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43/01 Wehrrecht allgemein;Norm
WehrG 1990 §35 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des I L in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 3. Juli 1991, Zl. W/56/21/07/70, betreffend Einberufung zum Grundwehrdienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer leistete vom 1. Juli 1991 an Grundwehrdienst. Mit Bescheid des Militärkommandos Wien vom 3. Juli 1991 wurde er auf Grund seines Antrages vom selben Tag gemäß § 39 Abs. 5 Z. 2 in Verbindung mit § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 (WG) mit Wirkung ab 24.00 Uhr dieses Tages vorzeitig aus dem Präsenzdienst entlassen. Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid (Einberufungsbefehl) vom 3. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 35 WG neuerlich zur Leistung des Grundwehrdienstes vom 1. Oktober 1991 an einberufen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet zunächst ein, er sei durch den angefochtenen Bescheid "entgegen § 39/9 WG nicht für die Restzeit sondern abermals für den gesamten Grundwehrdienst" einberufen worden. Dazu genügt der Hinweis auf den hg. Beschluß vom 22. Oktober 1991, Zlen. 91/11/0130, 0131, aus dessen Begründung sich ergibt, daß der Beschwerdeführer mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid lediglich für die restliche Dauer des Grundwehrdienstes, also abzüglich jener drei Tage, in denen er bereits Grundwehrdienst geleistet hat, einberufen worden ist.
Im gerügten Fehlen einer Begründung zur Frage des Wegfalls der für die vorzeitige Entlassung des Beschwerdeführers maßgebend gewesenen Gründe liegt kein zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führender Verfahrensmangel. Gemäß § 39 Abs. 9 WG steht die vorzeitige Entlassung einer neuerlichen Einberufung zum Präsenzdienst nach Wegfall des Entlassungsgrundes nicht entgegen. Nach der Begründung des rechtskräftigen, dem Beschwerdeführer bekannten Entlassungsbescheides vom 3. Juli 1991 war für seine vorzeitige Entlassung maßgebend, daß sich seine Ehegattin seit 2. Juli 1991 auf einer rund 10 Tage dauernden Einschulung in der Bundesrepublik Deutschland befand, daß im Anschluß daran eine weitere Schulung in Salzburg (etwa eine Woche) vorgesehen war und daß der Beschwerdeführer in Wien niemanden hatte, der seine rund 10jährige Tochter hätte betreuen können. Die Behörde hielt bei dieser ("derzeitigen") Situation des Beschwerdeführers ein besonders rücksichtswürdiges familiäres Interesse im Sinne des § 36 Abs. 2 Z. 2 WG für gegeben. Ihr Ende und damit der Wegfall des Entlassungsgrundes standen von vornherein fest, weshalb die belangte Behörde folgerichtig bereits in diesem Bescheid darauf hinwies, der Beschwerdeführer habe mit seiner neuerlichen Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes ab Oktober 1991 zu rechnen. Daher stand der Erlassung des diese Einberufung aussprechenden angefochtenen Bescheides der vom Beschwerdeführer behauptete Hinderungsgrund nach § 39 Abs. 9 WG nicht entgegen.
Der Beschwerdeführer meint weiters, er hätte nicht vor Abschluß des Verfahrens über seinen Antrag vom 27. Mai 1991 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes bzw. vor einer amtswegigen Entscheidung nach § 36 Abs. 2 Z 1 WG einberufen werden dürfen, weil sich im Verfahren das Vorliegen des Befreiungstatbestandes sowie das "Erfordernis amtswegiger Befreiung wegen gesamtwirtschaftlicher und familienpolitischer Gründe" ergeben hätte.
Auch dieses Vorbringen ist nicht berechtigt. Dazu genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach nicht schon das Vorliegen von (allfälligen) Befreiungsgründen, sondern erst der bescheidmäßige Ausspruch der Befreiung die Erlassung eines Einberufungsbefehles rechtswidrig macht (vgl. die Erkenntnisse vom 4. Juli 1989, Zl. 89/11/0157, und vom 4. Dezember 1990, Zl. 90/11/0204, jeweils mit weiteren Judikaturhinweisen). Daß ein solcher Bescheid nach § 36 Abs. 2 Z. 1 oder 2 WG vor Erlassung des angefochtenen Bescheides ergangen wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht.
Die Beschwerde erblickt schließlich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß dem Beschwerdeführer anläßlich der Stellung (nach der Aktenlage am 14. Mai 1991) zugesichert worden sei, "nicht vor zwei Jahren einberufen zu werden". Diese "zugesicherte Zweijahresfrist" sei bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht beachtet worden.
Es kann dahinstehen, ob anläßlich seiner Stellung tatsächlich eine Äußerung mit dem vom Beschwerdeführer behaupteten Inhalt erfolgt ist. Aus dem gegenständlichen Vorbringen ergibt sich jedenfalls nicht, daß ihm damals ein subjektives, auf eine individuelle Norm gegründetes Recht auf Nichteinberufung innerhalb der angeführten Frist eingeräumt worden wäre. Dies wäre im gegebenen Zusammenhang nur der Fall gewesen, wenn ein bescheidförmiger Ausspruch nach § 36 WG ergangen wäre. Derartiges wird jedoch vom Beschwerdeführer nicht behauptet, und dafür bietet auch der Inhalt des dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsaktes keinen wie immer gearteten Anhaltspunkt. Daher liegt die insoweit behauptete Rechtswidrigkeit nicht vor.
Die Beschwerde ist somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991110103.X00Im RIS seit
10.12.1991