TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/13 91/18/0235

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Veröffentlicht am 13.12.1991
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §102 Abs5 litb;
KFG 1967 §64 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Juli 1991, Zl. MA 70-11/650/91/Str, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 19. August 1990 um 3,30 Uhr in Wien 13., Lainzerstraße 153, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw stadteinwärts gelenkt zu haben, obwohl er

1) nicht im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung gewesen sei und 2) den Zulassungsschein nicht mitgeführt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1) nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 und zu 2) nach § 102 Abs. 5 lit. b leg. cit. begangen, weshalb über ihn Geldstrafen zu 1) in der Höhe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe fünf Tage) und zu 2) in der Höhe von S 500,-- (Ersatzarreststrafe 12 Stunden) verhängt worden sind.

Entsprechend der Begründung ihres Bescheides ging die Berufungsbehörde davon aus, daß die erwähnten Verwaltungsübertretungen durch die Aussagen von zwei als Zeugen vernommenen Polizeibeamten als erwiesen anzunehmen seien. Den Angaben des Beschwerdeführers folgte die Berufungsbehörde deshalb nicht, weil er nicht angegeben habe, daß eine andere Person das Fahrzeug gelenkt habe, sondern behauptet habe, daß es überhaupt nicht in Betrieb gewesen sei. Die widersprüchlichen Angaben des Zeugen O. hätten die übereinstimmenden Aussagen der Sicherheitswachebeamten nicht entkräften können.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer im wesentlichen gegen die Annahme der belangten Behörde wendet, zur Tatzeit am Tatort ein Kraftfahrzeug gelenkt zu haben, und damit die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, ist zunächst daran zu erinnern, daß dem Verwaltungsgerichtshof eine Kontrolle der Beweiswürdigung nur insoweit zusteht, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, nicht aber, ob der Akt der Beweiswürdigung in dem Sinne richtig ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Version und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Nach Ansicht des Gerichtshofes kann der belangten Behörde nicht zum Vorwurf gemacht werden, im Zusammenhang mit der Frage der Täterschaft des Beschwerdeführers irgendwelche erfolgversprechende Erhebungen unterlassen oder unschlüssig argumentiert zu haben. Den vom Beschwerdeführer geäußerten Bedenken, der Polizeibeamte B. habe den Streifenwagen gelenkt und seine Aufmerksamkeit daher wohl in erster Linie auf die Straße und den Straßenrand gerichtet, weshalb seine Beobachtung, der Beschwerdeführer habe das Fahrzeug zweifelsfrei gelenkt und dann bei der Trafik abgestellt, nicht plausibel erscheine, ist zu entgegnen, daß der erwähnte Beamte zwar nur "zwei männliche Lenker" im Fahrzeug sitzen gesehen hat, jedoch der im Streifenwagen mitfahrende Polizeibeamte S. anläßlich seiner Einvernahme als Zeuge erklärt hat, daß "die beiden Männer ausgestiegen sind, wobei einer von ihnen ... größer und kräftiger gebaut war u. eher helle Haare" hatte, während der andere "kleiner und schlanker" war und "dunkle Haare" hatte. "Der Kleinere ist auf der Lenkerseite ausgestiegen, der andere auf der Beifahrerseite." Auch der erwähnte Zeuge B. hat gesehen, daß "am Lenkersitz der Kleinere mit den dunklen Haaren gesessen ist". Daß die in der Folge von den Beamten angehaltenen Personen mit jenen identisch sind, welche das vor der Trafik abgestellte Fahrzeug verlassen haben, unterliegt keinem Zweifel, weil der Beschwerdeführer schon in seiner Berufung ausdrücklich betont hat, daß er die Absicht gehabt habe, bei dem offensichtlich bei dieser Trafik befindlichen "Zigarettenautomaten diese zu erstehen", wobei der Automat jedoch defekt gewesen sei. Der Beschwerdeführer, welcher dem erwähnten Polizeibeamten B. im übrigen persönlich bekannt ist, war unbestritten der Kleinere der beiden Fahrzeuginsassen. Unter diesen Umständen kann der belangten Behörde keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Verletzung von Verfahrensvorschriften angelastet werden, wenn sie nicht festgestellt hat, "welche Geschwindigkeit die beiden Fahrzeuge einhielten bzw. in welchem Abstand zueinander sie sich befanden", weil nicht zu erkennen ist, inwiefern sie in diesem Fall zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid gekommen wäre. Das gleiche gilt hinsichtlich der vom Beschwerdeführer für notwendig erachteten maßstabgetreuen Skizze, in welche "die Positionen der beiden Fahrzeuge bei erst- und letztmaliger Wahrnehmung eingezeichnet sind". Daß der Meldungsleger nicht ausdrücklich angegeben hat, die Insassen des Fahrzeuges aussteigen gesehen zu haben, ist angesichts der schon wiedergegebenen Angaben des anderen Polizeibeamten ebensowenig entscheidungswesentlich, wie die Frage, "ob es überhaupt möglich war, während der Fahrt ... die Gesichter des Lenkers bzw. des Beifahrers zu erkennen". Im übrigen ist der Streifenwagen offensichtlich in derselben Richtung wie das vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug gefahren, weil sich aus den Zeugenaussagen der Beamten ergibt, daß sie mit dem Streifenwagen "gewendet" haben, um die Fahrzeuginsassen zu "perlustrieren". Schließlich hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausführlich wiedergegeben und die für ihre Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen aufgezeigt, weshalb ihr kein im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentlicher Begründungsmangel angelastet werden kann. Aus dem von der belangten Behörde bestätigten und damit von ihr übernommenen Teil des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ergeben sich die im Sinne des § 44a lit. b und c VStG anzuführenden gesetzlichen Bestimmungen, weshalb der angefochtene Bescheid auch in dieser Hinsicht nicht rechtswidrig ist.

Der vom Beschwerdeführer behauptete Widerspruch hinsichtlich der Umschreibung der jeweiligen Tatzeit und des jeweiligen Tatortes der ihm angelastetenen Übertretungen liegt nicht vor, weil ihm im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht vorgeworfen worden ist, den Zulassungsschein nicht vorgewiesen zu haben, sondern lediglich angelastet worden ist, (anläßlich der spruchmäßig umschriebenen Fahrt) den Zulassungsschein nicht mitgeführt zu haben. Die belangte Behörde ist daher zu Recht von übereinstimmenden Tatorten und Tatzeiten ausgegangen.

Im Zusammenhang mit der Strafbemessung bemängelt der Beschwerdeführer zu Recht, daß die belangte Behörde nicht näher ausgeführt hat, was unter den von ihr angenommenen "bescheidenen Einkommensverhältnissen" konkret zu verstehen ist. Dieser Begründungsmangel ist allerdings nicht wesentlich im Sinne der schon mehrfach erwähnten Bestimmung des VwGG, weil der Beschwerdeführer in seiner Berufung ein monatliches Nettoeinkommen von S 8.500,-- erwähnt und in der Beschwerde nicht behauptet hat, daß die belangte Behörde von einem noch geringeren Einkommen auszugehen gehabt hätte. Unter diesen Umständen kann ihr aber keine gesetzwidrige Anwendung der Bestimmungen des § 19 VStG vorgeworfen werden, wenn sie im Zusammenhang mit der - grundsätzlich schwerwiegenden - Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG 1967 den Strafrahmen des § 134 Abs. 1 leg. cit. zu einem Sechstel ausgeschöpft und für die Übertretung des § 102 Abs. 5 lit. b leg. cit. eine Geldstrafe von S 500,-- festgesetzt hat. Da die belangte Behörde erkennbar weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe angenommen hat, fällt es nicht ins Gewicht, daß sie keine "nachvollziehbare Abwägung" derselben vorgenommen hat. Mit der in der Begründung des angefochtenen Bescheides getroffenen Feststellung, daß dem Beschwerdeführer "der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugute kommt", ist offensichtlich gemeint, daß der Beschwerdeführer - ungetilgte - Verwaltungsstrafen aufweist und daher insofern keinen Milderungsgrund für sich in Anspruch nehmen kann. Diese Annahme entspricht der Aktenlage.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991180235.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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