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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §79a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Landes Niederösterreich, vertreten durch den Landeshauptmann, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. April 1991, Zl. Senat-B-2-91, betreffend Kostenersatz in Angelegenheit Beschlagnahme eines Spielautomaten, (mitbeteiligte Partei: Franz S in M, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in N), zu Recht erkannt:
Spruch
Der Bescheid wird im angefochtenen Umfang wegen
Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten und den Schriftsätzen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit einem an die Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha gerichteten Telefax vom 21. November 1990 wies die Niederösterreichische Landesregierung darauf hin, daß in einigen Lokalen verbotene Spielautomaten in der Stadt Bruck/Leitha betrieben würden. Sollten diese Automaten betriebsbereit aufgestellt sein, so wären sie zu beschlagnahmen und das Strafverfahren gegen den Besitzer und den Gastwirt einzuleiten. Die Bezirkshauptmannschaft ordnete daraufhin eine Überprüfung an. Am 30. November 1990 wurde daraufhin an einem näher bezeichneten Standort in Bruck/Leitha ein damals im Eigentum des Mitbeteiligten stehender Uhrenautomat gemäß § 39 VStG durch einen Gendarmeriebeamten vorläufig beschlagnahmt und der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha übergeben. Am 11. Jänner 1991 hat der Mitbeteiligte Beschwerde gegen die Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bei der belangten Behörde eingebracht. Nach einer am 13. März 1991 vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid folgendes ausgesprochen:
"Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtswidrig. Gemäß § 79a AVG ist das Land Niederösterreich als Rechtsträger der belangten Behörde schuldig, dem Beschwerdeführer bei sonstiger Exekution binnen vierzehn Tagen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu ersetzen. Sie werden mit S 24.892,80 festgesetzt."
Zur Begründung der Kostenentscheidung - nur diese ist im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren Gegenstand der Anfechtung - wurde ausgeführt, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten seien gemäß TP 3A RatG und einem Streitwert mit einer Bemessungsgrundlage bis S 300.000,-- zu bestimmen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Land Niederösterreich erhobene Beschwerde. Es erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, "nur in jenen Verfahren als Rechtsträger der belangten Behörde (§ 67c Abs. 4 AVG) zum Kostenersatz nach § 79a AVG herangezogen zu werden, die in den Landesvollziehungsbereich fallen. In eventu wird als Beschwerdepunkt die Verletzung des Rechtsträgers in seinem Recht geltend gemacht, nur zum Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten nach § 79a AVG verpflichtet zu werden. Der Beschwerdeführer stellte schließlich den Antrag, den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Ausspruches, daß das Land Niederösterreich als Rechtsträger der belangten Behörde schuldig ist, dem Beschwerdeführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in Höhe von S 24.892,80 zu ersetzen, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer behauptet, daß der beschlagnahmte Spielautomat - ein Uhrenautomat - nicht unter das Niederösterreichische Veranstaltungsgesetz, sondern unter das Glücksspielgesetz falle. Dem ist entgegenzuhalten, daß es sich bei einer Beschlagnahme nach § 39 Abs. 2 VStG um eine Maßnahme in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelt, die der zur Strafverfolgung zuständigen Behörde zuzurechnen ist. Im vorliegenden Fall hat, wie aus dem Telefax vom 21. November 1990 eindeutig hervorgeht, die Niederösterreichische Landesregierung als oberste Behörde der Vollziehung in Angelegenheiten des Veranstaltungswesens im Wege der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha eine Überprüfung von Lokalen, die Beschlagnahme betriebsbereiter Spielautomaten und die Einleitung der entsprechenden Strafverfahren angeordnet. Damit ist klargestellt, daß die Beschlagnahme im Rahmen der Landesverwaltung vollzogen worden ist. Ein weiteres Indiz dafür ist auch die Tatsache, daß die Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha Strafverfügungen bzw. Straferkenntnisse gegen den Mitbeteiligten und den Gastwirt erlassen hat.
Gemäß § 79a AVG steht der Partei, die in Fällen einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (§ 67c) obsiegt, der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu.
Eine nähere Regelung über den Ersatz dieser Kosten besteht nicht.
Gemäß der zur Frage des Kostenersatzes nach der angeführten Gesetzesstelle ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/19/0162, und eine Reihe von Folgeerkenntnissen) kommt - unter Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis dieses Gerichtshofes vom 17. Oktober 1973, Slg.7182) - als "ähnlichste" Regelung für die von der Behörde bei Entscheidungen nach § 79a AVG heranzuziehenden Grundsätze der Kostenersatzregelung jene über den Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof (§§ 47 bis 60 VwGG) in Betracht. Diese Bestimmungen waren bis zum 31. Dezember 1990 auch für Beschwerden gemäß Art. 131a B-VG an den Verwaltungsgerichtshof gegen die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt anzuwenden (und sind diese im übrigen auch näher als etwa die Regelung des § 88 VfGG 1953 determiniert). In diesem Zusammenhang ist insbesondere § 49 VwGG hervorzuheben, der in seinen Absätzen 1 und 2 für den Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand sowie den Vorlageaufwand einen Ersatz vorsieht, der den durchschnittlichen Kosten der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bzw. den durchschnittlichen Aufwand der Behörden im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entspricht.
Daraus folgt, daß sich die belangte Behörde bei der Entscheidung über den Kostenersatz gemäß § 79a AVG an den Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG über den Kostenersatz in Verbindung mit der auf § 49 VwGG gestützten Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze vor dem Verwaltungsgerichtshof, BGBl. Nr. 104/1991, zu orientieren hatte. Hiebei waren aber unter Bedachtnahme auf den Grundsatz einer Abstufung des Kostenersatzes im Verfahren entsprechend der Unter- bzw. Überordnung der angerufenen Behörden und der damit verbundenen verschiedenartigen Mühewaltung die in der zitierten Verordnung angeführten Pauschalsätze um ein Drittel (gerundet) zu kürzen.
Die belangte Behörde hat in Verkennung der dargestellten Rechtslage ihre Kostenentscheidung nicht auf diese maßgebliche Kostenersatzregelung, sondern auf das RatG gestützt und somit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Der angefochtene Bescheid war daher in seinem Kostenausspruch gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991010088.X00Im RIS seit
18.12.1991