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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §4 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 3. Juni 1991, Zl. MA 70-11/156/91/Str, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 3. Juni 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 13. Jänner 1990 gegen 00.30 Uhr in Wien 4, Argentinierstraße 24, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt zu haben und an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt gewesen zu sein und er habe es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von dem Verkehrsunfall zu verständigen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960 eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe 60 Stunden) verhängt wurde. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der in Rede stehende Unfall sei von der Zeugin H. gemeldet worden, wobei sie angegeben habe, ihr Fahrzeug am 12. Jänner 1990 um ca. 21.30 Uhr am Unfallort geparkt zu haben und erst um ca. 01.00 Uhr wieder zu ihrem Fahrzeug gekommen zu sein. In der Folge habe sich der Zeuge Helmut Z. gemeldet und folgendes ausgesagt:
"Ich wurde heute, 13. Jänner 1990, gegen 00.30 Uhr Zeuge wie ein Pkw, vermutlich Marke Honda, mit dem Kennzeichen nnn.Ann in W, Z-Straße 24, auf ein parkendes Kraftfahrzeug auffuhr. Durch den Aufprall wurde das parkende Kraftfahrzeug auf zwei weitere Kraftfahrzeuge aufgeschoben. Der Lenker des Pkw nnn.Ann setzte daraufhin seine Fahrt sofort fort. Bezüglich der beschädigten parkenden Kraftfahrzeuge kann ich keine Angaben machen, ich vermute, daß der erste Wagen ein VW Polo war, mit niederösterreichischer Nummer."
Diese Angaben habe er anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 6. Jänner 1990 bestätigt und ausgeführt, er habe das Kennzeichen genau ablesen können, da er bei einer Kreuzung hinter dem Fahrzeug zu stehen gekommen sei und genügend Zeit gehabt habe, das Kennzeichen zu notieren. Die Zeugin H. habe am 15. Mai 1990 ausgesagt, sie habe sich zum Tatzeitpunkt in einem Restaurant befunden und sei durch andere Gäste auf den Unfall aufmerksam geworden. Der Zeuge Z. sei ins Lokal gekommen und habe gefragt, wem ein bestimmtes Fahrzeug gehöre, worauf sie zu ihrem Kraftfahrzeug gegangen sei und bemerkt habe, daß es beschädigt sei. Die vom Beschwerdeführer angegebene Zeugin habe keine Angaben zum Aufenthalt des Beschwerdeführers zur Tatzeit machen können. Ein kraftfahrtechnisches Gutachten über die technische Möglichkeit des Verkehrsunfalles habe nicht erstellt werden können, da der Beschwerdeführer sein Fahrzeug bereits verkauft hatte. Zur objektiven Wahrnehmbarkeit der Kontaktaufnahme und des Schadenseintrittes habe ein technischer Amtssachverständiger jedoch ausgeführt, daß auf Grund der Beschädigungen der geparkten Fahrzeuge der Schädiger den Unfall hätte unbedingt wahrnehmen müssen. Der Beschwerdeführer bestreite zwar, zur Tatzeit am Tatort gewesen zu sein, dem sei jedoch die Aussage des Zeugen Helmut Z. entgegenzuhalten, der das unfallbeteiligte Fahrzeug nach Farbe und Marke genau beschrieben habe. Dieser Zeuge habe weiters ausreichend Gelegenheit gehabt, sich das Kennzeichen zu notieren. Seine Aussage erscheine glaubwürdig und nachvollziehbar. Aus dem Akt gehe auch keinerlei Grund hervor, warum dieser Zeuge den Beschwerdeführer wahrheitswidrig hätte belasten sollen. Der Umstand, daß das Fahrzeug des Beschwerdeführers am 7. Februar 1990 keine Beschädigungen aufgewiesen habe, lasse sich dadurch erklären, daß sich der Unfall bereits 3 Wochen zuvor ereignet habe; während dieser Zeit habe das Fahrzeug repariert werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In Erwiderung eines diesbezüglichen Vorbringens in der Gegenschrift der belangten Behörde ist zunächst festzuhalten, daß sich die Beschwerde im Hinblick auf den sich aus dem von der belangten Behörde in der Folge vorgelegten Rückschein über die Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer ergebenden Zustellungszeitpunkt als rechtzeitig erweist.
Der Beschwerdeführer bekämpft mit seinem Vorbringen die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Es ist daher zunächst daran zu erinnern, daß dem Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung der Beweiswürdigung der belangten Behörde nur hinsichtlich der Vollständigkeit der Sachverhaltsgrundlage und der Schlüssigkeit zukommt. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinn ist, daß eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, liegt nicht in der Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Im Rahmen dieser eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes erweist sich die Beweiswürdigung der belangten Behörde als frei von Rechtsirrtum.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hatte die belangte Behörde keine Veranlassung, im Rahmen des Berufungsverfahrens den Versuch zu unternehmen, das in der Zwischenzeit vom Beschwerdeführer verkaufte Kraftfahrzeug beizuschaffen, um allfällige Beschädigungen daran festzustellen, weil, wie auch der Beschwerdeführer nicht bestreitet, bereits am 7. Februar 1990 festgestellt wurde, daß es keine Beschädigungen (mehr) aufgewiesen habe.
Warum der Beschwerdeführer meint, die Aussage des Zeugen Z. er habe nach dem von ihm beobachteten Verkehrsunfall die Besitzerin des beschädigten Fahrzeuges "antreffen können", lege im Zusammenhalt mit deren Aussage, der Zeuge Z. sei zu ihr ins Lokal gekommen, die Vermutung nahe, für die beiden sei der Beschwerdeführer "ein günstiges Opfer für eine für Dritte vorteilhafte Versicherungsregelung" gewesen, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht einsichtig, zumal es durchaus der Lebenserfahrung entspricht, daß jemand, der den Besitzer eines geparkten Fahrzeuges sucht, zunächst in einem nächstgelegenen Lokal seine Suche beginnt.
Als aktenwidrig erweist sich die Behauptung in der Beschwerde, der Zeuge Z. habe sich anläßlich seiner Meldung bei der Polizei "bezüglich der Marke des beschädigten Fahrzeuges mehr oder weniger ahnungslos" gestellt. Aus der im Akt erliegenden diesbezüglichen Meldung geht vielmehr hervor, daß der Beschwerdeführer die Marke dieses Fahrzeuges - mit einem Irrtumsvorbehalt ("vermutlich") - sehr präzise bezeichnete.
Es trifft zwar zu, daß aus der mit der Zeugin H. aufgenommenen Anzeige nicht hervorgeht, daß dieser damals bereits das Kennzeichen des schädigenden Kraftfahrzeuges bekannt war, doch vermag der Verwaltungsgerichtshof aus diesem Umstand allein eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht abzuleiten.
Schließlich hatte die belangte Behörde weder einen Anlaß, festzustellen, an welcher Kreuzung und wie weit vom Unfallsort und wie lange nach dem Unfall der Zeuge Z. das Kennzeichen des Fahrzeuges des Beschwerdeführers notierte, noch hatte sie Anlaß, zu überprüfen, ob die am Unfallsort vorgefundenen und sichergestellten Splitter überhaupt vom Fahrzeug des Beschwerdeführers hätten stammen können, da der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens diese Fragen niemals relevierte.
Es trifft zwar zu, daß der Beschwerdeführer in seiner Berufung sich zum Beweis dafür, daß er zum Unfallszeitpunkt nicht in der Argentinierstraße gewesen sei, auf "Zeugen, Firma, Freundin" berief; er unterließ es aber, die Firma und insbesondere die Zeugen namentlich zu bezeichnen. Die von ihm im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens namentlich bezeichnete Freundin wurde als Zeugin vernommen, konnte aber zur entscheidenden Frage nichts zweckdienliches beitragen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag aus den dargelegten Gründen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Beschwerde die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht als unschlüssig zu erkennen.
Da sich damit der angefochtene Bescheid als frei von Rechtsirrtum erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991180205.X00Im RIS seit
12.06.2001