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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt / Willkür keineLeitsatz
Keine denkunmögliche Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Ausländergrunderwerbs; fehlender dauernder Wohnbedarf, Eignung des Grundstücks für die heimische soziale Wohn- und SiedlungstätigkeitSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Die "Erneuerungsgemeinschaft Ortszentrum Telfs" errichtet in der Marktgemeinde Telfs im Rahmen der Bestimmungen des Stadterneuerungsgesetzes das sogenannte "Ortszentrum Telfs", in dem sich Tiefgaragen sowie Wohn-, Büro- und Geschäftseinheiten befinden, an denen nach Fertigstellung Wohnungseigentum begründet werden soll.
Mit Vereinbarung vom 12. Jänner 1987 trat der deutsche Staatsangehörige F L dieser Erneuerungsgemeinschaft bei und erwarb damit den Anspruch, mit Auflösung der Erneuerungsgemeinschaft die Einheit Top F 18 um S 1,990.600,-- ins Eigentum übertragen zu erhalten.
2.1. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Telfs vom 5. Juni 1987 wurde diesem Rechtserwerb gemäß §3 Abs1 lita des Tiroler Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 69/1983 (künftig: GVG), die grundverkehrsbehördliche Zustimmung erteilt.
2.2. Mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 5. April 1988, Z LGv-367/5-87, wurde sodann einer vom Landesgrundverkehrsreferenten erhobenen Berufung Folge gegeben und dem beabsichtigten Rechtserwerb gemäß §4 Abs2 GVG 1983 die Zustimmung versagt.
Dies wurde im wesentlichen damit begründet, daß sich die zu errichtende Wohneinheit im Ortskern der Gemeinde und damit in einem für die heimische Wohn- und Siedlungstätigkeit besonders geeigneten Gebiet befinde und als Dauerwohnsitz geeignet sei, der Erwerber einen dauernden Wohnbedarf jedoch nicht einmal behauptet habe.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die "Heranziehung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen" behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1. Dem angefochtenen Bescheid ist nach Meinung der Beschwerdeführer "vorrangig entgegenzuhalten, daß es sich bei F L (dem Erwerber) um einen seit 1960, also seit 28 Jahren in Österreich wohnhaften deutschen Staatsbürger handelt, der in unmittelbarer Nähe von Telfs, nämlich in Mieming wohnhaft ist und dort eine Gardinenfabrik mit rund 30 Mitarbeitern betreibt". Er sei verheiratet und habe zwei in Österreich geborene Kinder, die hier auch wohnhaft seien. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hätte der Erwerber wie ein Österreicher behandelt werden müssen. Zusätzlich werde von der belangten Behörde übersehen, daß in dem in Rede stehenden Objekt "der Sozialsprengel der Gemeinde Telfs und Umgebung ... sein Domizil" habe. Damit stehe aber der Rechtserwerb nicht im Widerspruch zu den durch §4 Abs2 GVG geschützten öffentlichen Interessen.
4.2. Der angefochtene Bescheid stützt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht auf §4 Abs2 litb GVG. Nach §4 Abs2 GVG darf einem Rechtserwerber, der dem Personenkreis nach §1 Abs1 Z2 angehört, die nach §3 Abs1 erforderliche Zustimmung nur dann erteilt werden, wenn der Rechtserwerb nicht im Widerspruch zu den durch diese Gesetzesstelle geschützten öffentlichen Interessen steht; ein solcher Widerspruch liegt nach §4 Abs2 litb leg.cit. vor, wenn "das zu erwerbende Grundstück in einem wegen seiner Lage und Erschließung besonders für die heimische soziale Wohn- und Siedlungstätigkeit geeigneten Gebiet liegt und das darauf bestehende oder zu errichtende Wohnobjekt nicht der Befriedigung eines dauernden Wohnbedarfes dienen soll". Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt ausgesagt, daß er sich zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Gesetzesstelle nicht veranlaßt sieht (vgl. zB VfSlg. 9014/1981, 10923/1986, VfGH 24.9.1987 B1248/86 und 14.6.1988 B751/87). Die Beschwerdeführer behaupten dennoch, allerdings ohne nähere Begründung, die Verfassungswidrigkeit der angewendeten Bestimmung; der Verfassungsgerichtshof sieht sich jedoch auch auf Grund des vorliegenden Beschwerdefalles zu Bedenken nicht veranlaßt.
Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Gesetzesstelle käme eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums nur im Falle einer denkunmöglichen Anwendung des Gesetzes, eine Verletzung des Gleichheitssatzes nur bei Willkür - und dies auch nur bei österreichischen Staatsbürgern (der Erwerber ist deutscher Staatsangehöriger) - in Frage. Eine denkunmögliche Gesetzesanwendung läge nur vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 10370/1985).
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985).
All dies liegt offensichtlich nicht vor.
Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid unwidersprochen aus, daß es sich bei dem Kaufobjekt um eine 114,28 m2 große (Eigentums-)Wohnung im verbauten Gebiet der Marktgemeinde Telfs handelt und dieser Bereich nach den Festlegungen des gemeindlichen Flächenwidmungsplanes eine Baulandwidmung im Sinne des §14 Abs2 lita TROG 1984 ("Kerngebiet") aufweist. Aus einer Stellungnahme der örtlichen Baupolizei ergebe sich weiters, daß die "Wohneinheit voll erschlossen" und "als Dauerwohnsitz geeignet" sei. Unter diesen Umständen müßte der ausländische Erwerber nach §4 Abs2 litb GVG einen dauernden Wohnbedarf aufweisen, um eine Genehmigung nach den Ausländerbestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes erwirken zu können. Das Vorliegen dieser Genehmigungsvoraussetzung sei nicht einmal behauptet worden.
Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, daß die Behörde mit dieser Begründung das Gesetz denkunmöglich angewendet hätte; ein solcher Vorwurf trifft auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Erwerber sich bereits 28 Jahre in Österreich aufhält, bei dem klaren Wortlaut des Gesetzes offenkundig nicht zu. Ebensowenig zielführend ist das Beschwerdevorbringen, der Rechtserwerb widerspreche nicht den durch das GVG geschützten Interessen, weil das Objekt dem Sozialsprengel "zum Domizil" diene; von einem gesetzlosen Vorgehen der Behörde kann daher offenkundig auch insoferne nicht die Rede sein, als im angefochtenen Bescheid ausgeführt wird, das Gesetz stelle auf einen dauernden Wohnbedarf ab. Das Verfahren ergibt aber auch keinerlei Indizien dafür, daß die Behörde Willkür geübt hätte.
Die Beschwerdevorwürfe treffen somit insgesamt offenkundig nicht zu.
4.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in sonstigen, von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
AusländergrunderwerbEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:B1482.1988Dokumentnummer
JFT_10109388_88B01482_00