Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Dipl.-Kfm. H in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. Oktober 1991, Zl. 314.085/1-III-3/91, betreffend Zurückweisung einer Berufung (Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage; mitbeteiligte Partei:
A Gesellschaft m.b.H.), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. Oktober 1991 wurde die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 16. Jänner 1991 erhobene Berufung im Grunde des § 359 Abs. 4 in Verbindung mit § 356 Abs. 3 GewO 1973 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Landeshauptmann von Vorarlberg als Gewerbebehörde erster Instanz habe über das Ansuchen der mitbeteiligten Partei um gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung der genehmigten Tankstelle in L, R-Straße, durch Umgestaltung und Erweiterung des Tankstellengebäudes, Umbau der Waschhalle, Behälterzulegung, Austausch von Zapfsäulen und Umgestaltung der Zapfinseln mit Kundmachung vom 5. Oktober 1989 für den 30. Oktober 1989 eine mündliche Augenscheinsverhandlung anberaumt. Diese Kundmachung enthalte den Hinweis, daß Einwendungen gegen das Vorhaben, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden und "die Beteiligten dem Parteienantrag oder dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bildet, als zustimmend angesehen werden". Weiters sei ausgeführt worden, daß im Verfahren nur jene Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage erheben, Parteien sind. Am 23. Oktober 1989 sei folgende Eingabe des Beschwerdeführers vom 18. Oktober 1989 beim Amt der Vorarlberger Landesregierung eingelangt:
"Unter Bezugnahme auf die mir von der Marktgemeinde Lustenau zugegangene obige Kundmachung vom 5.10.1989 möchte ich als Mitbesitzer des unmittelbar hinter der A-Tankstelle in der R-Straße liegenden Grundstückes (EZ 4773, GP.627/6 und EZ 5348, GP.627/15) hiermit meinen Einwand bzw. meine Ablehnung des Projektes zur Erweiterung der in Frage stehenden A-Tankstelle (Änderung des Tankstellengeländes, Behälterzulegung, Zapfsäulen etc.) zum Ausdruck bringen.
Ich ersuche um entsprechende Berücksichtigung meiner Ablehnung dieses Erweiterungsplanes bei der Verhandlung des Projektes bei der zuständigen Behörde."
An der genannten Augenscheinsverhandlung habe der Beschwerdeführer nicht teilgenommen. Mit Schreiben vom 29. Jänner 1990 habe das Amt der Vorarlberger Landesregierung dem Beschwerdeführer eine Ablichtung der Verhandlungsschrift vom 30. Oktober 1990 übermittelt und ihn darauf hingewiesen, daß eine Begründung für die im Schreiben vom 18. Oktober 1990 zum Ausdruck gebrachte Ablehnung der Änderung der gegenständlichen A-Tankstelle nicht vorhanden sei, und daß nur subjektiv-öffentliche Einwendungen, wie etwa eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit, die Belästigung durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise, die Gefährdung des Eigentumes oder sonstiger dinglicher Rechte, als zulässig angesehen werden können. Dem Beschwerdeführer sei in der Folge eine Frist von 14 Tagen ab Zustellung dieses Schreibens eingeräumt worden, um bekanntzugeben, ob noch weiterhin Einwendungen erhoben werden. Mit Schreiben vom 20. Februar 1990 habe der Beschwerdeführer einen umfangreichen Schriftsatz eingebracht, in dem auch begründete Einwendungen sowie Beweisanträge enthalten seien. Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens in bezug auf diese Anträge und Durchführung des Parteiengehörs habe der Landeshauptmann von Vorarlberg unterm 16. Jänner 1991 einen Bescheid erlassen, mit dem die beantragte Änderung der Betriebsanlage genehmigt worden sei.
Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer Berufung erhoben.
In der Begründung des hierüber ergangenen Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. Oktober 1991 wurde weiters auf den Rechtsbegriff einer Einwendung im Sinne des § 356 Abs. 3 leg.cit. hingewiesen und hiezu ausgeführt, daß entsprechende Behauptungen in der Eingabe des Beschwerdeführers vom 18. Oktober 1989 nicht aufgestellt worden seien, obwohl in der bezughabenden Kundmachung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom 5. Oktober 1989 auf die Voraussetzungen zur Erlangung der Parteistellung und die Säumnisfolgen ausdrücklich hingewiesen worden sei. Die genannte Erklärung sei daher zur Erlangung der Parteistellung nicht geeignet gewesen. Die Terminisierung des § 356 Abs. 3 GewO 1973 ("spätestens bei der Augenscheinsverhandlung") sei eine gesetzliche Fallfrist, die von der Behörde nicht erstreckt werden könne. Räume die Behörde einem Beteiligten trotzdem eine weitere Frist zur Erhebung von Einwendungen ein, so bewirke dieser Vorgang auch bei Erhebung von Einwendungen, die den oben dargestellten Erfordernissen entsprechen, nicht den Erwerb der Parteistellung. Es sei daher für den Beschwerdeführer durch die Einbringung des Schriftsatzes vom 20. Februar 1990 nicht mehr möglich gewesen, Parteistellung zu erwerben, da die gesetzliche Frist hiefür abgelaufen gewesen sei. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, daß die Berufung mangels Erlangung der Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die vorliegende Beschwerde enthält folgende Erklärung über den Beschwerdepunkt:
"Durch den bekämpften Bescheid wird der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Zuerkennung der Parteistellung und der damit verbundenen Rechte auf Erhebung von Rechtsmitteln und deren sacherledigende Entscheidung verletzt."
In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, ihm komme im gegenständlichen Genehmigungsverfahren Parteistellung zu. Seine Parteistellung sei durch die mit diesem Verfahren befaßten Behörden bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides auch nicht bezweifelt worden. Dem Beschwerdeführer sei der Bescheid des Landeshauptmannes, mit dem die Änderung der Betriebsanlage genehmigt wurde, zugestellt worden. Nur Nachbarn, die Parteien sind, seien gemäß § 359 Abs. 3 GewO 1973 Genehmigungsbescheide zuzustellen. Der Beschwerdeführer sei während des ganzen Verfahrens als Partei behandelt worden. Er habe stets Gelegenheit erhalten, zu Gutachten und Stellungnahmen Stellung zu nehmen, und es seien ihm sämtliche wichtigen Schriftstück, wie eben letztlich auch der Genehmigungsbescheid, zugestellt worden. Schließlich habe der Beschwerdeführer auch zu Recht gemeint, durch seine Eingabe vom "Oktober 1990" (gemeint offenbar jene vom 23. Oktober 1989) Parteistellung erlangt zu haben. Den rechtlichen Informationen, die in der Kundmachung enthalten gewesen seien, sei keineswegs zu entnehmen gewesen, daß der Beschwerdeführer seine Einwendungen auch zu begründen bzw. konkret auszuführen gehabt hätte. Da er an der Teilnahme an der Augenscheinsverhandlung verhindert gewesen sei, er sohin anläßlich der Augenscheinsverhandlung nicht durch die Behörde im Sinne des § 13a AVG 1950 habe angeleitet werden können, daß seine abgegebene Erklärung nicht geeignet gewesen sei, ihm die angestrebte Parteistellung zu sichern, sohin die Behörde ihrer Manuduktionspflicht nicht in der Augenscheinsverhandlung habe nachkommen können, habe die Behörde ihre Manuduktionspflicht mit Schreiben vom 29. Jänner 1990 erfüllt und den Beschwerdeführer aufgefordert, seine bereits erhobenen Einwendungen zu begründen. Da jedoch nur die Erhebung von Einwendungen, nicht aber ihre Begründung von Präklusionsfolgen erfaßt sei, der Beschwerdeführer aber mit Schreiben vom 18. Oktober 1990 Einwendungen erhoben und mit Schreiben vom 20. Februar 1990 diese ausführlichst begründet habe, könne keine Rede davon sein, daß die Präklusionsfolgen nach § 42 AVG 1950 hinsichtlich des Beschwerdeführer hätten eintreten können. Denn die Einwendungen seien vom Beschwerdeführer fristgerecht (noch vor der Augenscheinsverhandlung) erhoben worden. Die Behörde selbst sei in ihrem Schreiben vom 29. Jänner 1991 davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer Einwendungen i.S. des § 356 GewO 1973 gegen die Anlagenänderung vorgebracht habe, da im Schreiben vom 29. Jänner 1991 beim Beschwerdeführer angefragt werde, ob dieser noch weiterhin Einwendungen gegen das erwähnte Vorhaben erhebe. Denn daß der Beschwerdeführer eine ablehnende Haltung eingenommen, sohin Einwendungen erhoben habe und dem Umbauvorhaben nicht habe zustimmen wollen, habe er klar zum Ausdruck gebracht; dies sei auch den Behörden (siehe Schreiben vom 29. Jänner 1981) bekannt gewesen. Der Landeshauptmann von Vorarlberg habe mit Schreiben vom 29. Jänner 1990 dem Beschwerdeführer in Befolgung der Manuduktionspflicht eine Frist von 14 Tagen gesetzt, die die Frist des § 356 Abs. 3 GewO 1973 ersetzt bzw. ergänzt habe.
Allenfalls hätte die Behörde eine neue Augenscheinsverhandlung anzusetzen bzw. die Augenscheinsverhandlung vom 30. Oktober 1990 (richtig wohl 1989) fortsetzen müssen. Die belangte Behörde habe daher in ihrem Bescheid zu Unrecht die Parteistellung des Beschwerdeführers verneint, weshalb der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführers keine Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Im Grunde des § 356 Abs. 1 GewO 1973 hat die Behörde (§§ 333, 334, 335), ausgenommen in den Fällen des § 359b, auf Grund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen. Gegenstand, Zeit und Ort der Augenscheinsverhandlung sowie die gemäß Abs. 3 bestehenden Voraussetzungen für die Begründung der Parteistellung sind den Nachbarn durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern und in den an diese Häuser unmittelbar angrenzenden Grundstücken stehenden Häusern bekanntzugeben; .... Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.
Nach § 356 Abs. 3 GewO 1973 sind im Verfahren gemäß Abs 1, unbeschadet des folgenden Satzes, nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Weist ein Nachbar der Behörde nach, daß er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach dem ersten Satz zu erlangen, so darf er seine Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 auch nach Abschluß der Augenscheinsverhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen und ist vom Zeitpunkt seiner Einwendungen an Partei; solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Augenscheinsverhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.
Gemäß § 359 Abs. 4 GewO 1973 steht das Recht der Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind.
Diese Rechtslage gilt auch uneingeschränkt in einem gemäß § 81 GewO 1973 durchzuführenden Verfahren über die gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage.
Eine Einwendung im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1973 liegt nur dann vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muß jedenfalls entnommen werden können, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend gemacht wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. April 1985, Slg. N.F. Nr. 11.745/A, und die dort zitierte Vorjudikatur). D. h. es muß auf einen oder mehrere der im § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973, im Falle des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg.cit. auf einen oder mehrere der dort vorgeschriebenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder "in anderer Weise" auftretende Einwirkungen) abgestellt sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1988, Zl. 87/04/0129, u.a.).
Wenn an die Beteiligten des Verwaltungsverfahrens eine rechtzeitige Verständigung von der Anberaumung der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Rechtsfolgen unterlassener Einwendungen erging, besteht in Ansehung der Erhebung von Einwendungen keine weitere Manuduktionspflicht der Behörde (vgl. hiezu die vorstehend bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 16. April 1985, Slg. N.F. Nr. 11.745/A, und vom 22. November 1988, Zl. 87/04/0129).
Wenn in der Kundmachung der Augenscheinsverhandlung auf das zur Vermeidung der Präklusion bzw. zur Erlangung der Parteistellung bestehende Erfordernis der Erhebung von Einwendungen hingewiesen wird, so wird damit hinlänglich deutlich, daß eine in Ansehung der Art der Betroffenheit schlechterdings inhaltsleere Äußerung, die sich auf den bloßen
Ausdruck "... möchte ich ... meinen Einwand bzw. meine
Ablehnung des Projektes ... zum Ausdruck bringen" beschränkt,
nicht die erforderliche qualifizierte Erklärung darstellt.
Im vorliegenden Fall bestätigt der Beschwerdeführer in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde die Richtigkeit der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Sachverhaltsdarstellung über die Ausschreibung der Augenscheinsverhandlung samt Hinweis auf das Erfordernis der Erhebung von Einwendungen, spätestens zu dem gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt, und die Rechtsfolge der Unterlassung der rechtzeitigen Erhebung von Einwendungen. Eine Rechtswidrigkeit dahin, daß die Erstbehörde gegen die im § 356 Abs. 1 GewO 1973 enthaltenen Regelungen verstoßen hätte, macht der Beschwerdeführer nicht geltend.
Dem Beschwerdevorbringen ist somit zunächst entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer zu Unrecht rügt, mit der Kundmachung der Augenscheinsverhandlung nicht die erforderlichen rechtlichen Informationen erhalten zu haben.
Davon ausgehend ist die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, daß die Eingabe des Beschwerdeführers vom 18. Oktober 1989 keine Einwendungen enthalten habe, unter Bedachtnahme auf die vorstehenden Ausführungen zur Rechtslage nicht als rechtswidrig zu erkennen. Es trifft nicht zu, daß die belangte Behörde in Ansehung einer erhobenen Einwendung - zu Unrecht - nur die Beifügung einer Begründung vermißt hätte.
Im Hinblick auf die vorstehend dargestellte Rechtslage vermag der Beschwerdeführer weiters mit seinen Ausführungen darüber, daß er im Verwaltungsverfahren als Partei behandelt worden sei, seiner Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Die vorliegende Beschwerde war somit gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, da ihr Inhalt erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991040303.X00Im RIS seit
28.01.1992