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43/01 Wehrrecht allgemein;Norm
WehrG 1990 §23 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des AX in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 12. Juni 1991, Zl. W/56/09/03/53, betreffend Feststellung der Eignung zum Wehrdienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 13. Oktober 1956 geborene Beschwerdeführer wurde bei seiner (nach Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft durchgeführten) Stellung am 27. November 1989 für tauglich befunden. Ein Antrag auf neuerliche Stellung wurde mit Bescheid des Militärkommandos Wien vom 13. Februar 1990 abgewiesen. Der Beschwerdeführer leistete vom 2. April 1990 an seinen Grundwehrdienst. Er wurde aus diesem am 19. April 1990 vorzeitig entlassen, weil bei einer augenfachärztlichen Untersuchung ein Augenleiden ("hochgradige Myopie", "Sehschwäche") festgestellt wurde.
Der Beschwerdeführer unterzog sich in der Folge am 1. Oktober 1990 einer "Kurzstellung". Die Feststellung seiner Tauglichkeit mit Bescheid vom selben Tag wurde von der belangten Behörde gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Beschluß vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/11/0203, für gegenstandslos erklärt.
Der Beschwerdeführer wurde am 15. April 1991 neuerlich einer Stellung unterzogen. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde er wiederum für "Tauglich" erklärt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorauszuschicken ist, daß die vorliegende Beschwerde trotz des Umstandes, daß ihr mit Beschluß vom 12. August 1991, Zl. AW 91/11/0027 (zugestellt am 30. August 1991), gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde und daß der Beschwerdeführer am 13. Oktober 1991 sein 35. Lebensjahr vollendet hat, was zur Folge hat, daß er nach dem zweiten Satz des § 28 Abs. 1 WG nicht mehr zur Leistung des Grundwehrdienstes einberufen werden darf, nicht gegenstandslos geworden ist. Der Beschwerdeführer wurde mit Einberufungsbefehl der belangten Behörde vom 24. Juli 1991 zur Leistung des restlichen Grundwehrdienstes vom 1. Oktober 1991 an einberufen. Dieser Einberufungsbefehl wurde vom Beschwerdeführer nicht bekämpft; er gehört weiterhin dem Rechtsbestand an. Er ist auch in Ansehung des Lebensalters des Beschwerdeführers nicht rechtswidrig, da nach dem dritten Satz des § 28 Abs. 1 WG Wehrpflichtige, bei denen sich die Dauer des Grundwehrdienstes vom Einberufungstag an über die Vollendung des 35. Lebensjahres hinaus erstreckt, verpflichtet sind, den Grundwehrdienst noch zur Gänze zu leisten. Der Beschwerdeführer hat daher nach wie vor ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über die vorliegende Beschwerde, weil erst eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides, die eine Aufhebung des Einberufungsbefehles vom 24. Juli 1991 nach sich zu ziehen hätte, den Beschwerdeführer endgültig von seiner Präsenzdienstpflicht befreien würde.
2. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid "in seinem Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren, insbesondere in seinem Recht, erst nach Durchführung einer ärztlichen Untersuchung für tauglich befunden zu werden und, falls erforderlich, für diese Feststellung von der Stellungskommission einer fachärzlichen Untersuchung zugeführt zu werden (§ 23 Abs. 2 WG)", verletzt zu sein. Diese Behauptung ist insofern unverständlich, als der Beschwerdeführer jedenfalls im Zusammenhang mit seiner letzten Stellung vom 15. April 1991 einer augenfachärztlichen Untersuchung im Wiener Heeresspital unterzogen worden ist. Ein subjektives Recht darauf, daß die fachärztliche Untersuchung vor der Stellungskommission stattzufinden habe, besteht nach dem Gesetz nicht. In § 23 Abs. 2 zweiter Satz WG heißt es lediglich, daß die Stellungspflichtigen erforderlichenfalls einer fachärztlichen Untersuchung "zuzuführen" sind. Damit ist nicht bestimmt, in welchem räumlichen, zeitlichen und organisatorischen Zusammenhang die Untersuchung vorzunehmen ist.
Die Berufung des Beschwerdeführers auf die Feststellung des Militärarztes vom 19. April 1990, die zu seiner vorzeitigen Entlassung aus dem Grundwehrdienst wegen Dienstunfähigkeit geführt hat, geht deswegen ins Leere, weil dadurch - wie der Beschwerdeführer an sich richtig erkennt - der Bescheid betreffend Feststellung der Tauglichkeit des Beschwerdeführers vom 27. November 1989 in seinem Bestand nicht berührt wurde. Aus den Gründen für die vorzeitige Entlassung des Beschwerdeführers ergaben sich freilich Bedenken an der aufrechten Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst. Dies hatte dem Gesetz entsprechend zu einer neuerlichen, von Amts wegen angeordneten Stellung und zur Erlassung eines neuen - nämlich des angefochtenen - Bescheides zu führen. Es könnte den angefochtenen Bescheid auch nicht mit Rechtswidrigkeit belasten, wenn der Militärarzt seinerzeit aus einem Befund, der "praktisch keinerlei Änderungen" gegenüber dem aktuellen Untersuchungsergebnis aufgewiesen hat, die damals gegebene Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers abgeleitet hat, während die belangte Behörde nunmehr auf Grund einer fachärztlichen Begutachtung die Tauglichkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 15 Abs. 1 WG feststellte.
Die seinerzeitige Dienstunfähigkeit wurde auf das eingangs genannte Augenleiden gestützt; im gesamten Stellungsverfahren wurde die Eignung des Beschwerdeführers zur Wehrdienstleistung nur im Zusammenhang mit der Verfassung der Augen des Beschwerdeführers in Zweifel gezogen. Wenn der Beschwerdeführer im Zuge des Stellungsverfahrens einmal "die ärztlichen Unterlagen über die Herzkrankheit seines Vaters vorgelegt" haben soll - in dem dem Verwaltungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakt befindet sich nichts derartiges -, und wenn bei der Nachstellung vom 15. April 1991 bestimmte andere Untersuchungen (der Beschwerdeführer nennt die Untersuchung des Harnes, spirometrische und isometrische Untersuchungen sowie EKG) nicht vorgenommen worden sind, so mag der Verwaltungsgerichtshof keine damit im Zusammenhang stehenden Verfahrensmängel zu erblicken. "Daß es in der Familie des Beschwerdeführers Herzkrankheiten gibt", ist angesichts der bei der ersten Stellung des Beschwerdeführers festgestellten ausreichenden Gesundheit dieses Organes und mangels jeglichen Anhaltspunktes für eine Verschlechterung des Zustandes ohne Bedeutung und brauchte von der belangten Behörde nicht von Amts wegen aufgegriffen zu werden. Dasselbe gilt für die gerügte Unterlassung weiterer Untersuchungen, wozu noch kommt, daß der Beschwerdeführer kein Vorbringen erstattet, welche Ergebnisse diese Untersuchungen erbracht hätten, die für die Beurteilung seiner Tauglichkeit von wesentlichen Bedeutung gewesen wären.
Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991110097.X00Im RIS seit
21.01.1992