TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/13 91/18/0219

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Veröffentlicht am 13.12.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
27/04 Sonstige Rechtspflege;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
SVDolmG 1975 §10 Abs1 Z1;
SVDolmG 1975 §2 Abs2 Z1 lith;
SVDolmG 1975 §2 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Degischer, DDr. Jakusch, Dr. Kratschmer und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Ing. E in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 21. Juni 1991, Zl. Jv 12.128-50/90, betreffend Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 4. Jänner 1990 war dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 des Bundesgesetzes vom 19. Februar 1975, BGBl. Nr. 137, über den allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen und Dolmetscher die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger mit der Begründung entzogen worden, daß bei ihm keine geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse mehr gegeben seien.

Diesen Bescheid hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Juni 1990, Zl. 90/18/0070, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil die belangte Behörde in der Begründung des damals angefochtenen Bescheides insbesondere nicht zu erkennen gegeben hat, ob die schon einige Monate zurückliegende Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers auf konkreten Umständen beruht, welche die Annahme rechtfertigen, daß er auch noch zu der für die Beurteilung der in Rede stehenden Tatbestandsvoraussetzung maßgebenden Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides unfähig war, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen; im übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 21. Juni 1991 wurde sodann der Berufung des Beschwerdeführers gegen den die Entziehung seiner Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger aussprechenden Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 22. Mai 1989 neuerlich keine Folge gegeben.

Im Anschluß an eine ausführliche Sachverhaltsdarstellung führte die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides aus, es sei davon auszugehen, daß über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet sei. Bei dieser Situation werde in der Regel die Eintragungsvoraussetzung der geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr gegeben sein. Einen besonderen Umstand, wonach dennoch geordnete wirtschaftliche Verhältnisse vorliegen, habe das Ermittlungsverfahren nicht ergeben. Hiebei sei im besonderen hervorzuheben, daß der Beschwerdeführer selbst den Zwangsausgleich beantragt habe. Auch der Beschwerdeführer gehe somit im Konkursverfahren davon aus, daß seine Vermögensverhältnisse derart seien, daß die Voraussetzungen für eine Konkurseröffnung (§ 66 KO) vorliegen. Eine Überprüfung der Voraussetzungen des Zwangsausgleiches, deren Vorliegen das Konkursgericht verneint habe, werde im übrigen im Rechtsmittelverfahren erfolgen. Weiters habe der Beschwerdeführer im Zuge des Konkursverfahrens den Offenbarungseid abgelegt. Schon aus diesen Umständen ergebe sich, daß von geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers nicht mehr gesprochen werden könne. Die Eintragungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2 Z. 1 lit. h SDG seien daher jedenfalls weggefallen, sodaß die Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger durch den erstinstanzlichen Bescheid gerechtfertigt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 des schon erwähnten Bundesgesetzes vom 19. Februar 1975, BGBl. Nr. 137, über den allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen und Dolmetscher müssen für die Eintragung in die Sachverständigenliste für ein bestimmtes Fachgebiet folgende Voraussetzungen gegeben sein:

"1. In der Person des Bewerbers

...

h) geordnete wirtschaftliche Verhältnisse;"

Zufolge § 10 Abs. 1 leg. cit. "ist die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger vom Präsidenten des Gerichtshofs I. Instanz durch Bescheid zu entziehen,

1. wenn sich herausstellt, daß die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der nach § 2 Abs. 2 Z. 2, seinerzeit nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind;"

Der Gerichtshof hat bereits in seinem erwähnten Vorerkenntnis vom 27. Juni 1990 zum Ausdruck gebracht, daß es zum Wesen geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse einer Person gehört, daß sie zur Erfüllung ihrer - gleichgültig auf welchem Titel beruhenden - Zahlungsverpflichtungen in der Lage ist, weshalb für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides entscheidend ist, ob die belangte Behörde davon ausgehen durfte, daß der Beschwerdeführer zu der für die Beurteilung des Vorliegens der in Rede stehenden Tatbestandsvoraussetzung maßgebenden Zeit, also zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides, unfähig war, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die bereits im Jahre 1989 erfolgte Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers die Annahme rechtfertigt, daß er auch noch zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides unfähig war, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, weil er in der Zwischenzeit den Abschluß eines Zwangsausgleiches beantragt und darin vorgeschlagen hat, daß die "Konkursgläubiger auf ihre Forderungen eine 45%ige Quote, zahlbar wie folgt, erhalten:

a) 15 % binnen 3 Monaten ab Annahme, jedoch nicht vor Rechtskraft der Konkursaufhebung, wobei die Ausbezahlung durch den Masseverwalter erfolgt;

b)

10 % binnen 6 Monaten;

c)

10 % binnen 9 Monaten;

d)

10 % binnen 12 Monaten, jeweils ab Annahme des Ausgleiches."

Dabei ist aber, was in der Beschwerde ebenfalls nicht in Zweifel gezogen worden ist, außerdem zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine Nachzahlungsforderung der Abgabenbehörde in der Größenordnung von ca. S 474.000,-- außer Betracht gelassen hat, was den Masseverwalter in seiner Stellungnahme vom 23. Oktober 1990 zu der Feststellung veranlaßt hat, daß die Erfüllung des Ausgleiches voraussichtlich nicht möglich sein wird, wenn man diese Forderung zu den angemeldeten Verbindlichkeiten hinzurechnet. Daher wurde auch der Antrag des Beschwerdeführers auf Abschluß eines Zwangsausgleiches mit Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 28. November 1990 zurückgewiesen.

Die belangte Behörde durfte demnach schon auf Grund dieser Umstände annehmen, daß der Beschwerdeführer seine Konkursgläubiger nicht einmal im Ausmaß der angebotenen Zwangsausgleichsquote zu befriedigen vermag, also davon ausgehen, daß er seine Zahlungsverpflichtungen nicht einmal zur Hälfte erfüllen kann, was aber im Sinne der bereits wiedergegebenen Judikatur bedeutet, daß er sich nicht mehr in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befindet.

An diesem Beurteilungsergebnis kann angesichts der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage auch der Umstand nichts ändern, daß sich der Beschwerdeführer darauf berufen hat, "seit dem Jahre 1985 als Sachverständiger völlig anstandsfrei" geblieben zu sein. Ferner kann der belangten Behörde im Hinblick auf die geschilderte Sachlage keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Verletzung von Verfahrensvorschriften angelastet werden, wenn sie auf das vom Beschwerdeführer "behauptete rechtswidrige Zustandekommen der Konkurseröffnung" nicht eingegangen ist, zumal der Beschwerdeführer selbst ausdrücklich auf die Rechtskraft des Beschlusses über die Eröffnung des Konkurses hingewiesen hat. Außerdem hat der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde in diesem Zusammenhang selbst betont, "nunmehr nicht zur vollen Befriedigung der Gläubiger innerhalb der nach dem Gesetz zur Erfüllung eines Ausgleichs zur Verfügung stehenden Zeit" in der Lage zu sein, weshalb auch nicht auf die vom Beschwerdeführer zur Frage des Offenbarungseides angestellten Erwägungen eingegangen zu werden braucht. Ferner ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde wäre bei eingehender Prüfung des Sachverhaltes zu dem Ergebnis gelangt, daß eine Zahlungsunfähigkeit vor Konkurseröffnung nicht bestanden habe, zu bemerken, daß es im Beschwerdefall, wie schon im Vorerkenntnis vom 27. Juni 1990 ausgeführt worden ist, darauf ankommt, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 1 des erwähnten Bundesgesetzes vom 19. Februar 1975 zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides gegeben waren, ob also anzunehmen ist, daß der Beschwerdeführer zu dieser Zeit unfähig war, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob im Sinne des Beschwerdevorbringens "eine günstige Prognose für das kommende wirtschaftliche Verhalten angenommen werden kann". Sollte eine derartige Annahme berechtigt, also zu erwarten sein, daß sich der Beschwerdeführer in Hinkunft wieder einmal in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befinden wird, so steht ihm die Möglichkeit offen, unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 leg. cit. eine neuerliche Eintragung in die Liste der Sachverständigen zu erwirken.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Schlagworte

Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991180219.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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