TE Vfgh Beschluss 1989/6/13 A14/88

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Veröffentlicht am 13.06.1989
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art17
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
Öffentliche Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission vom 16.10.1987 Pkt 1.2.
ViehwirtschaftsG 1983 §5 Abs3
ViehwirtschaftsG 1983 §6 Abs3

Leitsatz

Klage gegen den Bund und ein Land auf Zahlung von Fördermitteln für den Export von Fleisch; Privatwirtschaftsverwaltung; Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte

Spruch

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Den klagenden Parteien wurde von der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gemäß §6 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983 in der Fassung BGBl. 264/1984 und 325/1987 in Verbindung mit der

91. Öffentlichen Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission vom 16. Oktober 1987 über ihren Antrag mit den Bescheiden vom 3. November 1987, Zlen. 37.799/213 - 215-III/B/7/87 (gerichtet an die Firma H & Co) sowie Zlen. 37.799/216 und 217-III/B/7/87 (gerichtet an die Firma H Ges.m.b.H) die Ausfuhr von je 300 Tonnen Rindfleisch ohne Knochen bewilligt.

Aufgrund der Sonderrichtlinien betreffend den Verwertungszuschuß für den Export von Schlachtrindern und Rindfleisch des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 26. März 1984 teilte das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft den beiden klagenden Parteien "zu ihren von der Vieh- und Fleischkommission am 3. November 1987 bewilligten Anträgen gemäß der 91. öffentlichen Bekanntmachung" fernschriftlich am 11. November 1987 unter der Z 37390/690-III/B/7/87 mit, daß dafür Gesamtförderungsbeträge in bestimmter Höhe "festgesetzt und im Sinne der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern finanziert werden".

Zufolge dieser Festsetzung überwies der Bund (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft) der Erstklägerin für eine tatsächlich exportierte Menge von 87.904,30 kg Fleisch Förderungsmittel in der Höhe von S 1,979.779.-- sowie für den Export einer weiteren Menge von 208.894,20 kg einen Betrag von S 4,920.288.--. Der Zweitklägerin wurde für den Export von 118.376,90 kg Fleisch Förderungsmittel des Bundes in der Höhe von S 2,971.260,19 überwiesen. Ferner erhielt die Erstklägerin von der mit der Durchführung der Exportstützung vom Land Oberösterreich beauftragten Landwirtschaftskammer für Oberösterreich für den Export von 200 Tonnen Fleisch S 1,826.000.--. Eine weitergehende Förderung für die getätigten Exporte wurde vom Bund mit Schreiben vom 3. Mai 1988 (Z 11.300/36-I1/88) unter Hinweis auf die Förderung aus dem Landesbereich abgelehnt.

2. Die Erstklägerin macht in ihrer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Klage aufgrund des vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft fernschriftlich am 11. November 1987 festgesetzten Gesamtförderungsbetrages eine Forderung von weiteren S 792.488,84 für den Export von 87.904,30 kg Fleisch, die Zweitklägerin eine Forderung von S 1,988.095,53 für 118.376,9 kg geltend. Die klagenden Parteien begründen ihre Klagsansprüche gegenüber dem Bund damit, daß sie darauf vertrauen konnten, "der Bund würde die Gesamtförderungsbeiträge aufbringen und sich allenfalls bei den Ländern refinanzieren". Die Bundesbehörden hätten, um ihrem Gesetzesauftrag nachzukommen, "durch öffentliche Bekanntmachung zur Antragstellung um Ausfuhrbewilligungen aufgefordert und implizite die Gewährung der erforderlichen Stützungsbeträge ohne jede Einschränkung zugesagt."

Der Bund sei nach Treu und Glauben verpflichtet, die Förderungsbeträge wie angekündigt auszubezahlen. In der Budgetgebarung von Bund und Land werde für die Gewährung derartiger Förderungsmittel zur Aufrechterhaltung der Marktordnung vorgesorgt. Es handle sich dabei um öffentliche Gelder, welche im konkreten Fall den Behörden dazu dienten, ihre Aufgaben nach dem Viehwirtschaftsgesetz wahrzunehmen. Da die klagenden Parteien im Schreiben des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 3. Mai 1988 an das Land Oberösterreich verwiesen wurden, richtet sich die Klage auch gegen das Land Oberösterreich, das nach Meinung der klagenden Parteien zur ungeteilten Hand mit dem Bund hafte.

Zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art137 B-VG vertreten die klagenden Parteien die Ansicht, "daß die in Zusammenhang mit Gewährung von Verwertungszuschüssen stehenden Tätigkeiten der beklagten Parteien nicht nach privatrechtlichen Normen zu beurteilen sind und deshalb die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gegeben ist". In ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 20. März 1989 führen die klagenden Parteien aus, daß sich aus den verfassungs- und einfachgesetzlichen Bestimmungen (Art10 Abs1 Z 2 B-VG, ArtI der Viehwirtschaftsgesetz-Novelle 1984, BGBl. 264; §14 Viehwirtschaftsgesetz 1983) eine Verpflichtung des Bundes zur Exportförderung durch Gewährung von Subventionen ergebe, daß ferner die 91. Öffentliche Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission "eine Rechtsscheinwirkung entfaltet". "Aus der Gesamtheit der darin enthaltenen Regelungen kann nur abgeleitet werden, daß ein Anspruch auf Gewährung der Subventionen besteht". Die klagenden Parteien könnten daher ihre Ansprüche weder in einem behördlichen Verfahren, noch vor den ordentlichen Gerichten geltend machen, "da nach dem Vorbringen der beklagten Parteien gesetzliche Vorschriften für ein behördliches Verfahren ebensowenig existieren wie Privatrechtstitel".

3. Der Bund und das Land Oberösterreich als beklagte Parteien bestreiten die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes, gemäß Art137 B-VG über die Klage zu entscheiden. Die Gewährung von Stützungsmitteln erfolge auf der Basis des Art17 B-VG im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung. Die Voraussetzungen, unter denen Förderungsmittel gewährt werden, seien nicht im Viehwirtschaftsgesetz geregelt, sondern würden in Richtlinien bekannt gemacht. Die Gewährung von Förderungsmitteln stehe in keiner Verbindung zu der im hoheitlichen Bereich erfolgenden Erteilung oder Versagung von Ausfuhrbewilligungen. Ansprüche aufgrund von Förderungsrichtlinien seien somit im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.

Beide beklagten Parteien stellen sohin den Antrag, die Klage mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Ein vermögensrechtlicher Anspruch gegenüber dem Bund oder einem Land ist jedenfalls dann in einer die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art137 B-VG ausschließenden Weise im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, wenn sich die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch aus §1 JN herleiten läßt (VfSlg. 3076/1956). Für die Zuordnung eines Rechtsanspruchs zu den "bürgerlichen Rechtssachen" und die daraus folgende Zuständigkeit der Zivilgerichte gemäß §1 JN ist maßgeblich, ob die Rechtsordnung die betreffenden Rechtsverhältnisse einem privatrechtlichen oder einem öffentlich-rechtlichen Regime unterworfen hat und welcher rechtlichen Handlungsformen sich eine Gebietskörperschaft, die eine vermögensrechtliche Leistung abgelehnt hat und deswegen nun in Anspruch genommen wird, bedient (vgl. VfSlg. Anhang 4 und 7/1956, 3262/1957).

2. Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß in Punkt 1.2. der 91. Öffentlichen Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission vom 16. Oktober 1987 die behördliche Bewilligung des Fleischexports in Übereinstimmung mit §6 Abs3 Viehwirtschaftsgesetz 1983 vom "geringsten Stützungsbedarf" bzw. von der "Bekanntgabe des Stützungserfordernisses" abhängt. Daraus wird zwar deutlich, daß der Gesetzgeber aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere wegen des Umstandes, daß die Weltmarktpreise für Vieh und Fleisch im Regelfall wesentlich unter den österreichischen Inlandspreisen liegen, damit rechnen mußte, daß ein Export von Vieh und Fleisch nur dann möglich ist, wenn von Seiten der öffentlichen Hand Ausfuhrförderungsmittel gewährt werden. Die Subventionstätigkeit des Staates wird dadurch gleichwohl noch nicht ins öffentliche Recht verwiesen. Die Rechtsgrundlage für die staatliche Subventionierung Privater bildet vielmehr das Privatrecht, soweit nicht der Gesetzgeber ausdrücklich Verwaltungsbehörden mit der Entscheidung über Subventionsansprüche in einem hoheitlichen Verwaltungsverfahren betraut hat (VfSlg. 3262/1957; Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht 1986, 42 f). Die Gewährung von Verwertungszuschüssen für den Export von Schlachtrindern und Rindfleisch bildet sohin eine Leistung des Bundes bzw. des Landes als Träger von Privatrechten. Daran kann weder der Umstand etwas ändern, daß die für Verwertungszuschüsse zur Verfügung stehenden Beträge dem Bundesfinanzgesetz bzw. dem Landesvoranschlag zu entnehmen sind, noch die Erlassung von Richtlinien seitens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, mit denen in Ergänzung des Beschlusses des Ministerrates vom 7. Juni 1977 über "Allgemeine Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln" Voraussetzungen für die im Rahmen des Privatrechtes zu gewährenden Verwertungszuschüsse mit interner Wirkung festgesetzt werden.

Angesichts der prinzipiellen Zugehörigkeit der in der Klage geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüche zum Privatrecht und mangels Verwendung einer auf einen entsprechenden Bescheidwillen hindeutenden Bescheidform (vgl. VfSlg. 5355/1966) ist auch das Fernschreiben vom 11. November 1987, Z 37.390/690-III/B/7/87, mit dem das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft den klagenden Parteien mitteilte, welche konkreten Gesamtförderungsbeträge für die den klagenden Parteien bewilligten Fleischexporte festgesetzt wurden, als Rechtsakt im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes zu qualifizieren. Die rechtliche Bedeutung dieses Fernschreibens ist sohin von den Zivilgerichten zu würdigen.

Da die Ansprüche der klagenden Parteien, gleichgültig ob sie aus der allgemeinen Rechtsordnung oder aus dem Fernschreiben des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 11. November 1987 hergeleitet werden, im ordentlichen Rechtsweg auszutragen sind, ist der Verfassungsgerichtshof gemäß Art137 B-VG nicht zuständig, über die Klage zu entscheiden. Diese war sohin zurückzuweisen.

Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Wirtschaftslenkung / Viehwirtschaft, Privatwirtschaftsverwaltung, Bescheidbegriff, Mitteilung Belehrung, VfGH / Klagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:A14.1988

Dokumentnummer

JFT_10109387_88A00014_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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