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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, in der Beschwerdesache des XY in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen die Datenschutzkommission wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit des Datenschutzgesetzes, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Das Verfahren wird wegen Klaglosstellung eingestellt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 5.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund des Beschwerdevorbringens in Verbindung mit den von der belangten Behörde vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens zeigt sich folgender Verfahrensablauf:
Der Beschwerdeführer hatte mit Schrftsatz vom 16. Jänner 1991, eingelangt bei der belangten Behörde am 23. Jänner 1991, Beschwerde bei der belangten Behörde eingebracht, weil er sich durch die Ermittlung und Übermittlung von personenbezogenen Daten durch Organe des BM für Inneres in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten gemäß § 1 DSG verletzt erachtete.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 8. August 1991 wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt. Gleichzeitig teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, daß ihr im Hinblick auf die komplexe Materie und bedingt durch den Sensibilitätsgrad im Sinne des § 55 Abs. 2 VwGG eine Entscheidung voraussichtlich nicht innerhalb der vom § 27 VwGG vorgesehenen Sechsmonatsfrist möglich sein werde.
Mit Schriftsatz vom 12. August 1991, eingelangt beim Verwaltungsgerichtshof am 13. August 1991, erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde.
Mit Berichterverfügung vom 26. August 1991, zugestellt am 12. September 1991, wurde das Vorverfahren im Sinne des § 36 Abs. 2 VwGG eingeleitet und der belangten Behörde die Möglichkeit zur Nachholung des versäumten Bescheides innerhalb von drei Monaten eingeräumt.
Mit Schreiben vom 28. November 1991 legte die belangte Behörde die Akten des Verfahrens vor und teilte mit, daß die Erledigung der bei ihr anhängig gewesenen Verwaltungssache mit der Zustellung des Bescheides vom 7. November 1991, mit Wirkung vom 13. November 1991, erfolgt ist. Gleichzeitig führte die belangte Behörde unter Hinweis auf ihre seinerzeitige Mitteilung an den Beschwerdeführer vom 8. August 1991 hinsichtlich § 55 Abs. 2 VwGG aus:
"Die Gründe dafür liegen darin, daß Gegenstand der Beschwerde eine besonders komplexe Materie ist. Die Datenschutzkommission hat in diesem Verfahren festzustellen, welche staatspolizeilichen Vormerkungen Gegenstand der Beschwerde sind, und überdies zu beurteilen, ob und inwieweit die Führung dieser staatspolizeilichen Vormerkungen im gegenständlichen Fall an das Bundeskanzleramt wegen des Ansuchens des Beschwerdeführers um Aufnahme in den öffentlichen Dienst, gegen das Grundrecht auf Datenschutz verstößt. Da die Datenschutzkommission im Gegensatz zu den meisten übrigen Entscheidungen auf keinerlei einschlägige Präzedenzentscheidungen zurückgreifen kann, andererseits aber die Rechtsgrundlagen, die die Staatspolizei für die Führung dieser Evidenzen heranzieht, sehr allgemein gehalten sind, erfordert die Ausarbeitung eines Erledigungsentswurfes besondere Sorgfalt und setzt - neben einem umfangreichen Ermittlungsverfahren - einen besonders aufwendigen juristischen Meinungsbildungsprozeß voraus, der nicht durch Aktenstücke festzuhalten ist. Eine sehr sorgfältige Überlegung der rechtlichen Grundlagen ist insbesondere auch deswegen erforderlich, weil es sich bei den vorliegenden Aufzeichnungen um besonders sensible Bereiche des menschlichen Lebens handelt, die sowohl Interessen des Staates als auch Interessen der Privatsphäre betreffen.
Ergänzend darf angeführt werden, daß aufgrund der vom Bundesminister für Inneres durchgeführten Aktion "Einsicht in Stapo-Akte" bei der Datenschutzkommission eine große Anzahl (ca. 100 Stk. innerhalb des letztes Jahres) von Beschwerden wegen Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz iSd. § 1 DSG gegen das BMI (staatspolizeilicher Dienst) und das BMLV (militärische Nachrichtendienste) eingebracht wurden. Die durch die laufende Aufgabenbesorgung bereits kritische personelle Situation im Geschäftsapparat der Datenschutzkommission und des Datenschutzrates wurde noch dadurch verstärkt, daß (von den 3 juristischen Referenten/innen) mit 15.12.1990 eine jur. Mitarbeiterin und mit 16.9.1991 (Urlaub und nahtloser Übergang mit 28.10.1991 in Mutterschaftskarenz) eine weitere jur. Mitarbeiterin ausgeschieden sind. Diese beiden Planstellen wurden jeweils mit 18.3.1991 bzw. 14.10.1991 nachbesetzt, was unter Berücksichtigung der erforderlichen Einschulungszeit die fristgerechte Erledigung fast aller dieser Anträge bei der Datenschutzkommission unmöglich gemacht hat."
Daran anknüpfend stellte die belangte Behörde den Antrag, das Kostenbegehren der beschwerdeführenden Partei abzuweisen.
Nach § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Gemäß § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG ist im Falle einer Säumnisbeschwerde, in dem das Verfahren wegen Nachholung des versäumten Bescheides eingestellt wurde, der Pauschbetrag für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes in der Verordnung gemäß § 49 Abs. 1 um die Hälfte niedriger festzusetzen, als der sonst festzustellende Pauschbetrag. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn die belangte Behörde Gründe nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich gemacht haben und diese Gründe von ihr dem Beschwerdeführer vor der Einbringung der Säumnisbeschwerde bekanntgegeben worden sind.
Da die Nachholung des versäumten Bescheides erst nach Ablauf der Dreimonatsfrist erfolgte, war nach § 33 Abs. 1 VwGG vorzugehen.
Für den Anspruch des Beschwerdeführers auf Kostenersatz nach § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG ist es rechtlich ohne Bedeutung, ob der ausständige Bescheid im Rahmen der im Sinne des § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist oder erst später erlassen worden ist.
Der Beschwerdeführer hat daher auch vorliegendenfalls bei Zustellung des nachgeholten Bescheides einen Tag nach Fristablauf Anspruch auf den Schriftsatzaufwand im Sinne des § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG. Dieser Anspruch wäre im Sinne des Absatzes 2 der genannten Bestimmung nur dann nicht gegeben, wenn
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die belangte Behörde Gründe nachweisen kann, die eine fristgerechte Erlassung ihres Bescheides unmöglich gemacht haben UND
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DIESE GRÜNDE von ihr dem Beschwerdeführer vor der Einbringung der Säumnisbeschwerde bekanntgegeben worden sind.
Voraussetzung für einen Ausschluß der Kostenersatzpflicht der Behörde nach § 55 Abs. 1 VwGG ist daher nach Abs. 2 dieser Bestimmung nicht nur, daß objektive Gründe für die Säumnis vorliegen, sondern auch, daß DIESE GRÜNDE dem Beschwerdeführer vor der Einbringung der Säumnisbeschwerde bekannt gegeben worden sind.
An dieser Tatbestandsvoraussetzung mangelt es aber im vorliegenden Fall, weil sich die diesbezügliche Mitteilung der belangten Behörde in ihrem Schreiben vom 8. August 1991 in einem allgemeinen Hinweis auf die komplexe Materie und den Sensibilitätsgrad erschöpft und dem Beschwerdeführer nicht die für die Verzögerung nach dem Schreiben der belangten Behörde vom 28. November 1991 tatsächlich tragenden Gründe (Überlastung durch besonderen Geschäftsanfall in Verbindung mit Personalausfall) bekanntgegeben worden sind.
Dem Antrag der belangten Behörde, das Begehren des Beschwerdeführers auf Aufwandersatz abzuweisen, konnte daher nicht stattgegeben werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich daher auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG im Zusammenhalt mit Art. I Z. 1 der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Säumnisbeschwerde Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §36 Abs2SäumnisbeschwerdeSäumnisbeschwerde Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §33 Abs1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991120199.X00Im RIS seit
18.12.1991Zuletzt aktualisiert am
02.09.2010