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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Tir 1989 §30 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde 1. der N,
2. des M und 3. der R in X, alle vertreten durch Dr. G in X, dieser vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 13. Oktober 1989, Zl. MD-1727/1989, betreffend Erteilung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: S in X), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Stadtgemeinde Innsbruck Aufwendungen von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei ist Alleineigentümerin des Grundstückes Nr. n2 in EZ n3, die Beschwerdeführer sind Miteigentümer der benachbarten Liegenschaft EZ n1, jeweils der Katastralgemeinde Amras. Auf dem Grundstück der mitbeteiligten Partei errichtete diese vor längerer Zeit (nach der Aktenlage etwa 1971) Tennisplätze und auf diesen etwa 1981 eine Tennisschlagwand, für welche sie erst am 18. August 1988 beim Stadtmagistrat Innsbruck um die nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung ansuchte.
Dieses Grundstück war - einem bei den Verwaltungsakten befindlichen Bearbeitungsformular vom 26. September 1988 zufolge - im Zeitpunkt der Antragstellung durch die mitbeteiligte Partei noch als "Sonderfläche im Bauland-Grünanlage" gewidmet; es war jedoch im damals bereits beschlossenen, aber erst während des erstinstanzlichen Baubewilligungsverfahrens von der Tiroler Landesregierung genehmigten Flächenwidmungsplan eine Widmung "Sonderfläche im Freiland-Sportanlage" vorgesehen.
Die Beschwerdeführer erhoben in der Bauverhandlung vom 14. Dezember 1988 Einwendungen gegen die Bewilligung dieser Tennisschlagwand in zwei Richtungen: Es sei nach neuesten Forschungsergebnissen (wobei sich die Beschwerdeführer auf den Vorstand des Instituts für Städtebau und Raumplanung der Universität Innsbruck als "sachverständige Auskunftsperson" berufen haben) der von einem Tennisplatz, im besonderen Maße aber der von einer Tennisschlagwand ausgehende Lärm gesundheitsschädlich und es sei eine solche Schlagwand "für den Tennisbetrieb nicht notwendig".
Der Stadtmagistrat Innsbruck erteilte der mitbeteiligten Partei in der Folge mit Bescheid vom 24. Jänner 1989 die beantragte Bewilligung. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden gemäß § 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung (TBO) als unbegründet abgewiesen und dazu ausgeführt, daß das Grundstück im Flächenwidmungsplan als "Sonderfläche im Bauland-Sportanlage" im Sinne des § 16 des Tiroler Raumordnungsgesetzes (TROG) gewidmet sei. Der an eine Sonderfläche angrenzende Nachbar könne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht verlangen, daß das Bauvorhaben auf der Sonderfläche den für Wohngebiete im Sinne des § 12 TROG geltenden Bestimmungen entspreche; überdies sehe § 16 TROG für Nachbarn einer Sportanlage keinen Immissionsschutz vor, wobei die Behörde zum erstgenannten Argument auf das hg. Erkenntnis vom 15. April 1982, Slg. Nr. 10704/A, zum zuletztgenannten Argument auf das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 1985, Zl. 82/06/0113, verwies.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie im wesentlichen auf ihren Einwendungen beharrten und unter Berücksichtigung der Darlegungen des erstinstanzlichen Bescheides, insbesondere zur widmungsrechtlichen Situation, darauf verwiesen, daß eine Tennisschlagwand nicht zur üblichen Ausstattung von Tennisplätzen gehöre und die gegenständliche Tennisschlagwand nicht nach dem Stand der Technik ausgeführt und situiert worden sei.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Sportamtes (wonach eine Tennisschlagwand "durchaus üblicherweise zum Betrieb von Tennisplätzen" gehöre und "die Ausführung in Beton die derzeit gebräuchlichste und eine mit der geringsten Lärmentwicklung" sei) sowie einer Stellungnahme der Beschwerdeführer hiezu (mit der Unterlagen vorgelegt wurden, die in die gegenteilige Richtung deuten), wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 13. Oktober 1989 die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Unter Hinweis auf die Stellungnahme des Sportamtes hat die Behörde darin als erwiesen angenommen, daß die gegenständliche Tennisschlagwand "durchaus zum Betrieb einer Tennisanlage" zu zählen sei. Der Betrieb einer Tennisanlage sei "der flächenwidmungsplanmäßigen Widmung mit "Sonderfläche im Freiland-Sportanlage" zweifelsfrei zu subsumieren", sodaß der "mittelbar gesetzlich normierten Schutzbestimmung vor Emissionen über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken (§ 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung) Rechnung getragen" sei. Die Bestimmung des § 16 TROG sehe für den Nachbarn keinen Immissionsschutz vor, sodaß bezüglich der Einwendung der Gesundheitsbeeinträchtigung infolge Lärmbelästigung (ergänze: den Beschwerdeführern) ein subjektiv-öffentliches Recht nicht einzuräumen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Im Zuge der Behandlung dieser Beschwerde sind beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des vom Gemeinderat der Stadt Innsbruck am 4. Februar 1988 zur Zl. VI-8649/1987, beschlossenen und genehmigten Flächenwidmungsplanes, Innsbruck, Teilplan Amras AM-F1, insoweit entstanden, als darin die Widmung "Freiland-Sportplatz" für die verfahrensgegenständliche Bauliegenschaft enthalten ist.
Mit Beschluß vom 28. Februar 1991, Zl. A 55/91, hat der Verwaltungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 B-VG den Antrag gestellt, diesen Flächenwidmungsplan insoweit als gesetzwidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 11. Dezember 1991, V 166/91, hat der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung (TBO) in der hier bereits anzuwendenden Fassung der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 33/1989 kommt den Beschwerdeführern als Nachbarn nur ein beschränktes Mitspracherecht zu, nämlich, wenn von ihnen die Verletzung eines Rechtes behauptet wird, das in einer Bestimmung begründet ist, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dient (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung). Solche Einwendungen können nach dem letzten Satz der zitierten Gesetzesstelle insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken (u.a.), namentlich auf die §§ 12 bis 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. Nr. 4, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 38/1984 (in der Folge: TROG) gestützt werden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Nachbarn somit ein subjektives Recht auf Einhaltung der Widmung zu (vgl. die Erkenntnisse vom 10. April 1986, Zl. 85/06/0183, BauSlg. 656, vom 19. Oktober 1988, Zl. 86/05/0135, BauSlg. 1199, und vom 21. Dezember 1989, Zl. 88/06/0001), ein Immissionsschutz jedoch nur insoweit, als die gesetzlichen Bestimmungen über die betreffende Widmung dies vorsehen (vgl. das Erkenntnis vom 23. Jänner 1986, Zl. 84/06/0117, BauSlg. 610, mit weiteren Judikaturhinweisen). Soweit ein derartiger Immissionsschutz durch die Widmungsart nicht gewährleistet ist, besteht kein Nachbarrecht im subjektiv öffentlich-rechtlichen Sinn (vgl. das Erkenntnis vom 4. Juli 1985, Slg. Nr. 11821/A); auch der Einwand der Lärmbelästigung ist im Baubewilligungsverfahren nur insoweit beachtlich, als diese mit der Widmung nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. das Erkenntnis vom 17. Jänner 1985, Zl. 83/06/0061, BauSlg. 370).
Nach dem der vorliegenden Beschwerdesache zugrundeliegenden Flächenwidmungsplan vom 4. Februar 1988 ist die Liegenschaft der mitbeteiligten Partei als "Freiland-Sportplatz" gewidmet. Mit dieser Widmung ist ein Immissionsschutz, wie er etwa für Grundflächen im Wohngebiet (§ 12 TROG), aber auch im Mischgebiet (§ 14 TROG) vorgesehen ist, nicht verbunden. Da für die Frage des Vorliegens eines Immissionsschutzes die Widmung des zu bebauenden Grundstückes maßgebend ist, nicht aber jene des diesem Grundstück benachbarten Grundstückes der Beschwerdeführer (vgl. HAUER, Der Nachbar im Baurecht2, S. 174, und die hg. Erkenntnisse vom 5. November 1985, Zl. 85/05/0095, BauSlg. Nr. 564, und vom 26. November 1991, Zl. 91/05/0132) kommt den Beschwerdeführern als Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht auf Unterbleiben jener Lärmimmissionen zu, die mit einem nach der Widmungsart "Freiland-Sportplatz" zulässigen Betrieb verbunden sind.
Bei Prüfung der Frage, ob die Widmung eingehalten wurde, kommt es - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer - nicht darauf an, ob die (lärmerregende) Tennisschlagwand "üblicherweise zur Ausstattung von Tennisplätzen gehört" sondern darauf, ob die Betreibung einer Tennisschlagwand im Rahmen eines Tennisplatzes mit der Widmung "Freiland-Sportplatz" vereinbar ist. Es bedarf keiner Erörterung, daß eine Tennisschlagwand (unabhängig davon, ob sie "üblicherweise" zur Ausstattung von Tennisplätzen gehört) zum Betrieb einer Tennisanlage nicht im Widerspruch steht. Es handelt sich vielmehr um eine mit der Widmung im Einklang stehende Einrichtung zur Ausübung des Tennissportes.
Da somit den Beschwerdeführern aus dem Blickwinkel der geltend gemachten Beschwerdepunkte subjektiv-öffentliche Rechte nicht zukommen und die Errichtung einer Tennisschlagwand der gegebenen Widmung nicht widerspricht, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Ob gegebenenfalls weiterreichende Ansprüche der Beschwerdeführer gemäß § 364 Abs. 2 ABGB (worüber die Zivilgerichte zu entscheiden hätten) im Rahmen des gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens bestehen, ist im oder eines sonstigen Verfahrens vorliegenden, ausschließlich baurechtliche Belange betreffenden Verfahren, nicht zu prüfen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992060004.X00Im RIS seit
03.05.2001