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22/02 Zivilprozessordnung;Norm
AVG §18 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Sentspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dipl.-Kfm. DDr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 8. März 1991, Zl. 6/1-1201/89-08, betreffend Umsatzsteuer 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der einen Handel mit Waren aller Art, unter anderem mit Uhren, betreibt, macht betreffend die Rechnungen vom 2. Juni 1986, brutto S 152.160,--; vom 9. Juni 1986, brutto S 177.120,--; vom 2. Juni 1986, brutto S 53.760,-- und vom 11. Juni 1986, brutto S 212.160,-- Steuerfreiheit für Ausfuhrlieferungen geltend. In diesem Zusammenhang ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Frage strittig, ob die vom Beschwerdeführer vorgelegten Ausfuhrbescheinigungen für Umsatzsteuerzwecke, Formular Lager-Nr.U34 (vgl. Seiten 55, 56, 58 und 61 der Verwaltungsakten), als Ausfuhrnachweis gemäß § 7 Abs. 3 Z. 3 lit.b UStG anzuerkennen sind oder nicht.
Das Finanzamt für den 2. und 20. Bezirk schloß sich im Bescheid betreffend Umsatzsteuer 1986 den Feststellungen der Umsatzsteuernachschau betreffend die Monate April 1986 bis Jänner 1987 an und ging davon aus, es seien Fälschungen des Abfertigungsstempels Nr. 16 des Zollamtes Nickelsdorf (der am 17. Juli 1986 amtlich eingezogen worden sei) in Umlauf gewesen. Erhebungen hätten ergeben, daß keiner der im Juni 1986 beim genannten Zollamt tätig gewesenen Bediensteten die in Rede stehenden Bestätigungen unterfertigt hätte; die vorgelegten Bescheinigungen seien daher als gefälscht anzusehen.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 25. April 1989 als unbegründet abgewiesen, worauf der Beschwerdeführer die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte.
Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Sie übernahm ausdrücklich die Ergebnisse der Umsatzsteuernachschau und stellte zusätzlich folgendes fest:
Im Zuge einer kriminaltechnischen Untersuchung der Zollstempelabdrucke auf den vier streitgegenständlichen Formularen U34 durch die Bundespolizeidirektion Wien sei zwar keine eindeutige Aussage über die Echtheit oder Unechtheit derselben gemacht worden, weil der Vergleich mit den Abdrücken der Originalstampiglien in allen Punkten Übereinstimmung zeige, doch sei in den diesbezüglichen Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß durch die heute bestehenden Herstellungsmöglichkeiten solcher Stempelreproduktionen und der damit verbundenen Übertragung zumindest von Teilen der Charakteristik einer Identifizierung bzw. apodiktischen Aussage Grenzen gesetzt seien.
Ermittlungen hätten ergeben, daß Warenmengen im Ausmaße der in den Rechnungen aufscheinenden im Reiseverkehr üblicherweise nicht abgefertigt würden; vielmehr habe nach den zollrechtlichen Vorschriften für eine derart große Menge von Handelswaren der Unternehmer den Ausfuhrnachweis in Form einer mit der zollamtlichen Austrittsbestätigung versehenen Ausfuhrbescheinigung LgNr ZA 118 zu führen. Eine solche Erklärung sei im Zusammenhang mit den vier untersuchten Formularen U34 nicht vorgefunden worden.
Davon ausgehend vertrat die belangte Behörde die Meinung, es stünde zweifelsfrei fest, daß der eingezogene Stempel Nr. 16 des Zollamtes Nickelsdorf gefälscht worden sei. Der Umstand, daß keiner der diensthabenden Beamten ein auf den Formularen U34 angebrachtes Handzeichen als von ihm stammend erkannt habe, ziehe die Richtigkeit der Ausfuhrnachweise in Zweifel. Dieser Verdacht werde dadurch erhärtet, daß derart große Waren üblicherweise im Reiseverkehr nicht abgefertigt würden.
Rechtlich folgerte die belangte Behörde daraus, daß der vom Gesetz geforderte förmliche Nachweis i.S. des § 7 Abs. 3 UStG vom Beschwerdeführer nicht erbracht worden und daher Steuerfreiheit gemäß § 6 Z. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1, 3 und 5 UStG nicht zu gewähren sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Steuerfreiheit von Ausfuhrumsätzen gemäß § 6 Z. 1 in Verbindung mit § 7 UStG verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 6 Z. 1 UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 leg.cit. fallenden Umsätzen die Ausfuhrlieferungen (§ 7) steuerfrei.
Eine Ausfuhrlieferung bedarf gemäß § 7 Abs. 3 Z. 3 lit.b. leg.cit. im Falle der Beförderung des Gegenstandes in das Ausland des Nachweises durch eine vom liefernden Unternehmer ausgestellte und mit der zollamtlichen Austrittsbestätigung versehene Ausfuhrbescheinigung.
Bei einer solchen zollamtlichen Austrittsbestätigung handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, deren Beweiskraft gemäß § 168 BAO insbesondere nach § 292 ZPO zu beurteilen ist. Nach der letztzitierten Gesetzesstelle ist eine öffentliche Urkunde u.a. eine solche, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form errichtet ist. Letzteres ist dann der Fall, wenn die Urkunde den für sie aufgestellten Formvorschriften entspricht. Für Ausfertigungen von Behördenerledigungen nennt die zivilprozessuale Literatur dafür § 18 Abs. 4 AVG als Beispiel (vgl. Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen III 365 Anm. 7 zu § 292 ZPO) und betont in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Notwendigkeit der Unterfertigung der Urkunde (Fasching aaO. 366 Abs. 1).
Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß eine zollamtliche Austrittsbestätigung i.S. des § 7 Abs. 3 Z. 3 lit.b UStG nur dann als solche anzuerkennen ist, wenn sie mit der gemäß § 96 BAO (welche Bestimmung dem § 18 Abs. 4 AVG vergleichbar ist) erforderlichen Unterschrift versehen ist.
Im Hinblick auf die im Verwaltungsverfahren gepflogenen Erhebungen ist die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die vier in Rede stehenden Ausfuhrnachweise nicht als echt anzuerkennen sind, weil die Würdigung der Erhebungsergebnisse (Aufnahme von Unterschriftsproben mit allen in Frage kommenden Bediensteten, die alle negativ blieben, in Verbindung mit dem dringenden Verdacht der Verwendung einer gefälschten Stampiglie) nicht als unschlüssig erkannt werden kann.
Damit fehlt es aber im vorliegenden Fall an dem gemäß § 7 Abs. 2, 3 und 5 UStG geforderten förmlichen Nachweis der Ausfuhr (vgl. dazu insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 21. Mai 1990, Zl. 89/15/0110 und vom 17. Oktober 1988, Zl. 87/15/0148 und die dort jeweils zitierte hg. Vorjudikatur), sodaß die vom Beschwerdeführer geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht gegeben ist. Anders als es der Beschwerdeführer sehen will, ist der Ausfuhrnachweis nicht erfolgt. Die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Erklärungen seinerzeitiger Kunden (vgl. S 48 der Verwaltungsakten) können nach der zitierten hg. Judikatur den vom Gesetz geforderten förmlichen Nachweis durch zollamtliche Austrittsbestätigung nämlich nicht ersetzen.
Insoweit der Beschwerde auch eine Verfahrensrüge zu entnehmen ist (Verletzung des Parteiengehörs, Unterbleiben einer Berufungsverhandlung), ist darauf zu verweisen, daß der Beschwerdeführer einerseits mit keinem Wort näher darlegt, was er ergänzend vorgebracht hätte, wenn er eine Ablichtung der Erklärungen der Bediensteten des Zollamtes Nickelsdorf ausgefolgt bekommen hätte, und andererseits, daß er die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gar nicht beantragt hat.
Da schließlich auch dem Argument des Beschwerdeführers, er hätte keine Möglichkeit gehabt, zu den Äußerungen der belangten Behörde betreffend das Formular ZA 118 Stellung zu nehmen, keine Relevanz zukommt, weil es sich dabei nur um eine im Ergebnis den angefochtenen Bescheid gar nicht tragende Hilfsüberlegung der belangten Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung handelt, erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten und war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Unterschrift des GenehmigendenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991150051.X00Im RIS seit
16.12.1991