TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/18 91/03/0029

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Veröffentlicht am 18.12.1991
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der R in P, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Dezember 1990, Zl. IIb2-V-8435/5-90, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. Dezember 1990 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 16. Juli 1989 um 2,03 Uhr in Lienz im Bezirkskrankenhaus die Blutabnahme verweigert, obwohl sie im Verdacht gestanden sei, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw um 0,30 Uhr bei km 16 der Virgentalstraße in Prägraten in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und dabei einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem nicht nur sie selbst, sondern auch Alois G. sowie Johann und Maria W. erheblich verletzt worden seien, und dadurch eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. c StVO begangen. Gemäß dieser Gesetzesstelle wurde über sie eine Geldstrafe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen) verhängt. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin wende in der Berufung ein, sie sei zur Tatzeit nicht zurechnungsfähig gewesen. Es sei daher ein (weiteres) ärztliches Gutachten eingeholt worden. Sodann wurde das Gutachten der medizinischen Amtssachverständigen der belangten Behörde vom 30. Oktober 1990 im wesentlichen wiedergegeben. Die Wiedergabe erfaßt den Teil "Befragung und Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20. August 1990" samt Auszug aus dem Befund des Bezirkskrankenhauses Lienz sowie das eigentliche Gutachten. Es sei auch vom aufnehmenden Arzt des Krankenhauses eine Alkoholisierung der Beschwerdeführerin festgestellt worden. Im Befund sei ein guter Allgemein- und Einzelzustand sowie ein unauffälliger Status der Beschwerdeführerin beschrieben. Aus der Krankengeschichte ergebe sich kein Hinweis auf eine relevante Einschränkung der Bewußtseinslage. Sowohl die Begründung für die Verweigerung der Blutabnahme zwecks Alkoholbestimmung den Beamten gegenüber, nämlich daß dies keinen Sinn habe, weil sie ja sowieso zuviel getrunken habe, als auch die Bemerkung der Beschwerdeführerin, die Ärzte hätten beinahe vergessen, sie am Hinterkopf zu nähen, als auch der Aufnahmebefund ließen nicht ableiten, daß das Bewußtsein der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Weigerung eingeschränkt gewesen sei. Das Gutachten sei schlüssig und in sich widerspruchsfrei. Darüber hinaus habe auch der als Zeuge von der Erstbehörde vernommene diensthabende Arzt des Krankenhauses Dr. Herbert St. am 29. November 1989 angegeben, es sei die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Gespräches mit den Gendarmeriebeamten durchaus ansprechbar gewesen. Sie habe die an sie gerichteten Fragen verstanden, da sie logisch und schlüssig geantwortet habe. Er habe den Eindruck gehabt, daß die Beschwerdeführerin bei klarem Verstand gewesen sei. Auch die beiden Gendarmeriebeamten hatten in keiner Phase der Amtshandlung den Eindruck, daß die Beschwerdeführerin die an sie gerichtete Aufforderung nicht verstanden habe. Es sei auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzunehmen, daß die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Verweigerung zurechnungsfähig gewesen sei. Die Einholung eines neurologischen Gutachtens sei wegen hinreichender Klärung nicht erforderlich. Unerheblich sei, ob die Beschwerdeführerin das Fahrzeug tatsächlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Die Voraussetzungen für die Blutabnahme seien unbestritten vorgelegen. Am Schluß der Seite 4 des angefochtenen Bescheides, welche die Fertigungsklausel enthält, heißt es zur Strafbemessung, der Unrechtsgehalt der Tat sei gravierend. Da die Beschwerdeführerin über das Erfordernis der Blutabnahme belehrt worden sei, sei als Schuldform bedingter Vorsatz anzunehmen. Mildernd sei die Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin. Straferschwerungsgründe seien nicht vorgelegen. Die Beschwerdeführerin sei Kellnerin und beziehe ein monatliches Einkommen von ca. S 8.000,--. Sie habe kein Vermögen. Sie sorge gemeinsam mit ihrem Gatten für ein mj. Kind. In Anbetracht der vorliegenden Strafzumessungsgründe sei die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe, die sich an der untersten Grenze des Strafrahmens orientiere, als durchaus schuld- und tatangemessen zu bezeichnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bekämpft mit ihrem Vorbringen vor allem die Feststellung der belangten Behörde, sie sei zum Zeitpunkt der Verweigerung der Blutabnahme zurechnungsfähig gewesen, wobei sie deren Beweiswürdigung rügt und in diesem Zusammenhang die Unterlassung weiterer Erhebungen geltend macht.

Zu dem gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde gerichteten Beschwerdevorbringen ist daran zu erinnern, daß die Würdigung der Beweise, auf Grund deren der Sachverhalt angenommen wurde, nur insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, als es sich um die Prüfung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung schlüssig ist, d.h. mit den Denkgesetzen im Einklang steht, und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1985, Zl. 85/18/0034).

Einer solchen Prüfung hält der angefochtene Bescheid stand. Die Beschwerdeführerin verschuldete, nachdem sie u.a. vorher ein entgegenkommendes Fahrzeug gestreift hatte, einen Frontalzusammenstoß mit einem weiteren Pkw, wobei auch sie erhebliche Verletzungen, nämlich einen Mittelfußbruch, eine Rißquetschwunde am rechten Knie mit Gelenkseröffnung, eine Rißquetschwunde am Hinterkopf und einige kleinere Verletzungen, erlitt und deshalb wie die anderen erheblich verletzten Insassen des anderen Pkws in das Krankenhaus transportiert wurde. Die belangte Behörde hat die wesentliche Feststellung, daß die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Verweigerung der Blutabnahme zurechnungsfähig gewesen ist, nicht nur auf das Gutachten ihrer ärztlichen Amtssachverständigen, sondern auch auf die Angaben der als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten sowie des behandelnden Arztes gestützt. Gegen die Schlüssigkeit des Gutachtens, welches entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auch einen ausreichenden Befund enthält, bestehen keine Bedenken. Schließlich stimmt das von der belangten Behörde eingeholte Amtssachverständigengutachten auch mit dem im Verfahren erster Instanz erstatteten Gutachten des Amtsarztes Dr. Peter K. vom 22. März 1990 überein. Vor allem aber hat der Arzt Dr. Herbert St., der die Beschwerdeführerin nach dem Unfall im Krankenhaus versorgte, als Zeuge unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß die Beschwerdeführerin in der Lage war, die an sie gerichtete Aufforderung zu verstehen und entsprechend zu handeln. Einem Arzt ist eine solche Feststellung auf Grund seiner fachlichen Ausbildung zuzumuten. Da er einen unmittelbaren Eindruck gewinnen konnte, unterlief der belangten Behörde kein Verfahrensmangel, wenn sie nach Einholung von Gutachten von Amtssachverständigen die Beiziehung weiterer Sachverständiger für nicht erforderlich erachtete, zumal die Beschwerdeführerin den Gutachten nicht mit stichhältigen Argumenten entgegenzutreten vermochte.

Wie der angefochtene Bescheid zeigt, ist die belangte Behörde nur davon ausgegangen, daß der Verdacht bestanden habe, es habe die Beschwerdeführerin das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Die belangte Behörde hat ausdrücklich und zutreffend dargelegt, daß es für die vorliegende Verwaltungsübertretung unerheblich ist, ob die Beschwerdeführerin das Fahrzeug tatsächlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO gelenkt hat oder nicht, sodaß es einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, aus dem von ihr vorgelegten Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 5. Oktober 1990 betreffend die Rückforderung eines zu Unrecht geleisteten Erstattungsbeitrages (nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz) ergebe sich, daß eine durch Alkoholbeeinträchtigung bedingte Fahruntüchtigkeit beim Verkehrsunfall nicht erweisbar gewesen sei, nicht bedurfte. Im Hinblick auf die Begründung des angefochtenen Bescheides ist auch wenig verständlich, wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, es mangle an entsprechenden Darlegungen, worauf sich der Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung gestützt habe. Auch der Geruch der Atemluft nach Alkohol, der im Krankenhaus festgestellt wurde, rechtfertigte ein Verlangen um Blutabnahme. Die Beschwerdeführerin selbst hat einen, wenn auch geringfügigen, Alkoholkonsum vor der Tat zugegeben.

Im Bescheidspruch wurde ausdrücklich das Tatbestandsmerkmal, daß bei dem Unfall mehrere Personen erheblich verletzt wurden, angeführt. Eine noch nähere Umschreibung im Spruch ist nicht erforderlich. Schon aus der Anzeige ergibt sich, daß mehrere Personen sogar schwere Verletzungen erlitten (vgl. insbesondere den langen Spitalsaufenthalt der Maria W.). Im ganzen Verwaltungsstrafverfahren hat die Beschwerdeführerin nie bestritten, daß beim Unfall andere Personen erheblich verletzt wurden, sodaß es sich bei dem nunmehr damit im Zusammenhang stehenden Beschwerdevorbringen um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung handelt. Im übrigen ergibt sich aus den von der Beschwerdeführerin selbst im Verwaltungsstrafverfahren vorgelegten Unterlagen (vgl. den schon zitierten Bescheid des Landeshauptmannes vom 5. Oktober 1990), daß sie vom Bezirksgericht Matrei am 21. Februar 1990 rechtskräftig wegen Vergehens der fahrlässigen schweren Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4, 1. Fall, StGB schuldig erkannt wurde, wobei es sich bei den Verletzungen des Lenkers des anderen Fahrzeuges Alois G. und der Mitfahrerin Maria W. um schwere handelte.

Aus den Bescheidgründen ist des weiteren ausreichend zu entnehmen, daß die Verweigerung der Blutabnahme im Spital gegenüber den Gendarmeriebeamten erfolgte, sodaß auch die damit im Zusammenhang stehenden Ausführungen der Beschwerdeführerin ins Leere gehen.

Aber auch das gegen die Strafbemessung gerichtete Beschwerdevorbringen vermag nicht durchzuschlagen.

Die Beschwerdeführerin verweist vor allem darauf, daß die ihr zugestellte Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zwei Seiten mit der Seitenzahl 4 enthält, welche insofern widersprüchlich sind, als auf der einen Seite 4 im Abschnitt "Zur Strafbemessung:" im 4. Satz vom Vorliegen eines Erschwerungsumstandes die Rede ist, während es auf der weiteren Seite 4 an dieser Stelle heißt, daß keine Straferschwerungsgründe vorliegen. Dem ist zu entgegnen, daß aus der erstgenannten Seite 4 unmißverständlich zu erkennen ist, daß es sich bei der Beifügung dieser Seite um einen offenkundigen Irrtum handelte, zumal diese Seite, wie ihr Wortlaut zeigt, unvollständig ist, während die andere (richtige) Seite 4 einen geschlossenen Text mit anschließender Approbation enthält. Dies wird auch in der Gegenschrift der belangten Behörde bestätigt.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, es sei aktenwidrig von einem monatlichen Einkommen von S 8.000,-- als Kellnerin ausgegangen worden, widerspricht der Aktenlage. Dieses Einkommen wurde von der Beschwerdeführerin schon der Gendarmerie gegenüber genannt. Die Erstbehörde hat daher dieses Einkommen ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. In der Berufung bzw. im Berufungsverfahren wurde die Höhe dieses Einkommens nicht bestritten, ja überhaupt die Straffrage nicht bekämpft. Für die belangte Behörde bestand daher im angefochtenen Bescheid vom 12. Dezember 1990 keine Veranlassung, hievon abzugehen. Mit dem Hinweis auf einen in einem anderen die Beschwerdeführerin betreffenden Verfahren erstatteten Bericht, worin von einer Arbeitslosenunterstützung von S 5.000,-- die Rede ist, ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, zumal der Bericht vom 16. März 1990 stammt und darin verwiesen wird, daß die Beschwerdeführerin in der Saison wieder als Kellnerin arbeitet. Da über die Beschwerdeführerin eine an der unteren Grenze des gesetzlichen Strafrahmens liegende Geldstrafe verhängt wurde, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu finden, daß der belangten Behörde bei der Strafbemessung eine Rechtswidrigkeit unterlaufen ist.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Geltungsbereich des StVO §5 Abs1 Verhältnis zu anderen Normen und Materien StVO

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991030029.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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