TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/15 91/03/0349

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Veröffentlicht am 15.01.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §46;
KFG 1967 §103 Abs2 idF 1986/106;
KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §103a Abs1 Z3 idF 1986/106;
VStG §49a Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des G in R, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 13. November 1991, Zl. 15/77-1/91, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Dem Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten PKW wurde eine mit 11. Jänner 1991 datierte Anonymverfügung zugestellt, mit der gemäß § 8 Abs. 4 StVO 1960 eine Geldstrafe von S 300,-- vorgeschrieben wurde, weil der Lenker dieses PKW am 29. November 1990 um 9.30 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in S., Andreas-Hofer-Straße 41 gelenkt und dabei den Gehsteig in Längsrichtung befahren habe.

Dieser Anonymverfügung folgte die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 12. März 1991, mit der der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung, die Gegenstand der Anonymverfügung gewesen war, zu einer Geldstrafe von S 500,--, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, verurteilt wurde.

Gegen diese Strafverfügung erhob der Beschwerdeführer einen nicht ausdrücklich nur auf das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten beschränkten Einspruch. Von seiten der Bezirkshauptmannschaft erging am 10. April 1991 gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 an den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer die Auffordung, bekanntzugeben, wer den verfahrensgegenständlichen Pkw zum fraglichen Zeitpunkt am 29. November 1990 um 09.30 Uhr gelenkt habe. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach, weshalb mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde über ihn - wegen der Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG - eine Geldstrafe in Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft vom 10. April 1991 zur Lenkerbekanntgabe nicht nachgekommen ist. Er ist aber der Meinung, § 103 Abs. 2 KFG könne nur dann zum Tragen kommen, wenn Unklarheit darüber bestehe, wer das Fahrzeug gelenkt habe. Die Anonymverfügung und die darauf folgende Strafverfügung belegten aber eindeutig, daß für die Behörde kein Grund bestanden habe, an der Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers zu zweifeln. Die Tatsache, daß er in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 28. März 1991 die Höhe des Strafbetrages, die nur seine persönlichen Verhältnisse betreffe, bestritten habe und als Zeugen noch Hans G. angeboten habe, seien eindeutige Indizien dafür, daß nur er sich als von dieser Strafverfügung Betroffener angesehen habe und für die Behörde keine konkreten Anhaltspunkte aufgeschienen seien, um Zweifel an seiner Lenkereigenschaft aufkommen zu lassen. Auch das - erstinstanzliche - Straferkenntnis vom 16. September 1991, mit dem er wegen Nichtbefolgung des Auftrages zur Lenkerbekanntgabe bestraft worden sei, lasse in seiner Begründung konkrete Angaben vermissen, wodurch Zweifel an seiner Lenkereigenschaft aufgetreten sein könnten. Die Formulierung "Auf Grund der Einspruchsangaben ..." sei zu allgemein. Auch die Entscheidung der belangten Behörde werde hier nicht konkreter, sodaß für ihn der Eindruck entstünde, daß man seitens der Behörde schikanös vorgegangen sei und eine Gelegenheit wahrgenommen habe, ihn neuerlich wegen Unbotmäßigkeit zu maßregeln.

Diesem Beschwerdevorbringen kommt aus nachstehenden Gründen keine Berechtigung zu:

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat.

Diese Bestimmung gibt zwar der Behörde keine Handhabe, willkürlich vorzugehen und grundlos eine Auskunft zu verlangen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1990, Zl. 89/03/0308 u.a.). Dies war im Beschwerdefall aber ohnedies nicht der Fall, war doch Anlaß der Aufforderung der Verdacht einer Verwaltungsübertretung, weshalb schon aus diesem Grund für die Behörde "ein konkretes Interesse an der Kenntnis des Lenkers" bestand, die sie zu einer Aufforderung nach § 103 Abs. 2 KFG berechtigte (vgl. neuerlich das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1990, Zl. 89/03/0308; weiters das hg. Erkenntnis vom 28. November 1990, Zl. 90/02/0113).

Völlig unverständlich ist es, wenn der Beschwerdeführer aus der Erlassung einer Anonymverfügung den Schluß zieht, für die Behörde habe kein Grund bestanden, an seiner Täterschaft zu zweifeln, besteht doch das Wesen der Anonymverfügung gerade darin, daß von der Ausforschung des unbekannten Täters abgesehen wird (§ 49a Abs. 2 VStG).

Die Erlassung einer Strafverfügung bedeutet lediglich, daß die Behörde den Adressaten für den Täter hält; das hindert sie aber nicht, sich im Falle eines nicht ausdrücklich nur auf das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten beschränkten Einspruches im Wege der Aufforderung nach § 103 Abs. 2 KFG Gewißheit zu verschaffen.

Die Bekämpfung (auch) der Strafhöhe einer Strafverfügung und die Namhaftmachung von Zeugen mögen ein Indiz dafür sein, daß der Einspruchswerber damit zu erkennen gibt, daß er der Lenker war. Wenn die Behörde trotzdem von der Möglichkeit einer Aufforderung nach § 103 Abs. 2 Gebrauch macht, stellt dies keine Willkürübung dar. Der Behörde kann es nicht verwehrt werden, die lediglich auf Indizien beruhende Annahme über die Person des Lenkers auf ein sichereres Fundament zu stellen; dies schon deswegen, um dadurch etwa einem Beschuldigten die nicht von vornherein auszuschließende Möglichkeit zu nehmen oder doch zu erschweren, in einer späteren Verfahrensphase seine Verantwortung zu wechseln und einen anderen als Lenker des Fahrzeuges zu bezeichnen.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Beweismittel Indizienbeweise indirekter Beweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991030349.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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