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L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Mag. Onder sowie die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde 1.) der Gemeinde S und 2.) der Alpininteressentschaft I, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 23. April 1990, Zl. IVe-223/141, betreffend die Versagung einer Bewilligung nach dem Landschaftsschutzgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Agrarbezirksbehörde Bregenz beantragte mit Eingabe vom 4. November 1987 im Auftrag der Beschwerdeführer sowie für die zu bildende Güterweggenossenschaft S - I u.a. die Erteilung der Landschaftsschutzbewilligung zur Errichtung eines Güter- und Forstweges auf die Alpe I im Gemeindegebiet S. Die Bezirkshauptmannschaft versagte mit Bescheid vom 16. Oktober 1989 die beantragte Bewilligung gemäß §§ 3 Abs. 1 lit. c und 10 Abs. 1 und 2 des Landschaftsschutzgesetzes, Vorarlberger LGBl. Nr. 1/1982, für die Errichtung eines Güter- und Forstweges auf die Alpe I, vom Güterweg B - M talauswärts des P-Baches abzweigend über den I-Wald, im Gemeindegebiet S. Den von den Beschwerdeführern gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen gab die Vorarlberger Landesregierung (belangte Behörde) mit Bescheid vom 23. April 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 iVm § 3 Abs. 1 lit. c und 10 Abs. 1 und 2 des Landschaftsschutzgesetzes keine Folge und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Instanz.
Die belangte Behörde führte in der Begründung ihres Bescheides im wesentlichen aus, es gehe die Behörde erster Instanz in ihrem Bescheid im wesentlichen davon aus, daß Landschaftsschutzinteressen durch das beantragte Projekt dadurch verletzt würden, daß dieses zu wesentlichen Landschaftsschäden und zu einer bleibenden Entwertung der Erholungseignung des Gebietes führen würde. Es sei daher zu prüfen, ob diesen Beeinträchtigungen der Landschaftsschutzinteressen andere überwiegende öffentliche Intesssen gegenüberstehen. Über die alpwirtschaftliche Notwendigkeit der Erschließung der Kuh- und Galtviehalpe I mit einem kraftfahrtauglichen Güterweg bestünde kein Zweifel. Dieses öffentliche Interesse könne jedoch bei Berücksichtigung der vom Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz äußerst kritisch beurteilten Trassenvariante im unteren Teilstück des Güterweges nicht als im Sinne des § 10 Abs. 2 des Landschaftsschutzgesetzes überwiegend beurteilt werden. Dies gelte jedenfalls so lange, als nicht alle Möglichkeiten zur Verwirklichung des Güterwegebaues über H-Wald ausgeschöpft seien, womit auch die Antragstellung für behördliche Einräumung der erforderlichen Bringungsrechte im Sinne des I. Hauptstückes des Güter- und Seilwegegesetzes gemeint sei.
Die Zweitbeschwerdeführerin habe in ihrer Berufung im wesentlichen vorgebracht, es werde die "zwangslose" (richtig wohl: "zwangsweise") Einräumung des Bringungsrechtes für eine schlechte Lösung gehalten, da der Widerstand der H-Waldbesitzer zu groß sei. Auch würden die Bedingungen, welche wegen der Einräumung des Bringungsrechtes über die H-Waldtrasse übernommen werden müßten, eine bleibende Belastung der Alpe I darstellen (z.B. Viehtriebsrecht). Weiters sei die beantragte Wegtrasse leichter zu erhalten und zu benützen, da die Trasse über den H-Wald im Freigelände verlaufe und mit 14 % Steigung trassiert sei. Auch wären Vermurungen der P-Bachüberquerung bei Schlagwetter ziemlich wahrscheinlich. Dabei würde bei solchen Wetterlagen der tägliche Abgang von der Alpe zur Heuarbeit im Tal verunmöglicht. Auch habe der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz sowohl bei der ersten wie auch bei der zweiten kommissionellen Verhandlung festgestellt, daß die Heimenwaldtrasse zu einer großen landschaftlichen Beeinträchtigung führen würde. Ein negativer Berufungsbescheid würde die weitere Bewirtschaftung der Alpe in Frage stellen. Es sei nämlich der tägliche Fußmarsch von der Alpe bis zur Straße und wieder zurück sehr "erschwerlich". Es sei deshalb bereits eine Veräußerung der gesamten Liegenschaft in Erwägung gezogen worden.
Die Erstbeschwerdeführerin habe in ihrer Berufung festgehalten, daß durch den Güterweg der I-Wald erschlossen werden sollte, bei welchem sie mit 50 % beteiligt sei.
Die belangte Behörde führte in der Begründung ihres Bescheides weiter aus, es sei, da von der Zweitbeschwerdeführerin vorgebracht worden sei, daß die P-Bachüberquerung Vermurungen ausgesetzt sei, ein geologisches Gutachten eingeholt worden. In diesem werde festgestellt, daß die Errichtung des Güter- und Forstweges durch den I-Wald kritisch beurteilt werde, da die geplante Wegrasse auf den ersten 500 m über stark lehmhaltiges Lockermaterial führe, welches in den recht steilen Hängen immer wieder zu Hangrutschen geführt habe. Darüber hinaus zeige der Waldbestand z. T. Schräg- und Säbelwuchs, was auf Hangbewegungen vor allem bei starker Durchnässung schließen lase. Von km 0,9 bis km 1,7 verlaufe die versagte Tasse über mechanisch beanspruchten Fels, der aufgrund seiner außerordentlich starken Klüftung und seines teilweise talwärtigen Schichtfalles vor allem auf Hanganschnitte außerordentlich empfindlich mit Felsnachstürzen und Steinschlägen reagieren werde. Diese Probleme würden bei der Trassenvariante über die Alpe H-Wald nicht auftreten, wenn der Weg frühestens bei km 1,7 bis km 1,8 in die versagte Wegtrasse einbinden würde. Eine Einbindung der Variante über die H-Waldalpe könnte auch schon bei km 1,35 mit besonderen Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt werden, um zumindest einen Teil des I-Waldes ebenfalls zu erschließen. Die Querung des P-Baches werde aus geologischer Sicht als weitgehend risikolos bezeichnet. Eine gewisse Vermurungsgefahr im Zuge von Schlagwettern könne nicht bestritten werden. Allerdings würden diese Ereignisse in normalen Sommern eher selten sein, da der größte und steilste Einzugsbereich des P-Baches im Fels liege. Darüber hinaus werde die P-Bachquerung aufgrund der verhältnismäßig geringen Murschuttmengen in kürzester Zeit wieder von einem Gerät freigelegt werden können. Im übrigen mußten die ersten 9 Hektometer der Wegtrasse mittels Krainerwänden und Vorgrundsteinen gesichert werden. Zwischen Hektometer 9 und Hektometer 17 dürfe die Wegtrasse aufgrund der ungünstigen Gesteinsschichtung sowie Gesteinsklüftung nicht durch Hangabtrag, sondern ausschließlich durch Aufschüttung auf große Vorgrundsteine errichtet werden. Hinsichtlich der Variante über die H-Waldalpe werde ausgeführt, daß dieser aufgrund der geringeren Länge des Weges sowie des Vorhandenseins eines Traktorweges und des Gewinnes von 90 Höhenmetern am Wegbeginn sowie der nicht ungünstigen geologischen Voraussetzungen aus geologisch-sicherheitstechnischer Sicht ohne weiteres zugestimmt werden könne.
Dieses ergänzende Gutachten des geologischen Amtssachverständigen sei den Beschwerdeführern zur Kenntnis übermittelt worden. Die Zweitbeschwerdeführerin bringe in ihrer Stellungnahme dazu vor, daß nicht die gesamte Walderschließung in Frage gestellt werden dürfe, sondern nur die erste Strecke vom Anfang bis zu ersten Kehre. Die Strecke von der ersten Kehre bis zur zweiten Kehre sei von Hofrat D. bzw. Bezirkshauptmann Dr. W. verbindlich zugesichert worden. Im übrigen seien die Gutachten von Dr. K. und Dr. S.
widersprüchlich. Aufgrund der vergangenen Föhnstürme seien Waldschäden entstanden, die, da die Bringung ohne Zufahrtsweg unmöglich sei, nicht beseitigt werden könnten. Es sollte daher möglichst rasch mit dem Wegebau begonnen werden. Im übrigen könne die gesamte Güterweganlage auf eigenem Grund und Boden gebaut werden; auf der Grenze zwischen H-Wald und I entfalle der Weiderost; durch die Abschrankung am Weganfang werde der H-Waldbesitzer nicht gestört; weiters entfalle dadurch eine zwangsweise Einräumung des Bringungsrechtes; es müsse kein Wildbach überquert werden; die gegenständliche Wegtrasse sei 300 m kürzer; der Weg durch den Wald sei von nirgends - auch von keinem Höhenweg einsehbar; bei einer Querung des P-Baches sei mit Vermurungen zu rechnen; die 100 m steilen Hänge zur und von der Bachüberquerung würden die ersten 100 m bei der Waldvariante überwiegend aufheben.
Die belangte Behörde führte dazu in der Begründung ihres Bescheides aus, daß sie sich auf den von der Erstbehörde festgestellten Sachverhalt stütze. Die Beschwerdeführer hätten keinen Einwand gegen die in diesem Bescheid getroffenen Sachverhaltsfeststellungen erhoben. Die belangte Behörde finde daher keinen Anlaß für eine Änderung oder Ergänzung.
Es sei die Errichtung des geplanten Weges aufgrund folgender Bestimmungen bewilligungspflichtig: Gemäß § 3 Abs. 1 lit. c des Landschaftsschutzgesetzes, Vorarlberger LGBl. Nr. 1/1982, bedürfe die Errichtung von Straßen mit einer Breite von mehr als 2,40 m und einer Länge von mehr als 200 m außerhalb des bebauten Gebietes einer Bewilligung. Diese Voraussetzungen seien gegeben. Weiters verlaufe der Weg gemäß § 4 Abs. 3 leg. cit. im Uferschutzbereich des Schwarzenbaches und anderer namenloser Gerinne.
Gemäß § 10 des Landschaftsschutzgesetzes dürfe eine Bewilligung nach § 3 Abs. 1 nur erteilt werden, wenn Gewähr bestehe, daß Interessen des Landschaftsschutzes - allenfalls bei Einhaltung bestimmer Bedingungen, Auflagen oder Befristungen - nicht verletzt werden. Eine Bewilligung dürfe trotz Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes dann erteilt werden, wenn andere öffentliche Interessen überwiegen.
Die belangte Behörde sehe in Übereinstimmung mit der Behörde erster Instanz in der Verwirklichung des beantragten Wegebauvorhabens eine Verletzung der Interessen des Landschaftsschutzes, die sich durch die Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen nur unerheblich mindern läßt. Der erste Wegabschnitt bis zur ersten Kehre liege größtenteils im natürlichen Böschungswinkel. Der Bau dieser Wegstrecke würde nur durch umfangreiche Hangsicherungen durch bergseitige Steinsetzungen mit einer Höhe von 2,5 m bewerkstelligt werden können. Auch würde durch den Bau des oberen Wegabschnittes der bisher natürlich gebliebene Teil des Pr-Baches beeinträchtigt werden. Dies werde auch vom geologischen Amtssachverständigen bestätigt. Die ersten 9 Hektometer müßten mittels Krainerwänden sowie Vorgrundsteinen vor Hangrutschen gesichert werden. Die folgenden 8 Hektometer dürften aufgrund der ungünstigen Gesteinsschichtung sowie Gesteinsklüftung nicht durch Hangabtrag, sondern ausschließlich durch Aufschüttung sowie große Vorgrundsteine errichtet werden.
Würden Interessen des Landschaftsschutzes verletzt und könnten die Hinderungsgründe durch Bedingungen und Auflagen nicht beseitigt werden, so dürfe die Behörde die Bewilligung nur erteilen, wenn andere öffentliche Interessen überwiegen. Hiezu sei festzustellen, daß auch geologische-sicherheitstechnische Interessen gegen eine Bewilligung des beantragten Weges sprechen. Im geologischen Gutachten werde nämlich dazu ausgeführt, daß im Gegensatz zur beantragten Variante die Variante über die H-Waldalpe als weitgehend risikolos bezeichnet werden könne. Im Bereich des P-Baches sei wohl im Zuge von Schlagwettern mit einer gewissen Vermurungsgefahr zu rechnen, die jedoch in normalen Sommern eher gering sein werde. Weiters könnten die verhältnismäßig geringen Murschuttmengen mit wenig Zeitaufwand beiseitegeräumt werden. Auch der Amtssachverständige für Landschaftsschutz stelle fest, daß er die H-Wald-Trasse der beantragten Trasse vorziehen würde, da diese 80 m über dem projektierten Wegebeginn anfangen und der Wegabschnitt bis zur ersten Kehre jedenfalls nicht gebaut würde. Auch könnte die bereits bestehende Wegtrasse zur H-Waldalpe zum Teil als Grundlage für diese Variante benützt werden. Auch aus forstwirtschaftlicher Sicht sei der Wegabschnitt bis zur ersten Kehre ohne nennenswerten Nutzen. Durch einen Stichweg von der zweiten Kehre zur projektierten ersten Kehre könnte forstwirtschaftlichen Interessen Rechnung getragen werden. In Übereinstimmung mit der Behörde erster Instanz habe auch die belangte Behörde hinsichtlich der alpwirtschaftlichen Notwendigkeit der Erschließung der Kuh- und Galtviehalpe I mit einem kraftfahrzeugtauglichen Güterweg keine Zweifel. Diese alpwirtschaftliche Bedeutung des vorliegenden Güterwegeprojektes werde trotz der bestehenden Materialseilbahn, einer im großen Walsertal früher nicht üblichen Gemeinschaftssennerei und des verhältnismäßig kurzen und nicht extrem gefährlichen Viehtriebweges zwischen dem Güterweg B-M und den untersten Alpflächen anerkannt.
Dieses öffentliche Interesse an der Erhaltung der Alpwirtschaft im Gebiet der I-Alpe überwiege jedoch nicht die Interessen des Landschaftsschutzes sowie die geologisch-sicherheitstechnischen Interesen. Bei dieser Interessensabwägung komme der Tatsache besondere Bedeutung zu, daß es eine bessere Erschließungsmöglichkeit gebe. Die H-Waldtrasse sei im Gegensatz zur beantragten Trasse aus der Sicht des Landschaftsschutzes und aus geologischer Sicht der Vorzug zu geben. Die Weganlage zur Alpe I sei ein Alperschließungsprojekt, weshalb darauf geachtet werden solle, den sehr steilen und teilweise steinschlaggefährdeten I-Wald soweit wie möglich zu umfahren. Trotz der voraussichtlich notwendigen Sicherung der P-Bachquerung mit einer Pflasterung (Furt) dürften auch die Baukosten für diese rd. 80 Höhenmeter taleinwärts von der M-Straße abzweigende Trassenvariante geringer sein als bei der zur Bewilligung eingereichten Wegtrassierung. Die Eingriffe auf Alpgrund von H-Wald wären sehr gering, zumal teilweise die vorhandene Wegtrasse verwendet und in dem neu zu trassierenden Bereich der bisherige Alpweg rekultiviert werden könnte. Die angeführten, weitgehend im öffentlichen Interesse gelegenen alpwirtschaftlichen Gründe könnten bei Berücksichtigung der Trassenvariante im unteren Teilstück des Güterweges nicht als im Sinne des § 10 Abs. 2 des Landschaftsschutzgesetzes überwiegend beurteilt werden. Dies gelte aus landschaftsschutzbehördlicher Sicht jedenfalls so lange, als nicht alle Möglichkeiten zur Verwirklichung des Güterwegebaues über H-Wald ausgeschöpft seien, womit die Antragstellung auf behördliche Einräumung der erforderlichen Bringungsrechte im Sinne des I. Hauptstückes des Güter- und Seilwegegesetzes gemeint sei. Der Alpwegebau über den I-Wald erscheine aufgrund der gegebenen ungünstigen Geländeverhältnisse im unteren Teil und der mit dem Güterwegebau in diesem Abschnitt verbundenen Verletzungen von Interessen des Landschaftsschutzes erst und nur dann vertretbar, wenn seitens der Wegebauinteressenten alle, auch rechtliche Bemühungen zur Durchsetzung einer Wegführung über die H-Waldalpe erfolglos geblieben seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichshof hat erwogen:
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Landschaftsschutzgesetzes. LGBl. Nr. 1/1982,
lauten:
"§ 3 Bewilligungspflichtige Vorhaben
(1) Einer Bewilligung der Behörde bedürfen die Errichtung und die im Hinblick auf die Interessen des Landschaftsschutzes wesentliche Änderung von
...
c) Straßen mit eine Breite von mehr als 2,40 m und einer Länge von mehr als 200 m außerhalb des bebauten Gebietes;
...
§ 10 Bewilligung
(1) Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn Gewähr besteht, daß Interessen des Landschaftsschutzgesetzes nicht verletzt werden.
(2) Die Bewilligung darf nicht versagt werden, wenn sich die Hinderungsgründe durch Bedingungen, Auflagen oder eine Befristung der Bewilligung, die im Falle des § 3 Abs. 1 lit. m mit höchstens zehn Jahren zu bemessen ist, beseitigen lassen. Eine Bewilligung darf trotz Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes dann erteilt werden, wenn andere öffentliche Interessen überwiegen. In einem solchen Falle ist durch Bedingungen oder Auflagen die Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in möglichst geringem Ausmaß zu halten.
(3) ..."
Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem aus den vorzitierten Bestimmungen des Vorarlberger Landschaftsschutzes erfließenden Recht auf Bewilligung des beantragten Güter- und Forstweges verletzt. In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, daß der angefochtene Bescheid jedwede Auseinandersetzung dahingehend vermissen lasse, worin die Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes im Sinne von § 10 des Vorarlberger Landschaftsschutzgesetzes gelegen sein soll. Die belangte Behörde liste lediglich "außerlandschaftsschutzrechtliche" Gründe auf, aus denen sich eine Versagung ergeben soll. Erörtert würden Überlegungen der Baukosten, der Bautechnik, der Bodengeologie und auch allgemeine politische Zielsetzungen, nicht behandelt aber werde die einzig wesentliche Frage, nämlich worin die Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes im Sinne des § 10 leg. cit. begründet sein sollte. Selbst wenn die belangte Behörde nach Maßgabe des Ermittlungsverfahrens zum Ergebnis gelangen hätte können, daß Interessen des Landschaftsschutzes verletzt werden, hätte die Bewilligung nicht versagt werden dürfen, da sich die allfälligen Hinderungsgründe durch die Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen beseitigen ließen. Davon sei offensichtlich sogar der Amtssachverstädnige für Natur- und Landschaftsschutz ausgegangen, der bei der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 1988 diesbezüglich eine Reihe von Auflagen angeführt habe. Darüber hinaus wäre die Bewilligung selbst bei der Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes zu erteilen gewesen, da andere öffentliche Interessen bei weitem überwiegen. Es nehme die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid wohl eine Gewichtung der "öffentlichen Interessen" vor, gelange aber zu einem unrichtigen Ergebnis. Die alpwirtschaftliche Erschließung der Kuh- und Galtviehalpe "I" sei für die betroffenen Beschwerdeführer von so eminenter, existenzieller Bedeutung, daß die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Argumente geradezu von vernachlässigbarer Natur seien.
Auch wenn durch das beantragte Projekt Interessen des Landschaftsschutzes berührt würden, dürfe die (landschaftsschutzrechtliche) Wertung nicht dergestalt sein, daß schon die in der Bauphase üblichen und wieder heilbaren Wunden als "verbietender Eingriff" beurteilt werden. Der Bau eines Güter- und Forstweges, der für einen Bestand auf Jahrzente hinaus gedacht sei, könne in seiner Wirkung wohl nur ab dem Zeitpunkt beurteilt werden, ab dem weitere Regenerationen der Natur nicht mehr erwartet werden können. Heranzuziehen sei deshalb der Zeitpunkt, in dem die nach den Erfahrungen des Lebens höchstmögliche Verwachsung und Überschirmung durch den Wald eingetreten sei. Bei dieser Betrachtung hätte die belangte Behörde feststellen müssen, daß eine Verletzung des Landschaftsschutzes durch den beantragten Güter- und Forstweg in keiner Weise zu erwarten sei. Die belangte Behörde forciere eine Trasse über die Alpe "H-Wald", die über offenes Gelände führe. Da die beantragte Trasse im betreffenden Bereich durch Wald führe, bedürfe es von vornherein keiner weiteren Beweisführung, daß durch die "H-Wald-Trasse" Interessen des Landschaftsschutzes in höherem Maße verletzt würden als durch die beantragte Trasse.
Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg.
Im vorliegenden Fall ist nämlich davon auszugehen, daß die Beschwerdeführer um die landschaftsschutzrechtliche Bewilligung eines bestimmten, im Antrag genau beschriebenen Straßenbauprojektes angesucht haben. Gegenstand dieses projektbezogenen Bewilligungsverfahrens konnte daher nur das eingereichte Projekt - an dem die Beschwerdeführer im gesamten Verfahren festgehalten haben - sein. Es war daher den Verwaltungsbehörden verwehrt, ein anderes als das beantragte Projekt, an das sie gebunden waren, in ihre Überlegungen einzubeziehen und dem beantragten Projekt unter Hinweis auf ein der Behörde genehmeres Projekt die angesuchte Bewilligung zu versagen. Die belangte Behörde hätte daher nur die angesuchte Bewilligung - allenfalls mit Bedingungen und Auflagen - erteilen oder deshalb versagen müssen, weil Interessen des Landschaftsschutzes verletzt werden und sich die Hinderungsgründe durch Bedingungen und Auflagen nicht beseitigen lassen und andere geltend gemachte öffentliche Interessen die öffentlichen Interessen des Landschaftsschutzes nicht überwiegen.
Daraus aber folgt, daß für die Verwaltungsbehörden, die das beantragte Projekt ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Verträglichkeit mit dem Landschaftsschutz zu prüfen hatten, kein Anlaß bestanden hat, ein geologisches Gutachten einzuholen und sich mit der "H-Wald-Trasse" zu befassen. Vielmehr hätte sich die belange Behörde, die das bestehende öffentliche Interesse an der von den Beschwerdeführern beantragten Straße nicht in Abrede stellt, damit ausführlicher auseinander setzen müssen, ob das Projekt dann bewilligt werden könnte, wenn durch entsprechende Bedingungen und Auflagen - etwa im Sinne der Ausführungen des Amtssachverständigen am 17. Oktober 1988 - die Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in einem möglichst geringen Ausmaß gehalten wird.
Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, ist die belangte Behörde - wie schon die Behörde erster Instanz - offenbar von der unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen, daß die Beschwerdeführer durch die Versagung der angesuchten Bewilligung durch den gegenständlichen Bescheid und mit der in diesem enthaltenen Begründung dazu gebracht werden könnten, eine andere Trasse zu wählen. Die belangte Behörde hat - wie oben dargestellt - nicht beachtet, daß Gegenstand auch des Berufungsverfahrens das seinerzeit von den Beschwerdeführern eingereichte Projekt war und hat sich mit diesem - von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgehend - nicht ausreichend auseinandergesetzt. Die belangte Behörde hat dadurch ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei die Bestimmung des § 63 Abs. 1 VwGG in Erinnerung gebracht wird.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Besondere Rechtsgebiete Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990100115.X00Im RIS seit
27.11.2001