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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2 / KollegialbehördeLeitsatz
Rechtswidrige Zusammensetzung einer Kollegialbehörde; Entzug des gesetzlichen RichtersSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird daher aufgehoben.
Die Stadt Innsbruck ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit S 11.000,- bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck, Z MD-3830/1988, wurde dem Beschwerdeführer gemäß §44 Abs3 lita der Tiroler Bauordnung, LGBl. 43/1978, aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Monaten einen konsenslos errichteten Dachkapfer zu entfernen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Zusammensetzung der Berufungskommission in Bausachen. Gemäß §51 Abs5 Tiroler Bauordnung habe an der Entscheidung u.a. ein Richter als Vorsitzender mitzuwirken, was auf den vorliegenden Fall nicht zutreffe. Aus dem Inhalt des angefochtenen Bescheides werde ersichtlich, daß der "Senatspräsident des Oberlandesgerichtes i.P. Dr. W Z" den Vorsitz geführt habe.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Darin wird die Abweisung der Beschwerde beantragt und unter Hinweis auf die Bestimmung des §51 Abs6 Tiroler Bauordnung entgegnet, daß die Mitglieder der Berufungskommission in Bausachen vom Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck für die Dauer der Funktionsperiode des Gemeinderates bestellt worden seien.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
Wie der Verfassungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) verletzt, wenn eine Kollegialbehörde - wie hier die belangte Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck - nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzt ist (vgl. VfSlg. 7037/1973, 10022/1984; VfGH v. 9.6.1988, B1338/87).
Gemäß §51 Abs5 Tiroler Bauordnung besteht die Berufungskommission in Bausachen aus einem Richter als Vorsitzenden, zwei Mitgliedern des Gemeinderates und zwei städtischen Beamten. §51 Abs6 leg.cit. bestimmt, daß die Mitgliedschaft zur Berufungskommission u.a. bei Ausscheiden aus dem Dienststand endet.
Bereits der angefochtene Bescheid läßt zweifelsfrei erkennen, daß der Vorsitzende der Berufungskommission in Bausachen, der Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Dr. W Z, sich als Richter im Zeitpunkt der Entscheidung bereits im Ruhestand befand. Da die Mitgliedschaft zur Berufungskommission bei Ausscheiden aus dem Dienststand endet, war die Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck im gegenständlichen Verfahren nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzt.
Der Beschwerdeführer wurde demgemäß durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG; in den zuerkannten Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 1.000,-
enthalten.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Behördenzusammensetzung, KollegialbehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:B1357.1988Dokumentnummer
JFT_10109387_88B01357_00