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32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;Norm
GebG 1957 §14 TP6 Abs5 Z7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Sentspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Lebloch, über die Beschwerde der R in V, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 15. April 1991, Zl. 240/3-6/90, betreffend Stempelgebühr und Gebührenerhöhung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.810,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hatte, datiert vom 21. April 1989, gegen ihren Nachbarn K Strafanzeige an die Bezirkshauptmannschaft (BH) Klagenfurt erstattet und Übertretungen nach dem Wasserrechtsgesetz, Landschaftsschutzgesetz und Naturschutzgesetz behauptet (vgl. Blatt 2 bis 4 in dem unter OZl. 11 der Verwaltungsakten erliegenden Akt der BH Klagenfurt Zl. 15053/1/89).
Mit Eingabe vom 12. Mai 1989, bei der BH Klagenfurt, eingelangt am 16. Mai 1989 (vgl. Blatt 6 bis 8 aaO), präzisierte die Beschwerdeführerin ihre gegen K erhobenen Vorwürfe und erklärte unter anderem ausdrücklich ihren Anschluß als Privatbeteiligte.
Diese beiden Eingaben wurden vom Finanzamt keiner Vergebührung unterzogen.
Datiert vom 11. August 1989 langte bei der BH Klagenfurt am 14. August 1989 eine weitere (jetzt streitgegenständliche) Eingabe der Beschwerdeführerin ein, worin sie unter ausdrücklicher Nennung der Aktenzahl 15053/1/89-V und Bezeichnung des Beschuldigten K den Antrag "auf Übersendung des Aktes an die BH Völkermarkt zur Akteneinsichtnahme durch meinen ausgewiesenen Vertreter" stellte (vgl. OZl. 10/1 der Verwaltungsakten).
In der (zweiten, jetzt streitgegenständlichen) Eingabe vom 6. September 1989 (eingelangt am 7. September 1989) ersuchte die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf ihren Antrag vom 11. August 1989 die BH Klagenfurt u.a. ausdrücklich "um bescheidmäßige Abweisung des Anspruchs auf Aktenübersendung und um bescheidmäßige Vorschreibung der Gebührenpflicht für den Antrag vom 11. August 1989", damit der Rechtsmittelzug ausgeschöpft werden könne (vgl. OZl. 10/2 der Verwaltungsakten).
Das Finanzamt setzte in der Folge mit Bescheid vom 2. Februar 1990 für die Anträge vom 11. August und 6. September 1989 gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG Stempelgebühren von je S 120,--, zusammen S 240,--, und gemäß § 9 Abs.1 leg.cit. eine Gebührenerhöhung von 50 %, also in Höhe von S 120,--, fest.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin im wesentlichen mit der Begründung, es liege Gebührenfreiheit vor, weil die beiden Anträge in einer Verwaltungsstrafsache erfolgt seien.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 27. August 1990 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab, worauf die Beschwerdeführerin die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz über die Berufung beantragte.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahren die Berufung als unbegründet ab. Sie vertrat rechtlich im wesentlichen die Auffassung, die in Rede stehenden beiden Eingaben seien nicht als Eingaben in einer Strafsache zu werten, weil sie nicht der Überführung des Beschuldigten dienen sollten und sich die Beschwerdeführerin damit von ihrem Wohn- bzw. dem Betriebsort ihres Vertreters aus leichter Klarheit über das Schicksal der von ihr erstatteten Strafanzeige habe verschaffen wollen. Die Behörde sei nicht verpflichtet, Verwaltungsakten an von der Partei gewünschte Behörden zum Zwecke der leichteren Ermöglichung der Akteneinsicht zu übersenden. Das Recht auf Akteneinsicht stünde nur den an einem bestimmten Verwaltungsverfahren beteiligten Parteien zu. Die Beschwerdeführerin habe zwar die Erklärung abgegeben, sich dem Verwaltungsstrafverfahren als Privatbeteiligte anschließen zu wollen (welche Erklärung von der Stempelpflicht befreit sei), eine Privatbeteiligung in einem wasserrechtlichen Strafverfahren sei jedoch nach dem Wasserrechtsgesetz, aber auch nach dem Kärntner Naturschutzgesetz, nicht vorgesehen und komme der Beschwerdeführerin daher auch als Anrainer des Grundstückes des K Parteistellung nicht zu. Im übrigen sei zur Zeit der Überreichung der streitgegenständlichen Eingaben ein Verwaltungsstrafverfahren gegen K gar nicht anhängig gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in ihrem Recht auf Gebührenfreiheit gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 7 GebG verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiten betreffen, der festen Gebühr von S 120,--.
Gemäß Abs. 5 Z. 7 der zitierten Gesetzesvorschrift unterliegen der Eingabengebühr nicht Eingaben im Verwaltungsstrafverfahren, ausgenommen Gnadenansuchen, Ansuchen um Nachsicht oder Milderung der Strafe, Ansuchen um Zahlungserleichterung und Eingaben in Privatanklagesachen.
Die Beschwerdeführerin ist im Recht, wenn sie die beiden streitgegenständlichen Eingaben als solche ansieht, die von der zitierten Ausnahmebestimmung umfaßt sind.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, sind sogar Anzeigen, die streng genommen noch nicht als in einem Verwaltungsstrafverfahren eingebracht angesehen werden können und erst zu einem solchen Verfahren führen sollen, der zitierten Befreiungsvorschrift zu unterstellen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Jänner 1962, Zl. 642/61 und vom 4. Juli 1963, Zl. 1242/62, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang in dem zweiten der zitierten Erkenntnisse auch betont, daß eine Verallgemeinerung und Erweiterung der Gebührenfreiheit auf alle hinzukommenden Schriftstücke, die "in irgendeinem entfernten Zusammenhang" mit dem Verwaltungsstrafverfahren stehen, nicht in Frage komme. Konkret ging es dort um einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, die aber gar nicht das Verwaltungsstrafverfahren selbst, sondern ein Stempelgebührenverfahren betraf, das allerdings zum Teil Gebühren in einem Verwaltungsstrafverfahren zum Gegenstand hatte. Von einem solchen, lediglich entfernten Zusammenhang zu der im vorliegenden Fall von der Beschwerdeführerin gegen K unstrittig erstatteten Strafanzeige kann aber insbesondere unter Berücksichtigung des auch erfolgten Anschlusses der Beschwerdeführerin als Privatbeteiligte nicht gesprochen werden, weil das Ansuchen um Aktenübersendung und bescheidmäßige Abweisung desselben als Maßnahme der Beschwerdeführerin zu werten ist, das Schicksal der von ihr gegen ihren Nachbarn erstatteten Strafanzeige zu verfolgen. Die Frage, ob das Ansuchen um Aktenübersendung (ebenso wie die Anschlußerklärung als Privatbeteiligte) im konkreten Fall zu Recht oder zu Unrecht erfolgte, kann für die Anwendung der Gebührenbefreiung ebenso dahingestellt bleiben wie die primäre Frage, ob eine Strafanzeige selbst zu Recht oder zu Unrecht erfolgt (vgl. dazu das bereits oben zitierte hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1962, Zl. 642/61).
Allein aus diesen Gründen ergibt sich bereits, daß die belangte Behörde ihren Bescheid mit der von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muß, ohne daß auf die Verfahrensrüge noch weiter eingegangen werden muß. Da die beiden Eingaben der Beschwerdeführerin kraft ihres Konnexes zur erstatteten Strafanzeige der Gebührenbefreiung teilhaftig werden, erübrigt sich insbesondere auch jede Diskussion betreffend das von der belangten Behörde in den Mittelpunkt ihrer Erhebungen gestellte Problem einer allenfalls unrichtigen Bezeichnung der Verwaltungsstrafsache gegen K bzw. zu welcher Aktenzahl und auf Grund welcher Übertretungen schließlich gegen den Angezeigten zur Zeit der Einbringung der beiden Eingaben der Beschwerdeführerin überhaupt schon ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Ansuchen AktenübersendungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991150057.X00Im RIS seit
16.12.1991Zuletzt aktualisiert am
02.09.2010