TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/29 91/03/0127

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Veröffentlicht am 29.01.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §13a;
AVG §61;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/03/0128 91/03/0129 91/03/0130

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der R in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Steiermark 1) vom 2. April 1991, Zl. 11-75 Re 22-90, 2) vom 2. April 1991, Zl. 11-75 Re 23-90,

3) vom 2. April 1991, Zl. 11-75 Re 24-90 und 4) vom 2. April 1991, Zl. 11-75 Re 25-90, alle betreffend Zurückweisung der Berufung in Verwaltungsstrafsachen (Übertretungen des KFG), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 3.035,--, sohin zusammen S 12.140,--, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Leoben verhängte über die Beschwerdeführerin mit zwei Straferkenntnissen vom 10. September 1990, Zl. 4461/90 und Zl. 4462/90, und mit zwei weiteren Straferkenntnissen vom 11. September 1990, Zl. 4463/90 und Zl. 4464/90, je wegen der Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen). Alle vier Straferkenntnisse enthalten die Rechtsmittelbelehrung, daß die Berufung - ausgenommen bei mündlicher Berufung - einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat.

Das von der Beschwerdeführerin an die Bundespolizeidirektion gerichtete und am 2. Oktober 1990 zur Post gegebene Schreiben hat folgenden Wortlaut: "Betrifft St 4461-4464/90 Ich beeinspruche diese Strafverfügungen." Der Landeshauptmann von Steiermark wies mit den nunmehr angefochtenen vier Bescheiden vom 2. April 1991 die gegen das jeweilige erstinstanzliche Straferkenntnis gerichtete Berufung mangels eines begründeten Berufungsantrages als unzulässig zurück.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die betreffenden Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in den von ihr erstatteten Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist zu bemerken, daß das von der Beschwerdeführerin eingebrachte Rechtsmittel von der belangten Behörde zu Recht als Berufung gegen das jeweilige, darin nach Zahl angeführte Straferkenntnis der Erstbehörde gewertet wurde.

Hinzuweisen ist ferner, daß Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens allein die Frage ist, ob die Zurückweisung der Berufung durch die belangte Behörde dem Gesetz entsprach. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Beschwerdeverfahren hingegen nicht zu prüfen und zu entscheiden, ob an die Beschwerdeführerin rechtswirksame Aufforderungen nach § 103 Abs. 2 KFG ergingen und die Beschwerdeführerin die ihr zur Last gelegten Übertretungen dieser Gesetzesstelle zu verantworten hat. Auf das dazu in der Beschwerde erstattete Vorbringen war daher nicht weiter einzugehen.

Auf den gegenständlichen Beschwerdefall sind die Bestimmungen des AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 357/1990 und das VStG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 358/1990 anzuwenden. Die in der Folge zitierten Bestimmungen des AVG gelten gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren.

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die (schriftlich, telegrafisch oder fernschriftlich eingebrachte) Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Im Verwaltungsstrafverfahren kann gemäß § 51 Abs. 3 VStG die Berufung auch mündlich angebracht werden, wobei es nur in diesem Fall keines begründeten Berufungsantrages bedarf.

Gemäß § 61 Abs. 1 AVG hat die Rechtsmittelbelehrung unter anderem auf das Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages hinzuweisen. § 61 Abs. 5 AVG bestimmt, daß dann, wenn der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über das Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages enthält, das Fehlen eines solchen als Formgebrechen (§ 13 Abs. 3) gilt.

Daraus ergibt sich, daß das Fehlen eines begründeten Rechtsmittelantrages nur dann als Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG gilt, wenn der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über das Erfordernis eines solchen enthält. Sind demnach Straferkenntnisse - wie im Beschwerdefall - mit dem Hinweis versehen, daß insbesondere schriftliche Berufungen einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten haben, so beinhaltet das Fehlen eines solchen - ein begründeter Berufungsantrag stellt eines der Mindesterfordernisse dar, die an eine Berufung zu stellen sind - kein Formgebrechen (§ 13 Abs. 3 AVG) und führt dies zu einer sofortigen Zurückweisung der Berufung.

Das Gesetz macht in Ansehung einer Rechtsmittelbelehrung keinen Unterschied, ob der zur Erhebung des Rechtsmittels Berechtigte im vorangegangenen Verfahren durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten war oder nicht. Da ferner § 61 AVG klar umschreibt, welchen Inhalt eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat, ist der Einwand des Beschwerdeführers, die Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens seien verpflichtet gewesen, "mit entsprechender Belehrung die Rechtsmittel zur Verbesserung zurückzustellen" nicht berechtigt, zumal § 13a AVG eine allgemeine Verpflichtung der Behörde zur Rechtsbelehrung gegenüber Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, nur für den Fall vorsieht, daß nicht das Gesetz eine spezielle Belehrung anordnet, wie dies in Ansehung der Rechtsmittelbelehrung nach § 61 AVG der Fall ist.

Der belangten Behörde unterlief daher keine Rechtswidrigkeit, wenn sie das Fehlen eines begründeten Rechtsmittelantrages in den Berufungen nicht als Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG erachtete und die Berufungen deshalb als unzulässig zurückwies.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 52 Abs. 1, VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages Manuduktionspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991030127.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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