TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/17 89/05/0022

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Veröffentlicht am 17.12.1991
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Index

L80002 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Kärnten;
L82000 Bauordnung;

Norm

BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1982 §9 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Gemeinde S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. Dezember 1988, Zl. Ro-107/9/88, betreffend Versagung der Genehmigung einer Änderung des Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 12. September 1987 beschloß der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde eine Änderung ihres Flächenwidmungsplanes durch Umwidmung der Parzelle Nr. nn KG S von bisher Grünland-Landwirtschaft in Bauland-Dorfgebiet. Der Niederschrift über die Beschlußfassung des Gemeinderates ist zu entnehmen, daß der Gemeinderat sich von der Erwägung leiten ließ, daß die von der Umwidmung betroffene Grundfläche auf Grund der gegebenen Aufschließungsvoraussetzungen und durch die günstige örtliche Lage für eine Bebauung sehr gut geeignet sei. Im Zuge einer Erbentfertigungsmaßnahme sei schon die nördlich angrenzende Parzelle geteilt und in Bauland-Dorfgebiet umgewidmet worden. Mit der vom Gemeinderat zu beschließenden Widmungsmaßnahme würde in diesem Ortsbereich eine geschlossene Siedlung mit etwa zehn Wohnhäusern entstehen und die derzeit bestehende ungünstige Bebauungssituation verbessert. Die in einem Gutachten der Landesplanung geäußerte Besorgnis der Zersiedelung sei nicht begründet, weil die umzuwidmende Parzelle zur nächsten Ansiedlung 100 m nordöstlich optischen Anschluß finde.

Nach Vorlage der Flächenwidmungsplanänderung gemäß § 7 Abs. 4 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1982 in Verbindung mit § 9 Abs. 4 leg. cit. an die belangte Behörde holte diese ein Amtsgutachten ein. In diesem wurde die Auffassung vertreten, daß aus der Sicht der örtlichen Raumordnung die begehrte Umwidmung nicht zu befürworten sei, weil trotz der nördlich angrenzenden bandartigen Bauland-Dorfgebiet-Widmung - deren Zustandekommen aus fachlicher Sicht unverständlich scheine - die Entwicklung eines weiteren Siedlungsschwerpunktes nicht den Intentionen der Raumordnung und der Gemeindeplanung entspreche. Wenn auch die Erschließungsinfrastruktur günstig sei, müsse der begehrten Umwidmung doch der Mangel eines Baulandbedarfes entgegengehalten werden.

Nachdem die belangte Behörde der Beschwerdeführerin den Inhalt dieses Gutachtens bekanntgegeben hatte, trat die Beschwerdeführerin dem unter Hinweis auf die Gründe ihres Gemeinderatsbeschlusses entgegen. Beim gegenständlichen Umwidmungsfall handle es sich um die Erweiterung einer bereits gewidmeten Baulandfläche für ca. drei bis vier Wohnhäuser zu einer Siedlung mit insgesamt ca. zehn Wohnhäusern, was eine Verbesserung der gegenständlichen Situation bedeuten müsse.

Der Amtsgutachter sprach sich, mit dieser Äußerung der Beschwerdeführerin konfrontiert, erneut gegen eine Genehmigung der beschlossenen Widmung aus. Schon im Zuge einer Vorbegutachtung sei an die Vertreter der Beschwerdeführerin die Empfehlung ergangen, die nördlich angrenzende, bandartige Grundstücksfläche, deren Baulandwidmung aus fachlicher Sicht unverständlich sei, und die bis zum gegenwärtigen Tage auch noch nicht bebaut sei, wieder in Gründland-, Land- und Forstwirtschaftsfläche umzuwidmen. Anstatt diese Empfehlung aufzugreifen, habe der Gemeinderat nunmehr für die südwestliche Anschlußfläche ebenfalls die Widmungskategorie Bauland-Dorfgebiet beschlossen. Diese Baulandausweisung entspreche nicht den Intentionen der Raumordnung und Gemeindeplanung, solle doch die Siedlungstätigkeit zu einer Verdichtung der Bebauung führen und sollen keine neuen Siedlungsansätze initiiert werden. Es sei im Bereich der beschwerdeführenden Gemeinde ausreichend gewidmetes und noch nicht konsumiertes Bauland vorhanden. Grund und Boden sei sparsam zu nutzen, eine Zersiedelung zu vermeiden.

Nachdem die belangte Behörde auch diese gutachterliche Äußerung des Sachverständigen ihrer Landesplanungsabteilung der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht hatte, wurde die beschlossene Umwidmung nochmals zum Gegenstand der Beratung des Gemeinderates der Beschwerdeführerin gemacht. Der Gemeinderat hielt aus seinen zur Umwidmung führenden Erwägungen an seinem Beschluß fest und wiederholte sein Genehmigungsersuchen.

Nach Anhörung des Raumordnungsbeirats versagte die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid dem Beschluß des Gemeinderates der Beschwerdeführerin gemäß § 7 Abs. 5 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 die Genehmigung. In der Begründung des angefochtenen Bescheides vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß der Entwicklung eines weiteren Siedlungsschwerpunktes nicht zugestimmt werden könne, obwohl nördlich angrenzend an die von der beschlossenen Umwidmung betroffenen Fläche eine bandartige Dorfgebietswidmung vorhanden sei. Da im Bereiche der beschwerdeführenden Gemeinde ausreichend nicht konsumiertes Bauland gewidmet sei, stehe der nunmehr beschlossenen Umwidmung die Bestimmung des § 9 Abs. 3 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 entgegen.

Mit der vorliegenden Beschwerde begehrt die beschwerdeführende Gemeinde die Aufhebung dieses Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 9 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982, LGBl. Nr. 51, regelt die Änderung des Flächenwidmungsplanes und hat folgenden Wortlaut:

"(1) Der Flächenwidmungsplan darf nur aus wichtigen Gründen abgeändert werden.

(2) Der Flächenwidmungsplan ist zu ändern, wenn dies durch die Aufstellung oder Änderung eines Entwicklungsprogrammes erforderlich wird oder wenn sich die für die örtliche Planung maßgebenden wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Verhältnisse wesentlich geändert haben.

(3) Umwidmungen von Grünland in Bauland dürfen nur erfolgen, wenn das im Flächenwidmungsplan festgelegte Bauland nach seiner Gliederung, seinem Ausmaß und seiner lagemäßigen Anordnung den Erfordernissen in der Gemeinde nicht mehr genügt.

(4) Für das Verfahren und die Kundmachung bei der Änderung des Flächenwidmungsplanes gelten die Bestimmungen der §§ 7 und 8 sinngemäß mit der Maßgabe, daß Änderungen des Flächenwidmungsplanes höchstens einmal jährlich erfolgen dürfen und daß die Genehmigung auch zu versagen ist, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 oder 2 nicht gegeben sind."

§ 7 Abs. 5 des zitierten Gesetzes hat folgenden Wortlaut:

"(5) Die Landesregierung hat vor ihrer Entscheidung über die Genehmigung den Raumordnungsbeirat anzuhören. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan

a) den Raumordnungsgrundsätzen oder einem Entwicklungsprogramm widerspricht;

b) mit den wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Erfordernissen der angrenzenden Gemeinden nicht im Einklang steht oder

c) sonst gesetzwidrig ist."

Der belangten Behörde ist schon darin beizupflichten, daß es der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht gelungen ist, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 darzutun. Wiewohl die Beschwerdeführerin wiederholt mit der vom Gutachter der Landesplanungsabteilung ins Treffen geführten Überlegung konfrontiert wurde, daß ausreichend gewidmetes, unkonsumiertes Bauland im Gebiet der beschwerdeführenden Gemeinde vorhanden sei, wußte sie dem nichts entgegenzusetzen. Selbst in der Beschwerde vermag sie dazu nichts Tragfähiges vorzubringen. Wenn sie die Anschauung äußert, die Feststellung der belangten Behörde, es läge ein Überhang an nicht konsumiertem Bauland vor, stelle keine taugliche Begründung dar, die weitere Widmung von der Gemeinde geeignet scheinenden Baulandflächen generell zu verhindern, setzt sie sich über die gesetzliche Bestimmung des § 9 Abs. 3 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 hinweg. Regelt doch diese Norm das Gegenteil. Wenn die Beschwerdeführerin auf ihre bedeutenden Bemühungen zur Umgruppierung von Bauflächen verweist, ist nicht recht klar, was sie damit meint. Soweit sie auf Rückwidmungsvorhaben für Baulandflächen größeren Umfangs verweist, verstößt sie damit gegen das aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbare Neuerungsverbot. Wenn die Beschwerdeführerin damit geltend machen will, daß das im Flächenwidmungsplan festgelegte Bauland nicht nur seinem Ausmaß, sondern auch nach seiner Gliederung und seiner lagemäßigen Anordnung den Erfordernissen in der Gemeinde nicht mehr genügen müsse, um gemäß § 9 Abs. 3 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 eine Umwidmung von Grünland in Bauland zu rechtfertigen, ist für sie im Beschwerdefall daraus nichts zu gewinnen. Es hat die Beschwerdeführerin nämlich auch mit der Auffassung nicht Recht, daß die zitierte Gesetzesbestimmung die Gemeinde nicht hindern könne, an bestimmten Stellen des Gemeindegebietes Siedlungsschwerpunkte zu schaffen. Bindet § 9 Abs. 3 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 die Zulässigkeit einer Umwidmung von Grünland in Bauland an die Voraussetzung des Ungenügens des vorhandenen Baulandes, sei es auch bloß nach seiner Gliederung oder seiner lagemäßigen Anordnung, dann kann der bloße Willensentschluß des Gemeinderates, ohne daß die beschriebene Voraussetzung vorläge, eine solche Umwidmung eben nicht rechtfertigen.

Es erwies daher schon das Fehlen der Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 die beschlossene Widmungsänderung als gesetzwidrig, weshalb ihr die belangte Behörde gemäß § 7 Abs. 5 zweiter Satz lit. c leg. cit. die Genehmigung zu versagen hatte. § 9 Abs. 2 des zitierten Gesetzes wäre der Genehmigung ebenso entgegengestanden, zumal die Beschwerdeführerin eine wesentliche Änderung der für die örtliche Planung maßgebenden wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Verhältnisse ebensowenig darzutun vermochte, sodaß ihr der Versuch, dies unter Verletzung des Neuerungsverbotes in der Beschwerde nachzuholen, selbst dann nicht helfen könnte, wenn dieser Versuch gelungen wäre. Der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, daß die von der Beschwerdeführerin schon im Verwaltungsverfahren vor der Aufsichtsbehörde gegebene Darstellung, die beschlossene Umwidmung bewirke durch die Erweiterung einer bereits gewidmeten Baulandfläche für ca. drei bis vier Wohnhäuser die Aufstockung für eine "Siedlung" mit insgesamt ca. zehn Wohnhäusern und würde dadurch eine "Verbesserung der gegenständlichen Situation" in diesem "Ortsbereich" erreichen, der Realität insofern widerstreitet, als die Beschwerdeführerin unbestritten lassen mußte, daß auch die angrenzende Fläche noch gar nicht bebaut ist. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 hat die belangte Behörde nie bestritten.

Der angefochtene Bescheid leidet daher nicht an inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die behauptete Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, stellt die Beschwerdeführerin nicht einsichtig dar. Daß die belangte Behörde mündliche Darlegungen des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin über geplante Rückwidmungen im Gemeindegebiet nicht aktenkundig gemacht hat, vermag eine Verletzung von Verfahrensgesetzen nicht zu begründen, die geplanten Rückwidmungen wären auch aus den oben dargelegten Erwägungen nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn dem Gutachten des Sachverständigen der Landesplanungsabteilung ein konträres Gutachten seines Amtsvorgängers vorangegangen sein sollte, könnte dies das nunmehr vorliegende Gutachten nicht unschlüssig machen. Die Behauptung, das der belangten Behörde im Beschwerdefall vorgelegene Gutachten entbehre einer sachlichen Begründung, trifft nicht zu.

Da die belangte Behörde ihren Bescheid somit nicht mit Rechtswidrigkeit belastet hat, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989050022.X00

Im RIS seit

19.09.2001

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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