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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §360 Abs1 idF 1988/399;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Y in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Oktober 1991, Zl. MA 63-S 328/91, betreffend Anordnung gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien - Magistratisches Bezirksamt für den 9. Bezirk - vom 17. Mai 1991 gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 die Schließung des Gastgewerbebetriebes des Beschwerdeführers im Standort Wien 9., X-Straße 18, verfügt. Über eine dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers erkannte der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 28. Oktober 1991 im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG wie folgt:
"Gemäß § 360 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 wird die Schließung des von Herrn Y im Standort Wien 9., X-Straße 18, ohne die erforderliche Konzession betriebenen Gastgewerbebetriebes verfügt."
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien
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Magistratisches Bezirksamt für den 9. Bezirk - vom 14. Mai 1991 rechtskräftig bestraft worden, weil er vom 25. April 1991 bis zum 2. Mai 1991 das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants durch die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken im Standort Wien 9., X-Straße 18, ohne die hiefür erforderliche Konzession ausgeübt habe. Da ein Organ der Magistratsabteilung 59
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Marktamtsabteilung für den 8./9. Bezirk - am 17. Mai 1991 überdies wahrgenommen habe, daß der unbefugte Betrieb des Gastbetriebes durch den Beschwerdeführer fortgesetzt werde, habe die Behörde erster Instanz die nunmehr mit Berufung bekämpfte Betriebsschließung verfügt. Dem Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung einer Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants im Standort Wien 9., X-Straße 18, sei mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien - Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk - vom 12. Juli 1991 wegen fehlender Betriebsanlagengenehmigung für die vorgenommene tiefgreifende Änderung des Betriebes abgewiesen und dieser erstinstanzliche Bescheid in der Folge mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. September 1991 bestätigt worden. Da in einem Strafverfahren das Vorliegen einer gesetzwidrigen Ausübung des Gastgewerbes durch den Beschwerdeführer rechtskräftig festgestellt worden sei und es der Beschwerdeführer unbestritten unterlassen habe, den unbefugten Gewerbebetrieb freiwillig aufzugeben, habe die Behörde durch Unterbindung der unbefugten Gewerbeausübung den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herstellen müssen. Dies habe nur durch die gänzliche Schließung des Betriebes erreicht werden können, weil Zwangsmaßnahmen, wie etwa die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Stillegung von im Gewerbebetrieb verwendeten Maschinen dem Beschwerdeführer zumindest eine teilweise Fortsetzung der unbefugten gewerblichen Tätigkeit ermöglichen könnten. Es könne dahingestellt bleiben, ob die in der Berufung erhobenen Behauptungen tatsächlich zuträfen, wonach der Beschwerdeführer nicht durch die Erstbehörde, sondern erst durch den von ihm beigezogenen rechtsfreundlichen Vertreter von der Notwendigkeit der Einbringung eines Konzessionsansuchens für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants anstatt der ursprünglich beantragten Genehmigung für eine weitere Betriebsstätte einer Imbißstube und von der Entbehrlichkeit der Unterschrift der Hauseigentümer auf den im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren einzureichenden Plänen Kenntnis erlangt habe. Dies deshalb, weil nach dem wiedergegebenen Wortlaut des § 360 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 bei Vorliegen eines rechtskräftigen Straferkenntnisses betreffend die unbefugte Gewerbeausübung bei Unterlassung der freiwilligen Einstellung der unbefugten Gewerbeausübung zwingend die Betriebsschließung zu verfügen sei. Dabei sei es gemäß der zitierten Bestimmung rechtlich unerheblich, aus welchen Gründen sich die Einbringung eines Konzessionsansuchens verzögert habe und aus welchen Gründen das Konzessionsansuchen schließlich abgewiesen worden sei. Da ein Gastgewerbe erst nach Erteilung der Konzession ausgeübt werden dürfe und zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides eine solche noch nicht erteilt worden sei, sei der erstbehördliche Bescheid zu bestätigen gewesen. Die Neufassung des Spruches habe der richtigen und vollständigen Anführung der anzuwendenden Rechtsvorschriften gedient, wozu die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG berechtigt sei. Durch die Verfügung der Betriebsschließung werde der Beschwerdeführer nicht daran gehindert, den Betrieb nach Erteilung einer entsprechenden Konzession wieder aufzunehmen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der zunächst einleitend in sachverhaltsmäßiger Hinsicht folgendes ausgeführt wird:
Der Beschwerdeführer habe im Jahre 1989 das ehemalige Caferestaurant "A" übernommen und in zweijähriger Umbauarbeit renoviert und neu adaptiert. Im Jahre 1990 habe er beim Magistratischen Bezirksamt für den 9. Bezirk den Antrag auf Genehmigung der Betriebsanlage gestellt. "Nach umfangreichen Erhebungen und zahlreichen Auflagen" habe der Magistrat der Stadt Wien durch das Magistratische Bezirksamt für den
9. Bezirk am 21. Mai 1991 einen genehmigenden Bescheid erlassen. Damit sei ihm die Betriebsanlage in der X-Straße 18 zum Betrieb eines Gastgewerbes in der Betriebsart eines Restaurants genehmigt worden. In dem darauf folgenden Berufungsverfahren habe der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 4. September 1991 die erstbehördliche Entscheidung bestätigt. Lediglich auf Grund der in der Gewerbeordnung nachträglich eingeführten Bestimmung des § 359a GewO 1973 sei ein weiterer Instanzenzug an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten möglich gewesen und ein Anrainer habe auch gegen die bestätigende Berufungsentscheidung neuerlich berufen. Die Entscheidung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten stehe nach wie vor aus. Gleichzeitig mit seinem Antrag auf Genehmigung der Betriebsanlage habe er an das Magistratische Bezirksamt das Ersuchen gerichtet, ihm für den Betrieb eines Gastgewerbes in der Betriebsart eines Restaurants am angeführten Standort die Konzession zu erteilen. Das Magistratische Bezirksamt habe dieses Ersuchen am 12. Juli 1991 unrichtig mit der Begründung abgewiesen, daß noch keine Genehmigung der Betriebsanlage vorliege. Infolge einer von ihm dagegen eingebrachten Berufung habe der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 30. September 1991 den erstbehördlichen Bescheid bestätigt. Ein weiteres Rechtsmittel gegen diese Entscheidung sei mit Ausnahme des Instanzenzuges an den Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof nicht möglich. Auf Grund des Fehlens einer Konzession habe das Magistratische Bezirksamt in weiterer Folge am 17. Mai 1991 die Schließung des von ihm geführten Restaurantbetriebes in der X-Straße 18 verfügt. Über eine von ihm dagegen erhobene Berufung habe der Landeshauptmann von Wien mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Oktober 1991 abweislich erkannt. Ausgehend von diesen Sachverhaltsdarlegungen erachtet sich der Beschwerdeführer unter den Darlegungen zum "Beschwerdepunkt" wie folgt verletzt:
"Durch den angefochtenen Bescheid wurde ich in dem Recht verletzt, für die Dauer des anhängigen Konzessionsverfahrens den fortgeführten Betrieb ohne behördliche Schließung gemäß § 360 Abs. 1 GewO weiterführen zu dürfen. Die belangte Behörde hat damit insbesondere die Bestimmungen der §§ 25, 189, 193 und 360 GewO unrichtig angewendet."
Hiezu wird unter Bezugnahme auf eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides ausgeführt, gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 könne die Behörde die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen verfügen. Im gegebenen Fall habe das Magistratische Bezirksamt für den 9. Bezirk sowohl über seinen Antrag auf Genehmigung einer Betriebsanlage als auch über sein Ersuchen auf Erteilung einer Konzession zu entscheiden. Nach einem langwierigen Verfahren habe die Behörde die Betriebsanlage auch bewilligt, sodaß die gemäß § 193 GewO 1973 geforderten Voraussetzungen auch erfüllt gewesen seien. Gemäß dieser Bestimmung sei die Erteilung der Konzession davon abhängig, daß die Anlage und Einrichtung der Betriebsräume den Vorschriften entspreche, was die Behörde auch richtig festgestellt habe. Die Verweigerung der Konzession mit der unrichtigen Begründung, eine rechtskräftige Bewilligung der Betriebsanlage liege nicht vor, stelle eine unzureichende Begründung dar, die dem Gesetz nicht entnommen werden könne. Die Behörde hätte daher nach § 193 GewO 1973 die Konzession erteilten müssen. In Kenntnis der bereits bewilligten Betriebsanlage sei daher auch das von der Behörde nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 eingeleitete Strafverfahren rechtswidrig gewesen. Die Anwendung des § 360 Abs. 1 GewO 1973 setze voraus, daß ein der Rechtsordnung nicht entsprechender Zustand gegeben sei. Bei einem anhängigen Konzessionsverfahren, das richtigerweise bereits mit einer Erteilung einer Konzession abzuschließen gewesen wäre, könne jedoch nicht "von einem der Rechtsordnung entsprechenden Zustand" gesprochen werden. Die Tatsache, daß ein bereits eingeleitetes Verfahren zur Erteilung einer Konzession noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, erlaube nicht die Einleitung "eines Strafverfahrens gemäß § 360 Abs. 1 GewO" mit der ausschließlichen Begründung, die beantragte Konzession sei ihm noch nicht erteilt. Die von der Behörde verfügte Schließung des Betriebes stelle auch keine im Sinne des Gesetzgebers "notwendige Maßnahme" dar, da die im Gesetz erwähnten Maßnahmen nur demonstrativ aufgezählt seien. So könne in einem Strafverfahren nach der Gewerbeordnung durchaus auch eine Geldstrafe verhängt oder eine andere weniger "krasse" Maßnahme getroffen werden. Die belangte Behörde habe auch aus diesem Grund zu Unrecht und in unrichtiger Anwendung des Gesetzes die Schließung des Betriebes verfügt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 360 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 hat die Behörde, wenn in einem Strafverfahren das Vorliegen einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung oder in einem Verfahren gemäß § 358 Abs. 1 die Genehmigungspflicht einer Anlage rechtskräftig festgestellt worden ist, wenn der der Rechtsordnung entsprechende Zustand nicht ungesäumt hergestellt wird, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung des Betriebes oder von Teilen des Betriebes oder die Stillegung von Maschinen, zu verfügen.
Aus der Bedeutung der Worte des § 360 Abs. 1 GewO 1973 in ihrem Zusammenhang ergibt sich, daß unter dem der Rechtsordnung entsprechenden Zustand jene Sollordnung zu verstehen ist, deren Übertretung zuvor im Strafverfahren festgestellt wurde. Als normativer Gehalt der verba legalia "der der Rechtsordnung entsprechende Zustand" ist daher (lediglich) der "contrarius actus" der (festgestellten) Zuwiderhandlung aufzufassen. Bei Beantwortung der Frage, ob eine eine behördliche Anordnung nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 rechtfertigende "rechtskräftige Feststellung" im Strafverfahren vorliegt, ist unter Bedachtnahme auf die vorstehenden Ausführungen unabhängig von sonstigen Gesichtspunkten auch zu prüfen, ob ein derartiger Ausspruch die Feststellung einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung erkennen läßt, der durch Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes als "contrarius actus" begegnet werden kann (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zlen. 90/04/0325, AW 90/04/0103, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).
Ausgehend von dieser Rechtslage ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde auf Grund der diesbezüglich unbestritten gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides, wonach das Vorliegen der in Rede stehenden gesetzwidrigen Gewerbeausübung mit rechtskräftigem Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien
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Magistratisches Bezirksamt für den 9. Bezirk - vom 14. Mai 1991 festgestellt wurde, und wonach der Beschwerdeführer das Gastgewerbe weiterhin unbefugt ausübt
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was insbesondere auch aus den dargestellten Beschwerdeausführungen unzweifelhaft hervorgeht -, dieser gesetzwidrigen Gewerbeausübung durch einen "contrarius actus" im Sinne des § 360 Abs. 1 GewO 1973 begegnete.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Rechtsmeinung des Beschwerdeführers, er könne zunächst sanktionslos das Gastgewerbe auch ohne rechtskräftig erteilte Konzession ausüben - für eine allenfalls im Sinne des § 206a GewO 1973 erteilte Bewilligung findet sich auch im Beschwerdevorbringen kein Anhaltspunkt -, im Gesetz keine Deckung findet.
Sofern aber der Beschwerdeführer weiter rügt, die Behörde habe es unterlassen zu prüfen, ob nicht vielleicht in dem zugrundeliegenden Verfahren eine Geldstrafe hätte verhängt oder eine "weniger krasse" Maßnahme getroffen werden können, so ist zunächst darauf hinzuweisen, daß es sich bei einer Anordnung nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 um eine solche in einem Administrativverfahren handelt, in dem die Verhängung einer "Geldstrafe" nicht vorgesehen ist, und daß ferner die Bestimmung des § 360 Abs. 1 GewO 1973 der Behörde aufträgt, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung des Betriebes oder von Teilen des Betriebes oder die Stillegung von Maschinen, zu verfügen. Daraus ergibt sich aber, daß die nach der gegebenen Sachlage "jeweils notwendigen Maßnahmen" vorzuschreiben sind, die zur Herstellung jener Sollordnung, deren Übertretung zuvor im Strafverfahren festgestellt worden ist, dienen, wobei die Behörde von der rechtskräftig festgestellten gesetzwidrigen Gewerbeausübung auszugehen hat (vgl. hiezu die entsprechenden Darlegungen im bereits vorangeführten hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zlen. 90/04/0325, AW 90/04/0103).
Nach der dargestellten Sach- und Rechtslage kann somit entgegen der Beschwerderüge der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, wenn sie auf Grund der festgestellten gesetzwidrigen Gewerbeausübung des Beschwerdeführers die Anordnung der Schließung des von ihm - weiterhin betriebenen - Gastgewerbebetriebes verfügte. Eine derartige - wenn auch allenfalls nach Absicht des Beschwerdeführers nur vorläufige - unbefugte Gewerbeausübung zu unterbinden, fiel in den durch § 360 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 bestimmten Pflichtenbereich der belangten Behörde.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Im Hinblick darauf hatte daher auch ein Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu unterbleiben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991040293.X00Im RIS seit
10.12.1991