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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GSpG 1962 §1 idF 1976/626;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des O in S, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 30. Juni 1988, Zl. 5/01-13.735/2-1988, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,--binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen:
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates Salzburg vom 21. Juli 1987 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe seit "zumindest" 10. November 1986 bis "zumindest" 19. Juni 1987 als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der X-GmbH Sporttoto (Kollektiv-Wetten), indem er pro Tipreihe mindestens 4 Spiele im Wettreglement vorgeschrieben habe, angenommen und durchgeführt, obwohl sich eines Eingriffes in das Glücksspielmonopol schuldig mache, wer den Vorschriften über das Glücksspielmonopol zuwider ein Glücksspiel durchführe. Der Beschwerdeführer habe hiedurch § 50 Abs. 1 Z. 1 Glücksspielgesetz verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über ihn gemäß § 50 Abs. 2 leg. cit. eine Geldstrafe von S 30.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe von 2 Tagen verhängt. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, die Österreichische Lotto-Totogesellschaft mbH habe Anzeige gegen den Beschwerdeführer erstattet und gleichzeitig ein Inserat in der Zeitschrift "Kicker" vom 10. November 1986 beigeschlossen. Im gegenständlichen Inserat schreibe der Beschwerdeführer vier Spiele pro Tipreihe vor. Der Beschwerdeführer bringe vor, daß nach der 1. Sporttoto-Gesetz-Novelle BGBl. Nr. 52/1963 unter anderem Gewinnränge festzusetzen seien. Dadurch werde die Höhe eines Gewinnes von diversesten, nicht vorhersehbaren Umständen abhängig gemacht; erst dadurch werde die Sportwette überhaupt zum Glücksspiel, während bei der vom Beschwerdeführer angebotenen Art die Höhe des Gewinnes von vornherein durch die Quote feststehend sei. Hiezu stelle die Behörde fest, daß die Festlegung der Gewinnhöhe (einerseits durch Gewinnränge, andererseits durch Quoten) lediglich eine Ordnungsvorschrift zur Ermittlung der Gewinnhöhe darstelle. Hingegen stelle jede Verbindung von Wetten eine Kollektivwette im Sinne des Gesetzes und somit Sporttoto dar. Auch der Argumentation des Beschwerdeführers, daß durch die Novelle zum Glücksspielgesetz BGBl. Nr. 292/1986 in die Rechte der Buchmacher im Sinne des Gesetzes vom 28. Juli 1919, StGBl. Nr. 388, in unzulässiger Weise eingegriffen worden sei, könne nicht gefolgt werden. Durch das Inkrafttreten der Kompetenzartikel des B-VG am 1. Oktober 1925 sei diese Materie Landessache geworden. Materiellrechtlich sei durch die genannte Novelle zum Glücksspielgesetz keine Änderung eingetreten. Der Beschwerdeführer sei daher auf Grund des Gesetzes vom 28. Juli 1919 lediglich zum gewerbsmäßigen Abschluß von Einzelwetten befugt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und machte darin im wesentlichen geltend, daß die von der X-GmbH angebotenen Wetten (Spiele) nicht unter die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes subsumiert werden könnten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab der Landeshauptmann von Salzburg der Berufung keine Folge und bestätigte den Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz mit der Maßgabe, daß er zu lauten habe:
"Herr O hat als selbständig vertretungsbefugter handelrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gem. § 9 Abs. 1 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ der 'X-GmbH' zu verantworten, daß diese zumindestens (sic) von 10.11.1986 bis zumindestens 19.6.1987 in S, Sporttoto (Kollektivwetten) angenommen und durchgeführt hat, indem von ihr im Wettreglement pro Tippreihe mindestens vier Spiele vorgeschrieben wurden, obwohl Ausspielungen, bei der ein Veranstalter Wetten über den Ausgang mehrerer sportlicher Wettkämpfe (Kollektivwetten) annimmt und durchführt, dem Bund (Glücksspielmonopol) vorbehalten sind und die Durchführung der dem Glücksspielmonopol unterliegenden Glücksspiele der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung obliegt.
Herr O hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 50 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 3, § 5 Abs. 1 und § 20a Abs. 2 Glücksspielgesetz begangen. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über ihn gem. § 50 Abs. 2 leg. cit. eine Geldstrafe von S 30.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzarreststrafe von zwei Tagen, verhängt. ..."
In der Begründung dieses Bescheides wird auf die Bestimmungen der §§ 3, 5 Abs. 1, 20a Abs. 2 und 50 Abs. 1 Z. 1 Glücksspielgesetz verwiesen und ausgeführt, die Berufungsbehörde schließe sich den Ausführungen der Behörde erster Instanz an. Wie dem vorliegenden Akteninhalt zu entnehmen sei, habe die Österreichische Lotto Toto GesmbH in ihrer Anzeige vom 26. Jänner 1987 der X-GmbH vorgeworfen, Kollektivwetten anzubieten, anzunehmen und durchzuführen. Vom Beschwerdeführer sei dieser Vorwurf insofern nicht bestritten worden, als er nicht in Abrede stelle, daß ein Gewinn nur dann erzielt werde, wenn alle vier Tips pro Tipreihe richtig seien, was bedeute, daß mindestens vier Wetten zugleich erraten werden müßten. In dieser Beziehung sehe das Wettreglement der X-GmbH vor, daß jeder Spieler beliebig viele Spiele, mindestens aber vier pro Tipreihe eintragen müsse. Ein Gewinn werde aber nur erzielt, wenn alle vier frei ausgewählten Spiele richtig getippt worden seien. Da sohin der Wetterfolg vom Ausgang mehrerer sportlicher Ereignisse - d.h., im gegenständlichen Fall müßten mindestens vier Spielresultate gleichzeitig erraten werden - abhängig sei, liege nach Ansicht der belangten Behörde ein Sporttoto im Sinne der obzitierten Gesetzesbestimmungen vor. Auch vertrete die Berufungsbehörde entgegen der Meinung des Beschwerdeführers die Auffassung, daß die Entscheidung über Gewinn und Verlust der von der X-GmbH angebotenen Wetten zweifelsohne vorwiegend vom Zufall abhängig sei. Dies deshalb, da jedem in der Zukunft liegenden Ereignis ein zufallsbedingter Unsicherheitsfaktor innewohne, der besonders bei Sportveranstaltungen sehr groß sein könne. So seien bei Sportveranstaltungen Umstände, wie z.B. das Wetter, der Gesundheitszustand und die Kondition der an der jeweiligen Veranstaltung Teilnehmenden für den Ausgang des den Anlaß für die Wette bildenden Kampfes mitbestimmend. Dem Beschwerdeführer falle grob fahrlässiges Verhalten zur Last. Der Beschwerdeführer habe somit die ihm im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfene Übertretung zu verantworten. Abschließend begründete die belangte Behörde die Angemessenheit der über den Beschwerdeführer verhängten Strafe.
Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 28. November 1989, B 1474/88-7, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens in seinem Recht, nicht wegen der genannten Verwaltungsübertretung bestraft zu werden, verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 169/1962, in der Fassung der Novellen BGBl. Nr. 626/1976 und 292/1986 - letztere ist insofern am 1. September 1986 in Kraft getreten - lauten:
"§ 1. (1) Glücksspiele im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen.
...
§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine Gegenleistung in Aussicht stellt. ...
§ 3. Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen, insbesondere aller Arten von Ausspielungen, wie Lotto und Toto, ... ist, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).
§ 20a. ...
(2) Der Sporttoto ist eine Ausspielung, bei der der Veranstalter Wetten über den Ausgang mehrerer sportlicher Wettkämpfe (Kollektivwetten) annimmt und durchführt. Die Gewinnsumme wird auf mehrere Gewinnränge aufgeteilt; alle Gewinne desselben Gewinnranges sind gleich hoch. Das Ergebnis von Wettkämpfen, die entfallen, nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt stattfinden oder ihren Wettkampfcharakter geändert haben, ist durch eine öffentliche Ziehung zu ersetzen (Ersatzziehung).
...
§ 50. (1) Des Eingriffes in das Glücksspielmonopol macht sich schuldig, wer
1. den Vorschriften über das Glücksspielmonopol zuwider ein Glücksspiel durchführt ...
(2) Eingriffe in das Glücksspielmonopol werden mit Geldstrafe bis zu 300 000 S geahndet."
In seiner Beschwerdeergänzung vom 22. Februar 1990 führt der Beschwerdeführer aus, die Behauptung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides stütze sich auf alle in der Verfassungsgerichtshof-Beschwerde angeführten Gründe. Da jedoch die Beurteilung dieser Ausführungen, soweit sie sich gegen die Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden Bestimmungen richten, in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes und nicht des Verwaltungsgerichtshofes fällt, ist Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lediglich die - auch vom Beschwerdeführer in den Mittelpunkt seiner Beschwerdeergänzung gestellte - Frage, ob die von der X-GmbH unbestrittenermaßen angebotenen Wetten als Sporttoto im Sinne des Glücksspielgesetzes anzusehen sind oder nicht. Die Frage ist mit dem Beschwerdeführer zu verneinen.
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen stillschweigend, aber zutreffend davon aus, daß nicht JEDE Art von Sportwette unter das Glücksspielgesetz fällt. Denn es kann nicht von vornherein gesagt werden, daß bei einer Sportwette unter allen Umständen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen. Es bedurfte daher der ausdrücklichen Einbeziehung des (Sport)Totos in das Glücksspielmonopol durch eine gesetzliche Norm, wobei das Wort "Toto" im § 3 leg. cit. mangels näherer Begriffsbestimmung seinen Begriffsinhalt erst durch die Regelung des § 20a leg. cit. erhält.
Entscheidend dafür, ob es sich im Beschwerdefall um Sporttoto handelt oder nicht, ist daher die Auslegung des § 20a Abs. 2 Glücksspielgesetz. Hier pflichtet der Verwaltungsgerichtshof entgegen der Auffassung der belangten Behörde der Rechtsansicht des Beschwerdeführers bei, wonach der zweite Satz dieser Gesetzesstelle ("Die Gewinnsumme wird auf mehrere Gewinnränge aufgeteilt; alle Gewinne desselben Gewinnranges sind gleich hoch.") WESENTLICHER Bestandteil der gesetzlichen Definition des Sporttotos ist.
Daß es sich bei den von der Sportwetten Ges.m.b.H. durchgeführten Wetten ebenso verhält, wurde nicht festgestellt; der Beschwerdeführer hat auf Verwaltungsebene das Gegenteil behauptet. Auch sonst wurde nicht festgestellt, daß etwa auf andere Art bei den hier gegenständlichen Wetten Gewinn oder Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen.
Da die belangte Behörde die Rechtslage im aufgezeigten Sinne verkannte, war ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auch auf § 39 Abs. 3 letzter Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1989170258.X00Im RIS seit
11.07.2001