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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsizenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde der NN in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport vom 14. August 1990, Zl. 205.544/11-III/18/90, betreffend Gewährung eines Karenzurlaubes und Ablehnung der Vollanrechnung dieser Zeit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Rahmen der Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist dem Gymnasium X zur Dienstleistung zugewiesen.
Am 18. Juni 1990 suchte die Beschwerdeführerin um Gewährung eines Karenzurlaubes für die Zeit vom 3. September 1990 bis 1. September 1991, jedoch unter Vollanrechnung dieses Zeitraumes für die Vorrückung in höhere Bezüge sowie für die Bemessung des Ruhegenusses an. Zur Begründung brachte die Beschwerdeführerin vor, ihr Ehegatte werde als österreichischer Diplomat im Ausland tätig sein; dementsprechend würden auf sie entsprechende Verpflichtungen entfallen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin zwar der beantragte Karenzurlaub gewährt, gleichzeitig jedoch ihr Antrag auf volle Berücksichtigung der Zeit des Karenzurlaubes gemäß § 75 Abs. 3 BDG 1979 abgelehnt.
Zur Begründung wird nach Wiedergabe der Rechtslage - ohne weitere Verfahrensschritte - lediglich ausgeführt, da der von der Beschwerdeführerin angegebene Grund für die Gewährung des Karenzurlaubes überwiegend in ihrem privaten Interesse liege, werde ihr Antrag auf Setzung einer Maßnahme gemäß § 75 Abs. 3 BDG 1979 abgelehnt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid nur insoweit, als ihr Antrag auf volle Berücksichtigung der Zeit des Karenzurlaubes für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen gemäß § 75 Abs. 3 BDG 1979 abgelehnt wurde.
Gemäß § 75 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, kann dem Beamten auf sein Ausuchen ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Die Zeit des Karenzurlaubes ist gemäß Abs. 2 leg. cit. für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen, soweit in den Besoldungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist. Sind für die Gewährung eines Karenzurlaubes andere als private Interessen des Beamten maßgebend und liegen berücksichtigungswürdige Gründe vor, so kann die zuständige Zentralstelle nach Abs. 3 der genannten Bestimmung mit Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen verfügen, daß die gemäß Abs. 2 mit der Gewährung des Karenzurlaubes verbundenen Folgen nicht oder nicht in vollem Umfang eintreten.
Aus der Regelung des Abs. 3 folgt, daß eine Nachsicht der mit einem Karenzurlaub sonst verbundenen Folgen im Sinne des Abs. 2 nur dann verfügt werden darf, wenn nicht private Gründe des Beamten für den Karenzurlaub im Vordergrund stehen und gleichzeitig auch berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen.
Was die Gewährung des Karenzurlaubes betrifft, enthält der angefochtene Bescheid keinerlei Feststellungen darüber, welche Gründe hiefür maßgebend waren. Hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Vollanrechnung der Zeit des Karenzurlaubes geht die belangte Behörde nach der Begründung des angefochtenen Bescheides, ohne diesbezüglich irgendwelche Erhebungen vorgenommen oder Feststellungen getroffen zu haben, von der Annahme aus, daß bereits auf Grund des Antrages der Beschwerdeführerin ersichtlich sei, daß der Grund für die Gewährung des Karenzurlaubes überwiegend im privaten Interesse der Beschwerdeführerin liege und weist davon ausgehend den Antrag der Beschwerdeführerin bereits deshalb ab.
Gemäß § 58 Abs. 2 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG sind zu erlassende Bescheide, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, zu begründen und zufolge der Regelung des § 60 sind in dieser Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Diese Begründungserfordernisse schließen nach Lehre und Rechtsprechung auch die Verpflichtung der Behörde mit ein, in der Bescheidbegründung in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzulegen, von welchen konkreten Tatsachenfestellungen bei der getroffenen Entscheidung ausgegangen wurde (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1980, Zl. 2583/77, vom 27. November 1985, Zl. 84/11/0169, uva.).
Diesen Erfordernissen genügt der angefochtene Bescheid nicht.
Die vorher dargelegte Annahme der belangten Behörde findet in dem der Entscheidung allein zugrunde liegenden Antrag der Beschwerdeführerin keine Deckung. Die Beschwerdeführerin hat vielmehr in ihrem Antrag auf Gewährung des Karenzurlaubes dargelegt, daß auf sie als Gattin eines österreichischen Diplomaten im Ausland entsprechende Verpflichtungen entfallen. Auf diesen Antrag allein kann die belangte Behörde die ihrer Abweisung zugrunde liegende Annahme nicht stützen, weil bereits die Formulierung des Antrages zeigt, daß die Beschwerdeführerin nicht bloß private Interessen im Auge hat, sondern durch den Hinweis auf die Stellung ihres Gatten im Ausland auch wesentliche Interessen des gemeinsamen Dienstnehmers der Ehegatten, nämlich des Bundes, anspricht. Mangels Durchführung jeglichen Verfahrens hatte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin nicht die Möglichkeit zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung geboten. Nach dem Beschwerdevorbringen ist das besondere Interesse des Dienstgebers daran, daß die Ehepartner gemeinsam mit den Bediensteten übersiedeln und sich am Dienstort aufhalten, seit Dezember 1988 im Handbuch für den auswärtigen Dienst (- Seitenbezeichnung "§ 118a") zum Ausdruck gebracht.
Im vorliegenden Fall hätte die belangte Behörde im Hinblick auf die Formulierung des Antrages der Beschwerdeführerin und auf den sie treffenden Grundsatz der Amtswegigkeit (vgl. § 39 Abs. 2 AVG) jedenfalls die Verpflichtung getroffen, der Beschwerdeführerin in einem Ermittlungsverfahren Gelegenheit zu einer näheren Darlegung ihrer Interessenslage zu geben.
Da das Vorliegen anderer als privater Interessen der Beschwerdeführerin an dem ihr gewährten Karenzurlaub in einem maßgebenden Umfang mangels entsprechender Feststellungen der Behörde genausowenig verneint werden kann wie das allfällige Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Was den Hinweis der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1984, Zl. 83/12/0052, betrifft, ist im Hinblick auf die dem angefochtenen Bescheid fehlenden Feststellungen bzw. die fehlende Begründung kein Abgehen von einer bisherigen Rechtsprechung erkennbar. Im genannten Vorerkenntnis stützte die damalige Beschwerdeführerin ihren Antrag darauf, daß das Ansuchen um Karenzierung darauf zurückzuführen sei, daß es für sie am Dienstort ihres Mannes keine geeignete dienstliche Verwendung gebe. Weiters brachte sie vor, daß sie in der Zeit der Karenzierung als Frau eines Amtsleiters einer österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland weiter in einem Naheverhältnis zu ihrem Beruf stehe. Diesbezüglich unterscheidet sich die Sachlage bereits im Hinblick auf das Vorbringen und auch dadurch, daß der seinerzeitigen Beschwerdeführerin zumindest Gelegenheit zur Vertretung ihrer Interessen im Verfahren geboten worden war. Weiters kann der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das in einer Wendung des Handbuches für den österreichischen auswärtigen Dienst dokumentierte Interesse des Bundes an der Anwesenheit der Ehepartner am Dienstort nicht von vornherein bloß deshalb als dienstrechtlich unbeachtlich abgetan werden, weil es sich um ressortinterne Instruktionen handelt, die für die Beschwerdeführerin als Bundeslehrerin und damit Nichtangehörige des Personalstandes des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten keinerlei Relevanz hätte. Entscheidend für die Frage der Vollanrechnung des Karenzurlaubes der Beschwerdeführerin ist nämlich allein, ob für die Gewährung des Karenzurlaubes andere als ihre privaten Interessen, also beispielsweise Interessen des Bundes hinsichtlich der auswärtigen Vertretung, maßgebend und berücksichtigungswürdige Gründe vorliegend waren. .
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren an Umsatzsteuer war im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzuweisen (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 17. April 1985, Zl. 83/01/0314 uva.).
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelAngenommener Sachverhalt (siehe auch Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein und Sachverhalt Verfahrensmängel)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990120294.X00Im RIS seit
18.12.1991Zuletzt aktualisiert am
29.04.2009