TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/16 90/10/0194

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Veröffentlicht am 16.12.1991
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Index

10/11 Vereinsrecht Versammlungsrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

EGVG Art9 Abs1 Z7;
VerbotsG 1947 §3d;
VerbotsG 1947 §3g;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. September 1990, Zl. SD 103/89, betreffend Übertretung des Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG 1950, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Wien, Staatspolizeiliches Büro, erließ mit Datum 10. Jänner 1989 gegen den Beschwerdeführer ein Straferkenntnis mit folgendem Schuldspruch:

"Sie haben am 1.10.1988 um 07.55 Uhr in Wien 4., Mayerhofgasse nächst Favoritenstraße beim Abgang zur Linie U 1 (Station Taubstummengasse) die Zeitschrift 'SIEG', Nr. 8/88, mit einigen Beilageblättern verteilt und dadurch nationalsozialistisches Gedankengut verbreitet. Die genannte Druckschrift wurde mit Beschluß vom 6.9.1988,

Zahl 30 Vr 985/88, durch das Landesgericht Feldkirch beschlagnahmt wegen eines Artikels auf Seite 18 'Geschichte der Verfemung Deutschlands' (Vergasungslüge). Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: Art IX Abs 1 Z 7 EGVG."

Die Behörde verhängte eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage), erklärte "die sichergestellte Zeitschrift" für verfallen und bestimmte den Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens mit S 200,--.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde zunächst mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Mai 1989 abgewiesen. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1990, Zl. 89/10/0222, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Die zur Entscheidung über die Berufung zuständige Behörde sei die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien.

Daraufhin erging der Bescheid dieser Behörde vom 19. September 1990, mit welchem der Berufung des Beschwerdeführers "in der Schuldfrage" keine Folge gegeben und das Straferkenntnis insoweit mit der Änderung bestätigt wurde, daß der zweite Satz des (Schuld-)Spruches zu entfallen habe. Ferner wurde die verhängte Strafe auf S 1.800,-- herabgesetzt (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens neu bestimmt.

Zur Begründung des Schuldspruches führte die Behörde aus, der Beschwerdeführer habe selbst zugegeben, die gegenständliche Druckschrift verbreitet, d.h. an einen größeren Personenkreis verteilt zu haben. Dem Beschwerdeführer werde nicht nationalsozialistische Wiederbetätigung, sondern gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG nur die Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes zur Last gelegt. Daher sei zu prüfen, ob der Inhalt der Druckschrift nationalsozialistisches Gedankengut aufweise. Nach herrschender Rechtsprechung (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 1987, B 682/86) stelle schon die Rechtfertigung oder Verharmlosung von verbrecherischen Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes eine Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz dar. Der Artikel "Geschichte der Verfemung Deutschlands" (S. 18 ff) in der gegenständlichen Druckschrift stelle eine grobe Entstellung und Verharmlosung der Vernichtung von Millionen europäischer Juden durch die nationalsozialistischen Machthaber dar. So werde etwa "in dem Untertitel 'Die wahren Hintergründe für die Behauptung der Ausrottung'" die Vernichtung der Juden als eine im wesentlichen durch Fälschung von Beweismitteln, insbesondere von Dokumenten, im Interesse der "National-Zionisten" konstruierte Aktion mit dem Ziel dargestellt, aus Deutschland eine immerwährende Melkkuh für den Staat Israel zu machen. Auch die positive Wertung des nationalsozialistischen Symbols des Hakenkreuzes in Zusammenhang mit einer Darstellung der gegenwärtigen politischen Situation in Südafrika (Seite 17 der Druckschrift) sowie die Karikatur auf der gleichen Seite, die offenbar von der rassischen Minderwertigkeit des negroiden Menschen ausgehe, seien als nationalsozialistisches Gedankengut anzusehen. Diese Druckschrift entspreche somit zumindest in einigen Teilen ihres Inhaltes nationalsozialistischem Gedankengut im Sinne des § 3g des Verbotsgesetzes.

Dem Berufungseinwand, dem Beschwerdeführer sei zur Tatzeit die gerichtliche Beschlagnahme der gegenständlichen Druckschrift nicht bekannt gewesen, hielt die belangte Behörde entgegen, das Vorliegen eines gerichtlichen Beschlagnahmebeschlusses sei für den objektiven Tatbestand ebensowenig erforderlich wie die Kenntnis von einem solchen Beschluß für den subjektiven Tatbestand. Wer eine Druckschrift der gegenständlichen Art verteile, ohne sich zu überzeugen, daß sie kein nationalsozialistisches Gedankengut enthalte, handle fahrlässig. Die angelastete Verwaltungsübertretung sei daher als erwiesen anzusehen. Die Änderung des Spruches nehme darauf Rücksicht, daß der zweite Satz lediglich erläuternde bzw. begründende Funktion habe und es für die Erfüllung des Tatbestands gleichgültig sei, ob die Beschlagnahme der Druckschrift durch das Landesgericht Feldkirch erfolgt sei oder nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Beantragt wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG begeht, wer nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 25/1947, verbreitet, wenn diese Tat nicht gerichtlich strafbar ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- und mit dem Verfall der Gegenstände, mit denen die strafbare Handlung begangen wurde, zu bestrafen.

Ausgehend von der Prämisse, es könne dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, Sinnloses anzuordnen, hat der Verfassungsgerichtshof zur Frage der Abgrenzung gegenüber den Straftatbeständen des Verbotsgesetzes in seinem Erkenntnis vom 7. März 1989, B 1824/88, ausgeführt:

"Der Straftatbestand des Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG 1950 muß grundsätzlich ein anderes Verhalten erfassen als das VerbotsG, das insbesondere in den §§ 3d und 3g gleichfalls das Verbreiten nationalsozialistischen Gedankengutes pönalisiert. Die beiden gesetzlichen Tatbestände umschreiben indessen nur scheinbar Identes. Während nämlich das Verbotsgesetz im wesentlichen ein vorsätzliches Verhalten mit gerichtlicher Strafe bedroht, das darauf abzielt, das Wiedererstehen des Nationalsozialismus in Österreich zu bewirken, stellt Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG 1950 ein Verhalten unter Verwaltungsstrafe, das dem im VerbotsG umschriebenen zwar ähnelt, dem aber der für die Strafbarkeit nach dem VerbotsG geforderte besondere Vorsatz mangelt, in Österreich wieder ein nationalsozialistisches Regime zu installieren; vielmehr geht es hier um die verwaltungsstrafrechtliche Ahndung eines Verhaltens, das dadurch, daß es - wenngleich fälschlich - den Eindruck erweckt, es werde Wiederbetätigung iS des VerbotsG betrieben (dem aber tatsächlich der dahingehende Vorsatz mangelt), objektiv als öffentliches Ärgernis erregender Unfug bestimmter Art empfunden wird".

Und weiter:

"Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG hebt ... keine bestimmten Verhaltensweisen aus dem Kreis verbotener Wiederbetätigung heraus und erweitert diesen Kreis auch nicht. Zweck dieses Tatbestandes ist nicht der des VerbotsG, nämlich den Staat vor dem Wiedererstehen des Nationalsozialismus zu schützen, sondern ärgerniserregenden Unfug hintanzuhalten."

Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich aus dem vom Verfassungsgerichtshof genannten Grund dessen Rechtsauffassung an. Sie bedeutet zum einen, daß nach Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG strafbares Verbreiten nationalsozialistischen Gedankengutes im Sinne des VerbotsG nur bei Fehlen des Vorsatzes, in Österreich wieder ein nationalsozialistisches Regime zu installieren, vorliegt. Zum anderen folgt daraus, daß sich nach Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG strafbare Handlungen - der äußeren Tatseite nach - als Verbreiten nationalsozialistischen Gedankengutes im Sinne der Straftatbestände des Verbotsgesetzes darstellen. Insofern führt MERLI (Das Verbot der Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes im EGVG, JBl 1986, 770) zutreffend aus, "daß gerade das, was man sich unter 'Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes' vorstellt, bereits von § 3g Abs. 1 VerbotsG erfaßt wird". (Seine weitere Schlußfolgerung, ein derartiges Verhalten sei somit gerichtlich strafbar und könne daher nicht mehr unter die neue Z. 7 des Art. IX Abs. 1 EGVG fallen, kann - auf dem Boden der oben angeführten Prämisse - bei Fehlen des besagten besonderen Vorsatzes nicht geteilt werden.) In weiterer Konsequenz folgt daraus, daß die Rechtsprechung zum Verbotsgesetz (siehe dazu die beispielsweise Darstellung der Judikatur des OGH zu § 3g dieses Gesetzes bei MERLI, 769) zur Auslegung des Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG herangezogen werden kann. Als Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes ist somit u.a. jede unsachliche, einseitige und propagandistisch vorteilhafte Darstellung nationalsozialistischer Maßnahmen und Zielsetzungen in Druckwerken, wie etwa die Rechtfertigung oder Verharmlosung der massenhaften Vernichtung von Juden, anzusehen

(EvBl 1980/149; EvBl 1987/40; JBl 1991, 464 f; siehe dazu auch das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 1987, Slg. 11258). In der zuletzt genannten Entscheidung des OGH hat dieser mit Bezug auf diverse ins Treffen geführte Veröffentlichungen zur sogenannten "Auschwitzlüge" ausgeführt, die historische Tatsache, daß im Rahmen des nationalsozialistischen Regimes die planmäßige, Millionen von Opfern fordernde Massenvernichtung von Juden (auch in Gaskammern) im Sinn eines organisierten Völkermordes vollzogen wurde, entspreche der wissenschaftlich belegten herrschenden Geschichtsauffassung im Range zeitgeschichtlicher Notorietät.

Die belangte Behörde hat auf das Wiedererstehen des Nationalsozialismus in Österreich zielenden Vorsatz beim Beschwerdeführer nicht angenommen. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen ihre Zuständigkeit zur Ahndung der gegenständlichen Tat nach der Aktenlage keine Bedenken, zumal auch der Beschwerdeführer nichts vorbringt, was einen Anhaltspunkt für die Annahme eines solchen Vorsatzes bieten könnte (etwa das Anhängigsein eines gerichtlichen Strafverfahrens nach dem Verbotsgesetz gegen ihn).

Der Beschwerdeführer hält dem Vorwurf, nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes verbreitet zu haben, entgegen, es gebe Lehrmeinungen, die die Zahl der durch die Nationalsozialisten vernichteten Menschen anzweifelten, die Ansicht, aus Deutschland solle eine immerwährende Melkkuh für den Staat Israel gemacht werden, könne für eine nationalsozialistische Einstellung nicht signifikant sein, weil dieser Staat zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft noch nicht bestanden habe, auch sei das Hakenkreuz kein ausschließlich nationalsozialistisches Symbol und schließlich sei eine Karikatur negroider Menschen kein Hinweis auf nationalsozialistisches Gedankengut.

Der Beschwerdeführer vermag damit im Lichte der vorstehenden Ausführungen zum Inhalt des Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG das Fehlen der Tatbestandsmäßigkeit nicht darzutun. Die belangte Behörde erblickte die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes in erster Linie in dem Artikel "Geschichte der Verfemung Deutschlands" (S. 18 ff der Druckschrift). Dort wird als der "Haupt- und Kernpunkt der Verfemung Deutschlands die Behauptung von der Ausrottung der Juden" bezeichnet. Unter anderem heißt es dazu: "Die Menschen

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vor allem viele Juden selbst - sind der Greuellügen-Propaganda der Haßteufel unter ihren Glaubensgenossen so vollständig zum Opfer gefallen, sie sind so sehr zu Gefangenen der Lügenpropaganda geworden, daß sie selbst alle diese Greuellügen glauben, so insbesondere die infame Lüge von den sechs bis zwölf Millionen ermordeter und vergaster Juden, eine niederträchtige Lüge, die begreiflicherweise die meisten Juden in einen maßlosen Haß gegen das deutsche Volk treiben muß ...." (S. 18). "Die Behauptung einer geplanten oder versuchten Ausrottung der Juden ist ebenso wie die behauptete Opferzahl von 6 Millionen ermordeter Juden eine infame und niederträchtige Greuellüge" (S. 19). In dem mit "Die Unsinnigkeit der Ausrottungs-Behauptung" überschriebenen Abschnitt wird unter anderem ausgeführt: "Die ebenso unsinnige wie unrichtige Ausrottungs-Behauptung ist so infam und wahnsinnig, daß man sich nur mit Wiederwillen mit ihr beschäftigen kann" (S. 21). In den Ausführungen über die "beiden Ziele der deutschen Judenpolitik: Ausschaltung aus Politik und Wirtschaft und Förderung der Auswanderung" heißt es zur letzteren Zielsetzung: "Daß die deutsche Reichsregierung nicht die ihr infamerweise angedichtete Absicht hatte, die Juden zu massakrieren, zeigt sich schon ganz klar darin, daß ihr Bestreben dahin ging, sie zur Auswanderung zu veranlassen; ...." (S. 21 f). Diese für die Tendenz des Artikels charakteristischen Passagen zeigen, daß es hier darum geht, in tendenziöser und polemischer Form fernab wissenschaftlicher Objektivität die planmäßige Vernichtung von Juden in nationalsozialistischen Konzentrationslagern schlechthin zu leugnen und einschlägige Berichte und Forschungsergebnisse mit dem Etikett "Greuellüge" abzuqualifizieren. Schon in Anbetracht dieses

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menschenrechtswidrige nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen massivster Art einseitig verharmlosenden - Inhaltes des inkriminierten Druckwerkes hält der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, dessen Verbreitung sei dem Tatbestand des Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG zu subsumieren, für zutreffend. Die vorhin angeführten Einwendungen des Beschwerdeführers vermögen daran nichts zu ändern. Insbesondere ist es für die Richtigkeit dieser Subsumtion ohne Belang, ob auch noch andere Teile der Druckschrift nationalsozialistisches Gedankengut enthalten.

Das gilt in gleicher Weise für den Einwand, die Beschlagnahme der Druckschrift wegen des besagten Artikels sei später aufgehoben worden und es sei im bezüglichen Strafverfahren des Landesgerichts Feldkirch (gegen den Herausgeber) "keine Verurteilung" erfolgt. Damit wird mangels näherer Ausführungen nichts aufgezeigt, was die in Rede stehende rechtliche Beurteilung der belangten Behörde als verfehlt erscheinen lassen könnte.

Bei seinem Hinweis auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung (und Verbreitung von Druckschriften) läßt der Beschwerdeführer den Gesetzesvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 MRK außer acht, wonach dieses Recht durch Gesetz unter anderem "im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung" Einschränkungen unterworfen werden kann. Um eine solche gesetzliche Einschränkung dieses Grundrechts handelt es sich nämlich beim Verbot nach Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG (vgl. auch dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. März 1989, B 1824/88).

Mit dem Einwand der Unkenntnis vom Inhalt des Druckwerkes und dem Hinweis auf die nachträgliche Aufhebung der gerichtlichen Beschlagnahme versucht der Beschwerdeführer, mangelndes Verschulden geltend zu machen. In diesem Zusammenhang rügt er auch, es sei ihm das Ergebnis des Beweisverfahrens nicht vorgehalten worden, er habe daher keine Gelegenheit gehabt, Beweise anzubieten und vor allem darzutun, daß er vom Inhalt der Druckschrift keine Kenntnis gehabt habe.

Auch dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Dem Beschwerdeführer stand es frei, etwa anläßlich seiner Vernehmung als Beschuldigter am 21. Dezember 1988, vom Inhalt des Verwaltungsaktes Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Wenn der Beschwerdeführer von dieser Gelegenheit keinen Gebrauch gemacht hat, hat er sich die Folgen dieser Unterlassung selbst zuzuschreiben. Die belangte Behörde konnte daher bei ihrer Entscheidung unbedenklich insbesondere die in der Niederschrift über seine Vernehmung am 1. Oktober 1988 enthaltenen, unbestritten gebliebenen Äußerungen des Beschwerdeführers berücksichtigen, die Existenz der Zeitschrift "SIEG" sei ihm seit dem Jahre 1985 bekannt, er werde, da ihn diese Zeitschrift interessiere, von einem guten Freund jeweils nach der Herausgabe mit einem Exemplar versorgt, er habe weiters von dem (nicht genannten) Freund, nachdem er ihn "aus Eigeninitiative" darum ersucht habe, ca. 100 Stück der gegenständlichen Ausgabe der inkriminierten Druckschrift ausgefolgt erhalten, und es handle sich bei der Tat vom 1. Oktober 1988 um "die erste von mir durchgeführte Aktion". Im Hinblick darauf bestehen keine Bedenken gegen die (bei der Strafbemessung getroffene) Annahme der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer sei der Inhalt der Druckschrift bekannt gewesen.

Nicht berechtigt ist schließlich der Einwand, die belangte Behörde habe durch die Streichung des zweiten Satzes im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses "den strafbaren Tatbestand über den Artikel 'Geschichte der Verfemung Deutschlands' hinaus ausgedehnt" und insoweit eine bereits verjährte Tat zum Anlaß der Bestrafung genommen. Dem Beschwerdeführer wurde nämlich bereits mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vorgeworfen, durch die Verteilung der gegenständlichen Druckschrift nationalsozialistisches Gedankengut verbreitet zu haben. Der Hinweis auf den besagten Artikel diente lediglich der Hervorhebung jenes Teiles der Druckschrift, auf den sich dieser Vorwurf in erster Linie stützte. Die fristgerechte Verfolgungshandlung bezog sich auf die Verbreitung der Druckschrift "SIEG" schlechthin. Daher ist auch nicht teilweise Verjährung eingetreten.

Da sich die Beschwerde als nicht begründet erwiesen hat, ist sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990100194.X00

Im RIS seit

09.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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