TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/18 91/03/0255

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Veröffentlicht am 18.12.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §44a lita;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/03/0256

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerden des R in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen die in einer gemeinsamen Ausfertigung ergangenen Bescheide der Salzburger Landesregierung und des Landeshauptmannes von Salzburg vom 20. Juni 1991, Zl. 9/01-34.956-1991, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung und des Kraftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- und der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit den nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen, in einer gemeinsamen Ausfertigung erlassenen Bescheiden der Salzburger Landesregierung (in Ansehung der in ihren Vollzugsbereich fallenden Übertretungen der Straßenverkehrsordnung) und des Landeshauptmannes von Salzburg (in Ansehung der in seinen Vollzugsbereich fallenden Übertretung des Kraftfahrgesetzes) vom 20. Juni 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 9. NOVEMBER 1989 gegen 1,20 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in Abtenau auf der B 162 von Straßen-km 16,8 in Richtung Golling und in weiterer Folge auf der Gemeindestraße bis zu einem bestimmten Haus gelenkt und dabei vier näher konkretisierte Verwaltungsübertretungen (eine nach dem KFG und drei nach der StVO) begangen. Deshalb wurden über ihn Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. In der Begründung führten die belangten Behörden, soweit es für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, aus, der Beschwerdeführer bestreite seine Lenkereigenschaft zur Tatzeit und verweise auf die am 10. November 1989 am Gendarmerieposten Abtenau aufgenommene Niederschrift, wonach er am

10. NOVEMBER 1989 gegen 1,00 Uhr unterwegs gewesen sei. Nach der Anzeige habe der Beschwerdeführer am 9. November 1989 gegen 1,20 Uhr sein Fahrzeug gelenkt und die genannten Taten begangen. Daß der Beschwerdeführer entgegen seiner Behauptung in der Berufung der Lenker des Kraftfahrzeuges am 9. November 1989 um 1,20 Uhr gewesen sei, ergebe sich aus der Zeugenaussage von Inspektor Bernhard G. (Meldungsleger) vom 22. Jänner 1990, welcher deponiert habe, er habe den Beschwerdeführer eindeutig erkennen können, als er nach dem Abstellen des Kraftfahrzeuges vor seinem Wohnhaus ins Haus gerannt sei. Es gehe aus der am 10. November 1989 mit dem Beschwerdeführer vor dem Gendarmerieposten Abtenau aufgenommenen Niederschrift eindeutig hervor, daß er das Kraftfahrzeug am 9. November 1989 gegen 1,00 Uhr und auch danach gelenkt habe.

Gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung richtet sich die zu hg. Zl. 91/03/0255 und gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg die zu hg. Zl. 91/03/0256 protokollierte Beschwerde, mit denen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangten Behörden haben die Akten der Verwaltungsstrafverfahren vorgelegt und in den von ihnen erstatteten Gegenschriften beantragt, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung zu verbinden und sodann über sie erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft, wie bereits in der Berufung die Annahme der Behörde, er habe das Fahrzeug am

9. NOVEMBER 1989 gegen 1,20 Uhr gelenkt und dabei die Taten begangen, indem er auf seine Angaben in der mit ihm am 10. November 1989 ab 13,50 Uhr vor dem Gendarmerieposten Abtenau aufgenommenen Niederschrift verweist. Er sei demnach am

10. NOVEMBER 1989 der Lenker gewesen. Die Annahme der Tatzeit mit 9. November 1989 sei falsch.

Den Beschwerden kommt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften Berechtigung zu.

In der genannten Niederschrift vom 10. November 1989 gab der Beschwerdeführer ausdrücklich an:

"Am 09.11.1989 besuchte ich das Lokal Fischbachstube in Abtenau. Ich kam dort gegen 22.30 bis 23.00 Uhr an. Dort konsumierte ich mehrere alkoholfreie Getränke. Gegen 01.00 Uhr verließ ich dann wieder das Lokal. Ich fuhr mit meinem PKW durch das gesamte Marktgebiet hinter einem vor mir fahrenden

PKW. ..."

Die Ausführungen der belangten Behörden in den Begründungen der angefochtenen Bescheide, aus dieser Niederschrift gehe hervor, daß der Beschwerdeführer das Kraftfahrzeug am 9. November 1989 gegen 1,00 Uhr und danach gelenkt habe, erweisen sich daher als unzutreffend. Vielmehr ist aus der Niederschrift das Gegenteil zu entnehmen, daß nämlich die Tatzeit am 10. November 1989 nach 1,00 Uhr gelegen ist. Wenn auch in der Anzeige die Tatzeit mit 9. November 1989 um 1,20 Uhr angegeben wurde, so steht dies mit der Niederschrift vom 10. November 1989 im Widerspruch. Da sich der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den Bescheid der ersten Instanz in Ansehung der Tatzeit ausdrücklich auf die Niederschrift vom 10. November 1989 bezog, hat er sich daher entgegen den Ausführungen der belangten Behörde in den Gegenschriften nicht rückhältig verantwortet. Es wäre vielmehr, zumal die Tatzeit ein wesentliches Tatbestandsmerkmal im Sinne des § 44a lit. a VStG darstellt, erforderlich gewesen, durch eine entsprechende eingehende Vernehmung der an der Amtshandlung beteiligten Gendarmeriebeamten die nach der Aktenlage bestehenden Widersprüche in Ansehung der Tatzeit aufzuklären. Die im erstinstanzlichen Verfahren als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten haben nämlich zur Tatzeit keine Angaben gemacht. Der Meinung der belangten Behörde in den Gegenschriften, es handle sich in der Niederschrift vom 10. November 1989 um einen "belanglosen Protokollierungsfehler", vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen.

Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Klärung bedarf bzw. Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangten Behörden zu anderen Bescheiden hätten gelangen können, waren daher die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidungen über die Aufwandersätze gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zuviel verrechnete Stempelgebühren im Verfahren Zl. 91/03/0255.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991030255.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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