TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/18 91/01/0128

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Veröffentlicht am 18.12.1991
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1986 §12 Abs1;
WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Dorner, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. Juni 1991, Zl. Wa-127/91, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Baden verbot dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 15. Oktober 1990 - indem sie gleichzeitig der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den von ihr am 26. April 1990 erlassenen Bescheid keine Folge gab - gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1986, BGBl. Nr. 443 (in der Folge kurz WaffG), den Besitz von Waffen und Munition. In der Begründung dieses Bescheides wurde folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Am 25. Februar 1990 habe der Beschwerdeführer seine geschiedene Ehefrau mit den Worten "Ich werde Dir den Schädel auseinanderschießen, wenn Du aus Deiner Wohnung herauskommst, bist Du hin" bedroht. Am 1. März 1990 habe der Beschwerdeführer seine geschiedene Ehefrau und seinen Stiefsohn mit dem Tode bedroht. Dabei habe der Beschwerdeführer ausgesprochen, daß er seinen Stiefsohn "abstechen" werde, sollte der Beschwerdeführer ihn in die Finger bekommen, und seine Frau werde er erschlagen, falls der Beschwerdeführer sie erwischen sollte. Bei beiden Vorfällen sei der Beschwerdeführer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gewesen. Innerhalb der letzten neun Jahre habe der Gendarmerieposten viermal wegen gefährlicher Drohung, einmal wegen Körperverletzung, einmal wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und zweimal wegen Sachbeschädigung gegen den Beschwerdeführer einschreiten müssen. Ferner sei der Beschwerdeführer Besitzer eines Militärkarabiners. Diese Sachverhaltsannahme stütze sich im wesentlichen auf die Angaben der geschiedenen Ehefrau unmittelbar nach dem Vorfall vom 25. Februar 1990 und auf die des Stiefsohnes anläßlich seiner Anzeigeerstattung am 1. März 1990. Beide Zeugen hätten jeweils unmittelbar nach dem betreffenden Ereignis beim Gendarmerieposten Anzeige erstattet und unter dem Eindruck der Geschehnisse ihre Angaben gemacht. Diesen Angaben schenkte die Behörde mehr Glauben als den im Verfahren gemachten Aussagen, in denen die beiden Zeugen versuchten, die Vorfälle abzuschwächen und für den Beschwerdeführer günstiger darzustellen. Erfahrungsgemäß entsprächen unmittelbar nach dem Ereignis gemachte Angaben deshalb weit eher der Wahrheit, weil sich die Zeugen zu diesem Zeitpunkt der rechtlichen Konsequenz ihrer Aussagen noch nicht bewußt seien. In Ergänzung des Sachverhaltes sei weiters festzuhalten, daß der Beschwerdeführer am 25. Juli 1990 seinem Stiefsohn nachgelaufen sei, ihn an den Schultern festgehalten habe und ihm einen Faustschlag ins Gesicht versetzt habe. Dabei habe der Beschwerdeführer gebrüllt, daß er ihn erschlagen werde. Der Stiefsohn sei gestürzt und habe durch die Attacke des Beschwerdeführers Verletzungen erlitten. Dabei sei der Beschwerdeführer alkoholisiert gewesen. Aus diesen Vorfällen im Zusammenhang mit Aggressivitätshandlungen und Drohungen im Falle von Auseinandersetzungen ergebe sich das Charakterbild eines, vor allem im Zustand der Alkoholisierung, enthemmten und zu Gewalttätigkeiten neigenden Menschen. Die Aggressionshandlungen und Drohungen habe der Beschwerdeführer dabei verbal mit dem Einsatz von Waffen unterstrichen und verstärkt. Von der dem Beschwerdeführer im Verfahren gebotenen Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben, habe er keinen Gebrauch gemacht. In rechtlicher Hinsicht führte die Behörde erster Instanz nach Wiedergabe des § 12 Abs. 1 WaffG aus, würden die besonders schutzwürdigen Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit oder Vermögen durch eine mißbräuchliche Verwendung von Waffen bedroht, dann habe die Behörde einem solchen Umstand durch ein Waffenverbot vorzubeugen. Auch Vorfälle der Art, daß jemand unter Alkoholeinfluß zu Unbeherrschtheit, Jähzorn, Aggressivität und Gewalttätigkeit neige, seien als eine Tatsache zu werten, die die Annahme rechtfertigten, daß eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch mißbräuchliche Verwendung einer Waffe in alkoholisiertem Zustand im Bereich der Möglichkeit liege, jedenfalls nicht ausgeschlossen werden könne. Die als erwiesen angenommenen Tatsachen stellten mit Rücksicht auf ihren Unrechtsgehalt und die darin zum Ausdruck kommende, besondere sozialschädliche Neigung des Beschwerdeführers eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und eine Bedrohung eines der besonders schutzwürdigen Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit und Vermögen dar. Die Behörde erster Instanz sei daher zur Annahme berechtigt gewesen, daß die Charaktereigenschaften des Beschwerdeführers auch für die Zukunft eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen nicht ausschließen ließen, weswegen mit einem Waffenverbot vorzugehen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben, in der er im wesentlichen ausführte, er sei "durch ganz böse" Anzeigen sehr belastet worden. Er habe sich "jagdlich" nie etwas zuschulden kommen lassen. Alles andere wären Mißverständnisse zwischen ihm und den einvernommenen Angehörigen. Was das "Trinken" betreffe, so könne er auch "Tage ohne Alkohol" auskommen.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Zur Begründung führte sie aus, schon die erstinstanzliche Behörde habe in dem durch sie angelasteten Sachverhalt zu Recht Tatsachen im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG erblickt. Der Beschwerdeführer habe - wie es in allen Anzeigen und ersterstellten Zeugenaussagen und in den Gerichtsakten Bestätigung finde - bei den jeweiligen Vorfällen - stark alkoholisiert - ein äußerst aggressives, unbeherrschtes, gefährliches Verhalten gezeigt. Dieses Fehlverhalten des Beschwerdeführers werde in den verwaltungsbehördlichen Zeugenvernehmungen zwar abgeschwächt, nicht jedoch widerlegt. Der Beschwerdeführer sei weder in der Vorstellung noch in der Berufung oder in sonstiger Rechtfertigung den Vorwürfen des aggressiven Verhaltens (Drohung, Verletzung) unter Alkoholisierung hinreichend entgegengetreten. Daß die Gerichtsverfahren nicht zur Verurteilung geführt hätten, sei bei dem den Beschwerdeführer belastenden, festgestellten Ermittlungsergebnis unbedeutend. Auch bei Berücksichtigung einer allfälligen Besserung bezüglich des Alkoholismus und einer angeblich derzeitigen besseren Verträglichkeit des Beschwerdeführers blieben derartig schwere Tatsachen im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG bestehen, die die Annahme rechtfertigen würden, der Beschwerdeführer könne durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei, dem Schutzzweck des Waffengesetzes entsprechend, bei der Beurteilung der mit dem Besitz und Umgang mit Waffen verbundenen Gefahren ein eher strenger Maßstab anzulegen. Es stehe der Behörde nicht frei, mit Rücksicht auf ein einstweiliges Wohlverhalten und die jagdlichen Interessen des Beschwerdeführers das Waffenverbot zu beheben, da auf Grund des evidenten gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für das Waffenverbot gemäß § 12 WaffG zweifelsfrei vorlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem Beschwerdevorbringen in seinem Recht, nicht mit einem Waffenverbot belegt zu werden, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 WaffG hat die Behörde einer Person, den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Person durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte. Diese Vorschrift dient, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat (siehe das Erkenntnis vom 21. Oktober 1987, Zl. 87/01/0140, und die dort angeführte Vorjudikatur), der Verhütung einer mißbräuchlichen Verwendung von Waffen und setzt nicht voraus, daß bereits tatsächlich eine mißbräuchliche Verwendung durch jene Person erfolgt ist, gegen die das Waffenverbot verhängt wird. Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes ist somit die gerechtfertigte Annahme der Gefahr eines MISSBRAUCHES von Waffen. Anders als etwa bei den Entziehungstatbeständen des § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 WaffG setzt der strengere Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG eine (anzunehmende) qualifizierte rechtswidrige Verwendung von Waffen, nämlich Mißbrauch voraus.

Nach den unbedenklichen Feststellungen der belangten Behörde, insbesondere auf Grund der Zeugenaussagen der geschiedenen Ehefrau des Beschwerdeführers am 14. März 1990 vor dem Kreisgericht Wiener Neustadt und am 6. Juni 1990 vor der Behörde erster Instanz steht fest, daß der Beschwerdeführer am 25. Februar 1990 seiner geschiedenen Ehefrau mit dem Umbringen gedroht hat. Weiters steht fest, daß der Beschwerdeführer seinem Stiefsohn am 25. Juli 1990 einen Schlag versetzt hat, sodaß dieser zu Boden fiel, und dabei gedroht hat, ihn zu erschlagen. Beide Male stand der Beschwerdeführer unter Alkoholeinfluß. Das wiederholte aggressive Verhalten des Beschwerdeführers, jeweils nach dem Genuß von Alkohol, berechtigte die belangte Behörde zur Annahme, daß der Beschwerdeführer durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte. Daß der Beschwerdeführer auf Grund dieser Vorfälle nicht vom Gericht verurteilt worden ist, ist für das Verwaltungsverfahren ohne Bedeutung. Die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Personen stellt jedenfalls eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar. Die belangte Behörde hat auch keine wesentlichen Verfahrensvorschriften dadurch verletzt, daß sie kein ärztliches Gutachten über den Alkoholmißbrauch des Beschwerdeführers eingeholt hat, zumal das Verhalten des Beschwerdeführers bereits die Verhängung eines Waffenverbotes gemäß § 12 Abs. 1 WaffG rechtfertigt.

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991010128.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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