TE Vwgh Beschluss 1992/1/22 90/01/0190

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Veröffentlicht am 22.01.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
21/01 Handelsrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §9;
HGB §161 Abs2;
HGB §164;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, in der Beschwerdesache 1. des PS, 2. des Dkfm. FS,

3. der IS, alle in K, und 4. der MP in K, alle vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen die Stadtgemeinde Kufstein, wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, gelegen im Entfernen von Ankündigungsplakaten, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Stadtgemeinde Kufstein zu gleichen Teilen (je S 758,75) Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurden von bzw. für die "S KG" (KG) - als deren persönlich haftender Gesellschafter scheint der Erstbeschwerdeführer, als deren Kommanditisten scheinen die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer im Handelsregister (jetzt Firmenbuch) auf - an mehreren Stellen in Kufstein angebrachte Ankündigungsplakate (Hinweis auf eine Modeschau) von Organen der belangten Behörde am 6. Oktober 1989 entfernt.

Mit Beschluß vom 11. Juni 1990, B 1401/89-13, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der von den Beschwerdeführern gegen diese Maßnahme unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemeinsam erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor diesem Gerichtshof beantragten die Beschwerdeführer in einem ergänzenden Schriftsatz, die Maßnahme des Entfernens der angeführten Plakate für rechtswidrig zu erklären.

Den Ausführungen in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführer im Rahmen der KG ein Geschäft für Oberbekleidungsmode mit dem Standort in Kufstein betreiben. Die KG hat den Angaben der Beschwerdeführer zufolge von einem Werbeunternehmen eine Werbefläche in Kufstein gemietet, auf der vom Erstbeschwerdeführer vier der insgesamt neun später entfernten Ankündigungsplakate angebracht wurden. Im Hinblick auf den Inhalt der Plakate und die dargestellten Umstände ihrer Anbringung kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Plakate für und durch die KG affichiert wurden und in deren Eigentum standen.

Gemäß § 164 HGB sind die Kommanditisten - sofern im Gesellschaftsvertrag nicht eine abweichende Regelung getroffen wurde - von der Geschäftsführung, die grundsätzlich den Komplementären obliegt, ausgeschlossen. Bei der der Beschwerde zugrundeliegenden Angelegenheit handelt es sich um eine solche der KG. Geschäftsführungsbefugnisse der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer als Kommanditisten sind im Handelsregister (jetzt Firmenbuch) nicht eingetragen, sodaß sie nicht befugt sind, in einer Angelegenheit der KG diese nach außen zu vertreten. Daran vermag auch die Ansicht der Beschwerdeführer, die entfernten Ankündigungsplakate seien in ihrem Gesamthandeigentum gestanden, nichts zu ändern, erfolgt doch die Disposition über das im Gesamthandeigentum der Gesellschafter stehende Vermögen einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) - die für diese Gesellschaftsform geltenden handelsrechtlichen Bestimmungen sind gemäß § 161 Abs. 2 HGB, soweit nichts anderes bestimmt wird, auf die KG anzuwenden - nach der gesellschaftlichen Organisation im Innen- und Außenverhältnis (vgl. Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes 3, Wien 1979, S 63). So kann die OHG unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie vor Gericht klagen und geklagt werden (§ 124 HGB). Derartige Rechtshandlungen für die Gesellschaft bzw. in deren Namen können aber nur von einem ihrer vertretungsbefugten Organe vorgenommen werden. Die Zweitbis Viertbeschwerdeführer, denen - wie dargestellt - die Vertretungsbefugnis nicht zukommt, waren somit nicht berechtigt, für die KG Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Der im Handelsregister (jetzt Firmenbuch) als persönlich haftender Gesellschafter eingetragene Erstbeschwerdeführer wäre nach den obigen Ausführungen zwar befugt, für die KG Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof zu führen. Die Beschwerde selbst enthält aber keinen Hinweis darauf, daß der Erstbeschwerdeführer sie nicht im eigenen, sondern im Namen der KG erhoben hätte. Vielmehr kann aus der von den Beschwerdeführern vertretenen Auffassung, die entfernten Ankündigungsplakate seien in ihrem Gesamthandeigentum gestanden, ersehen werden, daß auch der Erstbeschwerdeführer der Meinung ist, er könne die in Wahrheit die Rechtssphäre der KG betreffende Entfernung der besagten Ankündigungsplakate vor dem Verwaltungsgerichtshof im eigenen Namen bekämpfen. Auch hat der Beschwerdeführer die seinem Rechtsvertreter erteilte Vollmacht nicht mit einem auf seine Eigenschaft als persönlich haftender Gesellschafter der KG deutenden Hinweis, sondern lediglich im eigenen Namen unterfertigt. Daraus folgt, daß die Beschwerde, auch soweit sie vom Erstbeschwerdeführer erhoben wurde, nicht als für die KG eingebracht gewertet werden kann.

Die Beschwerde war daher insgesamt mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 51) VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebilde ohne Rechtsfähigkeit Vertretungsbefugter juristische Person

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990010190.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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