TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/21 88/07/0057

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Veröffentlicht am 21.01.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §13a;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AVG §63;
VwRallg;
WRG 1959 §105 liti;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §12;
WRG 1959 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. Februar 1988, Zl. 3-30 N 40-88/8, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1) J in S; 2) und 3) E und K in S, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in O; 4) N in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in O; 5) A in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat an Aufwendungen dem Bund S 3.035,--, den zweit-, dritt- und viertmitbeteiligten Parteien zu gleichen Teilen insgesamt S 11.120,--, ferner den zweit- und drittmitbeteiligten Parteien je S 240,-- sowie der viertmitbeteiligten Partei S 360,-- und der fünftmitbeteiligten Partei S 240,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Lage der Verwaltungsakten war der Beschwerdeführer Berechtigter einer "hydroelektrischen Eigenanlage" am linken Ufer des Pölsflusses auf dem Grundstück Nr. 966/1, KG S, wofür eine auf 60 Jahre befristete wasserrechtliche Bewilligung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Judenburg (BH) vom 18. Dezember 1923 erteilt worden war. Am 15. Dezember 1982 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Neuerteilung des Wasserrechtes für seine - allerdings zu jener Zeit bereits als wesentlich vom Konsens abweichend bezeichnete - Wasserkraftanlage, welcher jedoch mangels entsprechender Ausstattung mit rechtskräftigem Bescheid der BH vom 21. Jänner 1985 zurückgewiesen wurde. Ein Bescheid der BH vom 2. Dezember 1985, mit welchem der folgende Antrag des Beschwerdeführers (vom 21. März 1985) abgewiesen worden war, wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. Jänner 1987 gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die BH zurückverwiesen. Im fortgesetzten Verfahren erging hierauf der Bescheid der BH vom 25. August 1987, mit welchem gemäß den §§ 9, 12, 105, 98 Abs. 1, 107 und 111 WRG 1959 der Antrag des Beschwerdeführers "auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für den Weiterbetrieb der von ihm auf den Grundstücken Nr. 916/1, 917/1 und 1107 KG S betriebenen Wasserkraftanlage" abgewiesen wurde.

Mit Bescheid vom 22. Februar 1988 wies schließlich der Landeshauptmann von Steiermark die Berufung des Beschwerdeführers gegen den zuletzt genannten Bescheid der BH gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab. Nach zusammenfassender Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und Hinweis auf die §§ 12 sowie 105 WRG 1959 wurde ausgeführt:

Aus § 105 WRG 1959 folge, daß ein Unternehmen, dessen Ausführung öffentlichen Interessen zuwiderlaufe, abgewiesen werden müsse, es sei denn, daß dem Interessenwiderstreit durch Bedingungen abgeholfen werden könne. Letztere dürften jedoch nur eine Modifizierung des zur Bewilligung stehenden Projektes zum Gegenstand haben, nicht aber Maßnahmen, die - wie hier - in den Rahmen des Projektes nicht mehr einzufügen wären. Der rechtlichen Beurteilung der BH liege ein ausführliches Gutachten eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen zugrunde, aus dem schlüssig hervorgehe, daß nicht nur die möglichst vollständige wirtschaftliche Ausnutzung der in Rede stehenden Anlage nicht gegeben sei, sondern auch, daß bei dem weiteren Betrieb der derzeit unbewilligten Wasserkraftanlage mit einer wesentlichen Beeinträchtigung sowie der Verletzung fremder Rechte gerechnet werden müsse. Die Rechtsmittelbehörde gelange zur Ansicht, daß das betroffene Kraftwerksprojekt aus der Sicht des öffentlichen Interesses und der fremden Rechte auch unter der Vorschreibung von zusätzlichen Auflagen bzw. Bedingungen nicht bewilligungsfähig sei, da zwar die Errichtung von Kraftwerksanlagen an und für sich im öffentlichen Interesse liege, diese Anlage jedoch aufgrund ihrer Eigenschaft als Kleinstkraftwerk, das nur für den Eigenbedarf zum Betriebe der Landwirtschaft des Beschwerdeführers diene, nicht die Anwendung bzw. Duldung von Zwangsrechten rechtfertige, die im übrigen gar nicht beantragt worden seien. Da weiters fremde Rechte - in Betracht kommen insbesondere solche der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Parteien - durch die Anlage gefährdet würden, sei deren Bewilligung auch aus diesem Grund zu versagen gewesen. Eine ausführliche und schlüssige Begutachtung eines Falles durch einen Amtssachverständigen lasse sich nur durch ein Gutachten eines anderen Sachverständigen in tauglicher Weise in Diskussion ziehen oder allenfalls in einem Punkt erschüttern; es habe daher den Ausführungen des Amtssachverständigen nicht mit den vom Beschwerdeführer in seiner Berufung ausgeführten Argumenten wirksam begegnet werden können, denn es seien dessen rein privatrechtlichen Interessen, wie sich aus dem genannten Sachverständigengutachten schlüssig ergebe, öffentlich-rechtliche Interessen entgegengestellt worden.

Der Berufungsbescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Bewilligung der beantragten Wasserbenutzung verletzt erachtet.

Die belangte Behörde sowie die zweit-, dritt- und viertmitbeteiligten Parteien haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten; auch die erst- und fünftmitbeteiligten Parteien haben in Gegenschriften auf das Beschwerdevorbringen erwidert. Der Beschwerdeführer hat seinerseits zu den Gegenäußerungen Stellung genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 105 WRG 1959 kann ein Unternehmen im öffentlichen Interesse insbesondere unter anderem dann als unzulässig angesehen oder nur unter entsprechenden Bedingungen bewilligt werden, wenn (lit. i) sich ergibt, daß ein Unternehmen zur Ausnutzung der motorischen Kraft eines öffentlichen Gewässers einer möglichst vollständigen wirtschaftlichen Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft nicht entspricht.

Im angefochtenen Bescheid ist darauf hingewiesen worden, daß ein in diesem Sinn der Bewilligung des Vorhabens im Weg stehendes öffentliches Interesse auf sachverständiger Grundlage, vom Beschwerdeführer auf gleicher fachlicher Ebene unwiderlegt, festgestellt worden sei, wobei die Vorschreibung entsprechender Bedingungen schon deshalb zu unterbleiben habe, weil diese zu einer wesentlichen Änderung der ganzen Anlage führen würden. Daß projektsändernde Vorschreibungen unzulässig sind, entspricht der Rechtslage (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1990, Zl. 89/07/0047, und die dort angegebene Rechtsprechung). Daß der Beschwerdeführer auf Verwaltungsebene den sachkundigen Einwand bestehender, dem Vorhaben hinderlicher öffentlicher Interessen nicht entkräftet hat, wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt, jedoch behauptet, die gutachtliche Äußerung widerspreche der Logik bzw. ermangle verläßlicher Tatsachenfeststellungen; darüber hinaus, meint der Beschwerdeführer, habe die Behörde die Manuduktionspflicht verletzt, weil sie ihm nicht "die notwendigen Anleitungen" und "keine Aufklärung über die Widersprüche" gegeben habe.

Die belangte Behörde hat sich in der zuvor bezeichneten Hinsicht im angefochtenen Bescheid auf die im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Gutachten, insbesondere jenes des wasserbautechnischen Amtssachverständigen gestützt. Dieser hatte unter anderem, wie im Bescheid der BH wörtlich wiedergegeben, ausgeführt:

"Der Betrieb erfolgt so, daß die Turbine auf den Spitzenbedarf eingestellt ist; geht der Bedarf zurück, so wird die überschüssige Energie über eine Elektroheizung genutzt. Diese Regelung bleibt auch dann aufrecht, wenn kein Bedarf an Heizenergie besteht, d.h. daß im Sommer überschüssige Energie über diese Heizgeräte nutzlos abgegeben wird. Die gesamte zur Verfügung stehende Nutzhöhe beträgt rund 11 m, bis zur Turbine beträgt die Nutzhöhe 9,4 m. Von dieser Höhe werden nur 2,4 m in Anspruch genommen. Der Rest geht durch das sehr lange künstliche Gerinne verloren. Die derzeit mögliche Nutzung von 25 kW erreicht nur rund 25 % der gesamtmöglichen Nutzung aufgrund der angegebenen, zur Verfügung stehenden Höhe von der Wehrstufe bis zum E-Werk. In der Fluder gehen somit 75 % der möglichen Energienutzung verloren. Bei Berücksichtigung der angegebenen abgenommenen Leistung von lediglich 10 - 12 kW verschiebt sich dieses Verhältnis noch wesentlich. Von Bedeutung dabei ist, daß die Betriebswassermenge dem Pölsfluß über eine sehr lange Strecke entzogen wird, wobei nur eine sehr geringe energetische Nutzung erfolgt. ...

Aus dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses, welches im § 105 Wasserrechtsgesetz 1959 angeführt ist, sind folgende Feststellungen zu treffen: Nach lit. h) und i) leg. cit. ist auf eine möglichst wirtschaftliche Nutzung der Wasserkraft Bedacht zu nehmen. Es wurde bereits angeführt, daß die tatsächliche Nutzung nur einen Bruchteil der möglichen Energienutzung erreicht; somit wird dieser Forderung in keiner Weise entsprochen. Einerseits sollte nur so viel Betriebswasser einem Bachlauf entzogen werden, als tatsächlich hiefür ein Energiebedarf besteht. Es wurde bereits angeführt, daß zufolge der nicht automatischen Regelung beim Einlauf und bei der Turbine jeweils eine konstante Menge vom Pölsfluß abgezogen wird und die überschüssige Energie zumindest in den Sommermonaten über Heizgeräte nicht nutzbringend abgegeben wird. Noch wesentlicher ist, daß die zur Verfügung stehende Nutzhöhe nur zu einem geringen Teil ausgenutzt wird. Die Erteilung eines Wasserrechtes hätte auch zur Folge, daß die Anlage zu einem Hindernis für eine andere bessere wirtschaftlichere Nutzung des Pölsflusses in diesem Abschnitt wird. ...

Im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens ist es nicht möglich, die beantragte Ausbauwassermenge zu reduzieren, da dies mit einer wesentlichen Abänderung des gesamten Anlage verbunden wäre. ..."

Diese fachlichen Ausführungen sind nicht als unschlüssig zu erkennen. Unter dem Gesichtspunkt der angegebenen, der Bewilligung entgegenstehenden öffentlichen Interessen sind die in der Beschwerde sonst erörterten Fragen, insbesondere ob das Gerinne weitgehend als bereits natürliches zu bezeichnen sei, ob es außer für die Wasserkraftanlage noch andere Funktionen erfüllt, wie weit der Einflußbereich der Anlage des Beschwerdeführers reicht, ob es sich beim Bachbett um öffentliches Wassergut handelt oder ob dieses im Privateigentum steht, ferner inwieweit Rechte Dritter beeinträchtigt werden, als im selben Zusammenhang unmaßgeblich zu erachten. Das Parteiengehör wurde in derselben Hinsicht ebenfalls nicht verletzt. Was die behauptete Nichtbeachtung der Manuduktionspflicht (§ 13a AVG 1950) betrifft, ist darauf hinzuweisen, daß eine Beratung von Verfahrensparteien in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu den Pflichten der Behörde zählt, ferner diese nicht verhalten ist, Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten ist, damit einem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte, oder die Partei zu weiteren Einwendungen anzuleiten, ferner eine Belehrung über den Inhalt der Begründung einer Berufung nicht in Betracht kommt (siehe dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 1990, zu § 13a AVG angeführte Rechtsprechung).

Da der angefochtene Bescheid demnach im Ergebnis nicht in Rechte des Beschwerdeführers eingreift, war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG, in bezug auf die Mitbeteiligten insbesondere auch auf § 49 Abs. 6 VwGG sowie der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 unter Bedachtnahme auch auf deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Parteivorbringen Erforschung des Parteiwillens Manuduktionspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1988070057.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

30.05.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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