TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/17 89/08/0104

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Veröffentlicht am 17.12.1991
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §105a;
ASVG §354 Z1;
ASVG §413 Abs1 Z2;
ASVG §413 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 24. Februar 1989, Zl. 120.167/2-7/89, betreffend Leistungszuständigkeit hinsichtlich eines Hilflosenzuschusses (mitbeteiligte Parteien: 1) S in H, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W,

2) Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1200 Wien, Adalbert-Stifter Straße 65), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde und den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich - auf das Wesentlichste zusammengefaßt - folgende Vorgeschichte:

Der Erstmitbeteiligte erlitt am 28. Oktober 1972 einen Arbeitsunfall. Er bezieht deshalb von der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt eine Invaliditätspension wegen dauernder Invalidität und von der zweitmitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt eine Versehrtenrente samt Zusatzrente. Er bezog im Jahre 1986 eine Invaliditätspension in der Höhe von S 6.170,50 samt S 650,-- Kinderzuschuß. Die Höhe der Versehrtenrente betrug einschließlich Zusatzrente und Kinderzuschuß monatlich S 12.262,50.

Mit Bescheid vom 14. Februar 1986 lehnte die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des Erstmitbeteiligten vom 8. Oktober 1985 auf Gewährung eines Hilflosenzuschusses mit der Begründung ab, die im § 105a Abs. 1 ASVG genannten Voraussetzungen seien nicht gegeben. Die dagegen vom Erstmitbeteiligten erhobene Klage beim Schiedsgericht der Sozialversicherung wurde von diesem mit der Begründung abgewiesen, daß der Zustand seit der Antragstellung bestehe und keine ständige Wartung und Hilfe erfordere.

Das Berufungsgericht gab der vom Erstmitbeteiligten erhobenen Berufung ebenfalls keine Folge und verneinte Hilflosigkeit im Sinne des § 105a ASVG.

Aus Anlaß der Revision des Erstmitbeteiligten wurden sowohl das Urteil des Berufungsgerichtes als auch das der ersten Instanz vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 9. September 1987, 10 Ob S 58/87, als nichtig aufgehoben und die Angelegenheit an das Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung verwiesen. Der Oberste Gerichtshof begründete dabei seine Entscheidung unter Zitierung der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen (§§ 105a, 354 Z. 1, 355 Z. 2, 371 Z. 1 und § 413 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 4 und 5 ASVG sowie §§ 65 Abs. 1 Z. 1 und 74 Abs. 2 ASGG) im wesentlichen wie folgt:

"Im vorliegenden Rechtsstreit über den Bestand eines Anspruches (des Erstmitbeteiligten) auf einen Hilflosenzuschuß steht auch in Frage, ob der Hilflosenzuschuß von der AUVA (Zweitmitbeteiligten) oder von der (beschwerdeführenden) Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter festzustellen war und (allenfalls) flüssig zu machen ist, welcher dieser beiden Versicherungsträger also diesbezüglich leistungszuständig und damit im Rechtsstreit passiv legitimiert, also allenfalls zur Gewährung des begehrten Hilflosenzuschusses verpflichtet ist.

Das Schiedsgericht und das Berufungsgericht hätten über diese Frage als Vorfrage ihrer Sachentscheidungen nicht entscheiden dürfen, sondern hätten die Einleitung des Verfahrens beim Landeshauptmann anregen und das eigene Verfahren bis zur Rechtskraft der Entscheidung des Landeshauptmannes nach § 413 Abs. 1 Z. 2 ASVG unterbrechen müssen.

Die Vorinstanzen haben daher eigentlich über eine nicht auf den Rechtsweg gehörige Sache erkannt, so daß ihre Entscheidungen im Sinne des § 477 Abs. 1 Z. 6 ZPO nichtig sind.

Wegen dieser aus Anlaß der zulässigen Revision von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeit waren die Urteile der Vorinstanzen nach § 510 Abs. 2 ZPO aufzuheben und die Sache war an das nunmehr in erster Instanz zuständige Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht zu verweisen.

Dieses Gericht wird nach § 413 Abs. 4 ASVG die Einleitung des Verfahrens beim Landeshauptmann anzuregen und das eigene Verfahren bis zur Rechtskraft der Entscheidung des Landeshauptmannes zu unterbrechen haben."

Mit Beschluß vom 30. Oktober 1987 unterbrach das Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht das Verfahren gemäß § 413 Abs. 4 ASVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Landeshauptmannes über die Versicherungs- bzw. Leistungszuständigkeit des beklagten oder eines anderen in Frage kommenden Versicherungsträgers, sohin darüber, ob die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter oder die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt passiv klagslegitimiert sei.

Nach der Begründung werfe § 105a Abs. 5 ASVG für den Fall des Zusammentreffens von Pensions- und Rentenansprüchen die Frage der Versicherungs- bzw. Leistungszuständigkeit der beteiligten Versicherungsträger auf. Die Entscheidung darüber falle - als Vorfrage einer Leistungssache im Sinne des § 354 ASVG - gemäß § 65 Abs. 1 Z. 1 ASGG, § 413 Abs. 4 ASVG nicht in die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte, sondern sei gemäß § 355 Z. 2 ASVG auf dem Verwaltungswege zu treffen. Nach § 413 Abs. 1 Z. 2 ASVG falle die Entscheidung über diese Frage in die sachliche Zuständigkeit des Landeshauptmannes.

Am 25. Februar 1988 stellte der Erstmitbeteiligte bei der zweitmitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt einen Antrag auf Hilflosenzuschuß, der mit Bescheid vom 27. Juli 1988 abgelehnt wurde. Dieser Bescheid erwuchs nach der Aktenlage in Rechtskraft.

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde auf Grund des Antrages des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht gemäß § 73 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 413 Abs. 1 Z. 2 ASVG fest, daß die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter hinsichtlich der Gewährung eines Hilflosenzuschusses gemäß §§ 245 Abs. 2 und 246 ASVG leistungszuständig sei.

Nach der Begründung habe der Erstmitbeteiligte am 26. April 1988 an den Landeshauptmann von Niederösterreich den Antrag auf Feststellung der Leistungs- bzw. Versicherungszuständigkeit betreffend die Gewährung eines Hilflosenzuschusses gerichtet. Da dieser nicht entschied, habe der Erstmitbeteiligte mit Devolutionsantrag vom 27. Dezember 1988 den Übergang der Entscheidungspflicht an die belangte Behörde beantragt. Da die Voraussetzungen dafür gegeben seien, habe die belangte Behörde selbst anstelle des Landeshauptmannes zu entscheiden:

Gemäß § 413 Abs. 1 Z. 2 ASVG entscheide der Landeshauptmann unter Ausschluß des Bescheidrechtes der beteiligten Versicherungsträger über die Versicherungszugehörigkeit oder Versicherungszuständigkeit, in der Pensionsversicherung auch über die Leistungszugehörigkeit oder Leistungszuständigkeit auf Antrag eines beteiligten Versicherungsträgers, einer anderen Partei oder eines Schiedsgerichtes, wenn Zweifel oder Streit darüber bestünden, welcher Versicherung eine Person versicherungs- und leistungszugehörig sei oder welcher Versicherungsträger für sie versicherungs- oder leistungszuständig sei. Gemäß § 245 Abs. 2 ASVG sei in dem Fall, daß in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (§ 223) nur Versicherungsmonate aus einem Zweig der Pensionsversicherung vorlägen, der Versicherte in diesem Zweig leistungszugehörig. Gemäß § 246 ASVG obliege die Feststellung und Gewährung der Leistung dem Versicherungsträger des Zweiges der Pensionsversicherung, dem der Versicherte nach § 245 leistungszugehörig sei.

Die Leistungszuständigkeit für den Erstmitbeteiligten in der Pensionsversicherung komme unbestrittenermaßen der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter zu, die dem Erstmitbeteiligten eine Invaliditätspension gewähre. Weiters beziehe dieser eine Unfallversicherungsrente von der zweitmitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt.

Gemäß § 105a Abs. 1 gebühre Beziehern einer Pension aus der Pensionsversicherung, die derart hilflos seien, daß sie ständig der Wartung und Hilfe bedürften, ein Hilflosenzuschuß. Unter den gleichen Voraussetzungen gebühre den Beziehern einer Vollrente aus der Unfallversicherung ein Hilflosenzuschuß, wenn die Hilflosigkeit durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit verursacht worden sei. Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung sei der Hilflosenzuschuß in den Fällen des Abs. 4 erster Satz (u.a. Zusammentreffen von Pensionsansprüchen aus einer Pensionsversicherung mit einem Rentenanspruch aus der Unfallversicherung, wobei in beiden in Betracht kommenden Versicherungszweigen die Voraussetzungen für den Hilflosenzuschuß gemäß Abs. 1 erfüllt sein müßten) von dem Versicherungsträger festzustellen oder flüssig zu machen, demgegenüber der höhere oder höchste Renten(Pensions-)anspruch bestünde. In den Fällen des Abs. 4 zweiter Satz (in dem Fall, in dem die halbe monatliche Vollrente höher sei als der jeweilige Höchstbeitrag des Hilflosenzuschusses) sei der Hilflosenzuschuß vom Träger der Unfallversicherung festzustellen und flüssig zu machen.

Zum letztgenannten Fall sei grundsätzlich darauf hinzuweisen, daß sich die Zuständigkeit des Landeshauptmannes gemäß § 413 Abs. 1 Z. 2 ASVG im Bereich der Unfallversicherung nicht auf die Leistungszuständigkeit erstrecke und somit auch die belangte Behörde als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über eine Leistungszuständigkeit in der Unfallversicherung zuständigkeitshalber nicht entscheiden könne. Die Entscheidung der belangten Behörde habe sich somit auf die Frage zu beschränken, ob die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt zur Gewährung eines Hilflosenzuschusses leistungszuständig sei.

Die Leistungszugehörigkeit des Erstmitbeteiligten zur Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter bzw. die Leistungszuständigkeit dieser Anstalt hinsichtlich des Erstmitbeteiligten richte sich dann nicht nach der allgemeinen Bestimmung des § 246 ASVG, wenn die Voraussetzungen des § 105a Abs. 4 und Abs. 5 ASVG (u.a. Vorliegen von Voraussetzungen für den Hilflosenzuschuß in beiden Versicherungszweigen) gegeben seien. Mit rechtskräftigem Bescheid der zweitmitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt vom 27. Juli 1988 sei festgestellt worden, daß im Bereich der Unfallversicherung die Voraussetzungen für den Hilflosenzuschuß nicht gegeben seien. Aus diesem Grund sei die Leistungszuständigkeit nicht nach § 105a ASVG, sondern gemäß § 246 ASVG zu entscheiden. Danach sei die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt leistungszuständig. Zu deren Vorbringen, daß - wenn überhaupt Hilflosigkeit des Erstmitbeteiligten vorliege - diese ganz offensichtlich nur durch den Arbeitsunfall verursacht worden sei, sei zu bemerken, daß mit dem Abspruch über die Leistungszuständigkeit der Pensionsversicherungsanstalt keine Entscheidung darüber getroffen werde, ob dem Versicherten in der Folge tatsächlich eine Leistung zu gewähren sein werde.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

1.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Die mitbeteiligten Parteien haben jeweils eine Gegenschrift

erstattet.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Das Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht hat mit Beschluß vom 30. Oktober 1987 - in Entsprechung des Beschlusses des OGH vom 9. September 1987 - das Verfahren gemäß § 413 Abs. 4 ASVG unterbrochen. Nach der Begründung werfe § 105a Abs. 5 ASVG für den Fall des Zusammentreffens von Pensions- und Rentenansprüchen die Frage der Versicherungs- bzw. Leistungszuständigkeit der beteiligten Versicherungsträger auf. Die Entscheidung darüber falle - als Vorfrage einer Leistungssache im Sinne des § 354 ASVG - gemäß §§ 65 Abs. 1 Z. 1 ASGG, 413 Abs. 4 ASVG nicht in die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte, sondern sei gemäß § 355 Z. 2 ASVG auf dem Verwaltungsweg zu treffen. Nach § 413 Abs. 1 Z. 2 ASVG falle die Entscheidung über diese Frage in die sachliche Zuständigkeit des Landeshauptmannes.

Die belangte Behörde stellte im Devolutionsweg fest, daß die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt hinsichtlich der Gewährung eines Hilflosenzuschusses an die erstmitbeteiligte Partei leistungszuständig ist.

Diese Auffassung erweist sich jedoch aus folgenden Überlegungen als verfehlt.

2.2. Der mit "Hilflosenzuschuß" überschriebene § 105a ASVG lautet auszugsweise:

"§ 105a. (1) Beziehern einer Pension aus der Pensionsversicherung mit Ausnahme der Knappschaftspension, die derart hilflos sind, daß sie ständig der Wartung und Hilfe bedürfen, gebührt zu der Pension ein Hilflosenzuschuß. Unter den gleichen Voraussetzungen gebührt den Beziehern einer Vollrente aus der Unfallversicherung ein Hilflosenzuschuß, wenn die Hilflosigkeit durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit verursacht worden ist. ..."

Abs. 2 nennt Mindest- und Höchstbeträge des Hilflosenzuschusses für Bezieher einer Pension aus der Pensionsversicherung bzw. einer Vollrente aus der Unfallversicherung.

"(4) Treffen mehrere Pensionsansprüche aus der Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz oder treffen Pensionsansprüche aus einer dieser Pensionsversicherungen mit einem Rentenanspruch aus der Unfallversicherung zusammen, wobei in beiden in Betracht kommenden Versicherungszweigen die Voraussetzungen für den Hilflosenzuschuß (Abs. 1) erfüllt sein müssen, so ist der Hilflosenzuschuß von der Summe dieser Renten(Pensions)ansprüche unter Bedachtnahme auf die im Abs. 2 genannten Mindest- und Höchstbeträge zu ermitteln. Ist aber die halbe monatliche Vollrente aus der Unfallversicherung (§ 182 a) höher als der im Abs. 2 genannte Höchstbetrag, gebührt der Hilflosenzuschuß in der Höhe der halben Vollrente.

(5) In den Fällen des Abs. 4 erster Satz ist der Hilflosenzuschuß von dem Versicherungsträger festzustellen und flüssigzumachen, demgegenüber der höhere oder höchste Renten(Pensions)anspruch besteht. Erhöht sich jedoch nach Aufnahme der laufenden Zahlung des Hilflosenzuschusses der vom anderen Pensionsversicherungsträger flüssiggemachte Pensionsanspruch und wird dadurch zur höheren Leistung bzw. fällt eine höhere Pension neu an, tritt hinsichtlich der Zuständigkeit für die Feststellung bzw. Flüssigmachung des Hilflosenzuschusses keine Änderung ein. In den Fällen des Abs. 4 zweiter Satz ist der Hilflosenzuschuß vom Träger der Unfallversicherung festzustellen und flüssigzumachen."

Der mit "Leistungszugehörigkeit des Versicherten in der Pensionsversicherung" überschriebene § 245 ASVG lautet auszugsweise:

"§ 245. (1) Hat der Versicherte Versicherungsmonate in mehreren Zweigen der Pensionsversicherung erworben, so kommen für ihn die Leistungen des Zweiges in Betracht, dem er leistungszugehörig ist. Die Leistungszugehörigkeit des Versicherten richtet sich für Leistungen aus den im § 221 angeführten Versicherungsfällen nach den Abs. 2 bis 5, ...

(2) Liegen in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (§ 223 Abs. 2) nur Versicherungsmonate eines Zweiges der Pensionsversicherung vor, so ist der Versicherte diesem Zweige leistungszugehörig.

(3) Liegen in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (§ 223 Abs. 2) Versicherungsmonate aus mehreren Zweigen der Pensionsversicherung vor, so ist der Versicherte dem Zweige, in dem die größere oder größte Zahl von Versicherungsmonaten vorliegt, wenn aber die gleiche Zahl von Versicherungsmonaten vorliegt, dem Zweige leistungszugehörig, in dem der letzte Versicherungsmonat vorliegt. Liegen in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag keine Versicherungsmonate, so ist der Versicherte dem Zweig leistungszugehörig, bei dem der letzte Versicherungsmonat vorliegt."

§ 246 ASVG hat folgenden Inhalt:

"Leistungszuständigkeit der Versicherungsträger

§ 246. Die Feststellung und Gewährung der Leistung obliegt dem Versicherungsträger des Zweiges der Pensionsversicherung, dem der Versicherte nach § 245 leistungszugehörig ist (leistungszuständiger Versicherungsträger). Bei Leistungszugehörigkeit zur Pensionsversicherung der Arbeiter ist, wenn in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (§ 223 Abs. 2) Versicherungsmonate bei mehreren Trägern dieses Zweiges erworben sind, der leistungszuständige Versicherungsträger unter entsprechender Anwendung des § 245 zu bestimmen."

§ 413 Abs. 1 Z. 2 ASVG bestimmt:

§ 413. (1) Der Landeshauptmann entscheidet

2. unter Ausschluß eines Bescheidrechtes der beteiligten Versicherungsträger über die Versicherungszugehörigkeit oder Versicherungszuständigkeit, in der Pensionsversicherung auch über die Leistungszugehörigkeit oder Leistungszuständigkeit auf Antrag eines beteiligten Versicherungsträgers, einer anderen Partei oder eines Gerichts, wenn Zweifel oder Streit darüber bestehen, welcher Versicherung eine Person versicherungs- oder leistungszugehörig ist oder welcher Versicherungsträger für sie versicherungs- oder leistungszuständig ist."

2.3. Die dem Landeshauptmann gemäß § 413 Abs. 1 Z. 2 ASVG eingeräumten Kompetenzen werden im § 354 Z. 1 ASVG durch Anführung einzelner Paragraphen näher umschrieben. Nach dieser Bestimmung sind Leistungssachen u.a. Angelegenheiten, in denen es sich um die Feststellung des Bestandes, des Umfanges oder des Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung einschließlich einer Feststellung nach § 367 Abs. 1 ASVG handelt, soweit nicht hiebei die Versicherungszugehörigkeit (§§ 13 BIS 15), die Versicherungszuständigkeit (§§ 26 BIS 30), die Leistungszugehörigkeit (§ 245) oder die Leistungszuständigkeit (§ 246) in Frage steht.

Die §§ 13 bis 15 ASVG enthalten dabei nähere Bestimmungen über die die Versicherungszugehörigkeit der Pflichtversicherten zu den einzelnen Arten der Pensionsversicherung

(a) Pensionsversicherung der Arbeiter, b) Pensionsversicherung der Angestellten und c) knappschaftliche Pensionsversicherung). Für die Frage, ob die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt oder die mitbeteiligte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt zur Gewährung des Hilflosenzuschusses zuständig ist, läßt sich daraus nichts ableiten.

Auch die die Leistungszugehörigkeit des Versicherten in der Pensionsversicherung regelnde Bestimmung des § 245 ASVG bzw. die entsprechende Regelung über die Leistungszuständigkeit der Versicherungsträger (§ 246) kann für diese Frage nicht herangezogen werden.

Im Rahmen der Versicherungszuständigkeit (§§ 26 bis 30 ASVG) scheiden von vornherein die Bestimmungen über die sachliche Zuständigkeit der Träger der Krankenversicherung (§ 26), über die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (§ 27) und die örtliche Zuständigkeit der Gebietskrankenkassen (§ 30) aus. Aber auch der die sachliche Zuständigkeit der Träger der Unfallversicherung regelnde § 28 ASVG, der in Z. 1 zur Durchführung der Unfallversicherung die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt für zuständig erklärt, soweit nicht die Sozialversicherungsanstalt der Bauern und die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen zuständig ist, enthält für die streitgegenständliche Rechtsfrage ebensowenig eine Regelung, wie der die sachliche Zuständigkeit der Träger der Pensionsversicherung regelnde § 29: Danach ist zur Durchführung der Pensionsversicherung der Arbeiter die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter zuständig, soweit nicht die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen zuständig ist. Die Durchführung der Pensionsversicherung der Angestellten wird der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, die Durchführung der knappschaftlichen Pensionsversicherung der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues übertragen.

Die im Beschwerdefall strittige Frage, ob dem von der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt eine Invaliditätspension und von der zweitmitbeteiligten Partei eine Versehrtenrente beziehenden Erstmitbeteiligten ein Hilflosenzuschuß von der Pensionsversicherungsanstalt oder der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt zu gewähren ist, kann somit anhand des § 413 Abs. 1 Z. 2 ASVG nicht gelöst werden. Diese Frage ist vielmehr im Rahmen des Leistungsstreitverfahrens nach den Regelungen des zitierten § 105a Abs. 4 und 5 i.V.m. Abs. 2 leg. cit. zu lösen. Eine Zuständigkeit des Landeshauptmannes nach § 413 Abs. 1 Z. 2 ASVG besteht für diesen Fall nicht.

2.4. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

2.5. Ein Kostenzuspruch an die beschwerdeführende Partei hatte mangels eines entsprechenden Antrages zu entfallen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989080104.X00

Im RIS seit

17.12.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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