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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §97 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, in der Beschwerdesache des F in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 8. Juli 1991, Zl. MA 70-10/1233/90/Str, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 8. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 31. August 1989 um 18.08 Uhr in Wien V, Reinprechtsdorferstraße 17, Fahrtrichtung Matzleinsdorferplatz, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt und das von einem Sicherheitswachebeamten deutlich sichtbar gegebene Haltezeichen nicht beachtet zu haben, indem er ohne anzuhalten weitergefahren sei und somit der Aufforderung zum Anhalten keine Folge geleistet habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 4 lit. i in Verbindung mit § 97 Abs. 5 StVO 1960 begangen, weshalb nach der zuerst zitierten Gesetzesstelle über ihn eine Geldstrafe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 42 Stunden) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 97 Abs. 5 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle oder anderer den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffenden Amtshandlungen zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich zwar der Rechtsansicht des Beschwerdeführers, wesentliches Tatbestandsmerkmal einer Übertretung dieser Norm sei, daß der betroffene Fahrzeuglenker das Anhaltezeichen auch tatsächlich gesehen habe, nicht anzuschließen, weil mangels gegenteiliger gesetzlicher Anordnung zur folge § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit auch in diesem Fall fahrlässiges Verhalten genügt. Zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes genügt daher die objektive Wahrnehmbarkeit des Haltezeichens.
Zu Recht rügt der Beschwerdeführer allerdings, daß sich die belangte Behörde im vorliegenden Verfahren nicht mit der Frage der Erfüllung der subjektiven Tatseite auseinandersetzte. Der Beschwerdeführer machte nämlich im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens immer wieder geltend, er habe kein Haltezeichen gesehen, und beantragte zur Erforschung der näheren Umstände, unter denen dieses Haltezeichen gegeben wurde, die diesbezügliche ergänzende Vernehmung des Meldungslegers. Damit hat der Beschwerdeführer einen Entlastungsbeweis im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG angeboten und es wäre Sache der belangten Behörde gewesen, entweder den beantragten Beweis durchzuführen oder in der Begründung des angefochtenen Bescheides darzulegen, aus welchen Gründen sie einerseits von der Durchführung dieses Beweises absah und weshalb sie andererseits das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden des Beschwerdeführer als gegeben erachtete.
Da die belange Behörde dies verkannte, belastete sie - da nicht ausgeschlossen werde kann, daß sie bei Vermeidung dieses Verfahrensverstoßes zu einem anderen Bescheid hätte kommen können - den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020062.X00Im RIS seit
12.06.2001