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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art18 Abs1Leitsatz
Zuständigkeit des VfGH zur Überprüfung verfassungsunmittelbarer Verordnungen; Aufhebung des §1 der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik, BGBl. 344/1967, mit der die Besorgung von Geschäften der Verwaltung bundeseigener Liegenschaften und des staatlichen Hochbaues dem Landeshauptmann übertragen wird - dem Art18 B-VG widersprechende Unbestimmtheit bei Anführung der übertragenen AngelegenheitenSpruch
§1 der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 19. Oktober 1967, BGBl. Nr. 344, mit der die Besorgung von Geschäften der Verwaltung bundeseigener Liegenschaften und des staatlichen Hochbaues dem Landeshauptmann übertragen wird, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 1989 in Kraft.
Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Die mit der Verwaltung des Bundesvermögens betrauten Bundesminister könnten nach Art104 Abs2 B-VG die Besorgung dieser Geschäfte dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden im Land übertragen.
Der Bundesminister für Bauten und Technik übertrug mit Verordnung vom 19. Oktober 1967, BGBl. 344, die Besorgung von Geschäften der Verwaltung bundeseigener Liegenschaften und des staatlichen Hochbaues dem Landeshauptmann. Diese Verordnung hat folgenden Wortlaut:
"§1. Dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden im Land werden die Verwaltung der im Eigentum des Bundes stehenden Liegenschaften sowie die Planung, der Bau und die Erhaltung (staatlicher Hochbau, §3 Abs1 Z. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 70/1966) der im Eigentum des Bundes stehenden oder neu zu errichtenden Gebäude, sowie anderer Gebäude zu deren Errichtung oder Erhaltung der Bund durch Gesetz oder Vertrag verpflichtet ist, zur Besorgung gemäß den Weisungen des Bundesministeriums für Bauten und Technik übertragen, soweit diese Aufgaben zum Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Bauten und Technik gehören und nicht von Bundesdienststellen unmittelbar besorgt werden.
§2. Die Verordnung des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 27. Mai 1963, BGBl. Nr. 131, betreffend die Übertragung der Geschäfte der Bundesstraßenverwaltung an den Landeshauptmann wird hiedurch nicht berührt."
Zwischen dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten als Verwalter des Bundesvermögens und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft als oberster Wasserrechtsbehörde ist ein Streit um die Auslegung dieser Verordnung entstanden:
1. Mit Bescheid vom 20. November 1985 hatte die Bezirkshauptmannschaft Baden dem Bund die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Bundesgebäudes für ein Arbeitsamt samt zweigeschoßiger Tiefgarage in Baden erteilt. Mit Bescheid vom 18. November 1986 untersagte der Landeshauptmann von Niederösterreich als Wasserrechtsbehörde zum Schutz der Badener Heilquellen vor einer Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit (§34 Abs1 WasserrechtsG) die Errichtung der Tiefgarage.
Die vom Bundesminister für Bauten und Technik namens des Bundes erhobene Berufung gegen den wasserrechtlichen Bescheid wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (als oberste Wasserrechtsbehörde) mit Bescheid vom 9. April 1987 als unzulässig zurück. Die Verordnung aus 1967 habe die Planung, den Bau und die Erhaltung der im Eigentum des Bundes stehenden oder neu zu errichtenden Gebäude sowie anderer Gebäude, zu deren Errichtung oder Erhaltung der Bund durch Gesetz oder Vertrag verpflichtet sei, dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden übertragen; damit habe der Bundesminister für Bauten und Technik seine Vertretungsmacht für diesen Bereich verloren (Hinweis auf VfSlg. 10.477/1985 und VwGH vom 22. April 1986, 83/07/0269, betreffend die Bundesstraßenverwaltung).
2. Die gegen den zurückweisenden Bescheid vom nunmehrigen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten namens des Bundes erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (B 504/87) rügt die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter. Die in Rede stehende Verordnung habe die dort genannten Aufgaben dem Landeshauptmann nur übertragen, "soweit diese Aufgaben . . . nicht von Bundesdienststellen unmittelbar besorgt werden". Hätte der belangte Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft das beachtet, wäre er zu einem anderen Ergebnis gekommen:
"Zunächst sind nämlich einschlägige Aufgaben auf nachgeordneter Ebene in erheblichem Umfang verschiedenen Bundesdienststellen übertragen (Bundesbaudirektion Wien, Burghauptmannschaft in Wien, Schloßhauptmannschaft Schönbrunn, Schloßverwaltung zu Innsbruck und Ambras, Bundesgebäudeverwaltung II Linz, Bundesgebäudeverwaltung II Salzburg, Bundesgebäudeverwaltung II Innsbruck, Bundesgebäudeverwaltung II Graz, Bundesgebäudeverwaltung II Klagenfurt, dazu eine Reihe von Dienststellen, die derlei Aufgaben ungeachtet ihres ansonsten in größerem Umfang durch hoheitliche Aufgaben gekennzeichneten Wirkungsbereiches nebenher wahrnehmen). Darüberhinaus bezieht sich diese Abgrenzungsklausel aber auch auf alle bezüglichen Aufgaben, die in irgendeiner Form von Bundeszentralstellen besorgt werden. Dies betraf naturgemäß wesentlich das Bundesministerium für Bauten und Technik bzw. mittlerweile das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten. Schließlich bezieht sich diese Abgrenzung nicht zuletzt auch darauf, daß gewisse Aufgaben, die von dieser Verordnung umfaßt erscheinen, teilweise dem Landeshauptmann übertragen erscheinen können und teilweise von Bundesdienststellen besorgt werden. Die Abgrenzungsklausel ist daher schon aus der Sicht der eben dargelegten Vielseitigkeit umfassend und ist die Wortwahl "Bundesdienststellen" dieser vom Verordnungsgeber ins Auge gefaßten Vielfältigkeit durchaus gemäß."
Ob im Einzelfall der Landeshauptmann oder eine Bundesdienststelle, insbesondere auch die Bundeszentralstelle zur Einbringung eines Rechtsmittels befugt gewesen wäre, sei daher durch einen Rückgriff auf andere Rechtsquellen zu beantworten. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung habe nun die Geschäftseinteilung des Bundesministeriums für Bauten und Technik der Abteilung 211 unter anderem die "Vertretung und Beratung in allen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten der Sektion einschließlich der Vertretung vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes" zugewiesen, wobei der Zusammenhang klarstellte, daß unter den Angelegenheiten der Sektion die Aufgaben des Bundeshochbaues zu verstehen seien. Also sei der Bundesminister zur Einbringung der Berufung befugt gewesen.
Eine wörtlich gleichlautende Beschwerde gegen den die Berufung des Bundesministers für Bauten und Technik zurückweisenden Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft hat - gleichfalls namens des Bundes und nach eigenen Worten im Einvernehmen mit dem beschwerdeführenden Minister - unter Berufung auf die ihn damit betrauende Verordnung BGBl. 344/1967 auch der Landeshauptmann von Niederösterreich erhoben (B 524/87).
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft führt in der Gegenschrift aus, "Konsenswerber des baubehördlichen sowie Partei des erstinstanzlichen wasserrechtlichen Verfahrens (sei) nur der Landeshauptmann von Niederösterreich" gewesen; schon deshalb sei die durch den Bundesminister für Bauten und Technik eingebrachte Berufung zurückzuweisen gewesen. Im übrigen grenze die Geschäftseinteilung des Bundesministeriums nicht dessen Kompetenz gegenüber anderen Behörden ab, sondern verteile sie nur intern auf einzelne Organisationseinheiten. Die Behauptung, die Verordnung bezöge sich auf die Geschäftseinteilung, gehe daher ins Leere.
Die Beschwerde des Landeshauptmannes sei zurückzuweisen, weil dieser keine Berufung ergriffen und daher den Instanzenzug nicht erschöpft habe.
II. Aus Anlaß dieser Beschwerdeverfahren hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen die Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §1 der genannten Verordnung beschlossen.
Er hat vorläufig angenommen, daß die Zulässigkeit der Beschwerden davon abhängt, wie sich diese Verordnung auf die Vertretungsmacht des mit der Verwaltung des Bundesvermögens in diesem Bereich betrauten Bundesministers für Bauten und Technik (Anlage zum BundesministerienG 1973, BGBl. 389, Teil 2 C 1) bzw. Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (BGBl. 78/1987, nunmehr Teil 2 C 21) auswirkt, und daß er auch eine allfällige Sachentscheidung unter Anwendung dieser Verordnung zu treffen hätte.
Er hat das Bedenken erhoben, daß die Verordnung dem Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG widerspricht:
"Im Erkenntnis VfSlg. 4329/1962 (zu §28 Abs2 BundesstraßenG) hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Anwendung des Art104 Abs2 B-VG jedenfalls einen besonderen und als solchen erkennbaren Übertragungsakt voraussetzt, mag auch seine Form nicht vorgeschrieben sein; in der Zuleitung von "Bauprogrammen" liege ein solcher Akt nicht. Im Erkenntnis VfSlg. 5171/1965 (Wr. Stadtautobahn) hat der Gerichtshof eine unmittelbar auf Art104 B-VG gestützte Verordnung (betreffend die Bundesstraßenverwaltung) als tauglichen Übertragungsakt angesehen. Im Erkenntnis 10477/1985 (Umfahrung Purkersdorf) hat er dieser Verordnung die Wirkung beigemessen, daß der Bundesminister die Zuständigkeit der Besorgung der übertragenen Geschäfte verloren hat.
Überträgt aber der Bundesminister nach Art104 Abs2 B-VG eine Zuständigkeit zur Verwaltung von Bundesvermögen auf den Landeshauptmann, so scheint es, daß dieser öffentlich-rechtliche Übertragungsakt - in welcher Form er auch ergeht - ebenso bestimmt sein muß wie zuständigkeitsbegründende Normen auch sonst. In ständiger Rechtsprechung findet der Verfassungsgerichtshof den Gesetzgeber nämlich verhalten, die Regelung der Behördenzuständigkeit in einer auch strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Weise präzise vorzunehmen (VfSlg. 9937/1984 Bgld. FremdenverkehrsG, 10311/1984 WrBauO und die dort angeführte Judikatur). Der Gerichtshof sieht vorläufig keinen Grund, gleichartige Anforderungen nicht auch an die Bestimmtheit von Übertragungsakten nach Art104 Abs2 B-VG zu stellen.
. . .
Die Verordnung überträgt also nur jene Aufgaben der Liegenschaftsverwaltung und des Hochbaues dem Landeshauptmann, die 'zum Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Bauten und Technik' (jetzt: wirtschaftliche Angelegenheiten) 'gehören und nicht von Bundesdienststellen unmittelbar besorgt werden'. Auch wenn man entgegen dem Wortlaut nicht darauf abstellt, was von Bundesdienststellen tatsächlich unmittelbar besorgt wird, sondern für ausschlaggebend hält, was von Bundesdienststellen unmittelbar besorgt werden soll, scheint - wenn überhaupt - nur unter Heranziehung nicht öffentlich zugänglicher Quellen feststellbar zu sein, welche Angelegenheiten der Bundesgebäudeverwaltung zu welchem Zeitpunkt welchen Bundesdienststellen zugeordnet (und daher nicht dem Landeshauptmann übertragen worden) sind. Jedenfalls sind dem Verfassungsgerichtshof vorläufig keine allgemein zugänglichen Akte bekannt, aus welchen sich mit einiger Verläßlichkeit ergäbe, daß eine Angelegenheit 'nicht von Bundesdienststellen unmittelbar besorgt wird' (und daher dem Landeshauptmann übertragen worden ist)."
Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat sich zu diesen Bedenken geäußert; er hält das Verfahren für unzulässig und die Bedenken für unbegründet. Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache hat der Gerichtshof auch die Bundesregierung und sämtliche Landeshauptmänner (als die nach Art104 Abs2 B-VG in Betracht kommenden Organe) eingeladen, zu den im Prüfungsbeschluß aufgeworfenen Fragen Stellung zu nehmen und insbesondere vor dem Hintergrund des Erkenntnisses VfSlg. 10.477/1985 die Bedeutung der bedenklichen Wortfolge zu erörtern, über die praktische Handhabung zu berichten und zu überlegen, wie eine Verordnung gegebenenfalls zu textieren wäre, wenn die Bedenken des Gerichtshofs sich als zutreffend erwiesen. Dieser Einladung sind sämtliche Landeshauptmänner mit Ausnahme des burgenländischen gefolgt; bis auf die Landeshauptmänner von Wien und Oberösterreich teilen sie die Bedenken des Gerichtshofs. Die Bundesregierung hat auf eine Äußerung verzichtet.
III. Die Verordnungsprüfungsverfahren sind zulässig.
Ob die vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten oder die vom Landeshauptmann von Niederösterreich jeweils namens des Bundes erhobene Beschwerde zulässig ist, hängt davon ab, wie sich die in Prüfung gezogene Verordnung auf die Vertretungsmacht des mit der Verwaltung des Bundesvermögens betrauten Bundesministers auswirkt. Der Verfassungsgerichtshof hat daher diese Vorschrift schon bei der Prüfung der Prozeßvoraussetzungen in beiden Beschwerdeverfahren anzuwenden. Auch für die Sachentscheidung würde sie maßgeblich sein.
Nach Form und Inhalt handelt es sich bei dem in Prüfung gezogenen Akt um eine Verordnung. Das hat im Verfahren niemand bezweifelt. Gleichwohl hält der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten den Verfassungsgerichtshof nicht für zuständig, sie auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen. Er räumt zwar ein, daß der Gerichtshof die Zuständigkeit zur Überprüfung der Gesetzmäßigkeit auch jener Verordnungen in Anspruch nimmt, die sich unmittelbar auf die Verfassung stützen, hält aber für ausschlaggebend dafür, daß diese Normen - wie die ortspolizeilichen Verordnungen (Art118 Abs6 B-VG), die Notverordnungen des Bundespräsidenten (Art18 Abs5 B-VG) und die sicherheitspolizeilichen Verordnungen (§4 Abs2 Verfassungs-ÜbergangsG 1929) - kraft ausdrücklicher Anordnung im Verfassungsrang regelmäßig nicht gegen (bestimmte) Gesetze verstoßen dürfen, und knüpft daran die Folgerung:
"In allen diesen Fällen ist daher vom Verfassungswortlaut selbst ein entsprechender Ansatzpunkt für eine Überprüfung der Gesetzwidrigkeit dieser Verordnungen gegeben.
Völlig anders verhält es sich aber bezüglich Art104 Abs2 B-VG. Diese letztangeführte Verfassungsstelle enthält im Gegensatz zu den bisher angeführten, als Grundlage für unmittelbar auf die Verfassung gestützte Verordnungen vorgesehenen Verfassungsbestimmungen keine Regelung, woraus abzuleiten wäre, daß hier bestimmte gesetzliche Schranken berücksichtigt werden müssen. Dies ergibt sich übrigens nicht zuletzt, wie im übrigen im folgenden eingehend darzutun sein wird, eben aus der Tatsache, daß es sich hier um Akte der Privatwirtschaftsverwaltung handelt. Von diesem Vorgriff auf spätere Überlegungen abgesehen ist aber im unmittelbaren konkreten Zusammenhange vor allem auf den Unterschied gegenüber anderen unmittelbar auf die Verfassung gestützten Verordnungen hinzuweisen!
Es erhebt sich daher diesbezüglich die Frage, worauf sich die Überprüfung einer 'Gesetzwidrigkeit' dieser Verordnungen in Ermangelung entsprechender ansatzbildender Bestimmungen überhaupt erstrecken solle. Selbstverständlich läßt sich die Auffassung vertreten, daß eine Überprüfung am Gesamtgefüge der Rechtsordnung, also insbesondere an anderen Verfassungsbestimmungen wie vor allem Art18 Abs1 B-VG, angenommen werden müßte. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß es der Bundesverfassungsgesetzgeber in den Fällen der Verordnungen gemäß Art118 Abs6, sowie 18 Abs3 B-VG und §4 Abs2 VÜG 1929, für notwendig erachtet hatte, entsprechende, nicht zuletzt auch auf einfachgesetzliche Bestimmungen gegründete Grenzen ausdrücklich im Verfassungswortlaut vorzusehen! Diese Notwendigkeit hat er aber hinsichtlich Art104 Abs2 B-VG nicht vorgesehen! Es sollte daher dem Bundesverfassungsgesetzgeber nicht unterstellt werden, daß er angesichts dieser verschiedenen Behandlung des jeweiligen Gegenstandes im Verfassungswortlaut von einer völlig gleichen Qualität der jeweils in Betracht kommenden unmittelbar auf die Verfassung gestützten Verordnungen ausgegangen ist. Eine gewisse Bedeutung ist aus dem dargelegten Unterschied zweifellos abzuleiten!
Hiezu läßt sich aber zunächst jedenfalls die Auffassung vertreten, daß im Hinblick auf diesen Unterschied die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Überprüfung der Gesetzwidrigkeit solcher Verordnungen in Ermangelung entsprechender Ansatzpunkte in Zweifel gezogen werden kann. Diese Überlegungen werden aber noch zusätzlich durch die im folgenden wiedergegebenen weiteren Erwägungen bedeutsam gestützt.
Nicht zuletzt ist es nämlich im gegebenen Zusammenhang auch wesentlich, daß es sich hier, wie aus der Bezugnahme des Art104 Abs1 B-VG auf Art17 B-VG einwandfrei hervorgeht, um Akte der 'Privatwirtschaftsverwaltung' handelt."
Im Sinne des §290 ABGB seien daher in Ermangelung von Abweichungen und besonderen Vorkehrungen die Bestimmungen des Zivilrechts heranzuziehen:
"Unter den rechtlichen Institutionen des Zivilrechtes, die im gegebenen Zusammenhang praktisch Bedeutung besitzen können, bietet sich geradezu naturgemäß die Einrichtung der Bevollmächtigung (§§1002 ff ABGB) an. Es ist daher davon auszugehen, daß der Bundesverfassungsgesetzgeber anläßlich der Statuierung des Abs2 des Art104 von der Absicht ausging, eine inhaltlich der im Zivilrecht enthaltenen Institution der Bevollmächtigung im wesentlichen vergleichbare Maßnahme zu setzen. Angesichts der Tatsache, daß hier gleichzeitig auch eine Regelung von Rechten und Pflichten des Bundes und der Länder notwendig erschien, war es eben nötig, diese im Rahmen des Verfassungswortlautes und in angemessener Relation zu sonstigen in Betracht kommenden, das Verhältnis zwischen Bund und Ländern regelnden Verfassungsbestimmungen zu verankern. Dies ändert aber nichts daran, daß es sich im wesentlichen um einen Akt der Bevollmächtigung, nur bezogen auf die organisatorischen Gegebenheiten des Bundes und der Länder jeweils als Träger von Privatrechten (welche Gegebenheiten allenfalls im Sinne des §290 ABGB als 'Abweichungen' angesehen werden können) handelt.
Aus der Tatsache, daß hier aber ein inhaltlich der Privatwirtschaftsverwaltung angehöriger, der zivilrechtlichen Institution der Bevollmächtigung weitestgehend vergleichbarer Akt Gegenstand der Verordnungserlassung war, ist ein bedeutsamer weiterer Unterschied zu sonstigen, unmittelbar auf die Verfassung gestützten Verordnungen abzuleiten. Auch diese Tatsache legt es nahe, daß hier gegenüber Verordnungen, die nicht nur formell-organisatorisch sondern auch inhaltlich Hoheitsakte sind, eine andere Einstufung - nicht zuletzt auch hinsichtlich der möglichen Überprüfung von deren Gesetzwidrigkeit - Platz greifen müßte."
Dazu ergäbe sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen,
"daß Ausnahmevorschriften, die ein allgemeines Rechtsprinzip durchbrechen, nicht ausdehnend ausgelegt werden dürfen! Geht man davon aus, daß die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen das allgemeine Rechtsprinzip der Gewaltenteilung, wie es zumindest grundsätzlich im österreichischen Bundesverfassungsrecht verankert ist, insoweit durchbricht, als Akte der Verwaltung, darunter auch Verordnungen, von einer Institution richterlicher Natur überprüft werden können, so ist darin eine Ausnahmeregelung zu ersehen".
Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art139 B-VG erstrecke sich also nicht auch auf die Verordnungen im Sinne des Art104 Abs2 B-VG.
Mit diesen Ausführungen verkennt der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, daß die Frage, wer den Bund oder das Land als Träger von Privatrechten vertritt, selbst keine privatrechtliche Frage, sondern Teil des Staatsorganisationsrechts ist. Das gilt nicht nur für den in Art104 Abs2 B-VG unterstellten Grundsatz der Verwaltung des Bundesvermögens durch den zuständigen Bundesminister, sondern auch für die in derselben Vorschrift ermöglichte Übertragung dieser Zuständigkeit auf den Landeshauptmann und die ihm unterstellten Behörden im Land. Wie der Gerichtshof schon im Erkenntnis VfSlg. 10.477/1985 näher dargelegt hat, gibt der seine Aufgaben übertragende Bundesminister seine Zuständigkeit in diesem Fall ab. Eine privatrechtliche Bevollmächtigung würde niemals zum Verlust der Handlungsfähigkeit oder Vertretungsmacht des Vollmachtgebers führen, sondern nur einem anderen die gleiche Fähigkeit verleihen, den Machtgeber oder sonstigen Rechtsträger zu vertreten. Im Ergebnis laufen daher die Ausführungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf eine Kritik des genannten Erkenntnisses hinaus, die nicht geeignet ist, den Verfassungsgerichtshof von seiner bisherigen Rechtsprechung abzubringen.
Es ist auch die Vorstellung verfehlt, daß die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs zur Überprüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen eine Durchbrechung des Prinzips der Gewaltenteilung sei, die als Ausnahme nur einschränkend ausgelegt werden dürfe. Diese Kompetenz ist vielmehr wie die Kontrolle der Verwaltung durch den Verwaltungsgerichtshof wesentlicher Bestandteil des rechtsstaatlichen Prinzips. Selbst wenn es keine einfachgesetzlichen Vorschriften gäbe, an welchen eine verfassungsunmittelbare Verordnung zu messen wäre, muß doch die Übereinstimmung einer solchen Verordnung mit den verfassungsgesetzlichen Vorschriften geprüft werden können. Art139 B-VG überträgt daher dem Verfassungsgerichtshof auch die Kompetenz zur Prüfung verfassungsunmittelbarer Verordnungen ohne Ausnahme (vgl. auch VfSlg. 4572/1963).
Auch sonst sind die Prozeßvoraussetzungen gegeben.
IV. Die im Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken treffen zu. Die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung widerspricht dem Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG.
1. Der Verfassungsgerichtshof hat im Prüfungsbeschluß angenommen, auch wenn man entgegen dem Wortlaut der Verordnung nicht darauf abstelle, was von Bundesdienststellen unmittelbar besorgt wird, sondern für ausschlaggebend hält, was von Bundesdienststellen unmittelbar besorgt werden soll, scheine nur unter Heranziehung nicht öffentlich zugänglicher Quellen feststellbar zu sein, welche Angelegenheit der Bundesgebäudeverwaltung zu welchem Zeitpunkt welcher Bundesdienststelle zugeordnet (und daher nicht dem Landeshauptmann übertragen worden) ist.
Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten unterstellt der in Rede stehenden Einschränkung indessen einen anderen Sinn: Anläßlich der Erlassung der Verordnung seien sowohl das Bundesministerium wie auch die Ämter der Landesregierungen davon ausgegangen, daß es nur um eine formelle Sanktionierung eines lange Zeit bestehenden und unverändert beizubehaltenden Zustandes gehe; eines Zustandes, der dadurch charakterisiert sei,
"daß die für den jeweiligen Landeshauptmann einschreitenden Ämter der Landesregierungen im wesentlichen jene Aufgaben wahrnehmen, welche bezüglich anderer Teile des in Rede stehenden Bundesvermögens, also der Geschäfte der Verwaltung aller Bauten und Liegenschaften des Bundes einschließlich der Angelegenheiten des staatlichen Hochbaues (nunmehr Abschnitt C, Ziff. 21 des Teiles 2 der Anlage zu §2 des Bundesministeriengesetzes 1986 i.d.F. BGBl. Nr. 78/1987) bundesunmittelbare Dienststellen besorgen. Demgegenüber obliegt dem Bundesministerium selbst die Leitung im Sinne einer vorgesetzten Dienststelle, insbesondere auch die Erteilung von Weisungen, und in entsprechend gelagerten bedeutsamen Einzelfällen auch die Vornahme konkreter spezieller Geschäfte - teilweise auch im Wege einer einvernehmlichen Übernahme von normalerweise durch das Amt der Landesregierung geführten Geschäften - zur federführenden Besorgung. Dieser Zustand entspricht auch nach wie vor der einvernehmlichen Auffassung der beteiligten Bundes- und Ländereinrichtungen, sodaß sich aus praktischer Sicht lediglich die Frage stellt, ob es gelungen ist, durch den Wortlaut der Verordnung BGBl. Nr. 344/1967 die Absicht, welche dieser Maßnahmen zugrundeliegt, in einer ausreichenden Weise zum Ausdruck zu bringen, oder aber ob es andersartiger, gegebenenfalls wohl erheblich umfänglicher Formulierungen bedürfte!"
Der Bundesminister stehe mit seiner Auffassung völlig auf dem Boden des Erkenntnisses VfSlg. 10.477/1985. Wenn es ihm nämlich freistehe, sich bestimmte Verwaltungsakte selbst vorzubehalten, müsse er sich umso mehr auf die bloße Legitimation zum Einschreiten der gemeinsam mit Bundesorganen herangezogenen Landesorgane beschränken können (Hervorhebung im Original). Die einschlägigen Aufgaben seien dem Landeshauptmann nur insoweit übertragen, als nicht eine andere Bundesdienststelle diese Befugnisse selbst wahrnehme. Auch der in den Finanzausgleichsgesetzen vorgesehene Kostenersatz stelle im Wege gewisser Pauschalabgeltungen auf die konkret aufgewendeten Budgetmittel ab und gehe daher offensichtlich davon aus, daß Umfang und Inhalt der übertragenen Aufgaben je nach dem Ermessen des jeweils zuständigen Bundesministers in ständigem, weitgehend formlosem Wechsel begriffen sein können.
Diese Ausführungen werfen die Frage auf, ob den Bedenken des Gerichtshofs vielleicht deshalb der Boden entzogen ist, weil sich der Bundesminister in der vorliegenden Verordnung eben anders als in der VfSlg. 10.477/1985 zugrundegelegenen durch einen ausdrücklichen Vorbehalt seine Kompetenz neben dem Landeshauptmann bewahrt oder wenigstens die Möglichkeit geschaffen hat, dem Landeshauptmann die Kompetenz nach Maßgabe des tatsächlichen Einschreitens von Bundesdienststellen ohne besondere Förmlichkeit wieder zu entziehen.
Das ist aber aus folgenden Gründen nicht der Fall:
Die Schaffung einer Zuständigkeit des Landeshauptmannes bloß neben dem Bundesminister wäre durch die Ermächtigung des Art104 Abs2 B-VG, die Besorgung von Geschäften zu übertragen, nicht gedeckt und daher schon aus diesem Grunde gesetzwidrig. Der Bundesminister ist eben gerade nicht dazu ermächtigt, nach Belieben Landesbehörden zur Besorgung der Geschäfte der Bundesvermögensverwaltung einfach mit heranzuziehen; er muß zu diesem Zweck seine eigenen Befugnisse an den Landeshauptmann abgeben. Eine Übertragung unter dem Vorbehalt der Möglichkeit jederzeitigen unmittelbaren Einschreitens mit der Wirkung des Widerrufs wäre aber im Ergebnis mit derselben Unklarheit behaftet, die der Prüfungsbeschluß von einem anderen Verständnis der Verordnung ausgehend rügt. Zwar wäre dann das die Zuständigkeit des Landeshauptmannes beseitigende tatsächliche Besorgen von Geschäften durch eine Bundesdienststelle nach außen erkennbar (und jedermann gegenüber wirksam, der davon Kenntnis erlangt hat), aber es bliebe unklar, wieweit diese Besorgung gehen und wie lange sie dauern würde. Jedes Einschreiten würde die Frage aufwerfen, ob damit zusammenhängende andere Fragen nun gleichfalls wieder von der Bundesdienststelle wahrgenommen würden, und jede augenblickliche Untätigkeit der Bundesdienststelle würde zu Zweifeln Anlaß geben, ob die Geschäfte nun wieder vom Landeshauptmann besorgt würden oder nicht. Das tatsächliche Einschreiten würde all dies nicht klarstellen.
Mit einer solchen Konstruktion könnte also der behaupteten Absicht des Verordnungsgebers nicht Rechnung getragen werden.
2. Geht man aber von dem im Prüfungsbeschluß erwogenen Verständnis des Vorbehaltes aus, so ist zu prüfen, ob die in der Äußerung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vertretene Auffassung zutrifft, in Ermangelung ordnungsgemäß kundgemachter Regelungen über die Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung durch Bundesdienststellen würden eben sämtliche Angelegenheiten dem Landeshauptmann übertragen sein. Vorenthalten wären ihm nur jene Aufgaben, die den Bundesdienststellen andernorts rechtswirksam zugewiesen würden. Die Verordnung wäre dann zwar unvollständig, aber in jedem Fall eindeutig bestimmt.
Diese Auslegung würde aber weder dem Wortlaut der Verordnung ("besorgt werden") noch der Absicht des Verordnungsgebers gerecht, einen bestimmten bestehenden, durch das Herkommen und interne Akte geschaffenen Zustand festzuschreiben. Sie würde den Sinn des Vorbehaltes völlig verändern und bewirken, daß bisher unbestritten von Bundesdienststellen besorgte Geschäfte von diesen zu Unrecht besorgt worden wären, was eine Reihe schwieriger Fragen betreffs der Wirksamkeit dieser Akte auslösen würde. Eine solche Umdeutung der in Prüfung stehenden Norm verbietet sich daher.
In Präzisierung der vorläufigen Annahmen im Prüfungsbeschluß ist vielmehr davon auszugehen, daß der in Rede stehende Vorbehalt jene Geschäfte betrifft, die nach der wechselnden internen Aufgabenverteilung von Bundesdienststellen besorgt werden sollen und ihr gemäß besorgt werden.
3. Die im Prüfungsbeschluß formulierten Bedenken des Gerichtshofs gehen nun dahin, daß eine Zuständigkeitsübertragung dieser Art dem in Art18 B-VG enthaltenen Gebot der Bestimmtheit genereller Normen widerspricht. Nach der ständigen Rechtsprechung ist der Normsetzer nämlich verhalten, die Regelung der Behördenzuständigkeit in einer auch strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Weise präzise vorzunehmen (vgl. VfSlg. 9937/1984 und 10.311/1984). Die interne Aufgabenverteilung ist aber der Allgemeinheit nicht bekannt.
Der Landeshauptmann von Wien will allerdings Art18 B-VG auf Übertragungsakte nach Art104 Abs2 B-VG nicht angewendet wissen:
Ungeachtet der äußeren Form einer Verordnung handle es sich materiell um Akte nach Art einer privatrechtlichen Bevollmächtigung, die keine hoheitlichen Befugnisse regelten. Die bloße Wahl der Verordnungsform könne nicht zur Anwendung des Art18 B-VG führen.
Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangt - von seiner Prämisse über die Rechtsnatur des in Prüfung stehenden Aktes ausgehend - auch der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten: Es sei
"im gegebenen Zusammenhang auch keinerlei Rechtsschutzbedürfnis irgendwessen zu erkennen. Dritte Personen stehen in der Praxis den Bundesorganen selbst einerseits, den zufolge der Übertragung tätigen Landesorganen andererseits in keiner Weise anders gegenüber als verschiedenen Gliederungsformen (etwa Generaldirektion und Filialen) ein und derselben privaten Firma. Dies entspricht übrigens auch völlig dem bestehenden Zustand im Verhältnis zwischen Bundesministerium und unmittelbaren Bundesdienststellen."
Eben diese Parallele aber besteht in Wahrheit nicht. Während nämlich im Privatrechtsverkehr niemand gezwungen ist, auf eine behauptete Bevollmächtigung zu vertrauen, sondern jedermann weiterhin auch mit dem Machtgeber selbst in Kontakt treten kann, geht es bei der Übertragung der Geschäfte der Bundesverwaltung nach Art104 Abs2 B-VG um die Frage, wer überhaupt als Organ des Rechtsträgers Bund auftritt und so als Machtgeber für allfällige Ermächtigungen, Autor von Approbationsbefugnissen oder auch Partner für privatrechtliche Bevollmächtigungen in Betracht kommt. Es geht mit anderen Worten nicht bloß darum, wer den Bund im Einzelfall vertritt, sondern wer jenes Organ des Bundes ist, das jedenfalls zur Vertretung berufen ist und gegebenenfalls allfällige Stellvertreter bestimmt. Wie das Erkenntnis VfSlg. 10.477/1985 dargelegt hat, ist das entweder der zuständige Bundesminister oder der Landeshauptmann, nicht aber beide nebeneinander.
Wie die Betrauung eines Bundesministers mit der Vermögensverwaltung des Bundes nicht privatrechtlichen Akten vom Typus der Bevollmächtigung gleichgestellt werden darf, sowenig läßt sich die Übertragung dieser Aufgabe an die Landesverwaltung mit solchen Akten vergleichen. Vielmehr handelt es sich in beiden Fällen um den staatsrechtlichen Akt der Festlegung einer Kompetenz, dessen Charakter sich nicht deswegen verändert, weil es eine Kompetenz zu privatrechtlichem Handeln und nicht zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse ist, vergleichbar der Bestimmung der Organe juristischer Personen des Privatrechts und daher der Formen des Organisationsrechtes bedürftig. Er ist Verordnung nicht nur kraft der etwa zufällig gewählten Form, sondern wegen seines sachlichen Gehalts (zum Legalitätsprinzip als Grund für eine verordnungsförmige Übertragung Wilhelm, Die Vertretung der Gebietskörperschaften im Privatrecht, 1981, 251; zur erforderlichen Rechtsklarheit Rill in: Handbuch für Umweltschutz und Raumordnung, Ö-11-0-01, 77).
Die in Prüfung stehende Verordnung unterliegt daher dem Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG.
4. Daß die Verordnung nicht erkennen läßt, welche Angelegenheiten "nicht von Bundesdienststellen unmittelbar besorgt werden" (und daher dem Landeshauptmann übertragen worden sind), haben alle Beteiligten des Verfahrens eingeräumt. Auch sonst ist nichts hervorgekommen, was die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes zerstreut hätte. Die Verweisung auf nicht publizierte Vorschriften genügt Art18 B-VG jedenfalls nicht (vgl. VfSlg. 2750/1954 und 3130/1956). Zwar hat auch das Verfahren nicht erkennen lassen, wie ein Übertragungsakt textiert sein könnte, um jenen Rechtszustand mit der nötigen Klarheit herbeizuführen, welcher die derzeitige Praxis decken würde. Nahezu alle Landeshauptmänner haben diesbezüglich nur auf einen Vorschlag der Länder in den Verhandlungen mit dem Bund zur Neuregelung (Vereinfachung) der Auftragsverwaltung, also auf ihren eigenen politischen Wunsch verwiesen. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten sieht sich vollends außerstande, seine Vorstellungen durch Formulierungen der Übertragungsverordnung zu verwirklichen. Er schätzt, daß im Durchschnitt annähernd 4000 Liegenschaften mit mehr als 10.000 baulichen Objekten und mehr als 3000 Anmietungen zu verwalten seien und hält fest,
"daß der dem derzeitigen Zustand zugrundeliegende politische Wille nicht nur durch ein Nebeneinander von einschreitenden unmittelbaren Bundesdienststellen, (also spezifischen Baudienststellen einerseits, sonstigen hauptsächlich mit völlig andersartigen Aufgaben befaßte unmittelbare Bundesdienststellen, und letztlich den mit der Verordnung BGBl. Nr. 344/1967 betrauten Landesorganen charakterisiert ist, sondern auch durch die derzeit unbestritten bestehende jederzeitige Möglichkeit eines Wechsels der in Betracht kommenden Organisationseinheiten in der Relation zu bestimmten Bestandteilen des betroffenden Bundesvermögens. Eine solche im Erlaßwege durchgeführte Übertragung einschlägiger Aufgaben von einer auf die andere Organisationseinheit ist immer wieder notwendig, wobei nicht zuletzt auch auf wirtschaftspolitische, vor allem konjukturpolitische Aspekte (Einsatz von Baukrediten mit Folgewirkungen auf andere Bereiche des öffentlichen Lebens) hingewiesen werden darf. Diese dadurch entstehende, für sich allein noch zunächst anzahlmäßig weniger bedeutsame, aber funktionell umso wichtigere Fluktuation wird aber ergänzt durch eine zahlenmäßig wesentlich erheblichere Fluktuation anläßlich von Zuerwerbungen und Veräußerungen, vor allem aber durch Hinzukommen von bautechnisch betreuten Anmietungen sowie der Aufgabe von solchen. Würde man bei selbstverständlicher Beibehaltung des vorangeführten politischen Willens eine Formulierung textieren, welche zufolge Berücksichtigung der erwähnten, insgesamt erheblichen Fluktuation eine auf das jeweilige einzelne Objekt bzw. die jeweilige einzelne Liegenschaft bezogene Konkretisierung in sich schließt, würde dies wohl oder übel zur Folge haben, daß jede einzelne Liegenschaft bzw. jedes einzelne Objekt in ihrer Relation zur jeweils damit betrauten Organisationseinheit im jeweiligen Wortlaut ausdrücklich angeführt erschiene. Hiezu darf auf die oben bereits erwähnten zahlenmäßigen Größenordnungen hingewiesen und daraus abgeleitet werden, daß selbst bei knappster Formulierung (etwa 50 bis 60 konkretisierte Liegenschaften oder Objekte pro Seite Bundesgesetzblatt) ein annähernd 200 Seiten des Bundesgesetzblattes umfassender Wortlaut die Folge wäre. Angesichts der vorangeführten, aus verschiedenen Gründen gegebenen Fluktuation würde weiters mindestens zweimal jährlich eine Novellierung erforderlich sein.
Würde man eine solche (nur theoretisch erwägbare) Vorgangsweise in Beziehung zu den durch eine 'legalitätsbezogene Verbesserung' betroffenen Dritten setzen, so würde dies für die letzteren bedeuten, daß der oben bereits näher ausgeführte Vertrauensgrundsatz nicht mehr gegeben wäre. Der mit den das betreffende Bundesvermögen verwaltenden und baulich betreuenden Organisationseinheiten kontaktierende Baugewerbetreibende müßte also, wenn er sich vergewissern wollte, ob die in Betracht kommenden Organe auch zuständig sind, zunächst durch einen im vorangeführten Umfang angeschwollenen, im Bundesgesetzblatt kundgemachten Verordnungswortlaut hindurcharbeiten, während er bislang angesichts des Wortlautes der derzeit geltenden Verordnung einfach auf eine wenn auch stillschweigende Bevollmächtigung vertrauen konnte. Dieses abstrakte und theoretische Beispiel soll aufzeigen, welche Konsequenzen sich aus einer unkritischen Übertragung von für den Bereich der Hoheitsverwaltung bedeutsamen Schutzkriterien auf derart ausgeprägte Formen der Privatwirtschaftsverwaltung ergeben würden.
Hinzugefügt sei, daß das vorangeführte Beispiel auch deshalb nur abstrakt und theoretisch erwägbar erscheint, weil die praktische Durchführung angesichts der damit verbundenen erheblichen Aufwanderhöhung mit den verfassungsgemäß verankerten Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit völlig unvereinbar wäre.
Weiters darf hervorgehoben werden, daß eine weitere Abstrahierung, insbesondere eine Kategorisierung, vom derzeit aufrechten politischen Willen nicht umfaßt erschiene, sondern daß auch diesbezüglich die jederzeitige Übertragung jeder beliebigen Liegenschaft bzw. jedes beliebigen Objektes - also ohne Rücksicht auf den ressortbezogenen Verwendungszweck - von einer Organisationseinheit an die andere aufrecht zu bleiben hat.
Daraus darf zusammenfassend abgeleitet werden, daß das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten sich derzeit nicht in der Lage sieht, eine den in Rede stehenden Übertragungsakt wesentlich verbessernde Textierung darzutun, welche dem derzeit aufrechten politischen Willen ungeschmälert Rechnung trägt!"
Diese Äußerungen legen den Schluß nahe, daß der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nicht deutlich zwischen der Notwendigkeit einer Klarstellung im Außenverhältnis, wer im Rechtsverkehr für den Staat in Erscheinung tritt, und seinen Möglichkeiten im Innenverhältnis unterscheidet, durch Weisungen an den Landeshauptmann gestaltend in die Verwaltung einzugreifen. Das gibt Anlaß, die Feststellung des Erkenntnisses VfSlg. 10.477/1985 zu betonen, daß der Bundesminister die Vermögensverwaltung des Bundes im Wege von Weisungen seinen jeweiligen Vorstellungen entsprechend leiten, insbesondere dem Landeshauptmann bestimmte Verhaltensweisen auftragen, sich die Genehmigung beabsichtigter Maßnahmen vorbehalten und die zur Ausübung des Weisungsrechts für erforderlich gehaltenen Ermittlungen oder Verhandlungen gegebenenfalls selbst oder durch andere Bundesdienststellen vornehmen und führen kann. Das Erfordernis klarer Festlegung der Kompetenz zwingt nicht etwa zu einer starren Aufgabenverteilung, die dem verantwortlichen Bundesminister in irgendwelcher Hinsicht die Hände binden würde. Es ist ihm nur nicht möglich, nach Übertragung der Zuständigkeit ohne besonderen und als solchen erkennbaren Widerrufsakt (VfSlg. 4329/1962) im Einzelfall die Geschäfte im Außenverhältnis "federführend zu besorgen".
Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß das Gebot ausreichender Vorherbestimmung der Kompetenz auch in bezug auf die Frage, ob der Bundesminister mit den ihm unterstellten Bundesdienststellen oder der Landeshauptmann und die ihm unterstehenden Landesbehörde für den Bund privatwirtschaftlich tätig wird, die Leitung der Privatwirtschaftsverwaltung umständlicher macht, als der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wünschen mag. Er kann auch dahingestellt sein lassen, durch welche Akte allenfalls Aufgaben übertragen werden können, die mit keinerlei Außenvertretungsbefugnis verbunden sind. Das aus dem rechtsstaatlichen Prinzip erfließende Gebot eindeutiger Kompetenzbestimmung im Interesse allfälliger Vertragspartner kann jedenfalls nicht mit dem Hinweis auf praktische Erschwernisse für die Behörde entkräftet werden.
Welche Anforderungen an die abstrakte Umschreibung des Gegenstandes einer Zuständigkeitsübertragung zu stellen sind, wird freilich auch hier von den praktischen Möglichkeiten und Erfordernissen abhängen, ist aber in diesem Verfahren nicht zu erörtern.
Die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung erweist sich demnach wegen Verstoßes gegen das verfassungsgesetzliche Bestimmtheitsgebot als gesetzwidrig.
V. Die Gesetzwidrigkeit führt zur Aufhebung des gesamten §1 der Verordnung.
Die übrigen Aussprüche gründen sich auf Art139 Abs5 B-VG.
Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs4 VerfGG idF BGBl. 297/1984).
Schlagworte
Behörde / Zuständigkeit, Privatwirtschaftsverwaltung, Privatrecht - Öffentliches Recht, Gewaltentrennung, Verweisung, Rechtsstaatsprinzip, Verordnung verfassungsunmittelbare, VfGH / Prüfungsgegenstand, Zuständigkeit ÜbertragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:V33.1988Dokumentnummer
JFT_10109381_88V00033_00