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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über den Antrag des AN in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der mit dem hg. Beschluß vom 10. Juli 1991, Zl. 91/01/0112-2 gesetzten Verbesserungsfrist, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag wird nicht stattgegeben.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den hg. Beschluß vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0112-5 verwiesen, mit dem das Beschwerdeverfahren wegen Unterlassung der Behebung eines Mangels gemäß §§ 33 Abs.1 und 34 Abs. 2 VwGG eingestellt wurde.
Der Wiedereinsetzungsantrag betreffend die Versäumung der Verbesserungsfrist wird damit begründet, die Zusendung der abverlangten Abschriften der ursprünglichen Verfassungsgerichtshofbeschwerde ohne jegliche Unterschrift des Rechtsanwaltes sei durch ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis geschehen. Der Mitarbeiter in der Rechtsanwaltskanzlei, RAA Mag. B, habe durch ein Versehen die unterschriebenen Ausfertigungen mit zwei nicht unterschriebenen Kopien, die eigentlich für den Beschwerdeführer und den Akt vorgesehen gewesen wären, vertauscht und irrtümlicherweise die nicht unterschriebenen Ausfertigungen an den Verwaltungsgerichtshof abgeschickt. Da RAA Mag. B bislang immer zuverlässig gearbeitet habe und ihm bislang kein Versehen dieser Art unterlaufen sei, sei das Ereignis, daß die Abschriften vertauscht worden seien, für den Beschwerdeführer unvorhergesehen bzw. unabwendbar.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach ständiger hg. Judikatur liegt ein unverschuldetes (und entweder unvorhergesehenes oder unabwendbares) Ereignis für den einen Beschwerdeführer vertretenden Rechtsanwalt dann nicht vor, wenn er es an der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht seiner Kanzleiangestellten, (wozu auch ein Rechtsanwaltsanwärter gehört) fehlen hat lassen. Die Organisation des Kanzleibetriebes eines Rechtsanwaltes ist so einzurichten, daß auch die vollständige und fristgerechte Erfüllung von Mängelbehebungsaufträgen gesichert erscheinen muß. Die anwaltliche Sorgfaltspflicht umfaßt in einem solchen Fall auch die geeignete Überwachung des Fertigmachens der Postsendung zur Abgabe und die Überprüfung der Vollständigkeit der an den Verwaltungsgerichtshof in Befolgung des Verbesserungsauftrages zu übermittelnden Aktenstücke (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 22. März 1991, Zl. 90/10/0122 und den dort zitierten Beschluß vom 5. März 1979, Zl. 298/79). Dies muß auch für die Überwachung betreffend die Frage gelten, ob Beschwerdeausfertigungen mit der Unterschrift des Rechtsanwaltes versehen sind.
Macht ein Wiedereinsetzungswerber als Wiedereinsetzungsgrund ein Versehen eines Bediensteten des bevollmächtigten Rechtsanwaltes geltend, so hat er durch konkrete Behauptungen im Wiedereinsetzungsantrag nicht nur darzutun, worin das Versehen bestanden hat, sondern auch darzulegen, daß es zur Fehlleistung gekommen ist, obwohl die dem Rechtsanwalt obliegende Aufsichts- und Kontrollpflicht eingehalten wurde (vgl. den hg. Beschluß vom 22. Oktober 1990, Zl. 90/12/0238 und die dort zitierte hg. Vorjudikatur). Schon im Wiedereinsetzungsantrag sind Art und Intensität der vom Parteienvertreter über seine Rechtsanwaltskanzlei ausgeübten Kontrolle darzutun (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 28. Mai 1991, Zl. 91/07/0045, 0046).
Da der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag diesbezüglich überhaupt kein Vorbringen enthält, war von vornherein nicht von einem unabwendbaren Ereignis auszugehen, weil durch die dem Rechtsanwalt obliegenden zumutbaren Kontrollmaßnahmen die eingetretene Säumnis hätte verhindert werden können. Der Wiedereinsetzungsantrag mußte daher ohne Erfolg bleiben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991010174.X00Im RIS seit
18.12.1991