TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/16 91/19/0345

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Veröffentlicht am 16.12.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

AAV §23 Abs3;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. Oktober 1991, Zl. MA 63-S 71/90/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der AAV, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Oktober 1991 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG einer als Arbeitgeberin fungierenden, näher angeführten GenmbH zu verantworten, daß in einer örtlich umschriebenen Betriebsanlage am 3. November 1989 die Vorschriften der AAV, wonach Notausgänge und die Zugänge zu diesen durch Lagerungen auch vorübergehend nicht verstellt werden dürfen, insoferne nicht eingehalten worden seien, als der Notausgang vom Verkaufsraum in den Hof der Wohnsiedlung durch drei Flügelwendetrockner und zwei ca. 1 m2 große Preistafeln verstellt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 3 erster Satz zweiter Fall AAV begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Was zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, die belangte Behörde habe es unterlassen, zu überprüfen, "ob" der Beschwerdeführer der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten auch nachweislich zugestimmt habe, so genügt der Hinweis, daß der Beschwerdeführer selbst nicht konkret behauptet, eine solche nachweisliche Zustimmung sei für die Tatzeit nicht vorgelegen. Insoweit hat es der Beschwerdeführer daher unterlassen, die Relevanz des von ihm behaupteten Verfahrensmangels darzutun.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die von der belangten Behörde als erwiesen angenommene Verwirklichung des objektiven Tatbestandes des § 23 Abs. 3 erster Satz zweiter Halbsatz AAV (wonach Notausgänge und Notausstiege sowie die Zugänge zu diesen durch Lagerungen auch vorübergehend nicht verstellt sein dürfen), sondern ausschließlich sein Verschulden.

Da zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser um ein Ungehorsamsdelikt, dies mit der Folge, daß die im § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG verankerte Vermutung des Verschuldens (in Form der Fahrlässigkeit) des Täters Platz greift und dieser von sich aus sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen hat. Die Auffassung der belangten Behörde, daß dem Beschwerdeführer dies nicht gelungen ist, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen:

Der Beschwerdeführer verweist auch in der Beschwerde darauf, daß auf Filialebene zunächst der Filialleiter für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zuständig und intern verantwortlich sei. Zur Überprüfung der Filialleiter seien Filialinspektoren vorgesehen, welche die ihnen unterstellten Filialen "turnusgemäß" zu besuchen und nach vorliegenden Richtlinien zu überprüfen hätten. Der Beschwerdeführer selbst besuche die ihm unterstellten Filialen in periodischen Abständen, Überprüfungen dabei seien schwerpunktmäßig. Der Kontakt mit den Filialen sei durch die Berichterstattungspflicht der Filialinspektoren hergestellt.

Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers war zur Glaubhaftmachung eines mangelnden Verschuldens nicht geeignet, genügt doch die bloß stichprobenartige Überprüfung der Einhaltung von Weisungen der Anforderung an ein wirksames Kontrollsystem nicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1991, Zl. 90/19/0177); der Beschwerdeführer hat das Bestehen eines solchen WIRKSAMEN Kontrollsystems nicht einmal behauptet. Um von einem solchen sprechen zu können, genügt nicht die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben und die Erteilung diesbezüglicher Weisungen; geboten ist vielmehr darüber hinaus die Überwachung der Betrauten auf die ordnungsgemäße Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben bzw. die Überwachung der erteilten Weisungen auf ihre Befolgung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0225). Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte "Berichtspflicht" ist in diesem Sinne nicht ausreichend.

Der Hinweis des Beschwerdeführers, daß in seinen Verantwortungsbereich "rund 350 Betriebsstätten" fielen, er sei nicht in der Lage, für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften "alleine zu sorgen und auch nur die Einhaltung zu überprüfen", gibt Anlaß zu der Bemerkung, daß die Möglichkeit der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gerade u.a. deshalb geschaffen wurde, um bei Unternehmen größeren Umfanges mit zahlreichen Betriebsstätten oder Geschäftszweigen einen verantwortlichen Vertreter für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Gebiete zu bestellen, da es den Verantwortlichen (vorher) nur zu häufig unmöglich war, die notwendige Übersicht über das Geschehen im Unternehmen in einem Maße zu behalten, das die Einhaltung aller Vorschriften sicherstellt (vgl. zur diesbezüglichen Novelle des VStG 1950, BGBl. Nr. 176/1983: 161 Blg NR 15.GP, S. 10). Eine Person, die ihrer Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zustimmt (vgl. § 9 Abs. 4 VStG), muß sich bewußt sein, daß dies der Sicherstellung der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften auf dem entsprechenden Gebiet dienen soll. Wollte man dieser Person nicht ein entsprechendes Maß der Möglichkeit der Sorge für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zumuten, so hieße dies den Sinn der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten zu negieren. Dem Beschwerdeführer wäre es daher oblegen, sich vor seiner Zustimmung zu seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten für einen derart großen räumlich-organisatorischen Geltungsbereich über die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, für die Sicherstellung der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften effektiv zu sorgen, klar zu werden und allenfalls seiner Bestellung nicht zuzustimmen.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs.1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991190345.X00

Im RIS seit

16.12.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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