werkstättenarbeiten durchgeführt hat. Trotz Aufforderung durch den Vertreter der Nachbarn wurde diese Besichtigung unterlassen. Außerdem wurde trotz ausdrücklicher Aufforderung des Vertreters der Nachbarn es vom Leiter der Amtshandlung nicht für notwendig erachtet, die oben genannten Kellerräumlichkeiten in bezug auf die Einhaltung des rechtskräftigen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 10.6.1980 zu untersuchen. Der Konsenswerber behauptete, er hätte keinen Schlüssel zu seinen Kellerräumlichkeiten. Dies ist nach der Meinung der Nachbarn unrichtig und stellt eine Beeinträchtigung der behördlichen Untersuchungsfunktion dar.
Ein Teil der vom Konsenswerber als Garage deklarierten Werkstätte ist ohne Baugenehmigung errichtet worden. Beweis:
Bauakt der Stadtgemeinde Braunau am Inn.
Der Konsenswerber beschäftigt 1 Mechaniker,
1 Mechanikergehilfen und zum Teil auch einen Spengler zusätzlich zur Bürokraft. Diese Anzahl der Arbeitskräfte zeigen deutlich, daß der Konsenswerber nicht einmal beabsichtigt, lediglich einen reinen Handelsbetrieb durchzuführen, sondern tatsächlich KFZ-Werkstättenarbeiten durchzuführen. Außerdem ist dem Nachbar nicht bekannt, wo sich der angebliche Filialbetrieb in Deutschland befinden soll und ob dort bereits Betriebsgenehmigungen vorliegen. Daraus folgt, daß auch in der Garage im Privatbereich infolge der dort deponierten Maschinen KFZ-Werkstättenarbeiten, insbesondere Rahmen-Richtarbeiten, durchgeführt werden."
Am 5. Juli 1990 habe die mitbeteiligte Partei vor dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten folgende Erklärung abgegeben:
H erklärt, seine Betriebsanlage im Standort Braunau-Ranshofen, X-Weg n, entgegen der in Auflage Nr. 11) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 29.12.1988, Zl. Ge-0603-5174, genannten Zeiten nur Montag bis Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Samstag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr, betreiben zu wollen."
Hiezu sei unter Bezugnahme auf § 74 Abs. 2, § 77 Abs. 1, § 81 Abs. 1, § 356 Abs. 3 und § 359 Abs. 4 GewO 1973 auszuführen, aus den zuletzt zitierten Bestimmungen der Gewerbeordnung ergebe sich, daß das Berufungsrecht in einem Verfahren betreffend die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage Nachbarn nicht jedenfalls sondern nur nach Maßgabe ihrer in der erstinstanzlichen mündlichen Augenscheinsverhandlung erhobenen Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973 zustehe. Klarzustellen sei dabei, daß die Bestimmung des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 nicht zum Katalog jener subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn zähle, auf welche diese eine Parteistellung stützen könnten. Ferner sei bezüglich der Zurechnung betriebskausalen Verkehrs auf Straßen mit öffentlichem Verkehr auszuführen, daß Immissionen durch den Zu- bzw. Abfahrtverkehr der Betriebsanlage nur in dem Ausmaß zuzurechnen seien, als sie sich beim Ein- und Abbiegevorgang in den Zufahrtsweg ereigneten, nicht aber sofern sie durch ein Vorbeifahren bzw. nach diesen Vorgängen entstünden. Im vorliegenden Fall hätten die Beschwerdeführer in der von der Gewerbebehörde erster Instanz durchgeführten mündlichen Augenscheinsverhandlung in ihrer gemeinsamen Stellungnahme zunächst vorgebracht, daß die beantragte Betriebsanlage den raumordnungsrechtlichen Vorschriften widerspreche, ferner daß gewerbliche Tätigkeiten über den projektsgemäßen Umfang hinaus in der Anlage durchgeführt würden. In bezug auf die beantragte Anlage seien Lärmbelästigungen durch "Probestarts auf dem X-Weg" sowie Geruchsbelästigungen geltend gemacht worden. Demgegenüber beschränke sich das Vorbringen der Beschwerdeführer in ihrer dem Bundesminister vorliegenden Berufung ausdrücklich auf jenen Lärm, welcher von der Betriebsanlage selbst ausgehe, einschließlich des Zu- und Abfahrens, u.a. auch von Kunden. Jener betriebskausale Lärm, welcher sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr außerhalb des Ein- und Abbiegevorganges ereigene, sei nicht der Betriebsanlage zuzurechnen. Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführer in der erstinstanzlichen mündlichen Augenscheinsverhandlung habe sich daher nicht auf die Betriebsanlage bezogen, weshalb sie mit diesem Vorbringen auch keine Parteistellung in bezug auf die von der Betriebsanlage ausgehende Emission "Lärm" erworben hätten. Da sich die Berufung der Beschwerdeführer gegen den zweitbehördlichen Bescheid jedoch ausschließlich und ausdrücklich auf diesen Punkt - bezüglich dessen sie keine Parteistellung erworben hätten - beschränke, sei ihre Berufung spruchgemäß mangels Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Wenn eine Berufung gegen einen Bescheid unzulässig sei, werde dieser bereits mit seiner Erlassung rechtskräftig, selbst wenn eine Berufung dagegen eingebracht und die Rechtskraft des angefochtenen Bescheides erst später seitens der Berufungsbehörde - durch Zurückweisung der Berufung - mit Wirkung ex tunc festgestellt werde. Dies bedeute, daß der zweitinstanzliche Bescheid mit seiner Erlassung, d.h. mit Zustellung, rechtskräftig geworden sei. Danach, am 5. Juli 1990, habe der nunmehrige Konsensinhaber vor dem Bundesminister eine Erklärung bezüglich der von ihm künftig beobachteten Betriebszeiten abgegeben, welche als eine Einschränkung gegenüber jenen Betriebszeiten, welche ihm im Genehmigungsbescheid zugestanden worden seien, anzusehen sei. Da durch eine solche Einschränkung der Betriebszeiten die im § 74 Abs. 2 GewO 1973 genannten Schutzinteressen in keiner Weise berührt würden, sei diese von der mitbeteiligten Partei vorgenommene Einschränkung der Betriebszeiten als eine nicht genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage, an welche sie gebunden bleibe, anzusehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachten sich die Beschwerdeführer in dem Recht auf Entscheidung über ihre Berufung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund verletzt. Sie bringen hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, der Mitbeteiligte habe im Wohngebiet des X-Weges, Ranshofen, eine Kfz-Werkstätte errichtet. Er habe im Jahre 1976 angekündigt, daß er lediglich eine Garage bauen wolle und dabei ausdrücklich ausgeschlossen, daß, wie von den Nachbarn bereits seinerzeit befürchtet, eine Werkstätte errichtet werde. Auf Grund dieser mehrfach gegebenen schriftlichen Erklärungen hätten die Nachbarn darauf vertraut, daß keine Werkstätte errichtet, sondern lediglich eine Garage ausgebaut werde. Sie hätten deshalb ihre Einwendungen im Jahre 1976 zurückgezogen. Tatsächlich habe sich herausgestellt, daß der Mitbeteiligte lediglich alle Nachbarn habe täuschen wollen, um tatsächlich eine Werkstätte zu errichten. Die Stadtgemeinde Braunau habe des öfteren versucht, diese tatsächliche Betriebsstätte inmitten eines Wohngebietes zu untersagen, sei jedoch dabei nicht durchgedrungen. Der Mitbeteiligte betriebe nach wie vor seine Werkstätte, obwohl er dazu nicht befugt sei. In seinem Betrieb würden laufend Autos repariert, dies auch bis spät in die Nachtzeit hinein. In dem gegenständlichen Verfahren habe der Mitbeteiligte beantragt, ihm eine gewerbebehördliche Genehmigung für den Kfz-Handel auszustellen. Es handle sich dabei lediglich um einen Alibi-Antrag, da er seit jeher beabsichtigt habe, eine Werkstätte zu errichten und dieses Vorhaben auch in die Tat umgesetzt habe. Die Erstbehörde habe trotz mehrfacher Strafanzeigen wegen unbefugter Gewerbeausübung (Kfz-Werkstätte inmitten eines Wohngebietes) grundsätzlich die Bewilligung erteilt. Diese Bewilligung sei durch die Zweitbehörde bestätigt worden. Dagegen hätten sie Berufung erhoben, da der zweitbehördliche Bescheid irrigerweise davon ausgehe, daß der Mitbeteiligte tatsächlich einen Handel betreiben werde. Es habe sich seinerzeit bereits herausgestellt und stelle sich immer weiter dar, daß trotz gegenteiligen Beteuerungen der Mitbeteiligte Reparaturarbeiten im Unternehmen (gelegen im reinen Wohngebiet) durchführe. Durch diese Werkstättenarbeiten, aber auch durch die (von ihm lediglich behaupteten) Arbeiten im Zusammenhang mit dem Kfz-Handel seien ihnen Erschwernisse entstanden. Im unmittelbaren Umkreis um den Betrieb des Mitbeteiligten seien die Häuser unverkäuflich, da die Lärmentwicklung durch den Betrieb aber auch durch ab- und zufahrende Fahrzeuge zum Betrieb unzumutbar geworden sei. Kein potentieller Käufer glaube, daß die rechtswidrig betriebene Werkstätte jemals wieder entfernt werden könne, weil nach Meinung dieser Personen "viele BMW-Fahrer bei den zuständigen Stellen sitzen". Die belangte Behörde sei nunmehr zum unrichtigen Schluß gekommen, daß ihnen keine Parteistellung zukäme. Einerseits gehe sie von der irrigen Meinung aus, daß tatsächlich zu erwarten sei, daß der Mitbeteiligte lediglich seinen Kfz-Handel betreiben wolle, andererseits habe sie die tatsächlichen Immissionen durch den gegenständlichen Betrieb völlig negiert. Weiters werde irrig angenommen, daß ihnen nur mit Rücksicht auf die erhobenen Einwendungen ein Berufungsrecht zustehe. Sie hätten aber bereits mit der Berufung vom 10. Jänner 1989 gegen den erstbehördlichen Bescheid vom 29. Dezember 1988 Einwendungen erhoben. Es sei dabei zum Ausdruck gebracht worden, daß sie sich durch die Lärmentwicklung des Mitbeteiligten in ihrer Gesundheit gefährdet fühlten. Es sei insbesondere auch auf das medizinische Sachverständigengutachten und die darin enthaltenen Schätzungen des Geräuschpegels eingegangen worden. Dadurch sei zum Ausdruck gekommen, daß sie Einwendungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1973 erhöben. Weiters sei darauf hingewiesen worden, daß durch den Betrieb die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf der Wohnstraße X-Weg infolge der hohen Frequenz von zu- und abfahrenden Fahrzeugen zum Betrieb beeinträchtigt sei. Auch hier handle es sich um Einwendungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 4 GewO 1973. Bei der Verhandlung der Zweitbehörde vom 26. April 1990 sei die Berufung von ihnen im vollen Umfang aufrechterhalten worden. Ihre Parteistellung sei auch von der Zweitbehörde in keiner Weise in Frage gestellt worden und es stelle nunmehr die Verneinung der Parteistellung durch die belangte Behörde eine rechtsirrige Auslegung des § 356 Abs. 3 GewO 1973 dar. Die Zurechnung des betriebskausalen Verkehrs beziehe sich tatsächlich auf den bei den Ein- und Abbiegevorgängen zum Grundstück des Mitbeteiligten entstehenden Verkehrslärm. Der Mitbeteiligte habe keinen eigenen Zufahrtsweg geschaffen, sodaß die Fahrzeuge großteils direkt auf dem X-Weg abgestellt würden, obwohl dieser Weg durch die Stadtgemeinde Braunau zur beruhigten Verkehrszone (30 km/h-Beschränkung) erklärt worden sei. Das "Ausprobieren" von auffrisierten Pkw auf dem X-Weg führe dazu, daß die Wohnstraße als Renn- und Teststrecke für die auffrisierten Pkw diene. Es handle sich dabei sehr wohl um eine dem Betrieb zuzurechnende Lärmentwicklung und keinesfalls um ein "Vorbeifahren vor bzw. nach diesen Vorgängen". In der Berufung vom 10. Jänner 1989 auf die ausdrücklich in der Verhandlung vom 26. April 1990 Bezug genommen worden sei, seien wohl Lärmentwicklungen innerhalb des Betriebes (durch die Werkstättenarbeiten) als auch außerhalb des Betriebes durch die ab- und zufahrenden Fahrzeuge gerügt worden. Ihr Vorbringen habe sich daher sowohl auf die Betriebsanlage bezogen und sie hätten dadurch auch bereits damals Parteistellung erlangt. Abgesehen davon könne die Behörde, wenn von vornherein auf Grund von Strafanzeigen bzw. des Verhaltens des Konsenswerbers befürchtet werden könne, daß sich dieser nicht an den Inhalt der beantragten Betriebsgenehmigung halte, diese auch versagen. Nun sei es offensichtlich, daß der Mitbeteiligte praktisch dauernd am Standort X-Weg, also im Wohngebiet, Werkstättenarbeiten durchführe. Dies werde von ihm immer bestritten, doch gebe es bereits Strafanzeigen, aus denen hervorgehe, daß er persönlich Werkstättenarbeiten durchführe. Diese Tätigkeiten könnten ohne Schwierigkeiten durch Einsichtnahme in die Buchhaltung des Mitbeteiligten eruiert werden. Die Behörde habe sich jedoch strikt geweigert, derartige Erhebungen zu pflegen. Sie hätten auf die vorangeführten Umstände oft hingewiesen. Darauf sei jedoch in keiner Weise eingegangen worden. Bei derart gravierenden Verstößen hätte die Gewerbebehörde von vornherein die Genehmigung untersagen müssen. Dies sei im Rahmen der Gewerbeordnung auch tatsächlich möglich, wenn auch der Mitbeteiligte Gegenteiliges behaupte. Ihre Interessen seien durch den angefochtenen Bescheid stark betroffen. Sie seien auch durch den normalen Betrieb in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt, insbesondere was die Lärmentwicklung durch den Betrieb betreffe, mit Rücksicht auf den Lärm durch die ab- und zufahrenden Fahrzeuge. Gravierender sei jedoch die Lärmentwicklung während der Tätigkeiten im Werkstättenbetrieb, zu dem der Mitbeteiligte gar nicht berechtigt wäre. Hier werde manchmal bis in die Nacht hinein gearbeitet, ohne daß sie dagegen etwas unternehmen könnten. Um die Lärmentwicklung etwas zu mindern, hätten sie beantragt, dem Mitbeteiligten weitere Auflagen zu erteilen. Dieser Berufung sei jedoch rechtsirrig nicht stattgegeben word Nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, welche in ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, 1) das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; ... 2) die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen; ...
4) die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen.
Im Grunde des § 74 Abs. 3 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, besteht die Genehmigungspflicht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebs gemäß in Anspruch nehmen.
Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind entsprechend der Regelung des § 75 Abs. 2 leg. cit. alle Personen, die durch die "Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten".
Gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. erster und zweiter Satz, und zwar ebenfalls in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen oder der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen, die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden, und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die Betriebsanlage darf nicht für einen Standort genehmigt werden, in dem das Errichten oder Betreiben der Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag durch Rechtsvorschriften verboten ist.
§ 77 Abs. 2 leg. cit., in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, enthält eine die Bestimmung des § 77 Abs. 1 i.V.m. § 74 Abs. 2 Z. 2 ergänzende Regelung.
Die die Verfahren betreffend Betriebsanlagen und die Zuständigkeit zur Durchführung dieser Verfahren regelnden Bestimmungen der Gewerberechtsnovelle 1988 sind zufolge Art. VI Abs. 4 leg. cit. auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes (1. Jänner 1989) noch nicht abgeschlossenen Verfahren betreffend Betriebsanlagen nur dann anzuwenden, wenn diese Verfahren in diesem Zeitpunkt in erster Instanz anhängig sind, Art. I Z. 240 und 242 (§ 356 Abs. 1 und 3 und § 359b) überdies nur dann, wenn in diesem Zeitpunkt noch keine Augenscheinsverhandlung anberaumt und den Nachbarn bekanntgegeben worden ist.
Nach der infolgedessen hier in ihrer Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 anzuwendenden Bestimmung des § 356 Abs. 3 GewO 1973 sind im Verfahren gemäß Abs. 1 (betreffend Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage) nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, Parteien, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Aus der durch diese Rechtsnormen bestimmten Rechtslage ergibt sich, daß den Nachbarn subjektive Rechte nach § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 bzw. 5 i.V.m. dem ersten Satz des § 77 Abs. 1 (und i.V.m. § 77 Abs. 2) GewO 1973 eingeräumt sind, nicht aber auch - entgegen der in der Beschwerde zum Ausdruck gebrachten Rechtsmeinung - aus der Bestimmung des § 74 Abs. 2 Z. 4 GewO 1973. Aus der Bestimmung des zweiten Satzes des § 77 Abs. 1 leg. cit. über die Unzulässigkeit einer Betriebsanlagengenehmigung im Hinblick auf Verbotsnormen ergibt sich gleichfalls kein subjektives Nachbarrecht (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zlen. 89/04/0089, 89/04/0090, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).
Die Bestimmungen der §§ 74 Abs. 2 und 3, 75 Abs. 2 und 77 GewO 1973, in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, sind - gleichfalls entgegen der in der Beschwerde vorgebrachten Rechtsrüge - tatbestandsmäßig auf die "Betriebsanlage", und zwar entsprechend dem normativen Zusammenhang mit den Bestimmungen der §§ 353 ff GewO 1973, auf das den jeweiligen Gegenstand eines Genehmigungsverfahrens bildende Projekt einer Betriebsanlage, abgestellt (vgl. hiezu das bereits vorzitierte hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zlen. 89/04/0089, 89/04/0090).
Unter Bedachtnahme auf diese Sach- und Rechtslage und ausgehend von den auch seitens der Beschwerdeführer unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid über den Inhalt bei der im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten mündlichen Augenscheinsverhandlung vom 16. Februar 1988 durch ihren Rechtsvertreter abgegebene "Stellungnahme" kann daher der belangten Behörde weder eine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet noch ihr auch etwa ein im Zusammenhang damit unterlaufener entscheidungserheblicher Verfahrensmangel angelastet werden, wenn sie - im Ergebnis - davon ausging, daß die Beschwerdeführer durch ihr hiefür im Sinne der vorzitierten Bestimmung des § 356 Abs. 3 GewO 1973 für die Frage ihrer Parteistellung allein maßgebliches Vorbringen IN BEZUG AUF DAS DEM ANGEFOCHTENEN BESCHEID ZUGRUNDELIEGENDE PROJEKT keine Parteistellung erworben haben. Sofern sich die Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz nunmehr darauf berufen, sie hätten jedenfalls in den Berufungen gegen den erst- und zweitbehördlichen Bescheid verfahrensrelevante "Einwendungen" erstattet, die von der Behörde bei Beurteilung ihrer Parteistellung zu berücksichtigen gewesen wären, so findet diese Rechtsmeinung im Gesetz keine Deckung. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß ein tatsächliches oder befürchtetes konsenswidriges Verhalten eines Betriebsanlagengenehmigungswerbers nicht Gegenstand des über einen Genehmigungsantrag durchzuführenden Verfahrens sein kann, sondern daß derartige Umstände von den Gewerbebehörden im Rahmen ihrer gewerbepolizeilichen Aufgaben wahrzunehmen sind. Unterlassen es die Gewerbebehörden, derartige Umstände wahrzunehmen, so liegt eine objektive Rechtsverletzung vor, die im Wege der Dienstaufsicht wahrzunehmen ist.
Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der dargestellten Beschwerdepunkte zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich - in Ansehung der mitbeteiligten Partei im Rahmen des geltend gemachten Kostenersatzanspruches - auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Gewerberecht Nachbar RechtsnachfolgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991040156.X00Im RIS seit
10.12.1991