Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
LMG 1975 §7 Abs1 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des G in L, vertreten Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 2. Oktober 1990, Zl. IVb-449-40/90, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentschutz) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 3. Juli 1990 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 lit. c des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG) schuldig erkannt. Die ihm zur Last gelegte Tat wurde im Sinne des § 44a lit. a VStG wie folgt umschrieben:
"Sie haben als Verantwortlicher für den Frischdiensteinkauf der Firma X-GesmbH durch Zulieferung am 10. Jänner 1990 in den Y-Discountin I das Lebensmittel 'Kiwi Sole Fruit' in Verkehr gebracht, wobei die Probe die Aufschrift 'Kiwi Sole + Vitamin C - Kalorien = Gesundheitsfrucht' trug und als falsch bezeichnet zu beurteilen war."
Über den Beschwerdeführer wurde deshalb eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) verhängt. In der Begründung verwies die Behörde auf das Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung, wonach die Probe auf der Verpackung den Hinweis
"Kiwi Sole + Vitamin C - Kalorien = Gesundheitsfrucht" aufgewiesen habe. Eine derartige Angabe sei gemäß § 9 Abs. 1 lit. a LMG beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten und Zusatzstoffen verboten. Die Probe sei daher nach § 8 lit. f LMG als "falsch bezeichnet" zu beurteilen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und das Straferkenntnis bestätigt.
In der Begründung übernahm die belangte Behörde zunächst die Begründung der Behörde erster Instanz, die als vollkommen zutreffend erachtet wurde. Nach Wiedergabe der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen verwies die belangte Behörde auf das Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz, wonach die untersuchte Probe nach § 8 lit. f LMG als falsch bezeichnet zu beurteilen sei. Nach Kapitel B 4 des Österreichischen Lebensmittelbuches sei unter anderem als falsch bezeichnet zu beurteilen: Obst, dessen Bezeichnung für die Verbrauchererwartung wesentliche, seinen Genußwert bzw. seine Verwendbarkeit vermindernde Umstände nicht erkennen lasse. Davon sei abzuleiten, daß im Sinne des § 8 lit. f "eine Kennzeichnung der Eigenschaften des Lebensmittels beim Kauf motivierend wirken und daher als irreführende Verbrauchererwartung anzusehen sei".
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:
2.1. § 7 Abs. 1 lit. c LMG bestimmt:
"§ 7. (1) Es ist verboten, Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe in Verkehr zu bringen, die
c) falsch bezeichnet sind..."
Der mit "Begriffsbestimmungen" überschriebene § 8 LMG enthält in lit f) folgende Regelung:
"§ 8. Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe sind
f) falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden;"
§ 74 Abs. 1 LMG lautet:
" § 74. (1) Wer Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzsatzsoffe, kosmetische Mittel oder Gebrauchsgegenstände der im § 6 lit. a, b oder e bezeichneten Art falsch bezeichnet, oder Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel, die falsch bezeichnet sind, oder solche falsch bezeichneten Gebrauchsgegenstände in Verkehr bringt, macht sich, sofern die Tat nicht nach § 63 Abs. 2 Z. 1 einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen."
2.2. Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine Reihe von Widersprüchen zwischen Straferkenntnis und angefochtenem Bescheid. Dazu ist zu sagen, daß die Ursache dieser "Widersprüche" lediglich darin liegt, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid noch VOR dem eigentlichen Spruch auf das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 3. Juli 1990 verwiesen hat, wobei allerdings - irrtümlich - teilweise der Spruch der Strafverfügung vom 6. Juni 1990 wiedergegeben worden ist. Diese Strafverfügung ist durch Einspruch des Beschwerdeführers allerdings außer Kraft getreten. Mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 3. Juli 1990 bestätigt. Dieses Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer nachweislich zugestellt. Mit Schriftsatz vom 31. Juli 1990 hat der Beschwerdeführer dagegen Berufung erhoben. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer durch die fehlerhafte Wiedergabe des Spruches des Straferkenntnisses noch vor dem eigentlichen Spruch des angefochtenen Bescheides - dieser ist allein maßgebend, da nur diesem Rechtskraft zukommen kann (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 29. April 1950, Zlen. 1055 und 1056/49, VwSlg. 1400/A) - in einem Recht verletzt sein könnte.
2.3.1. Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, es sei unklar, was die belangte Behörde überhaupt unter Strafe stellen wollte. Es sei nirgends präzisiert, worin die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Falschbezeichnung gelegen sein solle.
2.3.2. Auch diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu:
Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bludenz wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, gegen § 7 Abs. 1 lit. c LMG verstoßen zu haben, da er falsch bezeichnetes Obst in Verkehr gebracht habe, das die Aufschrift
"Kiwi Sole + Vitamin C - Kalorien = Gesundheitsfrucht" getragen habe. Dabei hat die Bezirkshauptmannschaft durch die Wiedergabe der Bezeichnung im Sinne der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichthofes jene Angaben angeführt, die zur Beurteilung der Kiwi-Sole-Fruit als "falsch bezeichnet" geführt haben (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 26. November 1990, Zl. 90/10/0127, 0128). In der Begründung wurde auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es sich dabei um eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des § 9 Abs. 1 lit. a LMG handle. Danach ist es verboten, beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymtomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesonder jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer solchen Wirkung zu erwecken. Damit konnte für den Beschwerdeführer nicht zweifelhaft sein, worin die ihm vorgeworfene Falschbezeichnung gelegen sein solle.
Bei der Prüfung der Frage, ob eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des § 9 Abs. 1 LMG vorliegt, ist - wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 29. Juni 1981, Zl. 3417/78, VwSlg. 10502/A, ausführlich dargestellt hat - die Verkehrsauffassung, also der Eindruck, der sich beim flüchtigen Lesen für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Interessenten ergibt, wobei auch auf den Gesamteindruck der Mitteilung Bedacht zu nehmen ist, maßgebend. Zum Schutz der Konsumenten vor Täuschung sind jegliche, wenn auch an sich wahrheitsgemäße Angaben verboten, die irgendwie den Eindruck physiologischer Wirkungen erwecken. Darunter fallen zweifellos auch Generalisierungen, die zwar von kritischen Menschen nicht ernst genommen werden mögen, von denen aber nicht auszuschließen ist, daß sie bei der Masse der Konsumenten den beabsichtigten Eindruck erzielen (vgl. das Erkenntnis vom 20. Oktober 1986, Zl. 83/10/0161, mit Hinweis auf die Vorjudikatur). Wenn die Behörde die Bezeichnung "+ Vitamin C - Kalorien = Gesundheitsfrucht" als eine Angabe qualifizierte, die unter § 9 Abs. 1 LMG fällt, so kann dies nach Auffassung des Gerichtshofes nicht als rechtswidrig angesehen werden, weil eine solche Bezeichnung nur dahin gehend verstanden werden kann, daß die Konsumation dieses Lebensmittels einen günstigen Einfluß auf die Gesundheit haben soll.
2.3.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft bestätigt und in der Begründung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die belangte Behörde die Begründung der Bezirkshauptmannschaft übernehme, da diese als vollkommen zutreffend erachtet werde. Daß die belangte Behörde in diesem Zusammenhang ferner auf Kapitel B 4 des Österreichischen Lebensmittelbuches verwies, wonach unter anderem als falsch zu beurteilen sei: Obst, dessen Bezeichnung für die Verbrauchererwartung wesentliche, seinen Genußwert bzw. seine Verwendbarkeit verminderte Umstände nicht erkennen lasse, und sie daraus ableitete, daß "im Sinne von § 8 lit. f LMG eine Kennzeichnung der Eigenschaften des Lebensmittels beim Kauf motivierend wirken und daher als irreführende Verbrauchererwartung anzusehen" ist, so schadet dies nicht. Damit hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nicht etwa das Unterbleiben einer gebotenen Kennzeichnung des Produktes vorgeworfen, sondern erkennbar nur eine Begründung dafür gegeben, daß die Kennzeichnung "strengsten Maßstäben zu entsprechen" habe.
2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltendgemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990100216.X00Im RIS seit
31.01.1992Zuletzt aktualisiert am
28.09.2012