TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/28 91/05/0187

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Veröffentlicht am 28.01.1992
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Index

L82000 Bauordnung;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
BauRallg;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde

1.) des JN und 2.) der MN in P, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 15. Juli 1991, Zl. 8 BauR1-200/1/1991, betreffend einen Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme in einer Bausache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 10. November 1987 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde den Beschwerdeführern u.a. den Auftrag, sämtliche Einfriedungen und Einfriedungsteile auf bestimmten Grundflächen restlos zu beseitigen und bis 31. Juli 1988 den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung entschied der Gemeindevorstand der Gemeinde mit Bescheid vom 13. Juni 1989 dahingehend, daß der Auftrag u.a. bezüglich der Beseitigung der Einfriedungen und Einfriedungsteile neu formuliert und eine Erfüllungsfrist bis 30. September 1989 festgesetzt wurde. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 5. Oktober 1989 beantragte der Bürgermeister der Gemeinde bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt bezüglich des genannten Beseitigungsauftrages die Einleitung des Vollstreckungsverfahrens.

Am 10. Oktober 1989 drohte die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt den Beschwerdeführern die Durchführung der Ersatzvornahme an, wobei für die Erbringung der Leistung eine Frist von drei Monaten eingeräumt wurde.

In der Folge holte die Vollstreckungsbehörde erster Instanz Kostenvoranschläge ein und gewährte den Beschwerdeführern Parteiengehör. Im Hinblick auf außergerichtliche Besprechungen beantragten die Beschwerdeführer zunächst einige Male eine Fristerstreckung. Schließlich beantragten sie mit Schriftsatz vom 23. November 1990, im Hinblick auf eine beim Landesgericht Klagenfurt einzubringende Klage das Vollstreckungsverfahren bis zur Erledigung des Gerichtsverfahrens auszusetzen.

In einem Schreiben vom 15. November 1990 setzte der Bürgermeister die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt von der Auffassung der Gemeinde in Kenntnis, daß der rechtskräftige Bescheid zu vollstrecken sei. Mit Schreiben vom 4. Februar 1991 teilte die Bezirkshauptmannschaft der Gemeinde daraufhin mit, daß die Vollstreckung, dem Antrag der Partei entsprechend, bis zur Erledigung des anhängigen Gerichtsverfahrens ausgesetzt werde. Dieses Schreiben wurde nachrichtlich dem Vertreter der Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht.

Nachdem der Bürgermeister der Gemeinde mit Schreiben vom 7. Februar 1991 der Bezirkshauptmannschaft mitgeteilt hatte, daß weitere Verzögerungen der Exekution nicht akzeptiert werden könnten, ordnete die Bezirkshauptmannschaft mit Bescheid vom 19. März 1991 die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von S 32.400,-- an. Die dagegen erhobene Berufung wies die Kärntner Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der baupolizeiliche Auftrag zur Entfernung der konsenslos errichteten Einfriedungen und Einfriedungsteile in Rechtskraft erwachsen sei und zwischen diesem Auftrag und dem anhängigen zivilgerichtlichen Verfahren kein Zusammenhang bestehe. Die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides sei im Vollstreckungsverfahren nicht mehr zu erörtern. Es habe daher auch kein Grund dafür bestanden, das Vollstreckungsverfahren auszusetzen. Die diesbezügliche Erklärung der Vollstreckungsbehörde erster Instanz habe keine rechtliche Wirkung und sei als bloße Absichtserklärung rechtlich unbeachtlich. Es seien auch keine Anhaltspunkte für eine unrichtige Tatsachenfeststellung durch die Vollstreckungsbehörde gegeben, vielmehr habe diese in einem umfangreichen Ermittlungsverfahren mehrere Kostenvoranschläge zwecks Sicherstellung einer möglichst schonenden Vollstreckung eingeholt und auch das Anbot mit den geringsten Kosten im Rahmen des Parteiengehörs den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht. Die Höhe der vorgeschriebenen Kosten sei von den Beschwerdeführern auch gar nicht bestritten worden.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann nach § 4 Abs. 1 VVG die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Nach § 4 Abs. 2 VVG kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

Im Beschwerdefall ist zunächst davon auszugehen, daß Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens ein gegenüber den Beschwerdeführern in Rechtskraft erwachsener baupolizeilicher Auftrag ist. Dies bestreiten auch die Beschwerdeführer nicht. Sie verweisen jedoch darauf, daß beim Landesgericht Klagenfurt ein Verfahren auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes anhängig sei, was wiederum bedeuten würde, daß von der Gemeinde aufgebrachte Asphaltflächen entfernt und die Einfriedungen bzw. Einfriedungsteile an den ursprünglichen Standort zurückversetzt werden müßten. Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens sei auch ein Eventualbegehren gestellt worden, wonach für den Fall, daß die Gemeinde berechtigt gewesen sei, Grundstücksteile der Beschwerdeführer (für den Ausbau einer Straße) in Anspruch zu nehmen, die Gemeinde verpflichtet werde, eine entsprechende Zahlung zu leisten. Dieses Verfahren steht mit dem anhängigen Vollstreckungsverfahren, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, in keinem derartigen Zusammenhang, daß das Vollstreckungsverfahren zu unterbrechen gewesen wäre. Selbst wenn die Gemeinde zu Unrecht Grundflächen der Beschwerdeführer in Anspruch genommen hätte oder verpflichtet wäre, Geldleistungen an die Beschwerdeführer zu erbringen, könnte dies nicht dazu führen, daß der in Rechtskraft erwachsene baupolizeiliche Auftrag nicht vollstreckt werden dürfte. Wäre doch damit die Konsenslosigkeit der errichteten Bauteile nicht behoben.

Die Beschwerdeführer werfen den Verwaltungsbehörden auch vor, daß in dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 4. Februar 1991 nicht bloß eine Absichtserklärung zu erblicken sei, sondern eine bescheidmäßige Erledigung ihres Antrages vom 23. November 1990. Daraus schließen sie offensichtlich, daß das ausgesetzte Verfahren nicht wieder hätte aufgenommen werden dürfen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Auffassung der Beschwerdeführer nicht zu teilen. Zunächst ist diese Erledigung der Bezirkshauptmannschaft ausdrücklich an die Gemeinde gerichtet, auf deren Antrag das Vollstreckungsverfahren eingeleitet wurde, sodaß von einem an die Beschwerdeführer ergangenen Bescheid keine Rede sein kann, mag diese Erledigung nachrichtlich auch ihrem Rechtsvertreter zugeleitet worden sein. Gegenüber der Gemeinde kam aber die Erlassung eines Bescheides gar nicht in Betracht, was gleichfalls gegen die Auffassung der Beschwerdeführer spricht, diese Erledigung, die schon ihrer äußeren Form nach kein Bescheid ist, sei als Bescheid zu beurteilen. Das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 4. Februar 1991 stand demnach der Erlassung des in der Folge ergangenen erstinstanzlichen Bescheides nicht entgegen. Soweit die Beschwerdeführer darauf hinweisen, daß dann, wenn dieses Schreiben keine bescheidmäßige Erledigung darstelle, ihr Antrag vom 23. November 1990 noch nicht erledigt sei, übersehen sie, daß ein Rechtsanspruch auf eine gesonderte Entscheidung über den Antrag im Beschwerdefall nicht bestand, weil eine Unterbrechung des Verfahrens nicht in Betracht kommt, findet doch § 38 AVG im Vollstreckungsverfahren zufolge § 10 Abs. 1 VVG keine Anwendung. Durch die Erledigung der Berufung der Beschwerdeführer wurde im übrigen zu dieser Frage Stellung genommen.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte ungeachtet eines darauf abzielenden Parteienantrages gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991050187.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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